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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.02.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-02-13
- Erscheinungsdatum
- 13.02.1899
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- Deutsch
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1198 Nichtamtlicher Tech 36, 13. Februar 1899. eine Bestrafung des Thäters dann, wenn die Schaustellung in Aergernis erregender Weise erfolgt.«« Wir glauben, daß ein Bedürfnis zu einer solchen Be stimmung nicht vorliegt. Die Regierung erklärt ausdrück lich, nicht etwa, daß solche Schriften, Bücher und Abbil dungen, die, ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl ver letzen können, eine bedenkliche Wirkung ans unschuldige Gemüter ausüben und die Verwilderung der Sitten för dern. Sie verlangt den Strafschutz nur für die Per sonen, die an solchen Darbietungen keine unreine Freude finden, sondern Aergernis nehmen. Wer aber an solchen Erzeugnissen Aergernis nimmt, der bedarf keines besonderen Strafschutzes; der ist gegen die Verführung gefeit und kann sich selbst hinreichend schützen, wenn er von den Gegen ständen, die sein Schamgefühl gröblich verletzen können, die Augen abwendet. Er braucht von jenen Abbildungen und Darstellungen weder für seine Seele noch für seinen Leib Schaden zu fürchten. Wer aber mit Behagen diese Darbietungen betrachtet, um nachträglich in sittliche Entrüstung zu geraten und Schutzmann und Staatsanwalt anzurufen, dessen Sittlichkeit ist auch dann nicht außer Gefahr, wenn solche Bilder statt im Schaufenster auf dem Ladentisch stehen. Will man gegen Bilder und Darstellungen, die nicht unzüchtig sind, dennoch einschreiten, so ist es auch nur folgerichtig, daß sie so gut wie aus den Schaufenstern auch aus den Aus stellungen verbannt werden. Gilt denn nicht für unsere großen Kunstausstellungen dasselbe, was für die Schaufenster gilt? Tausende und Zehntausende besuchen Jahr für Jahr die großen Kunstausstellungen. Auch hier vermag das Publikum seine Blicke »nicht leicht jenen Darbietungen zu entziehen ; auch hier können sie bei empfindsamen Seelen Aergernis erregen. Wenn aber ein Bild im Ausstellungs palast von einem großen Teil der Bevölkerung gesehen werden kann und muß, weshalb sollte es strafbar erscheinen, dasselbe Bild einen: vielleicht kleineren Teil des Publikums inr Fenster einer Kunsthandlung darzubieten? »Wenn Z 184a Gesetz wird, dann ist es mindestens fraglich, ob ein Kunsthändler fortan die Venus von Milo in das Schaufenster stellen darf. Wenn aber auch die Venus von Milo noch geduldet werden sollte, so würde an der mediceischen sicherlich schon mancher Frömmler schweren Anstoß nehmen. »Gröbliche Verletzung des Schamgefühls« ist ein ebenso dehnbarer Begriff wie »Erregung von Aergernis«. Die Sittlichkeit würde durch die neue Strafe nichts gewinnen, die Kunst und die Rechtssicherheit aber könnten verlieren. Mißstände, die zu der neuen Straf vorschrift nötigten, sind bisher in nennenswertem Umfang nirgends hervorgetreten. Und daher ist keinerlei Nachteil zu besorgen, wenn der kautschukartige Z 184a aus dem Heinze schen Gesetz entfernt wird. »Es geht auch so.« —« lieber ein anderes Bedenken gegen das -öffentliche Aerger nis- spricht sich ein erfahrener Einsender im »Leipziger Tageblatt folgendermaßen aus: »Nach der von dem Bundesrate angenommenen Fassung der lsx Heinze soll mit Gefängnis bestraft werden, wer Schriften u. s. w., die geeignet sind, das Schamgefühl gröblich zu verletzen, in einer öffentliches Aergernis erregenden Weise ausstellen oder anschlagen läßt. Es ist nicht zu bestreiten, daß insbesondere in den großen Städten in der Ausstellung von Darstellungen, die das Sittlichkeitsgefühl zu verletzen geeignet sind, recht viel geleistet wird, ohne daß diese Darstellungen etwa die Entschuldigung für sich hätten, daß sie künstlerischen Zwecken dienen sollten. Daß Gelegenheit gegeben wird, diesen Ausstellungen auf dem Wege der Straf gesetzgebung eutgegenzuwirken, ist nur zu billigen. Gerade des halb aber würde es sich empfehlen, wenn man aus der Strafbe stimmung das Thatbestandsmerkmal des «öffentlichen Aergernisses« sortließe. Das Strafgesetzbuch kennt ja bereits den Begriff des öffentlichen Aergernisses — nach H 183 wird bestraft, wer durch eine unzüchtige Handlung öffentlich ein Aergernis giebt —, aber die Erfahrungen, die damit gemacht werden, sind nicht verlockend. Um den Begriff feststellen zu können, müssen Zeugen bekunden, daß sie an der betreffenden Handlung Aergernis genommen haben. Dabei fehlt cs nicht an teils verdrießlichen, teils komischen, jeden falls aber der Würde der Verhandlung nicht immer entsprechenden Zwischenfällen. Wir haben es mehr als einmal erlebt, daß Leute, die