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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.11.1871
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1871-11-22
- Erscheinungsdatum
- 22.11.1871
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- Deutsch
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3870 Nichtamtlicher Theil. Ir 270, 22. November. zweiter bei, als zehn Jahre nach Geliert Sulzer starb. Der Mann war lange Zeit hindurch leidend gewesen, und da er auf seine Theorie der schönen Künste beträchtliche Summen schon im voraus empfangen hatte, so traf man Abrede für den Fall, daß er vor Beendigung seines Werkes stürbe. Aber dann ward Sulzer Wider Erwarten ge sund und vollendete sein Werk, ja er empfing noch 283Thaler Honorar für die Verbesserungen der zweiten und dritten Auflage. Doch nun greift der Tod ein, Sulzer stirbt. Und Reich in dankbarer Erinnerung an den Todtcn, druckt dessen Tagebuch einer Reise zum Besten seiner Hinterbliebenen. Ans der trocknen Bemerkung des Hauptbuchs „Reisen durch Deutschland re., die ich zum Besten seiner hinterlassenen Kinder in rücksicht oben gehabten Nutzens drucken ließ" leuchtet des überlebenden Freundes warmes Herz gar wohlthuend hervor. Zweihundert Thaler wurden zur Michaelismesse 1779 an Snlzcr's Schwiegersohn ausbezahlt. Damals war Reich, obgleich bereits ein Mann von 62 Jahren, ein »och junger Ehemann, der es sich angelegen sein ließ, seiner Gatlin die Welt zu zeigen. Die Briefe aus jener Zeit reden von mancher Reise, so Herr Reich mit seiner Frau Liebsten gethan hat, von mancher, der die Freunde mit Vergnügen entgegensetzen. Hannover und Dresden werden besucht, zweimal eine Fahrt nach der Schweiz unternommen, und es bietet sich erfreuliche Gelegenheit, mit alten Bekannten zusammen zu sein; gedenken wir der Namen Wie land, Heyne, Zimmermann, Lavater, Schweighäuser, Schlosser, Steiner und Schwan. Auch boten diese Reisen gewiß Veranlassung zu neuen Bekanntschaften; denn Rcich's Biograph berichtet uns, daß der alte Herr es liebte, die hervorragendsten Gelehrten des Ortes, durch den er kam, zu Tisch zu bitten. Allerdings nicht auf solche Weise ward in diesen Jahren, wahrend das Verhältniß zu Lavater kühler zu werden scheint, eine neue Verbindung geknüpft, die mit Johannes Müller von Schaffhausen. War aber Reich daheim, dann hatte er die Zügel des Geschäf tes nych in fester Hand. Mit bemerkenswerth schwarzer Dinte führte er noch immer wie seit Jahren das Hauptbuch der Firma, überschrieb er die cinlaufenden Briefe, besorgte er die Korrespondenz mit den befreundeten Autoren und Geschäftsverwandten, bemerkte er auf den Memorialcn, was außer dem Verlangten von Neuigkeiten der Firma mit abzusenden sei. Durch seine Hand gehen alle Rechnungen, von den größten der Buchdrucker — z. B. empfängt die Dürre'sche Officin für Druck und Papier, so sie von Michaelis 1784 bis Jubi late 1785 geliefert, 8166 Thlr. 5 Gr., gedruckt wurden von ihr in diesem Zeitraum 566^ Bogen — bis zu den kleinsten, z. B. denen der Leipziger Büchercommission, die für das Einträgen der neuen Vcrlagsartikel in die Bücherrolle außer 20 (beziehungsweise 15) Exemplaren noch weitere 3 Thaler 19 Groschen empfing; er be stimmt, ob die von Wien verlangten fünf Privilegieneremplare zu senden seien, und wie es zu halten sei gegenüber dem kaiserlicken Büchercommissions-Secretär Herrn Ebenau in Frankfurt, der voller Devotion in „der Frankfurter Ostermess 1782" daran erinnert, daß die zwei Eremplare von Geliert's geistlichen Oden und Liedern sowie Vermischten Schriften, so zur Erneuerung des Privilegii nöthig sind, noch immer nicht geliefert wurden. „Ich bitte, mich für entschuldigt zu halten", fügt er bei, „daß ich wegen dieser Schriften von Amts wegen Anregung thun muß, denn mir ist es wohl bekannt, daß Sie wegen diesen Schriften verdrießlich seyn. Sodann habe ich erinnern wollen, daß das Kays. Privilegium über OaMolli Oietion. längst erloschen seye; wenn es etwa gefällig wäre, solches wiederum er neuern zu lassen, damit kein Nachdrucker dahinter komme." Und trotz dieser mannichfachcn und anstrengenden Thätigkeit, Welche das eigene