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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.09.1892
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1892-09-08
- Erscheinungsdatum
- 08.09.1892
- Sprache
- Deutsch
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5230 Sprechsaal. 209,^8. September 1892. führen scheinen. Aber tauchen in der geistigen Entwickelung der Mensch heit auch häufig Anschauungen, die längst für überwunden galten, lebens kräftig wiener auf, fällt auch ein fortgeschrittenes Zeitalter nicht selten wieder in die Rohheiten vergangener Tage zurück, >o dürfen wir uns doch den Glauben an eine aufstcigendc Richtung der geistigen Beschaffen heit des Menschen nicht rauben lassen. Eine >v geartete Zuversicht luhrt uns im Einklang mit dem wesentlichen Inhalt der Religionen aller Kul turvölker zu einer idealen Feststellung der Stlllichkcitsbegriffe, mögen dieselben auch heule im lhatsächlichcn Leben an noch so großer Ver wirrung kranken. In der vollendeten Wahrung des Gemeinwohls bei Erhaltung einer von keiner Willkür unterjochten individuellen Freiheit läßt uns solche Anschauung das Ziel der geistigen Kulturcntwickelung erblicken, und, so weil wir auch von diesem idealen Ziele noch cntsernt sein mögen, so können wir doch heute schon darin den gesuchten Maßftab für die Beurteilung der Sittlichkeitsbegriffc anerkennen. Alles, was unter Mißachtung des Gemeinwohls lediglich auf den, häufig nur vermeint liche», eigenen Vorteil yinzielt, muß demnach als unsittlich verurteilt werden. Dieser Grundsatz ist so einfach, daß seine Anwendung aus die Frage: -WaS ist unsittliche Lmeratur?- einer näheren Erörterung sehr wohl entbehren kann. ES ergicbl sich daraus, und darauf hinzuweijcn erschein! mir von Wichtigkeit, daß es eine ungehörige Beschränkung ist, das Unsitt liche der Buchhandlerwarc nur in einem einzigen Liieraturzweig zu fuchcn, und nicht, wie es geboten wäre, in jeder Art Ullcrarischer Produktion, welche das Gemeinwohl in klar ersichtlicher Weise aus eigennützigen Interessen gefährdet, sei cs in ungerechter und ungebührlicher Bekämpfung be rechtigter Interesse», sei es durch Verlästerung Einzelner oder ganzer Gruppen, oder wie immer gegen das zu erstrevenoe Ziel, Wahrung des Gcmcinwohls be: Erhaltung der individuellen Freiheit, gesündigt werden kann. X. »Schmutzlitteratur.« In verschiedenen Einsendungen ist auf die Schwierigkeit, zu ent scheiden, was schlüpfrige Lilteralur sei, hingewiesen worocn. Herr ü. schlägt vor, lieber Schundlillcratur zu sagen, Herr ü. hält es über haupt für kaum möglich, eine Grenze zu ziehen. Es ist ja gar nichl zu verkennen, daß diese Bedenken zum Leit ihre Berechtigung haben und daß die Warnung vor überstürztem Vorgehen am Pmtzc lsl. Ebenso sicher scheint cs uns aber zu sein, daß etwas geschehen muß, wenn nicht Las Uebel weiter wuchern und besonders beim Zungbuchhandel die Be griffe über die Grenzen des sittlich Zulässigen so verwirren soll, daß schließlich einfach alles erlaubt ist. Deshalb sich zum Richter über jedes Litteraturcrzeugnis auswcrscn zu wollen, das wird wohl keinem vernünftigen Buchhändler entfallen. Es giebt jedoch cm Kriterium, das nach unserm Dafürhalten in den weitaus meisten Fällen kurzer Hand eine Entscheidung ermöglicht. Die Frage lautet einfach: was war für den Autor das treibende Motiv zur Abfassung des Buches: dichterische