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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.05.1871
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1871-05-22
- Erscheinungsdatum
- 22.05.1871
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- Deutsch
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1478 Nichtamtlicher Theil. 114, 22. Mai, Freiheit der Presse auch aus de», Gebiete der StaatSpvst schützenden Be stimmungen des H. 3. des Gesetzes über das Postwcscn des Deutschen Reichs, erfüllt so sehr das berechtigte Cultur-Interesse der raschen, sicheren und gleichmäßigen Verbreitung der deutschen Zeitungen durch das ganze Reich, daß auf der Beibehaltung des Debits durch die allein zu dessen genügender Besorgung befähigte Postanstalt zu bebarrcn ist, selbst wenn der Nutzen der Post aus dem Zeiiungsvertricb ein unerheblicher würde. Zugleich beantragt Abg. Seclig, nur die „gewerbsmäßige" Be förderung von Briefen auf anderen Wegen als durch die Post zu verbieten. Abg. Elben hält cs für möglich nnd wünschenswert!), wenn auch nichr bei Briefen, so doch bei politischen Zeitungen, von dem Mußzwang abzugchen. Es sei namentlich aus zwei Grünbcn zu wünschen. Erstens erheische es dringend der Nachbarschaftsverkehr nahe beieinander liegender Städte, namentlich gröberer Städte, die von einer Reibe kleinerer umgeben seien. Es sei neulich zwar gesagt worden, man drücke von Seiten der Post verwaltung da, wo ihr Monopol zu argen Unzuträglichkeiten führe, ein Auge zu, aber das >ci durchaus nicht wünschenSwerth. Man käme daun nur zu leicht dazu, die Umgehung der gesetzlichen Vorschriften nur den politisch angenehmen Blättern zu gestatten, >ie dagegen bei oppositionellen Zeitungen zu bestrafen. Mau müsse diese Beschränkung des Zeitungs verkehrs deshalb auf legalem Wege aufhcbcn. Zweitens liege die Besei tigung des Zeitnngsmonopolö im Interesse des deutschen Buchhandels, der jetzt schon eine Unzahl von Zeitschriften, namentlich von illustrinen Wochen schriften, die sich ja anch vielfach mit politischen Gegenständen beschäftigten, dcbitir". Deshalb solle die Post aber nicht vom ZcitungSdcbit zurücktrcten; der Postdebit sei eine so vortresslichc Einrichtung, wie sie sonst nirgends eristirc. Dem Vertriebe aller deutschen Zeitungen durch das ganze Reich sei es vornehmlich zu danken, daß alle Staaten und Stämme sich näher kämen. Abg. Gerstncr vertheidigt das Elben'sche Amendement in Hinblick namentlich auf die Erfahrungen der kleinen Presse, deren Bedeutung nicht hoch genug anzuschlagcn sei. Ein agitatorischer Vertrieb der Zeitungen sei jetzt unmöglich. Der Ausfall für die Post sei unbedeutend, da gegen erweise man eine sehr große Wohlthat Zwillingsstädten, wie Hamburg-Altona, Elberfeld-Barmen, Nürnberg-Fürth u. a. m. Man dürfe keinen Zwang aufrecht erhalten, der zu Gesetzesübertretungen nöthige, nnd das Zeitungsmonopol sei ein solcher Zwang, der mit den.Bedürfnissen des Verkehrs unverträglich sei. In Bayern eristirc es nicht und man sollte die« Beispiel nachahmcn, wie ga der Reichskanzler in seiner Apologie auf den Bundesrath ßcrühml habe, daß Preußen von den kleineren Staaten viel lernen könne. Und cs sei jedenfalls eine Thatsache, daß, wenn Preu ßen in der Handhabung der Verwaltung überlegen sei, viele deutsche Staa ten es in den Grundsätzen der Verwaltung überträfen. Abg. Seclig: Das Postmonopol sei nicht, wie Stephan einst gesagt, die Rückcnwirbelsäule des Postwesens; cs sei eine äußere Zuthat, die mit ihm nicht in organischer Verbindung stände; es sei ein Stab gewesen, an dem die junge Pflanze sich aufranken mußte, den man jetzt aber ruhig fortwerfcn könne. Das Postwesen sei jetzt ein Gewerbebetrieb, und einen solchrn von Staatswegen dürfe man nicht begünstigen. BundeScommissar Stephan: Der Antrag Elben macht den