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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.04.1874
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- Ausgabe
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- 1874-04-29
- Erscheinungsdatum
- 29.04.1874
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- Deutsch
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1574 Nichtamtlicher Theil. 97, 29. April. derselben erblicken Sie in den von mir gestellten Anträgen, über welche sich die Mitglieder dieser sreien Commission geeinigt haben. Ich dars also wohl daraus rechnen, daß diese Anträge die Zustimmung sowohl der Commissionsmitglieder wie ihrer Parteifreunde erhalten werden, zumal sie nicht im Widerstreite mit den Prinzipien stehen, welche in den frühern Commissionsbeschlüssen und in den Beschlüssen der zweiten Lesung nieder gelegt sind. Der Redner geht darauf genauer auf die in seinen Anträgen beabsichtigten Veränderungen ein und betont, daß anders eine Ver einigung theils der gefaßten Beschlüsse mit den Prinzipien anderer Gesetze, theils der Gegensätze in der bisherigen Praxis von Süd- und Norddeutschlaud nicht zu erreichen war. Die wichtigste Acndc- rung enthält der zu tz. 26. gestellte Antrag, in welchem die polizei liche Beschlagnahme ausgedehnt wird auf die Fälle der Aufforderung zum Hochverrate, zu strafbaren Handlungen, Gewalttätigkeiten und der Majcstätsbclcidigung. Doch ist eine Beschränkung dadurch getroffen, daß hier die Beschlagnahme nur in den allerdringeudsten Fällen stattfinden darf. Präsident Delbrück: Die Wünsche, welche die verbündeten Regierungen in Bezug auf den Entwurf des Preßgesetzes nach den Beschlüssen der zweiten Lesung hegen, sind Ihnen bekannt, und ich glaube mit Rücksicht hierauf mich zur Zeit auf die Mittheilung beschränken zu können, daß von uns gegen die An träge, welche der Vorredner soeben charakterisiit hat, irgendeine Ein wendung nicht erhoben werden wird, mit Ausnahme des auf Ergänzung des 8. 21. (Zuwiderhandlungen gegen die Verpflichtung zur Ausnahme von Berichtigungen) bezüglichen Antrages, auf den ich in der Special- discussion zurückkommen werde. Abg. Sonnemann: Wenn ich den Entwurf, wie er aus der zweiten Lesung hervor- gegangcn ist, als das Resultat von Berathungen, in welchen vielfach Concession gegen Concession stand, mit dem preußischen Preßgesetze von 1851 vergleiche, das immer als warnendes Exempel bezeichnet worden ist von dem, wie ein Preßgesetz nicht sein soll, so finde ich, daß dieser Entwurs sämmtliche Beschränkungen der Presse enthält, welche in dem preußischen Preßgesetze stehen, mit Ausnahme einer einzigen, daß »tan die Namen der Geschworenen vor dem Beginne der Assisenvcrhandlnng nicht nennen darf, ja er enthält sogar einige Verschärfungen und Er schwerungen, die nur zugestanden wurden, weil man hoffte, daß die Be schlagnahme und der Zeugenzwang wegfallen würden. Art. 23. enthält eine Verschärfung der Verantwortlichkeit des Redac- teurs, da derselbe immer als Thätcr betrachtet und bestraft werden soll. In Art. 24. sind die Fahrlässigkeilsstrafen verschärft. Das alles halten wir uns gefallen lassen, weil wir hofften, daß, nachdem man die Conces- sioncn des Reichstages ruhig und dankbar angenommen bat, die vom Reichstage erwarteten Concessionen nicht würden zurückgenommen werden, um so weniger, als dieses Gesetz im Verhältnisse zu den Gesetzen anderer Staaten, z. B. Württembergs, Bayerns, Sachsens, einen