Eingebung? der Wunsch, ernsihasi zu belehren? oder Gclümacherei durch Spekulation auf die Lüsternheit der Leser? Schon auf die bloße Anzeige hin w.ro der Sortimenter säst immer erkennen können, welcher dieser drei Katcgoricen die Neuigkeit an- gchört, und wiederum durch ein sehr einfaches Mittel: durch den Namen des Verlegers und meistens auch des Autors. Der selbständige Buch händler, der also doch eine mindestens zehnjährige Erfahrung hinter sich hat, kennt seine Kollegen und die Mehrzahl der Autoren hinreichend, um zu missen, wer imstande ist, ein wir möchten sagen geflissentlich schlüpfriges oder schmutziges Buch zu versaßen und zu verlegen und wer nicht. Gegen die Fabrikanten von Schmutzware — Schundliteratur scheint uns deswegen nichl der richtige Ausdruck zu sein, weil auch lite rarisch wertlose, im übrigen aber höchst unschmüige Produkte mit dem Pradlkat -schund- belegt werden können - , gegen die gewerbsmäßigen Fabrikanten richtet sich oer Feldzug. Diese Herren sollen cr,ahrcn, Sah der anständige Buchhandel sich nicht dazu hcrgiebt, ihre traurigen Er zeugnisse unter die Leute zu bringen. B, 3. September lvllL Zwang oder Freiwilligkeit? Herrn Eduard Baldamusl Der allgemeine deutsche Buchhandlungs-Gehilfen-Ver- band mit seinen wohilhäligen Einrichtungen und Anstalten wird durch die jüngste Gesetzgebung, belassend das HilsÄkasscn-Wcjen und die letzt- gchaßien Beschlüsse oer Hauptversammlung vor die Entscheidungsfrage gestellt -Sein oder Nichtsein-! Es Hilst nichts, sich über die schwer wiegende Bedeutung dieser Alternative auch nur vorübergehend hinweg- zutäujchen. Aller menschlichen Berechnung und Voraussicht nach birgt die gegen wärtige Bewegung und Strömung innerhalb unserer Jnlereßenkrcrse den Keim einer großen Gefahr rn sich: denn im Endresultate soll darüber das Urteil fallen, ob wir das bleiben wollen und können, was wir bis her waren und was uns vorwärts gebracht Hai, oder ob wir eure neue Gestalt annchmen solle», die nur einer Minderheit anzupajjen ist. Entweder die schwierige »tippe, welche -Eingeschrlcoene HitfSlafje- heißt, wird glücklich umschifft, indem eure Form gesunden wird, weiche die Unterordnung unserer ganz besonderen, eigenartig gegliederten Einrich tungen unter das Gesetz ermöglicht, und woran die Gesamtheit des deut schen Buchhandels ein unbedingtes Interesse hat, oder der Verband tritt außer den Rahmen des Gesetzes und wird -exklusiv-, d. h. er wird ledig lich Wert behalten für sogenannte N icht-Versicherungspslichllge, also solche, meist ältere Mitglieder, welche vermöge ihres jährlichen Einkommens von Will) oder mehr sich der Freiwilligkeit ihrer Entschließungen erfreuen. Zn letzterem Falle wurde das Grundgesetz, das feste Gefüge oes Verbandes, oersinnbildlicyr in dem Wahtspruch -Einer für Alle, Alle sür Einen-, wodurch wir vorwäils und hoch gekommen und zu dem geworden sind, was wir Gott sei Dank jetzt sino, nicht nur gelockert, nein geradezu aufgehoben werden. Die Mitgliedschaft würde sich reduzieren aus ältere SlanücSgenosjen, welche dem Wechsel des körperlichen Befindens mehr unterliegen als der jüngere Teil und die Kassen derart m Anspruch nehmen, daß seine Leistungen gemindert oder die Beiträge ganz wesent lich erhöht werden mußten. »Für viele wenig, ein vieil- könnte dann nicht mehr durchgesuyri werden. Der frische Zuzug, der junge, kräftige Nachwuchs in der