Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.03.1894
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1894-03-12
- Erscheinungsdatum
- 12.03.1894
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18940312
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-189403128
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18940312
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1894
- Monat1894-03
- Tag1894-03-12
- Monat1894-03
- Jahr1894
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
der jungen Ehe, die Chronik des Oeil de Boeuf, 5 Bde., v. Geisen, Hygiene der Flitterwochen, Kahlenburg, Konversations lexikon zur Culturgeschichte der Liebe und Ehe, Koenig, die Hygiene der Keuschheit, Mantegazza, Physiologie der Liebe (mit der bekannten Kuß-Vignette eines Berliner Verlages), Mantegazza, Hygiene der Liebe, Memoiren-Bibliothek Bd. 6 —15 (als Fortsetzung der 5 Bände der Chronik des Oeil de Boeuf), Restif de la Bretonne, die Liebe mit 45 Jahren, Schopenhauer, Metaphysik der Geschlechtsliebe, v. Streitberg, die Enterbten, Verlorenen und Gefallenen, Weißbrod, die Sittlichkeitsverbrechen vor dem Gesetz. Wir haben nicht feststellen können, ob alle in dem Kataloge angezeigten Bücher und Ausgaben dem Verlage von Alfred H. Fried L Cie. in Berlin entstammen, doch ist dieses bei einer großen Anzahl derselben der Fall. Der Umschlag war links in seiner ganzen Höhe mit einer Abbildung der Venus von Milo versehen; daneben standen die Titelworte: »Auswahl gangbarer Bücher zu billigen Preisen, zu beziehen durch G. Fritzsche, Buchhandlung und Hamburger wissenschaftliches Antiquariat, Hamburg, Gerhofstraße 5.« In dieser Zusammentragung einer namhaften Anzahl von Büchern, deren Inhalt oder nur Titel die Geschlechtsliebe zum Ausgangspunkte nimmt, einer Zusammentragung, deren anreizende Absicht auch durch das sonst nicht zu motivierende Venusbild auf dem Umschläge hervortrat, erblickte Herr Heinrich Wicher» (Firma W. Mauke Söhne) in Hamburg, dem auf seinem Heim wege ein Exemplar des Katalogs von einem Jungen zugesteckt wurde, mit Recht eine Gefahr für das Ansehen des Buchhandels und legte seine Empfindungen in einem gedruckten Rundschreiben nieder, das er an eine beschränkte Zahl seiner Hamburger Be rufsgenossen versandte. In diesem Rundschreiben nun hatte er in der Aufwallung seines Temperaments skiner Entrüstung ziem lich lauten Ausdruck gegeben, und dieses bildete für Herrn G. Fritzsche die Veranlassung zur Einleitung einer Klage gegen ihn wegen Beleidigung und Geschästsschädigung. Die Verhandlung vor dem Schöffengericht fand am 17. Juni 1893 statt und endete mit der Verurteilung des Angeklagten zu einer Geldstrafe von 50 wobei dem Privatkläger die Be fugnis zugesprochcn wurde, den erkennenden Teil des Urteils auf Kosten des Privatbeklagten im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel zu veröffentlichen. Die vom Privatkläger beantragte Zuerkennung einer Buße wurde abgelehnt, da für einen durch das Wichern'sche Cirkular verursachten Vermögensnachteil des Privatklägers kein Anhalt gegeben war, der Privatkläger hierzu auch nichts vorgebracht hatte. Das Schöffengericht hatte die Ueberzeugung gewonnen, daß drei näher bezeichnete Absätze des Wichern'schen Rund schreibens beleidigend für den Privatkläger Fritzsche seien und Herr Wichern mit seinen Aeußerungen über die Wahrnehmung berechtigter Interessen hinausgegangen sei. Im übrigen glaubte das Schöffengericht den Versicherungen des Letzteren, daß ihn in erster Linie die Interessen seines Standes zum Erlaß des Cirkulars veranlaßt hätten. Zu dem oben beschriebenen Kataloge äußerte sich das Schöffengericht wie folgt: »Dieser Katalog enthält neben der Anzeige einiger indifferenter Bücher auch solche von Büchern, die, wenn ihnen auch ein wissenschaftliches oder kulturhistorisches Interesse in höherem oder geringerem Grade sür weitere oder engere Kreise nicht völlig abzusprechen ist, doch mit Fug und Recht als schlüpfrig bezeichnet werden können und auch dieser letzteren Eigenschaft in erheblich größerem Maße ihre. Anziehungskraft und Verbreitung danken, als ihrer wissenschaftlichen Bedeutung. Hierzu gehören die Chronik des Oeil äs boouk (Bl. 5), Memoiren-Bibliothek (Bl. 18), Rsstil <ls la. öretonno (Bl. 21) und andere mehr.