Eindruck eines JanuskovfeS: der Antrag selbst hat ein junges Gesicht, die Resolution ein altes; der ersterc schaut in die Zukunft, die letztere in die Vergangen heit. Der erstcre will den Zwang abschasscn und dadurch einen Fortschritt erzielen; die letztere hält das vom Abg. Seclig pcrhorreScirte Staatsgewcrbe aufrecht; sic wickelt cs noch besonders in die warme Baumwolle der Aner kennung ein. In dem Antrag wird das ganze Bollwerk, welches die Stel lung der Postverwaltung in dem Zeitungswcsen befestigt, über den Haufen gerannt, während die Resolution sagt: die Position, die Ihr hinter dem Bollwerk cinnehmt, ist so wichtig, und Ihr seid solche Helden, daß Ihr sie auch ohne Waffen und Munition aufrecht erhalten könnt. Die Postver waltung ist für dies Vertrauen dankbar, aber wir denken über unser Kön nen und Vermögen bescheidener, und da muß ich Ihnen sagen, daß, wenn das Hobe HauS oen Postzwang für Zeitungen aushebt, die Regierung sich der desfallsigen Erwägung nicht entziehen wird, natürlich aber unter der unerläßlichen Bedingung, daß die Pflicht des PostdebitS in Wegfall kommt. Soll die Post dieser Pflicht Nachkommen, so müssen Sie ihr ein selbständiges Terrain für ihre Operationen anwcisen, und ihr eine Ausstattung geben, daß sie wehr- und leistungsfähig bleiben kann. Wenn ich die Bedenken, die hier geltend gemacht sind, erst widerlegen wollte, so würde das Weisheit in die Stoa tragen heißen; nur auf das bekannte Beispiel von Hamburg-Altona, Elberfeld-Barmen und wie die Zwillingsschwcstern sonst noch heißen mögen, welche man bei jeder Gelegenheit aus der Wiege nimmt und uns vorhält, will ich zurück kommen. Das sind eben vereinzelte Ausnahmezustände. Ich will bei dem Hohen Interesse, welches das Zeitungswescn in Anspruch nimmt, näher auf die Sache entgehen. Der Zcituugspreiscouraut der deutschen Reichsvcrwal- tung besteht ans 126 Seilen, die mit einer Engigkeit gedruckt sind, daß sie der größten Sparsamkeit des Rechnungshofes genügen würde. Er enthält 3112 Zeitungen in deutscher Sprache, in französischer 625, in englischer 469, spanisch 24, holländisch 72, russisch 55, norwegisch 38, dänisch 64, rumänisch 30, portugiesisch 36, italienisch 128 u. s. w., im Ganzen 4800 Zeitungen. Diese sämMllichen Blätter werden, soweit die deutsche Zunge klingt, utid auch soweit sic hinter der Warthe und Oder und Mosel nicht klingt, durch die deutsche Post aufs pünktlichste besorgt. Im vorigen Jahre sind 200 Millionen einzeln« Zcitungscremplarc auf diese Weise geschickt worden und die Post hat davon einen Bezug von 500,000 Thalcrn gebabt. ES ergibt auf die Zeitung noch nicht ganz einen Pfennig; dafür wird nicht nur die Beförderung nach allen Winkeln der Erde, sondern auch das Abonnement bei den auswärtigen Verlegern und die Bestellung besorgt. Die Anstalt hier in Berlin besteht aus 136 Beamten und steht mit 3200 auS- wärrigen Postanstalten in dircctem Berkehr, von Moskau bis Neapel, von ! Ncwyork bis Christiania, von London bis nach Constantinopel. Die An stalt, obgleich mit spartanischer Genauigkeit verwaltet, erheischt jährlich einen Auswano von 100,000 Thlrn.; ähnliche Anstalten sind in Hamburg, in Leipzig, in Frankfurt a. M., in Cöln und anderen Ccntren des literari schen Verkehrs. Agenturen müssen wir im AnSlande haben in Newyork, Paris, London, Florenz nnd Rom; ferner gerade des GrcnzverkehrS wegen an den vorgeschobenen Grenzen Zeitnngs-Comloire, in Hamburg für den skandinavischen, in Frankfurt für den schweizer, in Leipzig für den italieni schen Verkehr. In keinem Lande der Welt geschieht für die nationale Presse so viel, als gerade in Deutschland. Nehmen wir z. B. einige Berliner Zei tungen, so würde bei dem englischen Satz die „Volks-Zeitung" — eine Auslage von 10,000 Stück vorausgesetzt, ich nenne nicht die wirkliche Zahl, die