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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.02.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-02-25
- Erscheinungsdatum
- 25.02.1899
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- Deutsch
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^ 47, 25. Februar 1899. Nichtamtlicher Teil. 1557 Nielfällig wurde dazu eine Abbildung des Geschäftshauses oder Fabrikgebäudes verwandt, die fast immer in unnatürlicher Ver größerung und mit schiefer und falscher Perspektive dargestellt wurde. Häufig wurden aber auch irgend welche Genrebilder zur Illustrierung des Plakats genommen, die meistenteils in gar keinem Zusammenhangs mit dem Gegenstände der An preisung standen. Je mehr Farben diese Plakate aufwiesen, um sv höher wurden sie geschätzt. Wenn aber ein derartiges, oft zwölffarbiges Blatt unter großen Kosten hergestellt war, überzog man es, um es vor allzu schneller Vergänglichkeit zu schützen, noch mit einem glänzenden Firnis, der sowohl die Fernwirkung, als besonders die künstlerische Wirkung des Plakats wesentlich beeinträchtigte. Durch ihren bunten, rein bildmäßigen Charakter waren diese Plakate als Reklamemittel völlig verfehlt. Die Druckereien und Kunstanstalten stellten die Plakate jener Zeit selbständig und schablonenmäßig ohne Künstler hand her, denn die Künstler hielten es damals noch unter ihrer Würde, sich mit derartigen profanen Dingen zu be schäftigen bis zu dem Auftreten Jules Chsrets. Jules Chsret ist am 31. Mai 1836 in Paris geboren; er wurde Lithograph und lernte auf seinen Wanderjahren die hochentwickelte Plakatindustrie in London, diesem Ver kehrs- und Handelscentrum, kennen. Nach seiner Rückkehr nach Paris, Mitte der sechziger Jahre, gründete er eine eigene lithographische Anstalt, die in späterer Zeit unter dem Namen Iinpiiineris 6bgix Weltruhm erlangt hat. Da ihm nicht besonders große Mittel zur Verfügung standen, so suchte er die Herstellung der Affiche möglichst zu vereinfachen und zu verbilligen. In dieser Notwendigkeit, die Ausdrucksmittel zu beschränken, gewann er die Erkenntnis, daß gerade durch Beschränkung der Farben und durch Vereinfachung der Zeich nung die größte Wirkung erzielt werden konnte. Nach diesen von ihm gefundenen Gesetzen der Fernwirkung der Affiche verwandte er nur wenige, aber leuchtende und kräftige Farben, die er nicht mit jenem abstumpfenden Firnis überzog, und entwarf seine Zeichnungen unter Fortfall alles Unwesentlichen in großen und einfachen Linien. Chsret war der erste, der die Plakatindustrie zu einer Plakatkunst emporhob. Es offen barte sich in ihm ein Zeichentalent von eminenter Begabung und ein großes, dekoratives Genie. Seine weiblichen Figuren: Pariserinnen, Grisetten, Kokotten und Tänzerinnen, sind wie hingchaucht, so zart und leicht; ihre elegante und mondäne Grazie, die Verve, mit denen er die Bewegung giebt, sowie seine glühenden, weithin leuchtenden Farbenflächen, in die die Schrift mit klaren und großen Lettern hineinkomponiert ist, verschafften seinen Affichen die gewaltige Wirkung und die allgemeine Bewunderung der Pariser. Als er im Dezember 1889 in Paris im llbsLtrs ä'^pollon eine Ausstellung seiner Werke veranstaltete, gewann er die Herzen der Pariser im Sturme; man jubelte ihm zu und feierte ihn als lllmtrs äs l'-ULebs, als Plakatkönig. Und noch heute, wo er fast 63 Jahre zählt, schafft er in ungebrochener Frische und Kraft weiter. Er hat seit 1866 weit über tausend Plakate entworfen, außer dem aber noch eine unübersehbare Zahl von Buchumschlägen, Notentitelblättern, Speisezetteln u. a. m. Eines seiner wirkungs vollsten und wunderbarsten Blätter ist das Plakat für die Serpentintänzerin »ttg Ums §nllsr«. Wie Fanfaren und Trompetenstöße wirkte 1893 für die Folies - Bergsres diese Affiche, die in Hellen, üppigen Farben lachende Lebenslust und Genußfreudigkeit ausstrahlt, eine romantische Leichtlebigkeit, die das graue Leben mit seinen Schmerzen und Sorgen in betäubender Freude ersticken wollen. Chsret hat im Laufe der Zeit für