« Die gegen das schöffengerichtliche Urteil eingelegte Berufung beider Parteien wurde am 2. Dezember 1893 vor dem Land gerichte in Hamburg verhandelt und verworfen. Das Urteil des Landgerichts kam in seinen Ausführungen ebenfalls auf die rückhaltlose Anerkennung der vom Privatbeklagten beabsichtigten Wahrnehmung berechtigter Interessen hin, rügte aber deren Ueberschreituug durch Aeußerungen, in denen die Absicht einer Beleidigung erkennbar gewesen sei. Es sagte hier über im wesentlichen: »Der erste Absatz (des Wichern'schen Cirkulars) be zieht sich darauf, daß Privatkläger einen Katalog ver breitet hat, in welchem Schriften angezeigt sind, die zum Teil unzweifelhaft lasciven Inhalts sind. Ob diejenigen Schriften, welche lasciven Inhalt haben, dennoch gleich zeitig ein kulturhistorisches oder litterarhistorisches In teresse darbieten, darüber ist Beweis erhoben worden; es bedarf jedoch einer Beantwortung dieser Frage nicht. Denn daß Angeklagter die Interessen des Buchhandels, so wie er ihn gehandhabt wissen will, schützen wollte, wozu er sich als ehemaliger Vorsitzender des Buch händlervereins und als langjähriger Vorkämpfer für die althergebrachten, vornehmeren Gebarungen des Buch- händlergeschäfts besonders qualifiziert und berechtigt er achtete, daran ist dem Gerichte kein Zweifel. Es ist dem Angeklagten heiliger Ernst mit seiner Sache. Er wollte Interessen, die er für berechtigt hielt, wahrnehmen. Die einzige Frage ist, ob er die zulässigen Grenzen überschritten hat: ob er nicht nur eine drastische — wie zulässig —, sondern eine absichtlich beleidigende Darstellung gegeben hat. Dies letztere mußte aber bejaht werden. Die Absicht der Beleidigung ergiebt sich, wie das Schöffen gericht ausgeführt hat, aus der Form der Stellen des Cirkulars. Hätte der Angeklagte ruhig und objektiv vor gebracht, weshalb er die Versendung solcher Kataloge sür unangebracht hält, so hätte der Schluß auf die bezeichnete Absicht fern gelegen.« Zum Schluß sagte das Urteil: »Die vom Schöffengerichte erkannte Strafe erschien im übrigen aus den dort angegebenen Gründen an gemessen, wobei besonders in Betracht kam, daß der An geklagte zum Hauptzwecke hatte, die Interessen des Buch handels, wie er sie verstand, zu wahren.« Herr Wichern focht auch dieses Urteil in seinem ganzen Umfange an und begründete seine beim Hanseatischen Oberlandes gericht dagegen eingereichte Revisionsschrift mit der Behauptung materieller Gesetzesverletzung, insbesondere unrichtiger Anwendung der 8 185 und 193 St.-G.-B. Er wandte sich gegen den vom Landgericht festgestellten Begriff der beleidigenden Absicht und bchaupteie, daß das Landgericht diesen Begriff unrichtig ange wendet habe. Das Landgericht habe ausdrücklich anerkannt und festgestellt, daß es dem Angeklagten »heiliger Ernst mit seiner Sache« gewesen sei; damit erscheine die Annahme beleidigender Absicht in dem Sinne, in deni diese allein strafbar sein würde, unvereinbar Das Landgericht wolle und könne folgerichtig nichts anderes gemeint haben, als daß der Angeklagte sich des objektiv beleidigenden Charakters seiner Darstellung bewußt gewesen sei. Eben dies aber würde die Strafbarkeit des Angeklagten im vor liegenden Falle nicht begründen. Diese Befangenheit des Land gerichts in der bezeichneten Gesetzes- bezw. Begriffsverkennung werde auch durch die Gegenüberstellung bestätigt, zu der es in dem Satze gelange: »ob er nicht nur eine drastische —wie zulässig — sondern eine absichtlich beleidigende Darstellung gegeben habe«. Die Zulässigkeit der Darstellung sei nicht auf das »Drastische« beschränkt gewesen, diese habe, sofern die Voraussetzungen des 8 193 St.-G.-B. Vorlagen, »beleidigend« sein dürfen und es habe dann darüber Feststellung getroffen werden müssen, ob nur der Thatbestand der objektiven Beleidigung im obigen Sinne
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder