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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.03.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-03-02
- Erscheinungsdatum
- 02.03.1899
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- Deutsch
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1658 Nichtamtlicher Teil. 50. 2. März 1899. eines Museums in Posen. Die Annahme des Titels erfolgte mit großer Mehrheit gegen die Stimmen des Centrums und der Polen. Aus der Debatte heben wir an dieser Stelle die Rede des Ministerialdirektors vr. Althoff hervor, der sich damit in sehr entschiedener Weise gegen die abfällige Beurteilung des Abgeordneten vr. am Zehnhoff (vom Centrum) aussprach: »Es handelt sich bei den vorgeschlagenen Maßnahinen in erster Linie darum, eine langjährige Zurücksetzung der Proviuz Posen wieder gut zu machen. Die Provinz Posen steht an Kunst- und wissenschaftlichen Mitteln hinter allen andern preußischen Pro vinzen zurück; alle andern Provinzen haben eine Universität, bis auf Westpreußen, das nächstens eine technische Hochschule erhalten wird; alle andern Provinzen haben mit den Universitäten große Kunst- und naturwissenschaftliche Sammlungen und Bibliotheken. Es ist daher erklärlich, daß schon vor Jahren in Posen der Wunsch auftauchte, auch eine Universität oder Hochschule zu haben. Dieser Wunsch konnte nicht befriedigt werden; um so mehr erscheint es eine Ehrenpflicht, wenigstens annähernd der Provinz das zu ge währen. was den anderen gewährt worden ist, und dies geschieht durch unsere Vorschläge, die doch ganz wesentlich organisch Zusammen hängen. «Was die Bedeutung der Bibliothek für Posen betrifft, so hat der Vorredner von dem prokunum valZus gesprochen. Er hat aber weit mehr prokanuw vulAus angenommen, als in irgend einer deutschen Provinz vorhanden ist. Ich habe mich gewundert über das. was der Vorredner uns hier über die Bedeutung von wissen schaftlichen Bibliotheken vorgetragen hat, während wir doch die Bedeutung von Bibliotheken in wissenschaftlicher und volkstüm licher Hinsicht überall im deutschen Vaterlande sehen können. Wer die Verhältnisse im Elsaß einigermaßen kennt, weiß, was die Bibliothek in Stratzburg geleistet hat. Nicht bloß Staaten, sondern auch Städte gehen mit solchen Gründungen vor; ich erinnere an Frankfurt. Kassel, Wiesbaden, Köln. Daß in diesem Hause ein Zweifel an der Bedeutung der Bibliotheken laut werden konnte, hat mich an die -ourwiva. non prins nuckits.» erinnert. (Große Heiterkeit.) Nun sagt der Vorredner, in Posen sei keineswegs ernstes wissenschaftliches Bedürfnis; das wirkliche Bedürfnis würde hinlänglich gedeckt durch die Bändezahl, die schon in den dortigen Bibliotheken vorhanden ist. Aber die Zahl der Besucher, die schon jetzt die Landesbibliothek benutzen, beträgt 10000, zeigt also, daß schon in der Stadt Posen so viel wissen schaftliche Leute vorhanden sind, daß von einem xrokunum vuIZus nicht die Rede sein kann. Nun handelt es sich aber nicht bloß um wissenschaftliche Werke. sondern zugleich um volkstümliche, populärwissenschaftliche Werke. Was der Vorredner vermißt, soll gerade dort geschaffen werden. Es soll ein Volkslesesaal mit der Bibliothek verbunden werden, und diese Bibliothek nach amerika nischem Muster ihren Lesestoff über die ganze Provinz verbreiten durch Versendung der Bücher in größeren Abteilungen mit Biblio thekkästen, so daß sie gewissermaßen ein großes Reservemagazin für alle Volksbibliotheken und Lesesäle im Lande wird. (Beifall.) Das ist uns ein Hauptpunkt, populär