bedeutenden Rückschritt enthält. Das Wort des Fürsten Bismarck, daß der Norden liberaler sei, als der Süden, bewährt sich hier also nicht. Um das Zustandekommen des Gesetzes herbeizusühren, habe ich — außer bei streng prinzipiellen Fragen — nachgegebcn. Ich gestehe zu, daß keine jungen Leute unter 21 Jahren die Erlaubniß zur Colportage bekommen sollen; die Vorschläge betreffend die Berichtigungen Halle ich für Verbesserungen; anders steht es mit der Beseitigung der Bestimmung über die Placate. Die gründlichen Verhandlungen in der Commission ergaben die Wichtigkeit der Placate für die Wahlen; ich kann nur bedauern, daß diese Angelegenheit der Particulargesetzgcbung überlassen ist. Obgleich ich gegen diese Bestimmung stimmen werde, würde ich um ihretwillen mich nicht für berechtigt halten das gan;e Gesetz zu verwerfen. Der wichtigste Punkt ist die durch den Antrag Marquardsen wieder eingesührte Beschlag nahme; ich wenigstens kann nicht anerkennen, daß Sie mit dieser Be stimmung die polizeiliche Beschlagnahme aufheben; es ist derselben Sache nur ein anderes Mäntelchen umgehängt. Es ist in der Commission bemerkt, es sei nicht mehr so schlimm mit der Beschlagnahme, in den letzten Jahren haben besonders in Pieußen wenig Beschlagnahmen stattgesunden Dies ist theilweise wahr; ich weiß aber noch gar nicht, ob man in dieser Beziehung anscheinend etwas libe ral verfahren ist, um erst das Reichsgesetz zu Stande zu bringen und um sich aus diesen Umstand berufen zu können Welche Instructionen nach Annahme des Gesetzes in Bezug auf seine Ausführung ergehen werden, können wir nicht wissen. Jeder Polizeicommissar, der sich nach oben hin recht angenehm machen will, wird es in der Hand haben, wenn er recht viel confiscirt. Der Antrag des Hin. Abg. Schwarze verlangt die Aufhebung der Bestimmung, welche den Zeugenzwang beseitigt, und doch ist diese Be seitigung in der Commission und im Hause mit großer Majorität be schlossen worden. Die Straiprozeßordnungen aller deutschen Staaten ent halten eine Reihe von Befreiungen vom Zeugenzwang: sür Geistliche, Anwälte, für Beamte und selbst für Gewerbtreidende, wenn ihr Interesse dadurch verletzt wird. Es kann aber niemals mehr das Interesse des Redacteurs verletzt werden, als wenn er gezwungen wird, zu bezeugen, wer der Einsender des betreffenden Artikels sei. Der Reichstag hat die größte Bereitwilligkeit gezeigt, das Gesetz zu Stande zu bringen; die Regierungen haben durch die Stellung, die sie zwischen der zweiten und dritten Lesung genommen haben, durch ihr star res Ablehnen des Gesetzes in der bisherigen Gestalt bewiesen, daß sie eine freie Presse nicht vertragen können. Da halte ich es für besser, lieber noch ein halbes Jahr oder ein Jahr auf das Zustandekommen des Preß- gefetzes zu verzichten. Die Regierungen aber möchte ich an die Worte erinnern, welche der französische Finanzminister sprach, als in den zwan ziger Jahren das Budget aus eine Milliarde angewachsen war und die Kammer absolut nicht darauf eingehen wollte; er sagte damals: „Betrach ten Sie diese Milliarde sehr genau, denn Sie werden sie niemals Wieder sehen." Und seitdem ist in der That das französische Budget auf 3 Mil liarden gestiegen. Ich glaube, die Regierungen sollten die sehr bedeutenden Angebote des Reichstages nicht zurückweisen, der nächste Reichstag würde sie wahrscheinlich nicht wiederholen. (Bravo! links.) Abg. Träger: Nach den Ereignissen der letzten Tage waren wir wohl berechtigt, auf