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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.02.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-02-25
- Erscheinungsdatum
- 25.02.1899
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- Deutsch
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1558 Nichtamtlicher TM 47, 25. Februar 1899 gegen die teils leichten, teils lüsternen modernen Plakate auf zutreten, indem er in einer Bilderreihe die Jugend der heili gen Genoveva darstellte, die, als Plakate gedruckt, auf den Pariser Boulevards mitten unter den modernen Plakaten er schienen und das Erstaunen, aber auch den Spott der Pariser erregten. Neben Carlos Schwabe und Aman Jean, deren sym bolistische Plakate oft schwer verständlich sind, ist hier haupt sächlich Alphonse Mucha zu nenueu, geboren am 24. Juli 1860 zu Eibenschütz in Mähren. Mucha blieb lange Zeit unbekannt, nachdem er schon seine Studien in München und Paris beendet hatte; erst der zufällige Auftrag der Sarah Bernhardt, für sie in der Rolle der Gismonda ein Plakat zu entwerfen, machte ihn mit einem Schlage berühmt. Seine eigenartige und ideenreiche Ornamentik, die Grazie seiner Ge stalten, sowie der zarte, poetische Glanz seiner Farben bannen den Beschauer und lassen häufig den dekorativen Charakter der einzelnen Blätter fast vergessen, die nicht nur angestaunt, sondern genossen werden wollen. Eine vollständige Samm lung seiner Werke befindet sich im Leipziger Buchgewerbe museum. Ungefähr gleichzeitig mit dem Aufblühen der Plakat kunst in Frankreich hob sich diese in dem nahen Grenzlande Belgien, wo sie. durch hervorragende Künstler gefördert, in kurzer Zeit auf eine bedeutende Höhe gebracht wurde. Der Neffe des bekannten Bildhauers Meunier, Henri Meunier, ist dort als bedeutendster Künstler des Plakats zu nennen. Sein Plakat für das Casino de Blankenberghe gehört mit zu den schönsten und wirkungsvollsten Schöpfungen aller Länder. Es zeigt die stimmungsvolle Wiedergabe des Meeres unter blauem Nachthimmel, auf das weit hinaus die goldgelbe Lichtbahn des erleuchteten Seebades flammt. Im Vorder gründe betrachten vom Bordrande eines Schiffes aus zwei Matrosen das schöne Schauspiel. Auch der kürzlich verstor bene große Radierer Felicien Rops hat sich mit dem Plakate beschäftigt, ferner sind noch als bedeutend Armand Rassenfosse, M. van Rysselberghe, Privat-Livemont und der seltsame Stilist Gisbert Combaz zu nennen, der durch eine Serie Postkarten »llss slörusvts« (Diederichs L Co., Brüssel) auch in Deutsch land bekannt geworden ist. Sein Plakat für das »lllaüon ä'^rt ia Rowov cl'or« stellt die Argo als glückbringendes Schiff in orangefarbener Silhouette auf den stilisierten Wellen des Meeres dar und läßt seine eigenartige Stilistik erkennen. In den romanischen Ländern des Südens ist die Plakat kunst noch wenig entwickelt; in Italien hat sich besonders Mataloni um das Plakat verdient gemacht und in Spanien Mirabent, der ein geschmackvolles Plakat für die vorjährige Ausstellung in Barcelona entworfen hat. Einen ganz anderen Charakter tragen die Plakate in England. Ursprünglich hatte, wie erwähnt, Chöret seine ersten Anregungen in England empfangen, als er aber später die französische Plakatkunst auf eine so bewundernswerte Höhe gebracht hatte, kamen die Engländer zu ihm nach Paris, um von ihm zu lernen. Doch sah man bald, daß Chörets lustige, heitere Gestalten, daß sein Stil und seine Art dem prüden, englischen Geschmack wenig entsprachen, und wurde so ge zwungen, diesem besser angepaßte Ausdrucksmittel zu suchen, die man in größter Vereinfachung der Ausdrucksmittel in einfachster Zeichnung und in Gegenüberstellung breiter, scharf kontrastierender Farbenflächen fand. Einer der ersten, der diesen Stil, der als englischer Plakatstil bezeichnet wird, ver wandte, ist Maurice Greiffenhagen, dessen prachtvolles und charakteristisches Plakat für das »Lall Null UuäZst« durch mehrfache Reproduktion in verschiedenen Zeitschriften allgemein bekannt geworden ist. Eine ebenso