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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.02.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-02-03
- Erscheinungsdatum
- 03.02.1899
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- Deutsch
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28, 3. Februar 1899. Nichtamtlicher Teil. 927 also nicht als eine Bereicherung Ihres historischen Wissens, sondern als eine Einführung in das praktische Verständnis. Bei der wichtigsten Epoche, die im 15.Jahrhundert beginnt, haben die Erfinder der Buchdruckerkunst und ihre Nachfolger kein anderes Ziel im Auge, als das geschriebene Buch, die alten Handschriften, zu ersetzen, und darum waren diesen Meistern die Schriften und der Schmuck der Handschriften um 1450 maßgebend. Darum ist es aber auch für unsnötig, zu wissen, wie die Schriften um 1450 aussahen. Und weiter ist es, um das Wesen des Buchdrucks um 1450 zu ver stehen, wichtig zu wissen, ivie die Handschriften sich in ihren Haupt stufen entwickelt hatten. Die Schriften des Mittelalters (Kapital, llncial, Halbuncial, Gotisch u. a.) waren in sich konsequent und ein heitlich, weil jede Stufe der Schriften durch ganze Generationen geübt und entwickelt wurde. Wir sehen ihnen an, daß sie der Schreiber sein ganzes Leben lang geübt hat, um der römischen Monumental schrift, den Schriften der Bronzewerke, im großen und ganzen den Duktus der Steinschrift zu geben. Man sieht: hier hat eine Hand die Feder geführt, der Buchstabe ist federgerecht. Die Handschrift des 0. Jahrhunderts (Lichtbild) weist eine schöne Kapitalschrift auf, die nur aus Versalien besteht und vollständig den Charakter der mit der Feder geschriebenen Schriften trägt. Die Züge der Buchstaben zeigen noch den eckigen Charakter; im Laufe des 7. Jahrhunderts herrscht das Eckige nicht mehr vor, das Runde beginnt sich durch Erfahrungen selbst zu entwickeln. Wenn Sie die Buchstaben ge nauer betrachten, so werden Sie finden, daß manche Buchstaben, wie 6, v, ?, schon mehr rund aussehen, also den eckigen Charakter verloren haben. Diese Uncialschrift verwendet, gleich der Kapital schrift, nur Versalien; langsam beginnt man aber schon die Schriften über oder unter die Linien zu ziehen. Wesentlich dieselbe Schrift zeigt bald durch mehr oder weniger über die Linien geführte Buchstaben die Entwickelung der Minuskeln. Infolge langjähriger Gewohnheit entwickelt sich dieses System immer mehr; der Duktus der Schrift gerät allmählich^durch Uebergang zur steilen, schlanken, eckigen gotischen Form. Neben der Schrift will ich Sie aber auch einführon in den Buchschmuck. Erst irische Mönche haben den Anfangsbuchstaben hervorgehoben, und dies ist seit dem 6. Jahrhundert das Leit- und Hauptmotiv in der Handschrift sowohl wie im Buchdruck. Sie sehen daran den gotischen Schmuck. Das Bild ist in lehrreicher, charakteristischer Weise in das Ganze eingefügt. Man sieht: dem Meister galt es als selbstverständlich, daß er ein Rechteck zu schaffen hatte, sv^daß das Ganze ein kräftiges geschlossenes Bild gab. Ein französisches Manuskript giebt hierfür ein schönes Beispiel, die Initialen ragen nicht über den Text hinaus, die Ranke an der Seite fügt sich dem Ganzen harmonisch an. Die in solchen meister lichen Werken herrschende Einheis ist aber um so bewunderns werter, als daran mehrere Künstler arbeiteten: erstens der Schreiber für die Schrift, zweitens der Illuminator , für die Initialen und drittens der Bildmaler für die Bilder. In ihren Motiven war die Gotik außerordentlich bescheiden; aber bei gelegentlichem Randschmuck kommt es vor, daß der Text vorn durch Ranken einfach verziert wird. Wir sehen