einer zweifellos unzüchtigen Handlung bcigewohnt hatten, als Zeugen erklärten, sie hätten kein Aergernis daran genommen; sie hätten sich entweder gar nichts dabei gedacht oder sogar darüber elacht. Dann kommt es wohl vor, daß ein eifriger Richter den euten ins Gewissen ruft, sie hätten als anständige Menschen doch eigentlich an der den Straffall bildenden Handlung Anstoß nehmen müssen, worauf sie denn schließlich, gewissermaßen um dem Richter einen persönlichen Gefallen zu thun, ihre Aussage dahin ab ändern, daß sie an der Handlung Aergernis genommen hätten. Umgekehrt kommt es auch nicht selten vor, daß Schutzleute, die sonst ziemlich -wetterhart- sind, gewissermaßen -dienstlich» Aergernis nehmen. »Wenn jetzt Schriften rc., die, ohne gerade unsittlich zu sein, geeignet sind, das Schamgefühl gröblich zu verletzen, zur Be strafung ausreichen sollen, so werden die Auffassungen über das öffentliche Aergernis noch weiter auseinandergehen und die Be strafung oder Nichtbestrafung wird noch mehr von Zufälligkeiten abhängen. Deshalb würde es sich empfehlen, wenn man sich damit begnügte, den Gerichtshof prüfen zu lassen, ob er die inkrimi- nierten Schriften u. s. w. für das Schamgefühl gröblich verletzend hält, und wenn man als Thatbestandsmerkmal nur die öffent liche Ausstellung der Schriften verlangt, ohne daß der Nach weis erforderlich ist, daß einzelne Personen Aergernis daran genommen haben. Die nach oer neuen Bestimmung der Be strafung unterstehenden Fälle sind ja dem vorgesehenen Straf maße nach sogenannte »Ueberweisungssachen«, d. h. Sachen, die von der Strafkammer dem Schöffengerichte der Regel nach zur Aburteilung überwiesen werden. Bei dem Schöffengerichte aber sind neben dem Berufsrichter zwei Laienrichter thätig, die außer dem immer wieder wechseln, so daß man im Publikum sich nicht etwa der Besorgnis hinzugeben braucht, daß der Gerichtshof sich sein Urteil in einer bureaukratischen und schablonenmäßigen Weise bilden werde. Die Verfolgung der das Sittlichkeitsgefühl ver letzenden Darstellungen wird jedenfalls erleichtert, wenn das »öffent liche Aergernis-, das selbst ein öffentliches Aergernis ist, aus der Strafbestimmung hinausbugsiert wird.» Kleine Mitteilungen. Postzeitungstarif. — Gegen den neuen von der Regierung dem Reichstage vorgelegten Post-Zeitungstarif hat sich eine »Post tarif-Vereinigung deutscher Zeitungsverleger- gebildet, die eine lebhafte Agitation zur Bekämpfung des neuen Tarifs ins Werk gesetzt und u. a. auch eine Denkschrift ausgearbeitet hat. Auch der Vorstand des -Vereins deutscher Papierfabrikanten», der von der künftigen Gewichtsberechnung eine Einschränkung des Papier bedarfs der Zeitungen fürchtet, ist mit einer Eingabe an den Reichstag hervorgetreten. Wir glauben nicht, daß der deutsche Buchhandel Anlaß hat, diesen Klagen mit seiner Teilnahme zu folgen. Der Buchhandel leidet, wie bekannt, seit langer Zeit unter der indirekten und direkten Konkurrenz der Zeitungen, und eine eventuelle Beschränkung des Zeitungsstoffs, wie auch die Gewichts verminderung der Zeitschriften, überhaupt jede Erschwerung des zu Unrecht bevorzugten Zeitungsbetriebes (namentlich der vielen -General-Anzeiger», die sich in letzter Zeit auch durch ihren rücksichts losen Prämienbuchhandel bemerkbar gemacht haben), dürfte in weiten buchhändlerischen Kreisen als eine Befreiung begrüßt werden. Daß auch in Zeitungskreisen selbst die Meinungen geteilt sind, beweist die folgende Aeußerung der »Freisinnigen Zeitung-: -Den Postzeitungstarif zum Scheitern zu bringen, beabsichtigt eine »Vereinigung von Verlegern- der Annoncenpresse und der sogenannten unparteiischen Presse. Diese versendet an die Ver leger der einzelnen Zeitungen Postkarten mit dem Ersuchen, sich einer übersandten Denkschrift zur Reform des Postzeitungs tarifs anzuschließen. Die Vorschläge dieser Vereinigung gehen darauf hin, die irrationelle Berechnung der Zeitungsgebiihr nach dem Abonnementspreis mit 10 Prozent statt bisher 20 Prozent beizubehalten und daneben die Gebühr für das Gewicht auf den dritten Teil des Regierungsvorschlags zu ermäßigen. Das ist natürlich direkt auf Zeitungen Angeschnitten, die ihre Haupteiunahmen aus den Annoncen beziehen und doch für die Beförderung ihrer dritten Annonccnbeilagcn der Post so wenig wie möglich entrichten möchten. Darüber aber kann doch nicht der mindeste Zweifel bestehen, daß innerhalb des Reichstags es nicht möglich ist, eine Einigung auf der Grund lage eines anderen Systems als des von der Regierung vorge schlagenen herbeizuführen. Nachdem das letztere während jahre langer Verhandlungen innerhalb der Reichsregierung und mit Bayern und Württemberg festgestellt worden ist, hat ein neues
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