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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.09.1870
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1870-09-21
- Erscheinungsdatum
- 21.09.1870
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
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Mord und Graus, und dazu lauten sie oft wie Prcisräthsel; z. B- „Der Todtcnkopf"; „Die vergiftete Locke"; „In der Höhle des Löwen"; „Der Blutball"; „Die wandelnden Särge"; „Die Beichte des Henkers"; „Das Gericht im Saale der Geweihten"; „Der wahn sinnige Bräutigam" re. re. Als letztes Lockmittel bringt der Prospect stets noch die An kündigung einer „Prämie". Der Abonnent soll dafür, daß er abonnirt, noch außerordentlich belohnt werden; es wird ihin eine Prämie zugesichert, die mindestens so viel Werth ist, als der ganze Roman kostet, so daß er diesen eigentlich gratis erhält. — „Außer diesem fesselnden Werke", heißt es gewöhnlich, „erhalten die geehrten Abonnenten noch als Prämie zwei mit höchster Meisterschaft ausge- führle große prachtvolle, einen wunderschönen Zimmerschmuck bil dende Kunstblätter, zum zehnten Heft: »Galilei, die Drehung der Erde erklärend« und zum Schlußheft: »Kolumbus verweigert die Abnahme seiner Ketten«; jedes Blatt gegen die äußerst geringe Nachzahlung von nur 7^ Silbergroschen." Welchen Gewinnst der Abonnent an dieser Prämie hat, darüber belehrt ihn eine Bemer kung, wie: ,,Jm Kunsthandel kostet jedes Blatt zwei Thaler"; oder gar: „Für Nichtabonnenten ist der Preis der beiden Kunstblätter pro Stück drei Thaler". In der That bestimmt auch gerade diese Prämien-Ausschrei bung viele ehrliche Lehre zum Abonnement, denn das Publicum glaubt gern an Wunder, und am liebsten an recht starke Wunder. Andererseits wird dagegen behauptet, daß die Verleger mit das beste Geschäft bei diesen „Prämien" machen, indem die äußerst geringe Nachzahlung von 7H Silbergroschen noch immer doppelt so hoch sei, als der wirklich reelle Werth des „Kunstblattes". Ja, ein Ber liner Concurrent hat sich nicht gescheut, dies öffentlich auszusprcchen. Er ist nämlich der Ansicht, daß die Idee der „Kunstblätter" sich doch zu überleben anfange, und daß man dem Publicum etwas Neues bieten müsse. Er verspricht seinen Abonnenten statt der „Kunst blätter", die er als bloße „Kreidedrucke einer mehr oder weniger werthlosen Lithographie" erklärt, als „elende Bilder", deren Ein rahmung hinterher immer noch eine bedeutende Geldausgabe verur sache; er verspricht als „Prämien" — hör' cs und staune, Europa, — „zwei wirklich kostbare Erzeugnisse der Silber- und Goldpräge- kunst, höchst nobles Besteck, enthaltend ein Paar silberne Messer und Gabel, gegen Nachzahlung von nur zehn Silbergroschen, und eine elegante Damenbroche in Silber und Gold, gegen Nachzahlung von nur fünfzehn Sgr." Was die Pretiosen tatsächlich Werth sind, mag dahingestellt bleiben: der kühne Reformator auf dem Gebiete des Eolportage-Verlags versichert, daß das Besteck sonst reell 1 Vs Thaler, die Broche 3 Thaler koste und er fügt hinzu: „Nur dadurch, daß beide Muster in mindestens 100,000 Exemplaren gefertigt werden, und ich selbst noch pecuniäre Opfer bringe, ist es möglich, solche prachtvolleJuwelierarbeiten als Prämien zu geben". — Und der ge niale Erfinder dieser sogenannten „Juwelen-Bibliothek" hat schnell Nachahmer gefunden. Ein anderer Berliner Verleger hat zwar die „Kunstblätter" als Prämie beibehallen, sich aber außerdem zu einer „Ertraprämic" Hinreißen lassen. Als solche bietet er seinen Abonnen ten „eine feine Schweizeruhr mit Wecker", gegen Nachzahlung von nur 25 Sgr.; und er verpflichtet sich ausdrücklich, etwa nicht gehende Uhren binnen vier Wochen umzutauschen. Wer da nicht abonnirt, dem ist nicht zu helfen! Allein es gibt wirklich solch zähe, eigensinnige, für ihren Vortheil blinde Leute, die trotzdem zu abbonniren sich weigern, bei denen selbst „Juwelen- Bibliothek" und „Ertraprämien" nicht verfangen, so daß sich dann die Exporteure noch zu weiteren und immer lockenderen