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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 31.01.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-01-31
- Erscheinungsdatum
- 31.01.1899
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- Deutsch
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8-14 Sprechsaal. 25, 81. Januar 1899. erhielt die nötige Auskunft und zag ab, erschien aber bald wieder in Begleitung des Schöningh'schen Angestellte» nebstcincinDetektiv, der die fraglichen Bücher für beschlagnahint erklärte. Am andern Morgen kam letzterer wieder und nahm die Bücher mit. Dann fand sich ein Herr ein, der mit mir ein förmliches langes Protokoll aufnahm, das ich unterschreiben sollte, ohne es vorher durchlesen zu dürfen, was ich daher verweigerte. — Ich hätte diese Angelegenheit gewiß nicht so weitläufig und gerade an dieser Stelle erzählt, wenn nicht aus ihr zwei Fragen entspringen würden, die für jeden Antiquar von ganz eminenter Wichtigkeit sind, und die ich hier zur öffentlichen Diskussion stellen möchte. Nicht um mich selbst handelt es sich, denn daß mir absolut nichts geschehen kann, erscheint mir sonnenklar, sondern darum; 1) ob es zulässig ist, von einem Dienstmann Bücher anzukaufen, ohne dem Verdachte der Hehlerei ausgesetzt zu werden; 2) ob das hier bestehende Verhältnis zwischen Ladenpreis (42 V«k) und Ankaufspreis (12 >6) das Delikt eines bedenklichen Ankaufs auch nur vermuten lassen könne. Denn zweifellos ist die staatsanwaltschaftliche Untersuchung auch auf diese beiden Punkte (wie nicht anders^aus dem polizei lichen Verhör hervorging) ausgedehnt. Gleichsam als Leitmotiv will ich mir gestatten, meine eigene bezügliche Auffassung zu skizzieren. Zu 1. Wenn bei mir ein Dienstmann erscheint, Bücher anzu bieten (in Großstädten ist dies eine ganz alltägliche Erscheinung), so sehe ich in dem Dienstmann den Vertrauensmann eines Dritten, der, sei es aus Scheu, Ortsunkenntnis, Bequemlichkeit oder Stolz, den Verkauf nicht selbst bewirken will. Den Auftraggeber des Dienstmannes auszuforschen, ist so lange nicht meine Pflicht, als Umstände oder die Verkaufsobjekte nicht einen Verdacht irgend welcher Art begründen. Letzteres war im vorliegenden Falle gewiß nicht zutreffend, da von den fraglichen Werken zu Weih nachten Tausende von Exemplaren verschenkt wurden, von denen nach dem Feste ein sicher nicht unbeträchtlicher Teil seinen Weg in die Antiquariate fand. Nicht einmal die eventuelle Kenntnis, daß die Bücher noch nicht bezahlt seien, könnte vorweg einen Verdacht begründen, denn ich kann sehr wohl annehmen, daß der Betreffende in momentaner Geldverlegenheit Bücher verkauft, deren spätere Bezahlung dadurch durchaus nicht verhindert wird. Zudem wurde mir ja der Verkäufer und das Hotel genannt — nicht meine Pflicht war es, im Hotel nachzufragen, was es mit dem Fremden für eine Bewandtnis habe, sondern Herr Schöninqh hatte, statt dem Herrn die Bücher ohne weiteres auszufolgen, ;e- manden zur Begleitung mitzusenden, um seine Verhältnisse zu er fahren, und die Anfrage an das Institut, dessen Angestellter der Herr zu sein vorgab, hätte vor und nicht nach der Kredit gewährung erfolgen müssen. Ja, angenommen, ich hätte ins Hotel geschickt und erfahren, daß der Verkäufer nicht der Ohlr> aus Hamm, sondern der Lamprecht aus Ballenstedt sei, — was