eine unveränderte Annahme der Beschlüsse der zweiten Lesung seitens des Bundcsrathes rechnen zu dürfen, und ich war sehr erstaunt, das Gcgcn- theil von Hrn Marquardsen aussprechen zu hören. Die Regierung mußte nach Annahme dcs Militärgesetzes mit dem unbedingten Vertrauensvotum hinsichtlich der Presse antworten. Auch der Kampf um die Preßfreiheit ist ein Culturkampf im eminentesten Sinne, und zwar ein Kampf, bei dem alle politischen Parteien auf das allerinnigste belheiligt sind. Die Anträge der Herren Marquardsen und Schwarze nun berühren einmal viele unwesentliche Punkte; in zwei Bestimmungen aber kann ich denselben nicht beitreten. Die erste betrifft die Beseitigung der Befreiung des Zeugenzwanges sür den Redacteur. Ich bedauere, daß die Regierung mit ihren Aeußerungen über diesen Gegenstand so lange zurückgehalten hat; ich mache aber darauf aufmerksam, daß das von der Regierung gewünschte Verfahren entschieden gegen das Prinzip dcs Anklageprozcsses verstoßt, in sofern es dem Angeklagten die Beweisführung sür seine Unschuld auflegt. Aber auch in die Beseitigung dieser Befreiung vom Zeugcnzwange möchte ich im vorliegenden Gesetz willigen, wenn mir seitens der Majorität und der Regierung Bürgschaft gewährt würde, daß in der bevorstehenden Preß- geseßl ebung diese Befreiung ausgesprochen werden wird. Der zweite Punkt betrifft die polizeiliche Beschlagnahme. Ich bin geneigt, dieselbe überall da zu gestatten, wo der Thalbestond eines Ver gehens äußerlich erkennbar ist, nie aber dann, sobald sie mit einer Kritik dcs Inhaltes verbunden ist, weil sie dann nach suchectiver Willkür erfolgt, und weil damit die alre Censur im allerweilesten Maße wiederhergestellt wird. Abg. vr. Laster: Die Verständigungen, die seitens der Commission mit den Vertretern der Regierung versucht wurden, schwächen die ursprüngliche» Anträge der Commission in mehreren Punkten ab, und cs hat allerdings mir und meinen politischen Freunden die Frage sehr nahe gelegen, nachdem die äußerste Grenze erörtert war, bis zu welcher die Genehmigung der Re gierungen für dieses Gesetz zu erlangen die Wahrscheinlichkeit vorlag, ob wir zuletzt sür oder gegen dieses Gesetz stimmen sollen. Zwar liebe ich das Uebertreiben nicht, wenn es sich um praktische Fragen handelt, und wenn man die gegenwärtige Vorlage als verschlech tert gegen das preußische Preßgesetz darstellt, wie es Hr. Sonnemann ge- than hat, so ist das Uebeitreibung. Es sind darin zwei Bestimmungen weggelassen, die für einen großen Theil der Presse und des Publicums den Schwerpunkt bilden, einmal die Befreiung von der Stempelsteuer und zweitens die Beseitigung der Caution sür periodische, also besonders poli tische Zeitschriften, was noch viel wichtiger ist; denn sicher lastet die Cau tion am allerschwerstcn aus der Presse; sogar die Abschaffung der Stempel steuer kommt in Bezug auf die preßpolizeilichen Hindernisse erst in zweiter Linie in Betracht. Es kommt außerdem noch eine Anzahl anderer Beschränkungen vor, und ich erwähne nur eins, was Hr. Träger als unannehmbare Bestim mung bezeichnet hat, näml ch die Entfernung des Zcugenzwangcs, von dem ich sage, daß es mir nicht die mindeste Anstrengung kostet, den Pa ragraphen aus dem gegenwärtigen Gesetze herauszustreichen, einmal weil ich mir in meinem Gewissen sagen muß, ich bin gar nicht in der Lage, in dem Preßgesetze eine derartige Befreiung sür den Redacteur zu er-
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