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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.08.1874
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1874-08-19
- Erscheinungsdatum
- 19.08.1874
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- Deutsch
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2982 Nichtamtlicher Theil. 191, 19. August. fort — daß mir das Buch unbekannt ist. Wenn man Frenzel's geistreiche Kritik über dasselbe in der „National-Zeitung", und Paul Lindau's interessante Besprechungen in der „Gegenwart" ge lesen hat, so kennt man das Buch bereits vollständig. Dasselbe noch zu lesen, ist meinerseits, glauben Sic cs mir, nur noch eine gewisse Neugier und — enäu man will es doch gelesen haben!"" — „Irre ich nicht, gnädige Frau, wenn ich mich erinnere, Auer bach im vorigen Jahre in einer Unterhaltung mit Ihnen im Bade, und im letzten Winter auf Ihrer glänzenden Soiröe bemerkt zu haben?" — „„Allerdings, mein Herr, ich kenne Herrn Auerbach per sönlich!"" - „Und da kaufen Sie nicht einmal sein neuestes Werk, welches fast alle deutschen und fremden Journale besprochen haben?" — „„Wenn ich aufrichtig gestehen soll, — nein! Wie ich Ihnen schon mittheilte, bekomme ich cs ja in einigen Wochen. Es wäre sehr schlimm, wenn das Buch nicht auch einige Wochen nach seinem Erscheinen denselben Werth hätte, als einige Tage nach demselben. Der Preis ist enorm, und wenn ich für 1 Silbergroschen in der Bibliothek denselben Genuß haben kann, als für 6 Thlr. beim Buch händler, so sehe ich gar nicht ein, daß meine Sparsamkeit am schlech ten Platze ist."" „Sie haben ganz Recht!" antwortete ich. — Ob ich es auch so meinte, lasse ich dahin gestellt sein. Als ich jedoch Frau von Z. sehr mißgestimmt verließ, versuchte ich mir doch klar zu legen, in wieweit diese Dame, welche ich selbstverständlich nur als Typus der besseren lesenden Gesellschaft gewählt habe, zu ihren Aeußerungen wirklich berechtigt ist. Es handelt sich hierbei natürlich weder um Auerbach, noch um Waldfried, noch um Frau von Z., sondern nur um das Mißverhält- niß, welches in Deutschland im Publicum gegenüber dem Buch handel und hierdurch mittelbar für die Autoren besteht. Unsere deutsche Roman-Literatur ist durchgängig buchhänd lerisch zu th euer. Wenn man allerdings bedenkt, daß ein Meter des breiten Bandes, welcher Frau v. Z.'s Hut sehr geschmackvoll garnirt, mindestens ebenso theuer ist, als ein aus 16 Druckbogen bestehendes Werk, daß ein I. Rang-Billet im Theater incl. Droschke, welche die verehrte Dame ins Theater führt, oder von demselben abholt, fast mehr kostet, als die Gesammtausgabe eines deutschen Classikers, so scheint doch der Begriff des „zu theuren Preises" wesentlich modificirt. Jndeß nicht Jeder aus dem deutschen Publicum besucht den ersten Rang, nicht Jede, welche sich durch gute Lectüre wahrhaft bilden will, garnirt ihren Hut mit St. Etienner Band L 10 Frcs. den Meter. Auch hierbei soll nicht subjectives Urtheil, sondern objectiver Vergleich meine Besprechung und die darin enthaltenen Gedanken leiten. Der Uebelstand liegt auf der einen wie auf der anderen Seite, in den einerseits zu hohen Ansprüchen, welche die besseren Autoren an die Verleger und infolge dessen die Buchhändler an's Publicum machen, andererseits an den zu geringen Ansprüchen im Budget unseres Familienlebens für die Weiterbildung und Bereicherung unserer Kenntnisse, und die unmittelbar hieraus erfolgte Rückwirkung auf Buchhändler, Verleger und Autor. — Fritz Reuter, welchem es, wie kaum einem anderen Schrift steller gelungen war, unter Scherz und Humor seinen Lesern die schärfsten Wahrheiten auf die liebenswürdigste Weise ins Ohr zu flüstern, läßt seinen berühmten Onkel Bräsig in der bekannten Rede über deutsche Armuth folgende, inhaltschwere Stelle sagen, welche eigentlich keines anderen Commentars bedarf, und nur subjectiv nach gefühlt werden muß, um richtig verstanden werden zu können! Jnspector Bräsig sagt: „ und daher stammt sich die Armuth auf dem Lande. — Aber woher stammt sie sich in der Stadt? — Mitbürger! ich will