monumentale Wirkung erzielten die Brothers Beggarstaff (mit ihren bürgerlichen Namen James Pryde und William Mcholson) mit ihrem Plakat für Harpsrs Nagamus, das die Profilsilhouette eines Towerwächters, sogenannten »bsstsatsr'8, in seiner charakteri stischen roten Uniform in wenigen schwarzen Linien darstellt, die sich in der Ferne wundervoll plastisch von dem roten Grunde abhebt. Von weiteren englischen Plakatkünstlern ist vor allem noch Dudley Hardy zu nennen, in dessen Plakat »a Zaist/ AÜ-I« sich der Gegensatz zwischen dem englischen und französischen Geschmack deutlich ausspricht; sehr fein ist sein Plakat für die Zeitschrift »8t. ?aul8 illrwtratsä llapsr« empfunden. Die symbolistische Darstellungsweise ist besonders von Aubrey Beardsley, I. Macdonalt und William Breadley verwendet worden; letzterer entfaltet in dem Blatte »^bsv bsarts ars trump8r ein reiches Können und eine große ornamentale Begabung. Die Amerikaner mit ihrem Pankeetrieb, um jeden Preis originell und ausfallend zu sein, haben schon seit langem Plakate in ungeheuren Dimensionen entworfen, die sogenannten Nammotb ?c>8tsi-8, die oft zwei Meter hoch und fünf Meter breit und mit einem großen Aufwand von Farben gedruckt sind. Der moderne Plakatstil — mit wenigen Mitteln stark, unmittelbar und künstlerisch zu wirken — ist erst vor kaum acht Jahren in Amerika eingeführt durch den von Grasset entworfenen Umschlag für die 6bri8tma8 klnmbsr der Zeit schrift llr>.rpsr8 L-ls,§g,Bvs. Auch hier fand Chörets tolle Cham pagnerlaune wenig Anhänger, dagegen übte Grassets archai sierende Stilistik großen Einfluß aus. Trotzdem das moderne Plakat in Amerika erst wenige Jahre alt ist, hat es doch schon einen unübersehbaren Umfang angenommen. Zeitungen, wie klsrv Oorü Hsralä, NorninA Lost, Uscv Oorlr lliwe8 und die Zeitschriften llippineott» LlaZarins, Harper8 lllontbfi', tbs 6bap booll und tbs Ösntnrz- mit ihren hohen Auflagen und billigen Preisen haben hier viel zur Verbreitung des modernen Stils beigetragen. Die bedeutendsten amerika nischen Plakatkünstler sind der durch seine Gobelins bekannt gewordene Louis I. Rhead, Edward Penfield, Lincoln und Clargueville, von denen letztere besonders Landschaften und Naturstücke als Plakate dekorativ verwandten. In Deutschland ist die Bewegung für das moderne Plakat immer noch nicht allgemein, weil beim großen Publikum und den Fabrikanten und Geschäftsleuten, die Plakataufträge erteilen, noch das Verständnis fehlt; denn hoffnungsvolle Talente haben wir in Deutschland genug. Der Deutsche mit seinem geringen Kunstbedürfnis nimmt an der jämmerlichen Kläglichkeit fabrikmäßig hergestellter Dutzendware keinen Anstoß; sie genügt ihm für sein wenig verwöhntes Auge und seinen bescheidenen Sinn.*) Doch all mählich dringt die Bewegung, das moderne Plakat künstlerisch auszugestalten, auch in die entlegensten Provinzen und in die entferntesten Schichten der Bevölkerung, die durch zahllose Artikel in Zeitungen und Zeitschriften und nicht zum mindesten durch die erwachte Regsamkeit der Kunstanstalten und auch durch Ausstellungen immer wieder und weiter aufgerüttelt werden. In Berlin hat vr. Peter Jessen der feinsinnige und ausgezeichnete Direktor des Kunstgewerbemuseums schon sehr früh angefangen, Plakate zu sammeln, als bei uns in Deutsch land der Begriff des Plakatsammelns fast noch unbekannt war, und so im Lause der Jahre einen bedeutenden Schatz er worben. In Dresden birgt das Kunstgewerbemuseum die be- *) Wir glauben diesem Tadel widersprechen zu dürfen. Man sah und sieht in Deutschland bei einiger Aufmerksamkeit seit lange, und zwar schon zur Zeit vor Eintritt der sogenannten neuen Richtung, gar nicht selten vortreffliche Plakate von großer male rischer und gleichzeitig zweckentsprechender Wirkung. Wenn der Deutsche im allgemeinen mit seiner Begeisterung für manche der so überschwänglich gepriesenen Neuerer zurückhält, so dürfte der Grund gewiß nicht im Mangel an gesundem Kunstsinn zu suchen sein. (Red.)
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