Mitgliedschaft würde ausvteiven, da die jungen Leute, die VersicherungSpflichtigen, nicht doppelte Lasten, zugleich sür die Ortskrankenkasse nnd den Verband, aufzubrrngen vermöchten. Der Verband würde dann, wovor ihn Gott beyuccn möge, dem Gleichnis eines Baumes verfallen, dessen Kraft versiegt ist; die jungen Triebe sterben ab, die Blätter welken dahin und der Stamm selbst wird morsch, bis er eines Tages zujammensturzr. Wie winzig klein war doch vor zwanzig Jahren das gepflanzte Reis, wie urkräjlig gedieh cs und wie schön und verheißungsvoll war es bis zur Stunde herangercist. Als vor zehn Jahren vcr Gründung der Wuwen- und Waisenkaße, nach heißen Kämpfen und Ringen und nur mir einem winzigen Uebergenncht an Summen der gefürchtete -Zwang- (den neugegründelcn Kassen gleichzeitig angeyören zu müssen) durchgesetzl wulde, ertönte von verschiedenen Richtungen her vernehmliches Grao- geläuic. Das Schicksal hat es gütiger gefugt, als wie cs vescheidentlich zu erwarten stand. Hoch und hehr ist der Bau cmporgejliegen. Roch fehlt ihm zwar zur Bekrönung das Dach, um ln Wirksamkeit treten zu können, doch die Sammetperivde neigk sich ihrem Ende, wenn — nicht jetzt alles in Frage gestellt wird. Auch die jungen SlandeSgenojscn haben dasselbe Recht, der Vorteile teilhaftig zu werden, welche in dem Lenkbar weitgehendsten Schutze gegen die Wcchsctfälle des Lebens durch unsere WvhllhaligtcilSanslalten dargevoien werden. Ihrem bisherigen Idealismus und ihrer Begeisterung >n weitestem Umfange ist cs mit zu Lanken, daß die Mitgliedschaft anschwoll zu einer statt lichen Zahl. Sic, die in ihren jungen Jahren schwerlich nur besonderem Elser für Witwen und Waisen steuerten, sondern Haupt- oder alleiniges Interesse an der Krankenkasse halten, Machten willig ihr Scherflem oer Allgemeinheit zum Opfer, uno was der Verband infolgedessen geworden ist, verdankt er zum guten Leite ihnen, verdankt er ausschließlich der Allgemeinheit und daS tann und darf nicht vergessen werden. Soll jetzt eine Wandlung eintrcien, bet welcher nur die Nicht- versichcrungspflichligcn Len Vorteil haben, dann werden die jungen Mit glieder um all d>c Verheißungen und Sicherheiten, um ihre Wünsche, Hoffnungen und erstrebten Ziele gebracht, auch wenn eure teilweise Ent schädigung statlsindcn würde, die doch nur ein Notbehelf sein konnte und unsere finanzielle Lage erschüttern müßte. Ich, und vielleicht andere auch, haben wahrlich nicht sunfzcyn Jahre lang eine gute Saqc unter stützt, um wegen augenblicklicher, schwierig scheinender Verhältnisse, viel leicht von einer Strömung, deren Folgen man nicht abseyen kann, aber die den bisherigen Eharakter des Verbandes vollständig umkehren würde, erfaßt, als überflüssiger Ballast über Bord geworfen zu werden. Deshalb, Herr BaldamuS, setzen Sie und die dazu berufenen Kräfte alle Hebel m Bewegung, um uns unsere bisherigen Einrichtungen m vollem Umfange zu erhalten. Ist cs auch schwer, ern Ausweg wird und muß sich finden lassen, um aus dem gegenwärtig heroorlrelenden Labyrinth ohne allzugroße FährUchkeil herauszukommen. Appellieren Sie an alle, rütteln «ie jeden einzelnen auf. Lassen Sie dem deutschen Buchhandel wissen, daß ein Stück seiner Organisation aus dem Spiele steht, und nach wie vor lassen S.e uns in dem Sinne handeln -Einer sür Alle und Alle für Einen-1 —r.
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