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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.03.1899
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- 1899-03-15
- Erscheinungsdatum
- 15.03.1899
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- Deutsch
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61, 15 März 1899. Nichtamtlicher Teil. 2017 um Fälle grober Schamverletzung. Und er setzt drittens voraus — das möchte ich den Verteidigern von Kunst und Wissenschaft^ gegenüber besonders hervorheben — er setzt drittens voraus, daß die öffentliche Ausstellung und die Ver breitung zu geschäftlichen Zwecken geschieht, also nicht aus sogenanntem Kunstsinn, sondern aus gewöhnlichem Erwerbssinn, in gewissenloser Spekulation auf die leichte Erregbarkeit der Leidenschaft bei der Jugend. Es ist also ausgeschlossen die Aus stellung in den Museen, sowie die Ausstellung an den Straßen und öffentlichen Plätzen zum Schmuck derselben. Die Ausstellung muß, wie gesagt, zu geschäftlichen Zwecken, also in gewissen loser Spekulation auf die Leidenschaft der Jugend erfolgen. Erst wenn alle diese Thatbestandsmerkmale vorliegen und wenn das Vorhandensein aller dieser Thatbestandsmerkmale von mindestens vier unter fünf Richtern — denn es wird sich ja meistens um Strafkammersachen handeln — angenom men wird, erst dann kann eine Verurteilung erfolgen. Wenn Sie das berücksichtigen, werden Sie mit mir überzeugt sein, daß, wenn wirklich einmal auf Grund des 8 184 Nr. 2 eine Verurteilung erfolgte, es sich jedenfalls um Dinge han delt, deren Beseitigung und Verhinderung kein anständiger Mensch beklagt, und deren Beseitigung der Allgemeinheit ganz gewiß nichts schadet. Ich meine überhaupt, daß, wenn man unseren Richtern vielleicht auch auf manchen Gebieten der Ge setzgebung eine zu engherzige Auffassung vorwerfen kann, be züglich der hier in Rede stehenden Materie das gerade Gegen teil der Fall ist, wie man oft zu beklagen Gelegenheit hat. Es ist dann noch speziell eingewendet worden, daß doch der Begriff »Verletzung des Schamgefühls« zu unbestimmt sei mit Rücksicht auf die Individualität des Schamgefühls der einzelnen Personen. Ja, meine Herren, ich will gewiß nicht die verschiedenartige Gestaltung des Schamgefühls bei dem einen und dem anderen bestreiten. Zwischen der Prü derie eines verbildeten Gemüts vielleicht bis hinab zu dem abgebrühten Schamgefühl des Rouös — wenn da überhaupt von Schamgefühl noch die Rede sein kann — liegen verschie dene Stufen. Ich will nicht bestreiten, daß das Schamgefühl mehr abgeblaßt ist bei dem einen als bei dem anderen, daß es bei dem einen größer ist als bei dem anderen. Aber, meine Herren, auf diese Frage kommt es im Falle des tz 184 Nr. 2 gar nicht an; es kommt nicht an auf die Frage, ob das Schamgefühl eines einzelnen bestimmten Menschen in oonorsto verletzt ist, sondern es handelt sich lediglich lim die Frage, ob Machwerke vorliegen, die das allgemeine Scham gefühl, das jedem civilisierten und gesitteten Volke in seiner Allgemeinheit innewohnt, verletzt ist, oder, wie das Reichs gericht zutreffend in einer seiner letzten Entscheidungen sagt, ob das Schamgefühl eines normalen Menschen verletzt ist. Meine Herren, ich will Sie jetzt nicht länger aufhalten; die Entwürfe werden ja wohl jedenfalls einer Kommission überwiesen werden; ich hoffe, daß sie dort ebenso sach lich und ruhig beraten werden, wie es im letzten Jahr in der Kommission unter dem Vorsitze des Herrn Kollegen Kruse der Fall war. Ich hoffe dies um so inehr, als damals die Beschlüsse hinsichtlich der wichtigsten Bestimmungen mit großer Majorität gefaßt sind. Ich zweifle nicht, daß dies auch jetzt der Fall sein wird und so endlich dieses Gesetz in dieser Session zur Verabschiedung gelangt. In Bezug auf die ge schäftsmäßige Behandlung möchte ich noch formell den Antrag stellen, die beiden Entwürfe, den Entwurf der Regierung und unseren Entwurf, mit dem Antrag des Herrn Abgeordneten Freiherrn von Stumm einer Kommission von 14 Mitgliedern zu