noch keine Kopfleisten, keine Schlußstücke, keine Ornamentik, lind daher erklärt es sich, daß auch Gutenberg und seine Schüler bei der Ausmalung der 36- und 42- zeiligen Bibel, Fust und Schösser bei dem Psalterion den Motiven der geschriebenen Schrift treu blieben. Es gehörte ja auch so außerordentlich viel dazu, die Schrift in eine Type umzusetzen, daß wir uns wundern müssen, wie Gutenberg künstlerisch und technisch das Höchste erreichen konnte. Wir aber haben alle Ursache, daß wir uns das, was die alten Meister geschaffen haben, zum Muster nehmen. Es ist wahrhaft beschämend für uns, daß die Engländer und Amerikaner die Technik unserer alten Meister besser kennen und benutzen als wir. Cs sollte doch Sorge getragen werden, daß wir die alten Meister des Buchdrucks besser würdigen und uns deren Geist mehr aneignen. Sie sehen nun an dem Vergleiche weniger Beispiele, vor allem an dem Blatt eines Augsburger Druckers, daß die alten Meister versuchten, das Initial mit der Type zu vereinigen, aber nicht mehr ausgemalt, sondern mit den bescheidensten Mitteln. So be scheiden sie die Initialen in die Type Hineinsetzen, so bescheiden setzen sie auch den Holzschnitt in einfachen Umrissen in den Text. Das nächste Bild führt uns einen Schritt weiter und zeigt uns, daß das Bild trotz seines großen Maßstabes zur Type paßt. Vergessen Sie nicht, daß die Type eine Zeichnung, kein Tonbild ist. Dies führte die Meister zur einfachen Umrißzeichnung, auch die Leisten wurden nur in Umrissen gezeichnet. Das Seitenbild war immer ein geschlossenes und führte zu Rankenwerk am Rande. Auch hier waren die Holzschnitte in einfachen Umrissen gehalten. Fast am Ausgange des 15. Jahrhunderts (1490) finden wir auch Schatten in den Holzschnitten; aber auch jetzt noch stimmen diese zur Type. — Endlich noch ein letztes Beispiel aus dieser Epoche. Bei diesen Blättern bilden die Schlußstücke nur zwei kleine aneinander- gefügte Wappen. Hier wird der Schlußsatz, das Explicit, als Ornament verwendet, indem sich der alte Meister sagte: Die Buch druckschrift selbst wirkt hier als Ornament, ich brauche kein Ornament. Es bedarf auch, um oen Buchdruck zu schmücken, keiner großen Ornamente. So haben Sic Beispiele, was geschaffen werden kann, wenn unsere alten Meister in entschlossener und verständnisvoller Weise benutzt werden. Darum sehen Sie sich die alten Bücher an, sehen Sic klar und eignen Sie sich den Geist der alten Meister an. Lassen Sie sich recht oft die herrlichen Schätze ihres Deutschen Buch gewerbemuseums vorlegen, sehen Sie sich auch die Reproduktionen alter Meister recht eingehend an. Sie finden dort u. a. auch ein von der Reichsdruckerei herausgcgebenes vortreffliches Werk: «Druckschriften des 15. Jahrhunderts-, das in Reproduktion und Technik eine großartige Leistung ist und in keiner Buchdruckerei, keiner Schriftgießerei fehlen sollte. Nicht darauf konmt es aber an, Einzelnes aus den alten Meistern zu entnehmen; sondern es kommt darauf an, sich deren Geist anzueignen. Wenn ich die drei Epochen abwäge, so muß ich doch sagen, daß in kunstpädagogischer Hinsicht das 15. Jahrhundert, die gotische Kunst, am höchsten steht. Die formalen Grundsätze der italienischen Renaissance können die gotische Zeit nicht aufwiegen. Den gotischen Büchern hängt etwas Urwüchsiges an, sie sehen aus wie Hand schriften, die Schrift sieht aus wie geschrieben, die Initialen scheinen eigens zu der Schrift gemacht, das Ganze sieht nach dem Handwerk aus. Es arbeiteten eben an den alten Büchern Künstler und Drucker unmittelbar miteinander, und darum sieht das Ganze aus wie aus einem Gusse geschaffen. Sie wissen alle, welch köstlicher Zauber in dem