Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.03.1899
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- 1899-03-06
- Erscheinungsdatum
- 06.03.1899
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53, 6. März 1899. Nichtamtlicher Teil. 1769 Vorlage direkt auf den Holzstock abzuzeichnen. Wer man konnte jetzt auch jedes beliebige Kunstwerk mit einer Treue auf den Holz stock bringen, die vorher unerhört war. Und die Photographie bot der Arbeit nicht nur eine Erleichterung, erweiterte nicht nur den Bilderkreis ungemein, sondern erzog auch den Holzschneider. Er hatte einfarbige Wiedergabe der Wirklichkeit oder eines Kunst werkes vor sich mit der ganzen Reihe der Tonstufen, in denen Licht und Farbe uns entgegentreten. Indem er sich mühte, alle diese Töne wiederzugeben, lernte er Unterschiede sehen, die er früher nicht wahrgenommen hatte, er verfeinerte, schulte sein Auge und bereicherte seine Technik. In der Bewegung, die die Aufnahme des Tonschnitts und die Anwendung der Photographie hervorgerufen haben, stehen wir heute noch. An der Produktion der letzten Jahre läßt sich leicht erkennen, wohin die Entwickelung drängt. Abgesehen von den höchst interessanten wertvollen Versuchen einzelner Künstler wie Behrens, Eckmann, Valloton u. a. ist das Bild ein ziemlich gleich mäßiges. Unser Holzschnitt erstrebt vor allem absolute Treue. An einer Oelskizze von Barthels und einem Pastell von Lenbach können Sie dies ersehen. Jeder Pinsclstrich, jeder Spachtelzug, kurz die Technik der Skizze ist zu erkennen. Ebenso der körnige Zug der farbigen Kreide, ihr Springen und Haften, die gewischten Partieen und die klare Zeichnung. Das alles giebt der Holzschnitt mit verblüffender Treue. Aber ist mit dieser absoluten Treue wirklich das letzte Ziel gegeben? Soll der Holzschnitt nur die Photographie druckfähig machen? Das kann nicht das Endziel des Holzschnitts sein. Wie will der Holzschnitr seine Existenz rechtfertigen und behaupten, wenn die mechanischen Vervielfältigungsarten noch weitere Fort schritte machen? Zweifelhaft kann es nicht sein, daß, sobald die Autotypie noch ein paar Schritte gethan hat, es um den Holz schnitt als mehr oder weniger mechanisches Vervielfältigungsver fahren geschehen ist. Anders ist es, wenn er sich auf seinen künstlerischen Charakter besinnt. Betrachten wir nach diesem Gesichtspunkt unseren heutigen Holzschnitt, vornehmlich bei der Illustration unserer Wochenschriften. Da ist zuerst der Holzschnitt, der fast in jeder Nummer ein, zwei oder mehr, meist neuere Gemälde reproduziert. Bei der großen Anzahl von Journalen ergiebt dies eine solche Summe von Originalen, daß wir uns sagen müssen, so viel gute Originale giebt es gar nicht. Man muß zur Wiedergabe von Bildern zweiten und dritten Ranges greifen. Von den süßlichen, glatten Bildern, deren ganze Produktion und Reproduktion mit der Kunst nichts zu thun hat, will ich nicht reden; aber beschämend für uns ist es, daß sie solchen. Anklang finden. Aber auch von den besten Bildern könnte noch eine Anzahl fehlen. Die ganze Masse kann nicht künstlerisch erziehend wirken. Was sollen diese vielen, nicht zusammenhängenden Bilder? Und wie erfüllt die Holzschnittwiedergabe ihren Zweck? Die Losung ist Treue, mit der es aber eine eigene Bewandtnis hat. Das zu reproduzierende Originalgemälde kann der Holzschneider bei der Arbeit nicht vor sich haben. Er ist also auf die Photo graphie angewiesen. Die Photographie kann aber kein Gemälde in seiner vollen Wirkung wiedergeben. Die Verkleinerung