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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.12.1874
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1874-12-14
- Erscheinungsdatum
- 14.12.1874
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- Deutsch
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Um die Großartigkeit des Etablissements, wie es unter Hein- ^ rich Brockhaus' oberster Leitung fortwährend gewachsen und von ihm hinterlassen worden, vor Augen zu stellen, sei noch erwähnt, daß unter der Firma F. A. Brockhaus nachstehende, in 7 Gebäuden ver theilte Geschäftszweige mit einem Personal von 600 Arbeitern aller Art vereinigt sind: Verlagshandlung; deutsches und ausländisches Commissionsgeschäft; deutsches und ausländisches Sortiments geschäft; Antiquarium; Buchdruckerei, welche mit 25 durch Dampf kraft getriebenen Schnellpressen und 10 eisernen Handpressen ver schiedener Größe und Construction, sowie mit 4 Satinirmaschinen und 8 Glättpressen, darunter 4 hydraulische, arbeitet; Schrift gießerei mit 3 Oefen und 12 Letterngießmaschinen, Stereotypen gießerei; Stahl- und Kupferdruckerei mit 13 Pressen; Lithographische Anstalt mit 3 lithographischen Schnellpressen und 10 Handpressen; ikylographische Anstalt; Mechanische Werkstätte; Buchbinderei mit sämmtlichen zum Betriebe erforderlichen, durch Dampfkraft bewegten Maschinen. Daneben ist Ende 1864 eine Filiale der Firma in Wien und 1871 eine solche in Berlin errichtet worden. Am Ende seiner geschäftlichen Laufbahn durfte somit Heinrich Brockhaus auf das, was und wie er es geschaffen, gewiß mit Stolz zurückblicken, und zwar umsomehr mit erhebendem Mannesstolze, als er das tiefsittliche Element, das sich in seinem ganzen Wesen ab gespiegelt, auch aus alle seine literarischen Schöpfungen zu übertragen nnd dieselben damit zu adeln gewußt hat. Bei einem Rückblicke durfte er sich mit Genugthuung zurufen: „Ich habe das, was ich im August 1823 am Grabe meines Vaters gelobt, erfüllt, ich habe nichts unversucht gelassen, um das von ihm hinterlassene Werk in jeder Weise zu fördern und zu seiner Ehre weiterzuführen!" Aus allen Mühen und Sorgen ist dem Manne, dessen Muth im Kampfe erst recht wuchs, wie schon verhältnißmäßig dem Vater, ein reicher Segen gesolgt. Ueberhaupt galt ihm der Vater, ein genialer, that- krästiger Mann, als leuchtendes Vorbild. Gleich diesem war er von Jugend auf von einem für Literatur und Kunst tief empfänglichen Sinne beseelt, und so ergriff er seinen Lebensberuf mit Lust und Liebe. Gleich diesem aber auch faßte er denselben in höherem Sinne auf und hielt mit klarem Bewußtsein das culturhistorische Moment des Buchhandels fest, jenes immaterielle Moment, dessen Aufgabe es ist, den Bildungsrichtungcn und den geistigen Zeitströmungen in die Hände zu arbeiten. Dieses Moment spiegelt sich in allen seinen buchhändlerischen Schöpfungen ab, und durch diese hat er sich einen Namen erworben, der ihn unter die ausgezeichnetsten Buchhändler Deutschlands reiht. Neben seinem Berufs- und unruhigen Gcschäftsleben nahm aber Heinrich Brockhaus fortwährend anch lebhaften und warmen Antheil an allem, was die Zeit bewegte. So sahen wir den Mann, der das Maß seiner Zeit cinzutheilen wußte wie selten ein zweiter, bei gemeinnützigen Unternehmungen aller Art; wir sahen ihn an dem Auf- und Ausbau der politischen Verhältnisse betheiligt, wie sie aus den Zeitströmungen seit 1830 in ununterbrochener Folge hcr- vorgegangen sind; wir sahen seine Wirksamkeit für die öffentlichen Interessen seiner zweiten Vaterstadt Leipzig, und was er insbeson dere für die allgemeinen Angelegenheiten der Presse und des Buch handels gethan, wird einst in einer Geschichte des deutschen Buchhan dels seine verdiente Würdigung finden. Auch war er 1842—48 Mitglied der sächsischen Zweiten Kammer als Vertreter der Stadt Leipzig und gehörte 1850 zu den wenigen „renitenten" Abgeord neten, welche, ihrer Rechtsüberzeugung folgend, sich weigerten, in die reactivirte Kammer einzutreten. Trotz der Entwicklung einer so vielfachen Thätigkeit innerhalb seines Geschäfts und nach außen hin führte Heinrich Brockhaus noch ein inneres, geistiges Leben, in dem er seine