hätte ich ge- than? Ich hätte die Bücher erst recht gekauft, denn der Lamprecht war mir seit Jahren wohlbekannt, er hatte schon verschiedene Ge schäfte mit mir abgewickelt, ohne daß sich je der geringste Anstand ergab; er galt mir als durchaus zahlungsfähig und vertrauens würdig, und überdies führt ihn Mushackes Jahrbuch 1897/98 II. S. 1b nach wie vor als Lehrer auf. Auch ich hätte ihm, und zwar unbedenklich, kreditiert, und hätte er dann mir den Streich gespielt, so wäre ich noch lange nicht zum Staatsanwalt gelaufen, sondern hätte vorerst den betreffenden Käufer um Rückgabe der Bücher gegen Erlag des verausgabten Betrages ersucht, wodurch die Schaden summe sich vermindert hätte, und hätte dann erst festzustellen ver sucht, ob und inwieweit ein direkter Betrug im Spiele war. Wohin würde es führen, wenn ich jeden, der mir ein Buch zum Kaufe anbietet, in peinliche Untersuchung betreffs Herkunft, Absichten re. ziehen wollte? Wenn wir ein unreifer Junge oder ein Straßenfeger Eulenburgs Realencyklopädie oder dergleichen an bietet, werde ich sicher die Sache näher untersuchen, bei einem an scheinend anständigen, womöglich »seminaristisch gebildeten« Menschen, oder wie im vorliegenden Falle bei einem Dienstmann (der sich doch sicher hüten wird, zu einem offenkundigen Betrug die Hand zu bieten), habe ich diese Verpflichtung keinesfalls. Oder denkt ein Antiquar-Kollege anders? Zu 2. Für die Bücher wurde 12 also über 29" o des Laden preises bezahlt. Das ist für Werke, die man jetzt — nach Weih nachten! — ohne weiteres mit 50" § neu erhält, entschieden nicht zu wenig! Außerdem war, wie schon erwähnt, Krämers »Neun zehntes Jahrhundert-, das übrigens noch nicht einmal voll ständig erschienen ist (es handelt sich bloß um Band I!), keines wegs tadellos, — der Umschlag war zerknittert, einzelne Bogen lagen lose darin, außerdem war es auch ausgeschnitten. Ich hatte es ja scheinbar in der Hand, den Ankaufspreis zu bestimmen - wenn ich gleichwohl 12 bot, so geschah es in der Ueberzeugung, daß der Dienstmnnn ganz gut wisse, welchen Mindestbctrag er nehmen dürfe, und dies nur nicht sagen wolle in der Hoffnung, vielleicht noch mehr zu erhalten. Beweis dessen, daß ich dem Dienstmann ausdrücklich sagte, mehr könnte ich nicht zahlen; wenn es dem Ver käufer zu wenig wäre, so erhalte er die Bücher gegen Rückerstattung der 12 ^ zurück. Thatsächlich wäre ich auch ganz unvernünftig gewesen, für antiquarische Bücher nahezu oder ganz so viel einem Privatmann zu bezahlen, wie ich auszulegen gehabt hätte, wenn ich die Werke durch Gesuch im Börsenblatte von einem Kollegen angeboten erhalten hätte. Man verzeihe mir meine Ausführlichkeit. Ich bin aber der Meinung, daß hier ein Fall vorliegt, wie er jedem Kollegen vom Antiquariat, ganz besonders in Universitätsstädten, stündlich pas- ieren kann. Eine Aussprache darüber, wie weit die Vorsicht beim Ankäufe von Büchern direkt vom Publikum zu gehen habe, kann omit nur vom größten allgemeinen Nutzen sein, für den Buch händler sowohl als für die Behörden, die oft in solchen Angelegen heiten entscheiden müssen, ohne über die Verhältnisse genügend in- ormiert zu sein. Münster i. W., 25. Januar 1899. Ignaz Seiling. Erwiderung. Daß der Inhaber des Westfälischen Antiquariates in Münster sich in so eingehender Weise über eine Angelegenheit verbreitest in der sein Name