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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.07.1888
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1888-07-23
- Erscheinungsdatum
- 23.07.1888
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- Deutsch
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3676 Nichtamtlicher Teil. ,1° 168, 23. Juli 1888. Doppelt erschwert wird das Erkenne» der Fälschung nach dadurch, daß es sich in den meisten Fällen nur NM Nachbildung Vvn kleineren Teilen eines größeren Ganzen handeln wird, und wie gleichgiltig eS auch für den Gelehrten ist, ob in einem wissen schaftlichen Werk ein oder mehrere Blätter faksimiliert sind, so schwer fällt dieser Umstand für den Sammler ins Gewicht, der sein kirre cl'Iieuros, sein Holzschnittbuch, eben vollständig haben will und nicht mit der dürftigen st rücke des Faksimile ergänzt. Da wollen in einem solchen Buche Blatt für Blatt geprüft sein, und mit desto größerem Mißtrauen, se zweifelhafter die Provenienz ist; kommt ein derartiger »Schatz« aber gar ans Italien, der klassischen Heimat des »llruquccAs«, dann kann auch der Erfah renste nicht mißtrauisch genug sein; er begegnet da Autoritäten« als stillen Gegnern. Als Illustration unsrer Behauptung erinnern wir unter vielen nur an einen Fall, den der verstorbene Antiquar Stevens im Ltbeuueum besprach. Er hatte nämlich, auch von -jenseits der Berge«, einen Schatz ersten Ranges zugesandt er halten, eine bei Sessa in Venedig 1515 gedruckte Ausgabe der Reisebeschreibung des Aloysius Cadamustus, welche allen Biblio graphen völlig unbekannt war. Und in der That war sie auch ganz einzig«, nämlich eine höchst geschickte Fälschung. Man hatte die ganze Beschreibung einem der größeren Sammelwerke der Zeit entnommen, besonderen Titel und Impressum hinzuge fügt, Kustoden und Marginalien herausradiert, mit täuschender Hand alte Schriftzüge nachgcmalt und nur eines vergessen, näm lich, daß man es mit einem scharfblickenden Antiquar zu thuu hatte, dessen Erstaunen nicht in Bewunderung, sondern in Mißtrauen gipfelte, welches Mißtrauen zur Prüfung und schließlich zur Entdeckung führte. Schade, daß der Band nicht an das Buchgewerbe-Museum gelangt ist, sondern wahrscheinlich auf dem Trödel einer italienischen Provinzialstadt eines neuen Entdeckers harrt. Nicht in allen Fällen aber erleichtern die Fälscher durch ihre Kühnheit die Entdeckung derartig, wie bei dem Cadamosto; sie werden sich wohl meist begnügen, Defekte zu ergänzen; das ist schneller geschehen und schwieriger zu erkennen. Wer denkt auch immer daran, daß irgend ein Blatt dieses mehrere Hundert Blätter starken Werkes etwa nicht echt sein könne, rmd wer, selbst argwöhnisch geworden, findet es gleich heraus? In dem Fall, welchen Eudel erzählt, wo ein Pariser Antiquar ein Ersatzblatt nur au dem fehlenden Wurmstich, der in allen übrigen Blättern gewesen, erkannt haben wolle, ist dieses Fehlen an und für sich ja noch gar kein Kriterium der Unechtheit, es kann ja aus einem anderen echten, aber nicht wurmstichigen Exemplar ergänzt sein, cs hätte daraufhin sogar kurzrandiger sein, in der Färbung variieren dürfen; ein untrügliches Kennzeichen aber wäre das Fehlen des Reliefs gewesen, welches der Druck mit Lettern, wenn auch nicht immer stark, so doch stets hervorbringt und das ihn deutlich von photomechanischer Reproduktion unterscheidet. Es liegt uns ein Aktenstück vor, das außerordentlich lehr reich gerade für das von uns behandelte Thema ist, nämlich der Lrooes-verbuk, den zwei französische Kenner von erstem Rang über ein Buch, welches sie auf seine Echtheit zu prüfen hatten, auf- nahmen. Es handelt sich um den Lastissisr kra.nyg.is in der Elzevier-Ausgabe, von der rasch nacheinander zwei unbeschnittene Exemplare auf den Markt gekommen waren und dadurch Zweifel an der Echtheit erweckt hatten. Eudel nennt die beiden Sach verständigen, es waren Erneste Quentin Bauchard und L. Potier, und aus ihrem, im neunten LnUekin mensnel von Morgand u. Fatout erschienenen llroees-verbal entnehmen wir in der Kürze das Fol gende. Man verglich zuerst die beiden verdächtigen Exemplare unt mehreren anderen, fand, daß hinsichtlich des Druckes derselbe völlig gleich war, alle typographischen Unebenheiten und Unregel mäßigkeiten, wie verschobene und abgenützte Lettern, waren die gleichen, ja die einzige Verschiedenheit, nämlich das