Versprechungen ans eigene Hand gezwungen sehen. Nach wie vor liest man auf allen Prospccten die Warnung: „Für anderweite Versprechungen, von Seiten der Boten kommt die Verlagsbuchhandlung nicht auf." Wie weit sich aber die Kolporteure von ihrem Eifer, um jeden Preis einen Abonnenten einzufangen, zuweilen Hinreißen lassen, davon zeugen zahlreiche Criminalvcrhandlungen, in welchen jeneHerren die Hauptrolle spielen. Sie versprechen Himmel und Erde, namentlich gern Loose und Antheilloosc zu allen möglichen Staats- und Privat- lottericn, aber auch manch' andere Dinge. Einem Berliner Dienst mädchen wußte der Colporteur einzureden, daß die Subscription auf „das einzig dastehende Werk" sie berechtige, sich bei dem nächsten Photographen an der Ecke gratis abconterfeien zu lassen. Doch wie erfinderisch ein Colporteur und von welch' frommer Einfalt das Pub licum sein kann, zeigt am schlagendsten wohl dieses Stückchen: Als während des deutsch-dänischen Krieges im Jahre 1864 mehrere Col- portage-Romane herauskamen, welche in kluger Berechnung das Zcitcreigniß dramatisirten, wie z. B. „Der dänische Spion" und ,,Up ewig ungedeckt!", vertrieb ein Botenläufer die zuletzt genannte Historie unter dem westphälischenLandvolk in der Art, daß er sie den ehrlichen Bauern und Tagelöhnern als „Kriegssteuer" octroyirte. Zur Führung des Krieges, so lautete sein Sprüchlein, habe sich die Negierung genöthigt gesehen, eine besondere Steuer auszuschreibcn, und als Entschädigung dafür liefere sie ihren loyalen Untcrthanen nun in dem Werke „Up ewig ungedeelt" eine authentische Beschrei bung des Feldzugs. Der neue Steuererheber trieb sein Geschäft wochenlang und mit dem besten Erfolg, bis ihn endlich die Nemesis in Gestalt eines Gendarmen erreichte. Der Prospect und die Prämien, welche die Kolporteure gleich mit sich führen und verweisen, sind viel, aber doch nicht alles. Was der Prospect verspricht, muß der Roman selbst möglichst zu erfüllen suchen. Er muß vor allem unterhaltend und spannend sein; die Spannung, der Genuß müssen mit jedem Heft, mit jedem Capitel noch wachsen, so daß der Leser auf die Fortsetzung begierig wird und sic nicht zeitig genug erhalten kann; sonst springt der Abonnent leicht ab, und obgleich er sich rechtlich auf das Ganze verpflichtet hat, so ist dem Widcrwilligen doch nicht immer beizukommen. Bietet dagegen die Geschichte ein ungewöhnliches Interesse, so kann es der Verleger schon wagen, die ursprünglich festgesetzteHeft- und Bogenzahl zu über schreiten, und er überschreitet sie denn auch oft um ein Erkleckliches: der Abonnent murrt, aber er kann es doch nicht über sein Herz brin gen, das neue Heft zurückzuweisen, er nimmt es und stürzt voll bren nender Neugierde darüber her. (Schluß folgt.) Miscellen. Aus Hamburg, 17. Sept. berichtet das dortige Fremden- Blatt: „ Durch Aussagen der in Braunschweig verhafteten Social- demokratcn war der bekannte hiesige Buchhändler Geib so stark compromittirt worden, daß General Vogel v. Falckenstein durch den Commandantenv. Gerstein-HohensteinOrdre gab, eine Haussuchung zu veranlassen und Geib geschlossen der Militärbehörde zu überliefern. Die Polizeibeamten Livonius und Weiße fanden bei Geib ca. 1000 Exemplare der braunschweigischen Proclamation, Vereinsbücher und Correspondenzen. Das Vorgefundene wurde confiscirt und Geib nach dem Stadthause gebracht, woselbst Commandaut v. Gcrstein- Hohenstein bereits des Arretirten wartete. Der Polizeichef Senator ör. Petersen verwandte sich bei dem General zu Gunsten Geib's, als eines sonst ganz ordentlichen Mannes. Der General zeigte sich indessen nicht geneigt, diese Fürsprache zu berücksichtigen und wurde dann Geib vom Polizeiherrn gefragt, ob er seiner Familie noch etwas mitzutheilen habe. Als er dies verneinte, wurde er geschlossen, ein Unteroffizier mit zwei Soldaten luden vor seinen Augen ihre Gewehre und brachten ihn per Droschke nach dem Berliner Bahnhof zum Transport auf die Festung Lötzen, Kreis Gumbinnen."
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