und seine Firma seither überhaupt noch nicht genannt wurde, ist sicherlich ebenso bezeichnend wie die Ileberschrift des Aufsatzes, den vor dem Abdruck mir vorzulegen die geehrte Redaktion wohl deshalb die Güte hatte, weil Herr Seiling sich für berechtigt hälst mein Verhalten in der so eingehend von ihm besprochenen Sache öffentlich zu kritisieren. — Ich beschränke mrch auf einen möglichst kurzen Kommentar zu seinen langen Ausführungen und bemerke Persönlich: 1) Ich stehe zu der Firma (I. Seiling) in absolut keiner Beziehung; weshalb, das habe ich dem Herrn s. Z. kurz und bündig mitgeteilt. 2) Als mir zu Ohren kam, daß auch Herr Jobelmann, i. Fa. Obertüschen's Buchhandlung, in Mitleidenschaft gezogen sei, begab ich mich zu diesem und gab ihm anheim, event. unsere Bücher bei Seiling zu dessen Einkaufspreis zurückzuerwerben, da ich zu der Firma nicht die geringsten Beziehungen habe und auch solche nicht haben wolle; im andern Falst bleibe nur polizeiliche Anzeige übrig. Diese erfolgte meinerseits, nachdem Herr I. sich nicht entschloß, bei S. zu intervenieren. 3) Daß einer meiner Mitarbeiter bei Seiling vorgesprochen habe, erfuhr ich erst, nachdem die polizeiliche Anzeige bereits er folgt war; es geschah selbstverständlich ohne Wissen und Willen meinerseits. 4) Der betreffende Mitarbeiter ist allerdings ein -älterer« Mann, aber — ein sehr »junger« resp. unerfahrener Buch händler. Er hat durchaus gegen die Geschäftsgepflogenheiten ge handelt, da jeder meiner Mitarbeiter weiß, daß die Eröffnung neuer Kredite ausschließlich dem Chef Vorbehalten ist! — 8. Sachlich: 1) Das bei mir von st. erschwindelte Exemplar von Nansen, 3 Bände, ist nagelneu und tadellos; das bei Jobelmann ent nommene Werk soll nach dessen Aussage durchaus neu, unaufge- schnitten und ungebunden sein. Diese Thatsachen neben dem Angebote durch einen Dienstmann durften füglich stutzig machen, namentlich an einem Platze wie Münster, der gerade in dieser Hinsicht keineswegs zu den Großstädten gehört. (Das Personal kennt sogar die Auszeichnung der einzelnen Geschäfte sehr genau.) 2) Ich zweifle gar nicht daran, daß es im lieben deutschen Vaterlande Antiquare giebt, die genau so und noch unvorsichtiger handeln würden wie Herr S., und die angebotene Werke so billig erwerben, wie sie gerade können, unbekümmert um den Ursprung des Angebotenen und ohne Rücksicht auf die traurige Lage der Anbietenden. Indessen bin ich auch überzeugt, daß mein Antiquariat nicht das einzige ist, in dem auf derartige Geschäfte prinzipiell ver zichtet wird. — sts Austibus von sst, äisputanäum. 3) Daß die Polizei Veranlassung genommen hat, sich in diesem Falle nicht nur mit oer Thätigkeit des Herrn L. zu befassen, sondern auch mit der des Herrn S., erfahre ich erst durch die obigen Mit teilungen des letzteren. 4) In Bezug auf die Fragen des Herrn S. erlaube ich mir ganz im allgemeinen zu bemerken, daß ein Antiquar, dem daran elegen ist, das Ansehen seines Standes in den Augen eines esseren Publikums hochzuhalten, beim Kaufe angebotener Bücher nicht vorsichtig genug sem kann, und daß er daher in allen Fällen prinzipiell auf den Kauf verzichten sollte, wo er bezüglich des reellen Erwerbens des Angeboten«:» nicht unbedingt sicher sein kann. Münster i. W., 28. Januar 1899. Heinrich Schöningh.
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