alle möglichen Dinge, für Tanz- und Ver gnügungslokale und für Geschäfts- und Jndustriehäuser Plakate entworfen. Von den letzteren sind hauptsächlich die Plakate für das Petroleum Saxolsine berühmt geworden, SrcksundleckwlNter Jahrgang. ungefähr zehn an der Zahl. Durch seine große Ausstellung im Jahre 1889, die ihm das Kreuz der Ehrenlegion ein brachte, wurden viele junge Künstler angeregt und suchten ihn nachzuahmen. Manche fanden jedoch an Chsrets lebenslustiger uud leichten Art nicht allzu lange Gefallen, zumal der Naturalis mus Litteratur und Kunst zu beherrschen begann. Daher wurde das Auftreten des realistischen und pessimistischen Henri de Toulouse Lautrec von vielen mit besonderer Freude begrüßt. Ueberall und immer sieht Lautrec schwarz und trübe, sieht er die Schatten und künstlichen Posen im Leben, die Ver derbtheit und Verkommenheit. Er glossiert sie bitter und scharf; mit wenigen Strichen weiß er seine weiblichen Gestalten und Lebemänner, denen er oft ein leichenfahles Aussehen giebt, zu charakterisieren. Für ihn wurde besonders der japanische Buntdruck vorbildlich, was am besten sein Plakat »vivnn .jgponms« zeigt. Auch Thsophile Steinlen, ein geborener Schweizer, ist herber Realist; er markiert mit Vorliebe in seinen Plakaten in bitterer Satire den Kontrast zwischen den reichen, vornehmen Lebemännern, den Genießenden und den Hungernden, den Proletariern und Verkommenen. Das markanteste Blatt dieser Art ist das Plakat für die Duettsänger Mothu et Doria. Aber derselbe Steinlen hat unter anderen auch höchst anmutige Plakate entworfen für »ttnit pur stSriliss«, rOkutt noir« u. a., die in ihren zarten und feinen Farbentönen liebenswürdig und einladend wirken. Lucien Mstivet hat mehrere packende Plakate für die gefeierte Sängerin Eugsnie Bouffet entworfen; von weiteren hierher gehörigen Künstlern seien noch der feine Karikaturist Jossot, Ad. Willete, Forrain und Caran d'Ache genannt. Eine höchst eigenartige Erscheinung ist Eugsne Grasset, ebenfalls ein geborener Schweizer, der als heraldischer und ornamentaler Künstler von großer Bedeutung ist. In einer Zeit als Chsret seine ersten, großen Triumphe feierte, bewies Grasset durch sein Auftreten, daß Chsrets Plakatstil nicht das einzig mögliche Ausdrucksmittel für das moderne Plakat war, indem er nicht so einfache Mittel anwandte, sondern seine Plakate mehrfarbiger gestaltete, mit reichem orna mentalen Beiwerk versah und doch eine gute Plakatwirkung erzielte. So stellte er Sarah Bernhardt als Jeanne d'Arc in Lebensgröße und voller Figur dar, umgeben von Helle barden und Lanzen, in der Rechten ein Banner haltend. Wie Chsret, so hat auch Grasset eine große Anzahl von Pla katen, Buchumschlägen, Kalendern u. s. w. entworfen. Ihm nahe verwandt ist Maurice Rsalier-Dumas, der hauptsächlich in Deutschland durch die »lange gelbe Dame« bekannt ge worden ist, sein Plakat für die Wiener Mode, das vor etwa fünf Jahren in den Schaufenstern der Buchhändler viel Auf sehen, aber auch viel Kopfschütteln erregte. Felix Vallotton zeichnet sich in seinen Plakaten durch primitive Einfachheit aus, wodurch er oft überraschende und verblüffende Wirkungen erzielt. Jedem, der es gesehen, wird sein Plakat lg ?s .... lg Lg ... . ttg Lspillisrsü unvergeßlich sein; es stellt den Erfolg eines Stückes in einem Burlesken theater der Vorstadt dar. Das vollbesetzte Haus ist begeistert und ruft und schreit und klatscht Beifall. Die Zeichnung ist so köstlich und fascinierend, daß man das Beifallsgedröhne im Theater zu hören glaubt. Allen diesen fern steht eine Gruppe von Künstlern, die nicht durch laute, schreiende Farben, verblüffende Zeichnung oder durch irgend einen plötzlich erheiternden Knalleffekt zu wirken suchen, sondern, beeinflußt von dem neueren Sym bolismus, nach feineren, zarteren und tieferen Wirkungen streben. Der im August vorigen Jahres verstorbene Pierre Puvis de Chavannes suchte in Verbindung mit der »Union pom- l'gotion niorkäs« durch Darstellung idealistischer Meisterwerke 209
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