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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.03.1899
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- 1899-03-06
- Erscheinungsdatum
- 06.03.1899
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- Deutsch
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1768 Nichtamtlicher Teil. .HS 53, 6. März 1899. Nichtamtlicher Teil Der moderne deutsche Holzschnitt. Im Sächsischen Kunstverein zu Dresden hielt am Sonntag, den 19. v. M. der Direktor des Deutschen Buchgewerbemuseums zu Leipzig, Herr Or. R. Kautzsch, einen Vortrag über den modernen deutschen Holzschnitt. Den Anlaß zu diesem Vortrage gab die vom Deutschen Buchgcwcrbcverein (dem früheren Centralverein für das gesamte Buchgewerbe) in Leipzig veranstaltete Wander ausstellung deutscher Holzschnitte, die gegenwärtig in den Räumen des Sächsischen Kunstvereins zu Dresden (Brühl'sche Terrasse) zur Schau gebracht ist. lieber den deutschen Holzschnitt unserer Tage zu sprechen, so begann der Vortragende, ist erfreulich und zugleich schwierig. Er freulich, weil die alte deutsche Holzschneidekunst heute auf eine ruhmvolle Vergangenheit zurückblickt und einem ganzen Volke die Anschauung der Tagesereignisse, weltentrückte Vorgänge, die Bilder seiner Helden und die Großthaten der Kunst vermittelt. Schwierig aber, weil der Holzschnitt trotz seiner weiten Wirksamkeit, trotz der Bedeutung seiner Aufgabe und trotz des Raffinements seiner Technik eben nicht hoch angesehen ist. Gewichtige Stimmen sprechen ihm alle Zukunft ab mit der Behauptung, er werde den mecha nischen Vcrvielfältigungsarten das Feld überlassen müssen. Um hier für oder wider entscheiden zu können, niüßte man ein Prophet sein, was nicht möglich ist. Wenn ich hier versuche, zu deuten, auf welchem Gebiete die eigentliche Stärke des Holzschnittes, worin vielleicht seine Zukunft liegt, so bitte ich, dieses nur als einen Versuch anzusehcn. Fertige Rezepte, die es für künstlerische Dinge nicht giebt, dürfen Sie von mir nicht erwarten. Es gilt viel mehr, zu verstehen, als zu urteilen. Die beste Einführung in das Verständnis des Holzschnittes giebt uns immer noch ein Blick auf seine Geschichte; darum zu nächst ein paar Worte über die Entwickelung des Holzschnitts. Seine Geschichte beginnt für uns mit dem Augenblick, wo ein gewerbsmäßiger Bilderverfertiger seine Zeichnung in eine Holztafel schneidet, um sie durch Abdruck zu vervielfältigen. Um 1400 gab es eine ganze Anzahl -Briefmaler- oder -Heiligcnmaler-, die die Bilderfabrikation handwerksmäßig im großen betrieben. Sie zeichneten und malten Heiligenbilder, Kalender, Spielkarten, moralische, satirische oder zeitgeschichtliche Darstellungen auf Papier zum Verkaufe. Bei dem großen Verbrauche solcher Bilder mochte es dem Briefmaler wohl zu viel werden, ein Bild immer wieder mit der Hand aufzuzeichnen und zu kolorieren. So kam ein erfinderischer Kopf auf den Gedanken, die Zeichnung in Holz zu schneiden und durch Abdrücke zu vervielfältigen. Mit geringer Mühe konnte er nun Hunderte von Blättern fertigen, die er dann nur noch auszumalen hatte. Der Stil dieser frühen Holzschnitte ist ganz kunstlos, es ist ein Umrißstil. Der früheste Holzschnitt will nichts anderes sein, als ein Ersatz für die Umrißfederzeich nung, zu seiner Vollendung bedarf er durchaus der Kolorierung. In dieser schlichten Form genoß der Holzschnitt in der ersten Hälfte des 1b. Jahrhunderts große Beliebtheit und