schönste Erholung, seinen höchsten Genuß fand. Was das Berufsleben ihm entzogen, hat er mit seltener Energie durch Privatstudium zu erstreben gesucht. Von Jugend aus bis an sein Ende ist er ein unermüdlicher Jünger der Literatur und Kunst gewesen. Dem Ausspruch des Apellcs getreu: nalla äias sins linsa, ward von ihm jede seiner Mußestunden, die er sich mit eiserner Energie stets zu schassen wußte, freilich hauptsächlich dadurch, daß er von früh 5 bis Abends 10 Uhr fast ununterbrochen geistig thätig war, ernsten, wissenschaftlichen Beschäftigungen gewid met. Seine mehrere Zimmer füllende Bibliothek ist eine der auser lesensten Privat-Literatursammlungcn, und keines dieser Bücher ist von ihm unbenutzt in die Reihe eingestellt worden. Ebenso hatte er sich durch eingehende kunsthistorische Studien zu einem seinen Kunst kenner herausgebildet. Die von ihmhintcrlasseneGemäldesammlung weist sehr bedeutende Gemälde auf, und seine Kupferstichsammlung ist ein Kunstschatz aus allen Jahrhunderten und von den größten Meistern. So hat er sich auf allen Gebieten dcsWisscns vertraut zu machen gebucht und aus diese Weise eine universelle geistige, ja clas- sische Bildung erlangt, wie sie in solcher harmonischen Vereinigung sich selten finden möchte. Und was er aus Büchern nicht schöpfen konnte, hat er sich weiter auf planvollen Reisen erworben, die meist eher Studienreisen als Erholungsreisen genannt werden konnten. Auch hat er auf denselben die Interessen des Geschäfts stets im Auge behalten, sodaß einige seiner glücklichsten Unternehmungen sich ur sprünglich von Reisen datircn. So besuchte er wiederholt England, Schottland und Irland, Frankreich und Italien, außerdem Holland und Belgien, Dänemark, Schweden und Norwegen, in den Jahren 1857 bis 1859, seiner Gesundheit wegen, auch Aegypten, von wo er über Palästina, Syrien, Griechenland und Sicilien zurückkehrte. Reiselustig und reiscmuthig, wie er immer war, hat er dann in sei nem 63. Jahre im Sommer 1867 selbst noch Island ausgesucht, ist von da über Schottland, Irland und England nach Paris gereist und von hier aus nach Algier, um daselbstdenWinter zuzubringen. Das, was er auf diesen ausgedehnten Reisen gesehen und erlebt, sowie die interessanten Persönlichen Berührungen und Bekanntschaften, die er dabei gemacht, hat er in Tagebüchern niedergclegt, die er seit seiner frühesten Jugend zu führen Pflegte und aus denen Auszüge für seine nähern Freunde und Verehrer erscheinen sollen. Der uns zugemesseneRaum gestattet nicht, hierdicsepersönliche Skizze wesentlich weiter auszuführen und wir haben uns darum nur noch auf einige allgemeine Umrisse zu beschränken. Ruhe hatte Hein rich Brockhaus nicht lange; wenn im Laufe des Winters, der stets der angestrengtesten Arbeit gewidmet gewesen, das Geschäft mit sei nen Söhnen und seinen Mitarbeitern für die nächste Zeit bestellt war und die ersten Frühlingsboten sich zeigten, da stellte auch seine Wanderlust sich ein. Waren nicht größere Reisen ins Ausland in Aussicht genommen, so wurden von ihm die interessantesten Gegenden Deutschlands bereist und in denselben kein Winkel unberührt ge lassen, wo irgend etwas Merkwürdiges oder Sehenswerthes sich fand; oder auch er besuchte größere Culturpunktc, wie Berlin, Wien, München, wo er öfters wochenlang im Verkehr mit Gelehrten und Künstlern an Literatur- und Kunstschätzen sich labte. Einen Theil des Sommers Pflegte er auch, wenn nicht größere Reisen ihn fern hielten, auf seinem reizend nach Loschwitz hin gelegenen Weinberg bei Dresden zu verleben, den er 1847 von Hofrath Winkler (Theo dor Hell) erkauft hatte. Hier fand er regelmäßig bereits vor, mit Anpflanzungen beschäftigt, seinen allezeit hochverehrten Schwieger vater Finanzrath Heinrich Wilhelm Campe, der noch in seinem hohen Alter mit wahrhaft jugendlichem Sinne an allem und jedem den lebhaftesten Antheil nahm und, der beste Freund Heinrich Brockhaus', manchmal mit demselben bis in den Winter hinein auf dem „Berge" hauste. Campe starb 1862. Häufig gesellte sich hinzu sein Schwie gersohn, Kreis-Steuerrath Albert Judcich, der leider zehn Jahre noch vor ihm verschieden ist (1864).
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