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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.10.1893
- Strukturtyp
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- 1893-10-16
- Erscheinungsdatum
- 16.10.1893
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- Deutsch
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241, 16. Oktober 18S3. Nichtamtlicher Teil. 6153 doch ein besserer Bürger als der Philister, der die Bücher be schmutze und beschädige, während der andere sie schätze und ver ehre und im Interesse des Staates erhalte. So habe Libri, der größte Bücherdieb, viele Bücher vor Schaden und Verderben bewahrt und sie in Purpur und Gold gebunden. Selbstver ständlich sei jedoch ei» grundsätzlicher Unterschied zu machen zwischen denjenigen, die Bücher stehlen, um sie zu verkaufen, und solchen, die sie stehlen, weil sic sich für die richtigen Be sitzer des betreffenden Buches halten. Libri, der unter Louis Philipp die Stelle eines General-Inspektors der französischen Bibliotheken bekleidete, hat Bücher, die er stahl, auch verkauft, und es wurde berechnet, daß er in dieser Weise an 20 000 Pfund für sich herausgeschlagen habe. Er wurde denn auch vor Gericht gebracht und verurteilt. Andrew Long führt einige bedeutende Personen an, die Bücherdiebe gewesen sind. Als Jnnocenz der Zehnte noch Monsignor Pamfili war, kam er in Begleitung des Kardinals Barberini nach Paris, mit dem er einmal den Maler du Moustier besuchte. Der junge Geistliche sah aus einem Tisch die Lon doner Ausgabe der »llistoiro äu 6oueils äs Drsut« liege», die alsbald in ihm den Gedanken erweckte, daß es eigentlich schade sei, daß ein solcher Mensch durch irgend einen Zufall der Be sitzer eines solchen Buches geworden sei, und beim Abschied ver barg er es unter seiner Soutane. Aber der wohlerfahrene Maler, der selber ein Bücherdieb war, bemerkte dies und sagte wütend zu dem Kardinal, daß ein so heiliger Mann doch nicht Räuber und Diebe in seiner Gesellschaft haben solle. Ferner wollen wir noch Katharina von Medici anführen, die nach dem Tod des Marschalls Strozzi dessen schöne Bibliothek mit Beschlag belegte, indem sie dessen Erben eine entsprechende Entschädigung versprach, ohne ihr Versprechen je zu erfüllen. Die Ptolemäer waren Bücherdiebe in noch größerem Stil. In der alexandri- nischen Bibliothek gab es eine eigene Abteilung, welche die Auf schrift »Bücher von den Schiffen« hatte und sehr kostbare Werke enthielt, die den landenden Reisenden abgenommen worden waren. Diese erhielten zwar immer eine Kopie; allein dieser Tausch war, wie ein alter Schriftsteller sagt, ein unfreiwilliger und unterschied sich nicht viel von Raub. Der merkwürdigste unter den Bücherdieben, von denen uns Andrew Long erzählt, war jedoch Don Vincente aus dem Kloster Pobla in Arragonien. Als durch die spanische Revolution die Klosterbibliotheken ausgeplündert worden waren, etablierte sich Don Vincente unter den Säulen von Los Encantes, wo die Trödler und Antiquare ihr Quartier aufzuschlagen pflegten. Dort hauste er in einer finstern Höhle, um Bücherschätze zu sammeln, von denen er sich nicht zu trennen vermochte, obgleich er von dem Handel mit Büchern leben mußte. Es geschah einmal, daß er bei der Auktion eines nach seiner Meinung einzigen Exemplars der »Oräiuaeioüs xor los gloriosos ro^s clo ^.rag-o« überboten wurde. In der nächstfolgenden Nacht wurde die Be völkerung von Barcelona aus dem Schlafe geschreckt. Das Haus des Mannes, der die »Oräinaeious« erstanden hatte, stand in Hellen Flammen. Nachdem der Brand gelöscht worden war, fand man den Hausherrn mit einer Pfeife in der rauchgeschwärzten Hand auf dem Boden liegen und neben ihm sein Geld, und man gewann die Ueberzeugung, daß ein Funke aus seiner Pfeife das Feuer verursacht haben müsse. Es kam hinzu, daß in der nächsten Zeit in den Straßen der Stadt eine ganze Anzahl nächtlicher Weile ermordeter Menschen auf gefunden wurde. Leute jeden Alters; allein alle waren sie Bibliophilen und alle waren sie von einer unsichtbaren, treff sicheren Hand erdolcht worden, ohne daß sie ihres Geldes oder ihrer Kostbarkeiten beraubt worden wären. Die Geschichte er innert nicht wenig an den furchtbaren Goldschmied