weite Verbrei tung. Eine höhere Bedeutung gewann er durch Gutenbergs große Erfindung. Man sah bald, daß sich neben die Typen recht gut ein Holzstock setzen und mit ihnen zusammen abdruckcn ließ. Die ersten illustrierten Bücher erscheinen, dem Holzschnitt ist ein unver gleichlich weites, dankbares Feld eingeräumt. Aber die Verbindung mit dem Buchdruck, dieser vornehmen Kunst, hat noch andere, wichtigere Folgen. Aus der einfachen Einfalt der kolorierten Um rißzeichnung wird der Holzschnitt allmählich emporgehoben; bald macht sich eine gewisse Verfeinerung bemerkbar. Die Drucker ziehen zum Schmuck ihrer Bücher wirkliche Künstler heran, die hier und da die Zeichnung für den Buchholzschnitt übernehmen. Damit wird der Holzschnitt an sich nicht nur feiner, korrekter, künst lerischer; er bekommt auch einen neuen Stil. Die deutsche zeich nende Kunst am Ende des 15. Jahrhunderts steht unter dem Zeichen des Kupferstiches, der aber von ganz anderer Grundlage ausgcht und einen anderen Stil entwickelt als der Holzschnitt. Sie kennen den Siegeslauf des Kupferstichs. Sie wissen, wie in Martin Schongauer ein Künstler erstand, der sich durch seine farblosen Bilder die deutsche Zeichenkunst unterthan machte, und wie auch die Künstler, die für den Holzschnitt zeichneten, unter seinen Bann kamen. Die Holzschnitte, die damals auftauchten, sind nicht mehr Umrißzeichnungen, sondern modellierte Bilder in Schwarz und Weiß. Es sind wahrhaft künstlerische Illustrationen, die zu dem Charakter der Drucktype stimmen und mit ihr zu sammen ein unvergleichlich einheitliches Ganzes schaffen. Auf dieser Stufe stand der Holzschnitt, als ihn Mbrecht Dürer ausnahm, der ihn nicht nur nach jeder Richtung hin ver feinert, geadelt und wahr gemacht, sondern ihm auch ganz neue Wirkungen gegeben hat. Deutlich sieht man an seinen Blattern das Bestreben nach malerischer Wirkung. Damit hat der Holz schnitt einen Höhepunkt erreicht, über den man zunächst nicht hinaus konnte. Die Nachfolger haben das Errungene nur aus gebaut, ja sie sind, wie z. B. Hans Holbein, offenbar bewußt zu einer einfacheren Weise zurückgekehrt. In diesem ganzen Verlauf war an der technischen Grundlage nichts verändert worden. Das Bild wird auf den Holzstock selbst gezeichnet, und der Formschneidcr schneidet alle weißen Töne weg, so daß nur die Striche der Zeichnung erhaben stehen bleiben. Dabei ist es ganz gleichgiltig, ob der Künstler, der die Zeichnung auf den Holzstock gebracht hat, auch selbst das Schneidemesser führt. Nachweislich sind die Zeichnungen gerade unserer größten Meister von anderen Händen geschnitten worden. Die besten Jahre des Holzschnitts waren mit dem Ausgang des 16. Jahrhunderts vorüber. Man fand, daß sich die malerische Wirkung leichter und vollkommener mittels der Radierung und des Kupferstichs erreichen ließ. Der Holzschnitt fristete nur noch ein unkünstlerisches Dasein. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts erwachte er zu neuem Leben. Dabei kam ihm eine Thatsache der Technik zu gute. Der Kupferstich und die Radierung lassen sich mit den Metalltypen nicht zusammen drucken, während dieses beim Holz schnitt der Fall ist. Wenn sich also ein Ersatz finden ließ, der die malerische Wirkung des Stiches oder der Radierung mit den prak tischen Eigenschaften des Holzschnitts vereinigte, so mußten jene Künste das Feld der Illustration räumen. Ein solcher Ersatz wurde gefunden. Man entdeckte, daß Querschnitte des Buxbaumes ein