ist bei weitem großer — 40,000 Thlr. mehr zahlen, bei derselben Auf lage die „National-Zeitung" 90,000 Thlr. mehr. Jetzt zahlt dies Blatt l Vsr Pfennig sür jedes Exemplar, die „Kölnische Zeitung" 1^ Pfennig, die „Deutsche Allgemeine" l"/,z Pfennig, die „Vossischc" 1^ Pfennig mit ihrer ganzen Train-Colonne von Beilagen. Die „Kreuzzeitung" zahlt den höch sten Satz 2'/s Pfennig, die „Augsburger" mir In Frankreich hat man nachgerechnct, daß jeder postalische Gegenstand 7 Centimes Betriebs ausgaben verursacht. Wenn wir also die Zeitung im Durchschnitt zu eincni Pfennig beiördern, so schließen wir der französischen Post gegenüber mit einem Deficit von sechs Pfennige» ab. In Berlin allein werden von den erscheinenden 28 Zeitungen 34 Millionen Exemplare jährlich versandt und von den 185 nicht politischen 8 Millionen. Vergleicht man die Taxen in anderen Ländern, so besteht in Oesterreich kein PostdcbitSverfahren, cS muß da ein Verscnocn unter Kreuzband stattfinden, dafür läßt sich die Regie rung 2 Nkr. pro Exemplar, d. h. 4 Pfennige bezahle», nun sind zwar Zeitungsmarken eingerichtet, aber auch da kommt das Exemplar auf 1 Nkr. zu stehen, also immer das Doppelte von dem, was im deutschen Postgebiet besteht. Den Satz von 1 Pf. finden wir in Dänemark, Belgien und der Schweiz, indeß sind diese Verhältnisse in kleinen Staaten nicht anwendbar. In Frankreich hat die Commune von Paris vollständige Taxsreiheü einge- tührt, aber sie haben nichts davon, denn sie haben alle Zeitungen unter drückt. In den Vereinigten Staaten kostet jede Zeitung 2 Ps., also anch das Doppelte, nnd in England gar ist erst in diesem Jahre der Satz auf V2 Penny, also auf 5 Pfennige heruntergcsetzt worden. Bei den englischen Taxen würden wir eine Reineinnahme von 2sH Millionen jährlich haben, gerade das Doppelte dessen, was jetzt die gesammte Reineinnahme der Post beträgt. Diese Opfer bringt die Post der nationalen Presse; die leuchtenden Vorbilder des Auslandes sind 'nichts als modriges Holz; aber ohne den Postzwang könnten auch wir nicht so viel leisten. Ich glaube, bei dem Postzwang hängt anch vieles, wie so oft im Leben, au der Form und dem Worte. In den alten Gesetzen hieß cs „Postpflicht". Wenn Sie also der Zwang gcnirt — denn eS ist kein Zwang, sondern eine Postgunst, ein Postvortheil — so nehmen Sie das Wort, welches ja allen deutsche» Ohren so willkommen klingt, das Wort „Pflicht" und übcrnebmen Sie willig diese große Pflicht, weil ohne sie dies Institut, das Sie selbst als beilsam und nncntbebrlich sür die nationalen und Eulturintercsse» anerkennen, absolut nicht aufrecht erhalten werden kann. (Bravo.) Abg. Duncker: Die lichtvolle Ausführung des Bundescommissars bc- fürwonet gerade den Antrag Elben. Wenn die Post die Zeitungen so billig befördert, welches Privatunternchmen wird dann mit ihr concnrrircn können? Abg. Gerstncr befürchtet Schädigungen des bayerischen Postwescns, welches bisher den Postzwang nicht gebabt habe. Der bayerische StaatSministcr v. Schlöx bemerkt, daß die bayerische Regierung in der Einführung des Postzwanges keine Gefahr erblicke. In den tbatsächlichcn Zuständen werde nichrs geändert, da bis jetzt die bayerische Post auch ohne Zwang alle politischen Zeitungen zum Vertriebe angenommen habe (Hört!); die Naivetät, mit der sie anch solche Zeitungen debitirt habe, welche auf sic selbst die härtesten Angriffe gebracht, sei geradezu bewundcrnS- werth gewesen. (Hört! Hört!) Das Monopol rechtfertige sich dadurch, daß cs die Privatindustrie hindere, sich einzelner einträglicher Zweige der Post- vcrwaltung zu bemächtigen und nur die kostspieligen dem Staat zu über lassen. Abg. v. Hoverbcck constatirt, daß die bayerischen Zustände gerade für Aufhebung des PostmonopolS sprächen. (Beifall.)
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