überweisen. (Bravo!) Freiherr von Stumm-Halberg, Abgeordneter: Meine Herren, auch ich möchte mich der Hoffnung des Herrn Vor redners anschließen, daß nach jahrelanger vergeblicher Arbeit Srchsundlechpasler Habrnan». endlich diese Materie in befriedigender Weise gelöst werden müsse, und ich bin den Ausführungen, die er hier vorgebracht hat, in durchaus sympathischer Weise gefolgt. Ich hoffe mit ihm, daß es in der Kommission gelingen wird, endlich zu einer Verständignng zu gelangen. Aber, meine Herren, dazu gehört doch auch guter Wille von beiden Seiten. Wenn jeder der beiden Teile, die Herren vom Centrum sowohl wie die verbündeten Regierungen, auf ihren Anschauungen, auf ihrem Schein absolut bestehen, dann werden wir zu unserem all seitigen Bedauern wieder pro oilülo gearbeitet haben. Meine Herren, ich glaube, daß sich der Herr Vorredner die Schwierigkeiten, die sich seinem Anträge entgegenstellen, doch etwas zu leicht denkt. Zunächst der 8 182a . . . . Dann, meine Herren, die Frage der Trennung zwischen Kunst und Unsittlichkeit! Ich glaube, daß da der Herr Vorredner sich die Sache wieder zu leicht gemacht hat. Sowohl in Nr. 1 wie in Nr. 2 des 8 184 kann ich mir eine ganze Anzahl von Fällen denken, wo ganz hervorragende Kunstwerke, über deren Kunstwert kein Mensch zweifelhaft sein kann, durch Verbreitung von Photographieen und dergleichen in Strafe fallen. Ich bin im Zweifel, ob beispielsweise nicht das Königliche Museum hier in Berlin auf Grund der Nr. 1 dieses Paragraphen, weil die berühmte Leda von Correggio dort aufgestellt ist, sich strafbar macht. Ich kenne wenig Kunstwerke bei uns, welche, wenn mau da überhaupt von Verletzung des Schamgefühls sprechen will, dies mehr thun als dieses ganz gewiß hervorragende Gemälde. Und wenn Sie nach Rom gehen, so finden Sie fast in allen Samm lungen eine Anzahl von Kunstwerken — ich will von Neapel, von dem geheimen Kabinett gar nicht sprechen —, die darin vielleicht noch weiter gehen. Ich will damit Ihrer Tendenz gar nicht entgegentreten, bis zu einem gewissen Grade die Vergiftung der Jugend durch derartige Schaustellungen zu verhindern; ich habe das Beispiel nur angeführt, um zu zeigen, daß die Trennung zwischen Kunst und Unsittlichkeit doch nicht so leicht ist, wie der Herr Vorredner es aus geführt hat. Im übrigen will ich aus diesen Gegenstand, welcher der Aufgabe, die ich mir gestellt habe, etwas entfernter liegt, nicht näher eingehen; ich glaube, in der Kommission wird man sich darüber schlüssig machen müssen, wie weit man sich gegenseitig entgegenkommt; und ich hoffe, daß die Kommission, die ja unzweifelhaft nach dem Anträge des Herrn Vor redners eingesetzt werden wird, sich den alten Grundsatz zur Richtschnur nehmen wird: das Bessere ist der Feind des Guten. (Redner geht sodann zur Begründung seines Spezial antrags auf Strafverschärfungen gegen Sittlichkeitsverbrechen über.) Himburg, Abgeordneter: Den Anträgen auf Kom missionsverweisung schließe ich mich an. Meine Herren, als in der Session 1892/93 hier ein Regierungsentwurf verhandelt wurde, der dieselbe Materie betraf, die uns jetzt beschäftigt, da wurde diesem Entwurf hauptsächlich der Vorwurf gemacht, er sei ein ab ü-ato ab- gefaßtes Gesetz, hervorgegangen aus einer Stimmung, die sich bald wieder verflüchtigen würde, und der Entwurf verdiene deshalb schon keine Annahme. Die Zeit hat gelehrt, daß dieser Vorwurf nicht gerechtfertigt war. Das Bestreben, eine schärfere Bestrafung für Sittlichkeitsverbrechen nnd Sittlich keitsvergehen herbeizuführcn, ist innerhalb dieser 6 bis 7 Jahre nicht zur Ruhe gekommen, rurd leider ist anderseits zu kon statieren, wie wir ja heute verschiedentlich, namentlich von den: Herrn Staatssekretär gehört Huben, daß die Sittenlosig- keit während dieses Zeitraums erheblich zugenommen hat. Ich meine, diese Thatsachen genügen, um ein gesetzgeberisches Vorgehen zu begründen, und ich enthalte mich allgemeiner weiterer Ausführungen. Ich gestalte mir, nur noch hinzu- 269
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