gleich mäßig und fest gefügtes Holz boten, das sich wie eine Kupferplattc mit dem Grabstichel bearbeiten ließ. Der Sieg des Holzschnittes für die Buchillustration war damit entschieden. An Stelle des Schneide messers tritt nun der Grabstichel, an Stelle der vom Fleisch be freiten erhabenen Linien tritt die von Furchen durchzogene Fläche. Der neue Holzschnitt giebt nicht sowohl Linienzeichnungen wieder, als vielmehr aus dunklen und Hellen Flächen, aus Tönen zusammen gesetzte Bilder, weshalb man ihn auch Tonschnitt oder Tonstich nennt. Im Lande des Erfinders des Tonstiches (Bewick), in Eng land, bürgerte sich die neue Manier zunächst ein. Dort, dann in Frankreich und Amerika hat sie ihre folgerichtige reinste Ausbildung erfahren. Fast gleichzeitig mit Bewick machten in Berlin die beiden Unaer und Gubitz Versuche zur Wiederbelebung des Holzschnittes, die aber ohne erhebliche Erfolge geblieben wären, wenn ihnen nicht als Zeichner ein Künstler beigestanden hätte, der alle Zeit unter den ersten Meistern der Zcichenkunst genannt werden wird, Adolf Menzel. Bei seinen Zeichnungen werden Sie finden, daß zwar überall der Charakter einer feinen Federzeichnung gewahrt, die Wirkung aber doch eine rein malerische ist. Trotz dieser entschieden malerischen Zeichnung ist nicht der eigentliche Tonstich angewandt. Auch der tiefste Schatten ist mittels gekreuzter schwarzer Linien hergestellt. Das Ganze zeigte aber doch, wohin die Entwickelung drängte. Nächst Menzel ist Ludwig Richter zu nennen, der sich zunächst zwar dem englischen Holzschnitt anschloß, dennoch ebenfalls der Strich zeichnung treu blieb. In seinen Werken fehlen ganz malerische Blätter nicht. Ein guter Teil der feinen Reize seiner Holzschnitte beruht gerade auf der glücklichen Verbindung der einfachsten Linien zeichnung mit malerischem Grunde. Bei allen folgenden Meistern wie Schwind, Rethel, den Künstlern der Fliegenden Blätter u. a. finden mir erstlich: Festhalten am alten Schwarzlinienschnitt, da neben aber eine Neigung zu malerischer Gestaltung. Der Drang zum Malerischen mar ein starker Faktor. Es werden Anläufe ge macht, den Engländern im Tonschnitt gleichzukommen, die llonäon kio^vs insbesondere werden als Vorbild betrachtet. Der völlige Umschlag trat ein, als Eduard Hallberger in Stuttgart in seinen Zeitschriften französische Klischees abdruckte. Das Ideal war nun gegeben: Tonschnitte von malerischer Wirkung, elegant und geistvoll gemacht, dabei nicht so schwierig herzustellen wie malerische Linien schnitte. Adolf Cloß nahm sich der Sache an und ging bei den Franzosen, den Mitarbeitern und Nachfolgern Dores, in die Schule. In zahlreichen vortrefflichen Arbeiten wußte er das Neugelernte der deutschen Art anzupassen. Der Sieg des Tonschnitts war entschieden. In Berlin, Leipzig, München wollte man nur Ton schnitte haben. Es entstanden die illustrierten Klassikerausgaben, die Prachtwerke Aegypten, Italien und viele andere. Auch die illustrierten Journale griffen zu und verschafften der neuen Weise eine ungemeine Verbreitung. Dazu kam noch die Photographie. Nicht nur daß man mittelst der Photographie überall alles Beliebige nufnehmeu konnte und in Stuttgart, Leipzig, Berlin, Düsseldorf im Holzschnitt abbilden konnte; sondern man gab auch dem Holzstock gleich einen licht empfindlichen Ueberzug und stellte von der Negativplatte ein Positiv direkt aus dem Holz her. Man brauchte nicht mehr die
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