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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.02.1899
- Strukturtyp
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- 1899-02-23
- Erscheinungsdatum
- 23.02.1899
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- Deutsch
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45, 23. Februar 1899. Nichtamtlicher Teil. 1501 Tonwirkung zu sehen. Es ist kein Zweifel, daß diese Entwickelung zu allen Zwecken der Belehrung, bei wissenschaftlichen Abbildungen oder Nachbildungen von bedeutenden, Erfolge ist, und ich kann wohl sagen, daß ihr Wert für das Wissen, für die intellektuelle Kultur nur durch den Wert der Buchdruckerkunst selbst übertroffen wird. Es giebt aber zwei Arten von Büchern: Bücher, die der Be lehrung, der Wissenschaft dienen, und Bücher, die zum Genuß, zum Lesen bestimmt sind, also die schöne Litteratur. In den letztgenanten muß die bildende Kunst so angewcndet werden, daß sie uns den Genuß des Lesens verschönert. Und hier muß man sich fragen: wie erreicht man die Harmonie zwischen Schrift und Bild? Ich muß sagen: den Genuß der Harmonie, die wahre Harmonie finde ich nicht in der Tonwirkung, sondern in der Beschränkung bei der Zeichnung; die Linearzeichnung ist das Richtige bei der Illustration der schönen Litteratur. Wenn Sie hier die Zeichnungen zu den Gedichten von Heinrich Heine sehen (Lichtbild), Zeichnungen, von einem durchaus tüchtigen Künstler geschaffen, so werden Sie finden, wie schwer es ihm geworden ist, die Harmonie, zwischen Schrift und Bild zu erzielen. Wie schwer wirken die Bilder, wie stört das große Tonbild im Lesen! Hierzu kommt noch die Wirkung, wie sich der Künstler zwischen Dichter und Leser drängt und dem Genießenden oft ein Bild aufzwängt, das dessen eigener Phantasie gar nicht entspricht oder sie lähmt. Wäre es nicht besser, wenn der Künstler auf derartige Vermittelung von Gestalten, die der Phantasie des Lesers nicht entsprechen, verzichten, dagegen uns durch seine Zeichnungen den Genuß des Lesens bereichern und vertiefen möchte? Hier ist es wieder England, wo sich Meister gefunden haben, die die Harmonie zwischen der Type und dem Bilde richtig erfaßten. Betrachten Sie die Werke eines William Morris, so finden Sie, daß hier ein Illustrator in bescheidener, echt künstlerischer Weise arbeitet und sich nicht der Phantasie des Lesers aufdrängt. Mit großem Geschick hat es auch Walter Crane, der ein großer Meister in aller Art Buchschmuck war, verstanden, mit künstlerischem Sinne das Auge des Lesers anzuregen und .gleichsam wie ein Präludium das Dichterwerk musikalisch zu be gleiten. Heute herrscht in England diese Buchdekoration allgemein. Auch in Deutschland haben wir Künstler, die sich dieser Be wegung anschließen. Im vorigen Jahre hatten wir in Berlin im Königlichen Kunstgewerbemuseum eine Sonderausstellung -Die Kunst im Buchdruck«, innerhalb welcher auch die Illustratoren aus den 20er bis 40 er Jahren unseres Jahrhunderts vertreten waren, wie Menzel, Richter und andere. Diese Meister hatten noch Ge sinnung für die Harmonie der Type mit der Illustration. Be trachten wir z. B. die Arbeit eines Düsseldorfer Künstlers Schräder, so finden wir in dessen Zeichnungen Scenen von allergrößter Laune; aber wir müssen doch sagen, daß die kräftige klare Zeichnung mit der Type im besten Einklänge steht. Auch Ludwig Richter, auf den wir stolz sein können, wußte die Harmonie von Schrift und Bild zu finden. Wenn wir dieses Blatt hier sehen (Lichtbild) und beobachten, wie er den Gedichtsatz behandelt, so kann sich niemand diesem Reize entziehen, und wir thun gut, mit Ehrfurcht auf diesen Künstler zu blicken. Aus einer