Worte «Re naissance» liegt und wie uns Beispiele dieser Kunst zum Studium verlocken. Sie wissen auch, daß der Buchdruck in Italien, nament lich in Venedig, in hoher Blüte stand. Es war eine unerhörte Leistung, daß die italienischen Künstler einen ganz neuen Charakter der Type schufen, um so mehr, als die Meister der Renaissance in ganz kurzer Zeit zu den Versalien der lateinischen Inschriften die Minuskeln der italienischen Manuskripte zu einer wunderbaren Einheit zusammenschmolzen und zu einer so abgeschlossenen Leistung führten, daß vier lange Jahrhunderte an dem Charakter dieser Type (Antiqua) nicht das Geringste ändern konnten. In dem einen Beispiel sieht man noch die Vorstufe zur Antiqua, den Uebergang von der gotischen Schrift zur Antiqua. Die Italiener haben aber auch die Art und den Umfang der Ornamentik unge mein bereichert. Die Leistenumrahmung, die Kopf- und Seiten- leisten, sind italienische Schöpfungen, die die Deutschen nicht kannten. Das ist etwas, worin wir die Italiener bewundern müssen. Ihr Stil, nur teilweise von den Gewohnheiten der italienischen Manu skripte beeinflußt, bleibt bewußter Flächenstil. Ihre Zeichnungen sind streng im Umrißstil gehalten, weil er der Type verwandt ist. Die Grundflächen der Initialen wurden durch Weiß so gebrochen, daß sie zur Type stimmten. Die Ornamentik der Italiener, in dem strengen Einhalten des Flächencharakters des Buchschmucks, steht auf einer klassisch nicht zu übertreffenden Höhe. Die Umriß zeichnungen sind streng durchgeführt; auch das Bestreben, die ganze Seite im Rechteck zu füllen, wird streng cingehalten. Die Schrift wird dekorativ in einer geschlossenen Zeile verwendet, und daß die Schrift selbst als Ornament wirken kann, sehen Sie an diesem Beispiele (Lichtbild). Derselben dekorativen Gesinnung sind auch die Illustratoren treu geblieben. Sie beschränken sich ebenfalls nur aus Umrißzeichnungen und bleiben sich selbst in dem Titelbilde dieser Grundsätze der Umrißzeichnung bewußt. Die Franzosen der Frührenaissance folgen den Italienern. Auch hier sicht man, daß die Zeichnung mit Absicht und bewußtem Empfinden als zur Type stimmend in Umrißzeichnung gehalten ist, auch hier wird der Hintergrund der Initialen durch Weiß ge brochen, damit er zum Charakter der Type stimmt, auch hier wird an dem Grundsätze fcstgehalten, daß die Ornamentik eine Flächen zier ist. So könnte ich Ihnen noch eine große Reihe von Bei spielen der Renaissance vorführen; aber dieses würde uns zu lange aufhalten. Es wäre aber recht schön, wenn wir hier in Deutschland und auch hier in Leipzig schöne Sammlungen zur Verfügung hätten, die uns das Studium erleichterten. Der Börsenvcrein für den Deutschen Buchhandel hat vor Jahren die kostbare Sammlung von Butsch erworben, die wundervoll ist, und es wäre recht schön, wenn diese Sammlung einmal zugänglich gemacht würde. Ich habe in Berlin im Königlichen Kunstgewerbemuseum eine Ornamentstichsammlung einzurichten versucht und mein Vorhaben auch erreicht. Die Sammlung ist täglich im Lesezimmer der Bibliothek des Königlichen Kunstgewerbemuseums während der Besuchsstrrstden zugänglich. Ich glaube: wie Berlin, so hätte auch Leipzig eine Sammlung der alten Originalornamentik sehr nötig. lieber die deutsche Renaissance will ich noch einige Worte sprechen, nicht aus patriotischen Gründen, sondern weil bei der deutschen Renaissance für uns ein großes Interesse in ihrem Gegen sätze zur italienischen Renaissance liegt. Die Italiener haben sich immer sehr zurückgehalten, sie beschränkten sich auf das Flächen ornament und verzichteten auf die malerische Wirkung. Hier ist 126'
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