bringt allerlei Veränderungen in der Gesamtwirkung mit sich. Auch die Umsetzung der Photographie in den Holzschnitt bedingt gewisse Umwandlungen, die nur dann im Sinne des Originals ausfallen könnten, wenn der Holzschneider das Original neben der Photo graphie vor Augen hätte und ein Künstler wäre. Die wenigsten Photographieen gehen bis in ein wirkliches tiefes Schwarz und bis in ein klares Weiß. Die Tonskala bewegt sich meistens in Mittel tönen. Der Holzschnitt aber verfügt über tiefstes Schwarz und hellstes Weiß. Der Holzschneider muß also die Tonskala seiner Vorlage erweitern, was in den ryeisten Fällen mechanisch geschieht. Hätte er das Original vor sich, so könnte er nicht allein nach den einzelnen Tonwerten, sondern auch nach der Gesamtwirkung arbeiten. Im besten Falle wird der Holzschneider ein Aequivalent für die Photographie schaffen. Der Holzschnitt hört auf, Kunst zu sein, und wird reine Reproduktionstechnik. Um diesen Preis ist aber der Einsatz zu hoch. Der Holzschnitt kann heute nur noch mit Drangabe einer Lebensarbeit erlernt werden. Und das, darnit die Autotypie kommt und den Holzschnitt wegfegt? — Wenn dagegen der Holzschneider eine Vorlage erhält, die von vornherein das Original im Sinne der Schwarz-Weiß-Kunst um gearbeitet hat, dann kann unter den Händen eines tüchtigen Holz schneiders ein Werk entstehen, das keine Autotypie ersetzt. Darum weniger Reproduktion, aber künstlerisch selbständige. Zu mecha nischen Zwecken soll man die gute alte Kunst nicht herabwürdigen. Eine zweite Gruppe in den illustrierten Wochenschriften befaßt sich mit der Darstellung von Zeitereignissen. Spricht man von deren anerkannter künstlerischen Minderwertigkeit, so ist die Ant wort: das Publikum will es nicht anders. Es verlangt am Sonn tag zu sehen, was am Mittwoch passiert ist. Bei solcher Hast ist eine künstlerische Arbeit unmöglich. Aber, so fragen wir, ist denn künstlerische Arbeit allemal die umständlichere? Eine flotte Tusch zeichnung, breit und frei in Holz geschnitten, ist mehr wert als das ausgeführteste Bild eines Spezialzeichners. Warum haben die Engländer im Jahre 1884 die Vorgänge so trefflich in Holzschnitten geschildert? Weil ein Künstler wie Eaton Woodwille die Zeich nungen lieferte. Kein Verleger mit künstlerischem Gewissen dürfte so absolut schlechte Bilder bieten, wie das heute selbst in an gesehenen'Blättern geschieht, Lieber eine retouchierte Autotypie, lieber aber noch Holzschnitte nach Künstlcrskizzen, die ihrerseits nach Photographieen entworfen sein können. Nun die dritte Gruppe: die eigentliche Illustration. Hier ist die Frage: warum wird die Textillustration nicht mehr gepflegt? Hier wäre ein dankbares Feld für den Holzschnitt. Freilich, die reine Strichzeichnung wird er an die reproduzierenden Künste ab geben müssen. Die Illustrationen eines Sattler, Fidus und anderer lassen sich sehr wohl in Zinkhochätzung einfacher und billiger geben. Heute heißt es: der einfachen Linienillustration gehört die Zukunft. Der Holzschnitt kann jedenfals nur für das Buch im strengsten Sinne gelten. Wollen wir der Kunst die Wege weisen? Das wollen wir den Schaffenden überlassen und uns eines Menzel und Richter erinnern. Soll die Illustration wirklich ganz auf malerische Wirkung verzichten? Auch da, wo man sie zu echtester, eigentlichster Illustration brauchen kann? Ich denke, nicht, glaube vielmehr, einem geistvollen Künstler könnte sich im Holzschnitt ein verlocken des Mittel bieten. Die Vereinigung klarer, fester Strichzeichnung mit