es Euch sagen, denn ich wohn' hier schon lange genug in der Stadt und regardir' die Menschheit: „Die große Armuth in der Stadt kommt von der großen Powerteh her!" — In diesem Powerteh liegt alles. — „Armuth und Powerteh" ist eigentlich eine Tautologie, am allerwenigsten ein Gegensatz. In dieser Powerteh aber liegt nicht die materielle Armuth, sondern das Kleinliche, Acrmliche, ungerechtfertigt Spar same des Reichthums oder vielmehr der besitzenden Classe. Als wir an anderer Stelle über die Mißstände und Mängel des deutschen Geschäftsbetriebes gegenüber dem Auslande uns auszu sprechen Gelegenheit nahmen, hierbei auf die Basis der eventuellen gleichen Sach- und Fachkenntniß der verschiedenen Nationen, die Licht- und Schattenseiten durch fehlerhafte An- und Auffassung der selben zurückkamen und hieraus die guten und schlechten Consequenzen berechtigt zogen, hatten wir allerdings nur mit drei Factoren zu rech nen, dem Fabrikanten, Grossisten oder Zwischenhändler und Dätailleur. Beim Buchhandel tritt ein vierter und zwar der wichtigste — der Autor, hinzu. Der Verleger würde alsdann neben dem Fabrikanten, der kaufmännische Zwischenhändler neben dem buchhändlerischen Commissionär, der Dötailleur neben dem Sortimenter rangiren. Das kaufende Publicum aber ist für beide Geschäftszweige fast das selbe, oder vielmehr — sollte cs dasselbe sein. Die Klagen der Sortimenter aber, und unsere eigene Anschauungskraft berechtigen uns zu der gewissen Annahme, daß es nicht dasselbe ist. Versuchen wir dem Mißstande, welcher also an irgend einem genannten Theile liegen muß, im deutschen Buchhandel nachzuspüren. An der letzten Hand, dem Sortimenter liegt es nicht. Unsere Buchhandlungen bieten zum größten Theil eine reiche Auswahl des Besten und des Neuesten. Die Besitzer derselben sind zum allergrößten Theil belletristisch durch- und feingebildete Persönlichkeiten, welche das Publicum bei der Wahl eines Buches feinfühlend und sachkundig unterstützen. Im Zwischenhandel, nämlich den buchhändlerischen Commissionären, liegt es gewiß auch nicht. Derselbe ist in Deutsch land, speciell im Gegensätze zum mercantilen Zwischenhandel, so vor züglich organisirt, daß er als Beispiel und Richtschnur anderen Na tionen dienen könnte. Wir kommen also mit unserer Sonde auf den Verleger resp. den Autor zurück, und müssen dort, in den wechsel seitigen Schwierigkeiten derselben gegenüber dem Publicum, den gor dischen Knoten suchen. Der Verleger braucht den Autor, wie der Autor den Verleger. Welcher von Beiden den Andern mehr braucht, lasse ich dahin gestellt sein, da der Verleger leichter einen anderen Autor, als ein unbe kannter Autor einen bekannten Verleger finden kann. Da die Herren Verleger neben ihrer Eigenschaft liebenswürdiger, gebildeter Männer und Mäcene der Wissenschaft auch, und naturgemäß zumeist Ge schäftsleute sind, nehmen sie ungleich lieber Werke bekannter, im Publicum bewährter und beliebter Autoren in Verlag, als vielleicht auch berechtigte Erzeugnisse jüngerer, und infolge dessen noch nicht bewährter Kräfte. Wir erinnern noch einmal daran, daß, wie wir durch unseren Eingang erhellt haben, wir nicht speciell von fachwissenschaftlicher, sondern von Roman-Literatnr und von schönwissenschaftlichen Werken sprechen wollen. Dieser Umstand des Bestürmens seitens der deut schen Verleger von der, im Verhältniß zu anderen Nationen sehr kleinen Anzahl berühmter Romanverfasser veranlaßt naturgemäß letztere Herren, für ihre Manuscripte außergewöhnlich bedeutende Summen zu fordern. Im Verhältniß zu dieser enormen Summe für das erworbene Eigenthumsrecht ist die vom Verleger gedruckte Auf lage eine sehr kleine. Er weiß ganz genau, daß er zumeist für Leih bibliotheken druckt und daß das Publicum außerordentlich zähe im Ankauf eines Buches ist, welches den Ladenpreis eines Thalers in großen Städten, eines Drittelthalers in kleineren Städten übersteigt. Es ist also kein Wunder, daß dasselbe Buch, mit Rücksicht auf die Verlegerausgaben für Manuscript, Satz, Druck, Papier und Ver-
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