zu wirken durch Verbreitung von Aufklärung über das ganze Land. Wenn sich die Motive hierüber nicht näher aussprechen, so haben wir angenommen, daß in Deutschland jeder wüßte, was eigentlich Aufgabe der Biblio theken ist. Davon kann man sich ja an allen Orten, wo solche Bibliotheken sind, überzeugen! Also über die Bedürfnisfrage, nicht nur für die Stadt Posen, sondern für die ganze Provinz kann kein Zweifel sein. «Es ist" hier und da das Mißverständnis entstanden, als ob diese Bibliothek tendenziös mit bloß deutschen Werken gefüllt werden solle. Daran denkt kein Mensch; das wäre lächerlich; das würde dem Mineraliensammlcr gleichen, der bloß Mineralien aus seinem engsten Kreise in seine Sammlung aufnimmt, die übrigen in der Welt aber nicht ästimiert. Diese Bibliothek wird auch die polnische Litteratur vollständig berücksichtigen. Ihre nationale Bedeutung sieht sie darin, daß sie glaubt, die Ueberlegenheit der deutschen Kultur wird sich da wohl trotz gerechtester Behandlung beider Kulturen zeigen. Nun will ich denjenigen, der an die Ueberlegenheit der deutschen Kultur nicht glaubt, durchaus nicht bekehren. Da muß man sagen: gui virru, vsrru. Wir wollen wie gute Landwirte Bäume pflanzen, die nicht schon morgen Früchte tragen, aber in fünfzig, sechzig Jahren nach dem Satze: somit arborss, guas postsris sasoulis prosivt. (Heiterkeit.) »Es liegt außer allen diesen Dingen, die in sehr überzeugender Weise für die Bibliothek in erster Reihe sprechen, die Thatsache vor, daß die Ansicht des Vorredners, schon ehe er die Güte hatte, sie auszusprechen, weit aus Deutschland in glänzender Weise desavouiert worden ist, nämlich durch die Teilnahme der gebildeten Kreise in weitem Sinne, speziell der Buchhändler und Gelehrten, für diese Gründung, die seiner Zeit in dem bekannten Aufruf hervortrat. Ich kann diese Thatsache nicht erwähnen, ohne im Namen der Regie rung allen denen, die sich an dem Werke beteiligt haben. Dank und Anerkennung auszusprechen. (Beifall.) Das ist wohl ein ge wichtigeres Zeugnis für die Sache, als wenn sie seitens eines Einzelnen bemängelt wird. (Sehr richtig!) Also ich glaube, daß wir diesen Spendern, die in so patriotischer Weise für die Sache eingetreten sind, und die doch auch wohl wissen, um welche Dinge es sich in Posen handelt. Dank schulden. Ich möchte hiermit recht herzlich empfohlen haben, vor allen Dingen die Bibliothek zu be willigen.» (Lebhafter Beifall.) Zum Fall Oberlehrer La mprecht (vgl. Börsenblatt Nr. 19, 25, 29, 31. 15). — Aus Bonn wird uns mitgeteilt, daß hinter dem flüchtigen Oberlehrer Lamprecht die Staatsanwaltschaft in Münster i/W. am 8. Februar und die Staatsanwaltschaft in Bonn am 17. Februar Steckbriefe wegen Betrugs erlassen haben. Wie in Nr. 45 d. Bl. gemeldet worden ist. ist der Gesuchte nach seiner am 8. Februar in Bonn erfolgten Verhaftung am 9. Februar wieder auf freien Fuß gesetzt worden und ist seitdem flüchtig. Schillers «Wilhelm Teil« ins Türkische übertragen und die Schicksale des Uebersetzers. — Von der Türkei und ihrem litterarischen Leben schreibt man der Zeitschrift für moderne Erzählungslitteratur des Auslandes «Aus fremden Zungen- (Stutt gart. Deutsche Verlagsanstalt): Aus dem gesamten Littcraturschatze Europas gab es bisher lediglich eine nicht allzu große Anzahl französischer Romane in mehr oder weniger guten türkischen Uebersetzungen. Alexander Dumas' -Graf von Monte Christo» hatte seiner Zeit den Reigen eröffnet und außerordentlich viel Anklang gefunden. Man mußte ihn gelesen haben, uni Anspruch auf höhere «europäische» Bildung erheben zu können. Dann folgten als Schlager noch Eugen Sues -Geheimnisse von Paris» (vuris - vssruri), «Der ewige Jude« (Lsrssri-Iullucli), Victor Hugos -Nissrablss« (Lstsobiaralar) und noch einiges andere. Die llebersetzungen wurden dann Vorbild und Schablone für eine ganze Reihe von Originalromanen moderner türkischer Schrift steller, als deren Hauptvertreter der zur Zeit als Vicepräsident der Konstantinopeler Internationalen Sanitütskommission fun gierende. außerordentlich fruchtbare Ahmed-Midhat-Efendi bezeichnet werden kann. Aus der deutschen Litteratur war gar nichts in tür kischer Uebersetzung vorhanden, was ja übrigens schon aus äußeren Gründen leicht zu erklären ist. Denn es dürfte kaum jemals einen einzigen Türken gegeben haben — und auch wohl bis heute noch nicht geben —, der die deutsche Sprache in so vollkommenem Maße beherrscht, daß er eine derartige Aufgabe zu bewältigen imstande wäre, während seit jeher zahlreiche Osmanen des Fran zösischen gleich ihrer Muttersprache mächtig sind. Da ging nun endlich ein junger Schriftsteller, der türkische Militärarzt vr. Ab dullah Djewded. ans Werk, auch einmal etwas von den Schöpfungen deutscher Geistesheroen seinen Landsleuten zu vermitteln. Da er der-Jungtürkenpartei» angehörte, so mochte zunächst seinem freiheits sehnenden Herzen kaum ein zweites Werk so nahe liegen wie Schillers «Wilhelm Tell». Als er die Uebersetzung vollendet hatte, mußte er sie in Aegypten insgeheim und auf eigene Kosten drucken lassen, denn in der Türkei selbst wäre das ein Ding der Un möglichkeit gewesen. Wie gewissenhaft diese Censurbehörde dafür sorgt, daß über irgend welche That keinerlei Kunde sich verbreitet, die die fromme Denkungsart des Publikums vergiften könnte, dafür möge die Zeitungsnachricht über die Ermordung der Kaiserin Elisabeth von Oesterreich als Beispiel dienen, für die von besagter Censur allen türkischen und anderssprachig erscheinenden Tagesblättern des Reiches strikte folgende Fassung vorgeschrieben wurde: -Tod der Kaiserin Elisabeth von Oesterreich. In Genf fiel Ihre Majestät auf dem kurzen Wege von ihrem Hotel zur Dampfschiffsstation zu Boden, erhob sich jedoch gleich wieder und begab sich, auf den Arm der sie begleitenden Hofdame gestützt, an Bord des Schiffes. Dort verschlimmerte ihr Leiden (Unwohlsein) sich jedoch derart, daß sie auf einer improvisierten Tragbahre ins Hotel zurückgebracht werden mußte, wo sie trotz schleunigst herbeigeschaffter ärztlicher Hilfe eine halbe Stunde später ihren Geist aufgab.» — Trotz alles Geheimhaltens jedoch wurde die Missethat Abdullah Djewdeds bald ruchbar und ihm der Prozeß gemacht. Das Schick sal des Uebersetzers gestaltete sich demnach ganz ähnlich jenem des Dichters, nur mit dem Unterschiede allerdings, daß dieser noch mit knapper Not am Hohenasperg glücklich vorbeikam. während Djewded in das Untersuchungsgefängnis des Kriegsministeriums gebracht wurde. Nach monatelangem, hochnotpeinlichem Verfahren wurde er endlich mit Belastung seines Dienstgrades nach Tripolis ver bannt. Einige Zeit darauf indessen wurde auch hier gegen ihn von Konstantinopel ein neues strafgerichtliches Verfahren angeordnet und Untersuchungshaft über ihn verhängt. Infolge des Rechts gefühls und persönlichen Wohlwollens der Mitglieder des Militär gerichtshofes lief die Sache auch diesmal glimpflich für ihn ab, als nach mehrmonatlichen Verhandlungen wegen Mangels an Be weisen seine Freilassung verfügt und Uber dieses Resultat nach
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