Geschäft erforderte, blieb auch dem älter werdenden Mann der streitbare Sinn, der die allgemeinen Interessen nicht aus dem Auge verlor, und namentlich, als durch Klopstock's Anregung das Streben der Schriftsteller nach Selbstverlag festere Formen ge wann, da war Reich, wenn auch anonym, zur Stelle, um für den deutschen Buchhandel einzutreten. Aber so sehr manchmal der Humor des alten Herrn Feder führte, so erwuchs doch zweifellos aus dieser Bewegung mancherlei Aerger und Sorge. Denn die Flugschriften, die damals gegen den Buchhandel losgelassen wurden, waren, nach mancherlei Proben zu schließen, sehr grob und wohl geeignet, die Galle der Gescholtenen zu erregen. Daneben aber schien auch das Streben nach Selbstverlag nicht ohne Gefahr für die Buch händler, der glückverheißende Anfang der Dessauer reizte zu ähn lichen Unternehmungen, und es war wenigstens in der ersten Zeit, als beginne nun zum Schaden des Buchhandels für die Schrift steller das goldne Zeitalter. Auch ältere Autoren wurden stutzig, ihnen kamen die verschwommenen Ansichten über geistiges Eigen thum zu Hilfe. In jenen Jahren beeilt sich Wieland, bei den Dessauern eine goldne Ernte einzuthun, und nicht wenige der be deutendsten Männer jener Zeit leisten dem Verfasser des Oberon Gesellschaft. Freilich, nach einigen Jahren blieb dann die Er nüchterung nicht aus, und der gute Niemeyer mochte froh sein, daß er seinen Philotas an Reich gegeben und nicht mit seinen Genossen in Selbstverlag genommen hatte. Goethe erzählt in Dichtung und Wahrheit von der Enttäuschung, die der begeisterten Subscription auf Klopstock's Gelehrtenrepublik gefolgt war. „Die Bestürzung war allgemein, die Achtung gegen den Mann aber so groß, daß kein Murren, kaum ein leises Murmeln entstand. Die junge schöne Welt verschmerzte den Verlust und verschenkte nun scherzend die theuer erworbenen Eremplare. Ich erhielt selbst mehrere von guten Freun dinnen." Und zu der scherzhaften Strafe, die hier den Käufer traf, gesellten sich die für den Autor. So ward die Dyssauische Verlags- casse für Wieland ein Gegenstand sehr bitterer Erinnerungen, auch Bahrdt mußte sich damals gestehen, daß „die Scelengröße, die Bahn mit eigener Gefahr zu brechen und die Republik der deutschen Gelehrten vom Joche der Vcrlegerschaft zu befreien", Thorheit ge wesen sei. Er erhält für seinen Patriotismus nur 13—14 Ballen Maculatur und darf seinen Verlust kecklich auf 400 Thaler anschlagen. Wieland berechnet den seinen auf 1000 Thaler. Aber die Buchhändler, die, während die Dessauer Unternehmen blühen, ihr schroff gegenüber gestanden hatten, scheinen nach deren Fall noch gereizt. So weigert sich der Berliner Mylius ausdrücklich, die Fortsetzung von Bahrdt's Briefen über die Bibel zu übernehmen, wenn das Buch nicht einen andern Titel erhält, „weil er die bloße Fortsetzung eines Artikels der gelehrten Buchhandlung nicht ver legen wollte". — „Tages Arbeit, Abends Gäste", und wie es an ersterer nicht fehlte, so nicht an letzteren. Allwöchentlich einmal, so erzählt Reich's Biograph, versammelten sich die Freunde des alten Herrn in dessen Wohnung zu geselligem Abendverkehr. Da erschienen die Leipziger- Gelehrten, die mit der Firma in Verbindung standen — der Tod I. A. Ernesti's reißt übrigens 1781 eine neue Lücke in die Ver sammlung —, daneben auch Patrizier von Ansehen und tüchtige Künstler. Diese durften nicht fehlen, denn Reich besaß Geschmack und kaufte nicht Weniges. Er hatte eine ausgewählte Bildersamm lung, und ließ sich, dem Gebrauch der Zeit gemäß, für einige seiner Freunde malen. Oeser stand mit ihm in genaustem Verkehr, auch den Leipziger Kupferstecher Geyser, der nach Chodowiccki unter den vielen für die Firma arbeitenden Künstlern der bedeutendste scheint, wird man zu diesem Kreise zählen können. So kommt das Jahr 1787 heran. Schon vor einiger Zeit hatte Philipp Erasmus in einem Briefe an Steiner über sein Be finden Klage geführt, aber das Uebel war damals rasch gehoben. Jetzt scheint es wiederzukehren, denn es wird, um die angegriffene Gesundheit zu stärken, eine Fahrt nach Wilhelmsbad geplant und im
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