Abweichen einer kleinen Verzierung im Frontispiz sprach doppelt für die Echtheit, ein Fälscher hätte sie sich gewiß nicht erlaubt und sie war durch Unbrauchbarwerdeu einer Form während des Druckes leicht erklärt. Da indessen die Nachahmung mit Hilfe photo- mechanischer Verfahren ebenfalls Verschiedenheiten in: Druck aus geschlossen hätte, so wandte man sich an einen Techniker, Herrn Pilinski, der entschied, daß irgend ein derartiges Verfahren nicht das Relief hätte ergeben können, welches der Druck doch zeige, daß also auch nach dieser Richtung hin keine Zweifel begründet wären. Man verglich schließlich noch die Papiere, fand die gleichen Wasserzeichen, maß die Abstände der pontuseanx (Wasser linien) und fand dieselben Abstände, man bemerkte, daß sich das Buch im alten Origiualeinbande befinde und erklärte dann, gestützt auf diese Argumente, die angefochtenen Exemplare für echt. AuS diesem Verfahren lernt man am besten, in welcher Art man zu prüfen hat, und daß der Vergleich eben immer der beste Prifi- stein ist. Leider wird dieser nicht jedes Mal möglich sein, nnd man wird in schwierigen Fälle» am beste» thun, seine Zuflucht zu einem Techniker zu nehmen, der leicht erkennen wird, ob bei spielsweise ein Blatt von einer Kupfer- oder einer Gelatine-Platte abgezogen ist. Es sind dem Techniker ja auch die nötigen che mischen Hilfsmittel zur Hand; denn wenn man z. B. durch An wendung von Chlorkalk erkennen kann, ob man Tinte oder Druckerschwärze vor sich hat, so sollten wir glauben, müsse man es durch fortgesetzte chemische Versuche auch dahin bringen können, die Zusammensetzung der Druckerschwärze zu analysieren und aus dieser daun Schlüsse auf das Alter zu ziehen. — Originalzeich- nungen wird man wohl durch vorsichtige Anwendung des Radier gummis am besten von Faksimiles unterscheiden, neuere Faksimiles werden übrigens oft, z. B. die von Lippmaun hcrausgegebencu Rembrandt-Zeichnungen, durch ein Zeichen kenntlich gemacht. — Radierte Stellen erkennt man durch Betrachten bei durchscheinendem Licht; eine sehr gelungene Fälschung, durch Radieren und vor sichtiges Ändern der Rubrikation hergestellt, hat kürzlich Ludwig Rosenthal's Antiquariat in diesen Blättern bekannt gemacht. Endet erzählt einen Fall von betrügerischer Ergänzung eines Exemplars von Pascal, lottres; einen ganz ähnlichen teilten unlängst die Herren List ä- Francke in diesen Spalten mit; es handelte sich da um Schaffung eines seltenen Musikdruckes, bei dem man »jenseits der Berge- versucht hatte der Wahrheit etwas nachzu helfen. Es wäre sehr dankenswert, wenn alle solche Fälle an das Licht gezogen würden und einer dem andern zu Nutz und Frommen seine Erlebnisse bekannt geben wollte; aus ihrer Samm lung würde sich bald ein Material gewinnen lassen, das, gesichtet und bearbeitet, ja auch wieder für alle von größtem Nutzen wäre. Wir übergehen die Fälschungen im Kunstdruck — Wesselys schon mehrfach angezogenes Handbuch behandelt dieselben ja in der ausführlichsten Weise — und erwähnen auch nur die Auto- graphenfälschung, welche das Handbuch von Günther und Schultz und die Studie Etienne Charavays eingehend gewürdigt haben, erstere mit besonderer Berücksichtigung des Schiller-Autographen fälschers Gerstenbergk, letzterer in Anknüpfung an den famosen Vrain Lucas, der an Michel Chasles nach und nach für 150 000 Franks Originalhandschristen von Judas Jscharioth, Julius Cäsar, Maria Magdalena, Aeschylus, Karl dem Großen u. a. verkauft hatte. — Wir wenden uns schließlich nur noch zu den Einbänden, wenn dieselben auch im deutschen Antiquarhandel noch nicht viel Beachtung finden. Einbände zu fälschen ist außerordentlich schwer; denn wie vielseitig und groß auch die Fortschritte sein mögen, die das Kunstgewerbe auf ästhetischem wie technischem Gebiet ge macht hat, die Buchbinderkunst ist wenig davon berührt worden; in der Ausstattung, wie in der Technik stehen unsere heutigen Einbände, in grellfarbigen goldüberhäuften Leinwandüberzügcn mit dem malerischen nicht ornamentalen Decor, weit unter denen der Vergangenheit; ein moderner Buchbinder kann auch nicht mehr so solid binden, wie sein Handwerksgenosse vor hundert und mehr Jahren. Könnte er wohl auch das alte Decor nach bilden, die solide Handarbeit des Ganzen gelingt ihm nicht mehr, der Rücken und die Befestigung der Bünde verraten sofort die
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