anderen Epoche bringe ich hier ein Blatt aus dem Münchener Kalender von Otto Hupp (Lichtbild), aus welchem Werke wir ersehen, wie der Künstler es verstanden hat, Schrift, Bild und Ornament zu einem Ganzen zusammenzusassen, das Ganze als ein Einheitliches zu gestalten. Ihr großer Landsmann, Max Klinger, hat in den achtziger Jahren sein Werk -Amor und Psyche» geschaffen, worin, in völliger Harmonie zwischen Schrift und Bild, Type und Randzeichnungen, Tonwert und Schrift in wunderbarem Einklänge stehen und wo alles von monumentaler Größe ist, so daß diese Schöpfungen Klingers maßgebend sind für das, was wir zu erstreben haben. Ein Beispiel möge noch zeigen, wie es ein Künstler, Bernhard Pankok in München, verstanden hat, mit Kopfleisten, Schluß vignetten und Verzierungen, sowie mit einer kräftigen, klaren Schrift ein ganz vorzügliches einheitliches Ganzes zu schaffen, das zum Besten gehört, was wir haben. Und doch wurde diese Schrift, ein Musikprogramm, seiner Zeit nur mit Widerstreben von dem Komitee angenommen. In Frankreich sind die Künstler andere Wege gegangen, mehr- malerische als zeichnerische. An den beiden Blättern (Lichtbilder) werden Sie diese Richtung erkennen können, vor der ich nur warnen möchte. Sie sehen, daß es uns in Deutschland an Künstlern nicht fehlt. Wir haben Eckmann, Sattler, Lechter und andere. Es gilt, diese Künstler zu den Arbeiten heranzuziehen und zwischen Künstlern und Verlegern wieder eine Harmonie herzustellen. — lieber den Buch umschlag und Notentitel, an den die neue Kunst auch andere An sprüche stellt, die sich bis jetzt noch nicht erfüllt haben, will ich nicht reden. Cs läßt sich erhoffen, daß wir aus dem Stil, in dem jetzt die Musiktitel stecken, doch loskommen. Sie finden hier übrigens einige, bei denen es Künstlern gelungen ist, den Anforderungen vollauf gerecht zu werden. Ganz besonders ist aber aus die Farbe zu achten. Wir leiden noch alle an Farbenblindheit und sind ge- L«chsundicchzWer Jahrgang. rade in den letzten Jahren durch die technischen Raffinements da hin geführt worden, immer mehr die flauen Töne zu bevorzugen. Es herrscht ein allgemeines Grau, als ob alles verstaubt sei. Wir müssen die Lust an der Färbe wieder erlernen und dürfen den Mut haben, sie anzuwenden. Die alten Meister wendeten volle, kräftige, ungebrochene Farben an, die jeden Druck schön machen. Heute liefert uns jede Fabrik eine Fülle herrlicher Farben, die wir nur zu verwenden brauchen. Wer aber mit Farben etwas leisten will, der bilde sich nicht an den Arbeiten von Buchdruckern, sondern an denen der Künstler, an den Werken der großen Kunst mit ihrer Farbenfreudigkeit. Es ist keine leichte Ausgabe, über die mannigfachen Verfahren der graphischen Kunst im Rahmen eines Vortrages zu sprechen. Es ist dies ein Thema, in dem man in einer ganzen Reihe von Vorträgen ausführlich sprechen könnte. Ich will und muß mich daher auf einige Grundzüge beschränken. Auf die typographischen Verfahren ist vor allem der Urgrundsatz des Kunstgewerbes anzu wenden, daß jede Arbeit ihre eigene Technik entwickeln soll. Jede Technik soll zu ihren besonderen künstlerischen Wirkungen aus genutzt' werden, deshalb ihre eigenen Wege suchen und sich nicht in der Imitation vermeintlich edlerer Techniken gefallen. Sowie der Keramiker seine Glasurvariationen zur künstlerischen Wirkung bringt, so sollen auch die graphischen Verfahren die ihnen eigenen Techniken zur künstlerischen Wirkung führen. Ein großer Teil der heutigen graphischen Arbeit ist zweifellos auf Nachbildung ge richtet, auf die Nachbildung von Werken der Malerei, wissen schaftlicher Vorlagen u. s. w., die ein- oder mehrfarbig in ausge zeichneter Weise ausgeführt