Cardillac, von dem uns E. T. A. Hofmann im »Fräulein von Scuderi« erzählt. Die Polizei stellte Nachforschungen an und kam hierbei in Don Vincentes Laden, wo denn auch die »Oräinaeions« Sechzigster Jahrgang, gefunden wurden. Als man ihn fragte, wie er in deren Besitz gelangt war, erwiderte er ruhig, daß seine Büchersammlung in die Bibliothek von Barcelona gebracht werden solle, und gestand dann die ganze Reihe seiner Verbrechen. Er hatte das Haus angezündet und den Hausherrn ermordet; die anderen Erschlagenen waren Leute, die von ihm Bücher gekauft hatten, von denen er sich nicht zu trennen vermochte. Sein Verteidiger suchte nach zuweisen, daß sein Geständnis wenigstens bezüglich der »Oräi- naoions« falsch sei, indem dies Buch keineswegs ein Unikum sei, sondern daß im Louvre noch ein zweites Exemplar aufbewahrt werde, was den Schluß erlauhe, daß es auch noch andere Exem plare geben könne. Bei dieser Eröffnung stieß Don Vincente einen schweren Seufzer aus. Der Alkalde hielt dies für ein Zeichen der Reue und sagte: »Don Bincente, Ihr beginnt also die Furchtbarkeit Eurer Verbrechen zu begreifen?« »Ja, Sennor Alkalde, mein Irrtum war wirklich plump, wenn Ihr wüßtet, wie unglücklich ich mich fühleI«. »Wenn auch die menschliche Gerechtigkeit unbeugsam sein muß«, fuhr der Alkalde fort, »so giebt es doch noch eine, die unerschöpflich ist. Reue kommt niemals zu spät«. »Ach! Sennor, mein Exemplar war kein Unikum«, lautete die Antwort des reuelosen Bücherdiebes. Vom Standpunkt des Bücherfreundes Andrew Long sind die Leute viel verwerflicher, die er Book Ghouls Dämonen nennt, die ihren diebischen Hang mit der abscheulichen Ruch losigkeit verbinden, die Bücher auch zu verstümmeln. Das sind Leute, die mit schonungsloser Rücksichtslosigkeit Büchertitel, Titel bilder, Bücherzeichen und dergleichen sammeln. Sie durchstreifen mit diebischen Augen öffentliche und Privatbibliotheken, legen nasse Bindfäden in kostbare Bücher, um dadurch Bilder los zulösen, ruinieren wertvolle Einbände, uni Bücherzeichen ab zureißen, nehmen Vorsteckblätter heraus, und wie die Verbrechen alle heißen, die Long ihnen zuschreibt. Es giebt eine ganze Klasse derselben, die auf diese Weise Bücher für den amerika nischen Markt Herstellen. Ein in dieser Weise zusammengesetztes Buch über Washington wurde um 5000 Pfund verkauft. Der Buchhändler Scribner besitzt ein Exemplar von Försters »Ints ok violrons«, das von drei Bänden auf neun Bände ange schwollen ist, indem es 800 Stiche, Porträts, Ansichten, Theater zettel rc. enthält. Ein ähnliches Exemplar wurde vor einigen Jahren um 1750 Pfund angeboten. Long führt noch eine ganze Reihe solcher Bücher an, die der abscheulichen Thätigkeit dieser Book Ghouls ihr Dasein verdanken. Von den andern Book Ghouls, die Long noch mehr oder minder ausführlich charakterisiert, wollen wir noch die Moral Ghouls erwähnen. Es sind das solche, die in wertvollen Büchern Stellen, die ihnen unanständig scheinen, mit Tinte durchstreichen und-nackte Figuren in ähnlicher Weise unkenntlich machen rc. Die Book Ghouls in allen ihren Schattierungen sind es insbesondere, vor denen Andrew Long die Bibliophilen warnt, und er schreibt ihnen in seinem Feuereifer sogar Eigenschaften zu, die sie auch äußerlich kenntlich machen. Andrew Long ist selbst ein Bücherfreund, wie die obigen Ausführungen wohl deutlich genug lehren, und sein Buch und die Ratschläge, die es enthält, sind von Liebe zu den Büchern diktiert. Das giebt seinem Buch die anmutende Eigenart, die es auch für diejenigen zu einer anziehenden Lektüre macht, die nicht gerade in einem herzlichen Verhältnis zu ihrer eigenen Bücher sammlung stehen. Allein vielleicht könnten sie von Long dazu veranlaßt werden, was für ihre Bücher gewiß nur von Nutzen sein würde. ^V. Vermischtes. Tägliche Arbeitsdauer und Kündigungsfrist der Hand lungsgehilfen. — lieber die Beantwortung der vom Neichsamt des Innern versandten, an dieser Stelle bereits erwähnten Fragebogen ver handelte ani 12. Oktober eine Versammlung des Kreisvereins Leipzig vom Verband deutscher Handlungsgehilfen, worüber wir dem Bericht des Leipziger Tageblattes folgendes entnehmen: 824
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