feinster Tonwirkung, die heute noch keinem anderen Verfahren in dieser Weise möglich ist, setzt ihn in Stand, allen Einfällen einer geistvollen Laune zu folgen und den Text immer neu mit Bildchen und Gestalten zu schmücken. Ist es ein Zufall, daß mir einmal für ein ganzes großes Gebiet künstlerischer Thätigkeit die Vorbilder nicht im Ausland zu suchen brauchen, daß weder Frankreich noch Italien unserer Illustration im 15. und 16. Jahrhundert Gleich wertiges an Gedankentiefe zur Seite stellen können? Ist es ein Zufall, daß Menzel, Richter, Schwind, Rethel, die Zeichner der Fliegenden Blätter, daß auch ein Klinger und Sattler Deutsche sind? Nein, wo immer Ernst und Tiefe der Gedanken entscheidend mitsprechen, da ist der deutschen Kunst stets ihr Höchstes gelungen. Wir glauben an die Zukunft des Holzschnitts. Und diese Zukunft wird um so ruhmvoller sein, je entschiedener der Holzschnitt sich seiner eigentlichen Bestimmung wieder zuwendet, je eher er wieder wird, was er in seinen besten Tagen gewesen ist: eine deutsche Holzschneidekunst. ^4. Alte und neue Reproduktionsarten im Illustrationswesen. Eine lange Reihe von Jahren hindurch hat der Holzschnitt mit seinen vorzüglichen Eigenschaften als Jllustrationsmittel bei Her stellung von illustrierten Buchwerken rc. unter den Reproduktions arten im Dienste des Buchdrucks die Führung gehabt; er hat mit seiner zahllosen Anwendung in Prachtwerken und in den Massen auflagen illustrierter volkstümlicher Bücher, Kalender rc. die Namen der Illustratoren, die ihm die Originalzeichnungen für seine Re produktionen geliefert haben, in die Welt hinaus getragen, gleich zeitig auch den betreffenden Verlagsfirmen, je nach Ausstattung ihrer illustrierten Verlagswerke, ein entsprechendes Relief zu ver schaffen gewußt. Die -Erste deutsche Holzschnitt-Ausstellung-, die am I. Mai vorigen Jahres in Leipzig eröffnet wurde, legte ein beredtes Zeugnis von der hohen Schulung des deutschen Holzschnitts ab. Sie bewies, daß die Holzschneidekunst durch die langen Jahre ihrer unausge setzten Pflege, die ihr in erster Linie der deutsche Verlagsbuch handel angedeihen ließ, seit den sechziger Jahren einer ganz außer gewöhnlichen Entwickelung entgegengegangen ist. In seiner lleberzeugung, daß die Technik des deutschen Holz schnittes heute auf einer bisher noch nicht erreichten Höhe steht, muß es der Freund des Holzschnitts umsomehr als eine bedauer liche Erscheinung bezeichnen, daß trotz der reizvollen und vornehmen Eigenschaften, die der künstlerische Holzschnitt besitzt, dieser mitten in seiner höchsten Vollkommenheit gegenwärtig tagtäglich geringere Anwendung im Jllustrationswesen findet. Die auffällige Erschei nung ist zweifellos auf die notwendig gewordene Herstellungs billigkeit der illustrierten Buchwerke und anderweitigen Publika tionen zurückzuführen. Das seit längeren Jahren im Publikum erwachte und seither sich stetig steigernde Verlangen nach Abbil dungen, das sich in neuerer Zeit auch auf die stark entwickelte Reklame mit ihrem illustrativen Beiwerk ausgedehnt hat, verbunden mit der Notwendigkeit einer dem heutigen Geschäftsverkehr ent sprechenden schnellen und billigen Massenherstellung von Illustra tionen, ist wohl als der maßgebende Faktor zu bezeichnen, der an Stelle des zeitraubenden und kostspieligen Holzschnitts ein mechanisches Reproduktionsverfahren von Illustrationen für den Buchdruck unterstützt und zur Reife gebracht hat. S«bSundIe4uIas«kr Iabraana 267
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