werden und auf uns wirken. Es ist zweifellos ein großes Verdienst, daß uns die graphischen Ver fahren in vollendeter Weise Nachbildungen geben, wie z. B. die Chromolithographie, und durch die Nachbildung eines Gemäldes den Genuß an der bildenden Kunst vervielfachen. Auf den großen Streit zwischen mechanischer und manueller Arbeit wollen wir hier nicht eingehen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die peinliche Hand arbeit, die Kunst des Holzstiches und der Chromolithographie zurück wirken auf die Autotypie und den Dreifarbendruck und dabei fortgesetzt die Ansprüche und Leistungen steigern. Bedingung ist hierbei die immer sorgfältigere und freiere malerische und zeichnerische Schulung. Wir wollen uns an den Faksimiles erfreuen und auch an der Entwickelung der graphischen Verfahren. Hier ist indessen ein großes -Aber» einzuschalten von seiten der Kunst. Der Lithograph giebt sich alle Mühe, nachzubilden, ein Faksimile zu schaffen, so daß man glaubt, ein Oelbild vor sich zu haben; seine Technik abersucht er zu verleugnen, er bemüht sich, zu verbergen, daß er mit der Chromolithographie die täuschende Repro duktion eines Oelbildes geschaffen hat. Das ist ein großer Fehler. Ein Künstler, der seine Technik richtig handhabt, kann, ohne sie zu verschleiern, und oft mit geringerem Aufwands Reize erzielen, die kein Raffinement des Faksimiles erreicht. Darin liegt auch der Erfolg der Originallithographie und der modernen Plakatkunst. Große Kreise haben die Plakatkunst als ein Versuchsgebiet ange sehen, sie haben erkannt, daß dies ein Feld sei, um zu zeigen, daß man durch Einfachheit, also ohne Uebertreiben technischer Raffinements größere Wirkungen erzielen kann. Es wäre be dauerlich, wenn wir das, was wir durch die Originallithographie gewonnen haben, nicht festhielten und verfolgten. Das, was man an der Chromolithographie so oft und scharf verurteilt, liegt darin, daß sie so sehr am Faksimilestil festhält, daß sie gewohnt ist, ihr Höchstes im Faksimilestil zu sehen, und sich nicht sagt: wenn ich meine Technik zur Geltung kommen lasse und ihr Be schränkung auferlege, so kann ich größere Wirkung erzielen. Es ist nicht möglich und nicht einmal nötig, daß der Erfinder tets der Ausführende sei. Es giebt noch einen zweiten Grad von Originalkunst. Man betrachtet den Originalholzschnitt als etwas ganz anderes. Das ist aber nicht richtig. Dürer hat nichts gethan, als dem Holzschneider seine Zeichnung so vorgearbeitet, daß wir den Holzschnitt als ein Kunstwerk empfinden. Wo Künstler und Kunsthandwerker Zusammenarbeiten, kann etwas Vollendetes geschaffen werden. Aber der Künstler muß sich bewußt ein, daß er für die Reproduktion arbeitet, er muß sich in die Technik einleben, da jede ihre eigenen Bedingungen hat. So habe ich z. B. in Ausstellungen von Postkarten-Originalen noch nie ge sehen, daß der Künstler angiebt, die Vorlage sei für dieses oder jenes graphische Verfahren gearbeitet. Und doch ist es eine Thatsachc, daß sich für den Dreisarbendruck gerade die allerfarbigsten Vorlagen am besten eignen, während für die Chromolithographie einfache Umrißzcichnungen mit flachen Farben günstiger sind. Wie selten versteht ein Künstler, für die Reproduktion zu arbeiten! Es herrscht zwischen Graphikern und Künstlern noch eine große Meinungs verschiedenheit. Wenn beide Hand in Hand arbeiten würden, dann würden wir bald von dein leidigen Faksimilestil uns loslösen. Mit diesen wenigen Worten will ich meine Bemerkungen über die graphischen Verfahren schließen, über die sich noch so viel sagen ließe. — In meinem nächsten Vortrage (Freitag den 24. Februar. Red.) 202
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