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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.04.1899
- Strukturtyp
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- 1899-04-05
- Erscheinungsdatum
- 05.04.1899
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- Deutsch
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2536 Nichtamtlicher Teil. 77, 5. April 1899. Nichtamtlicher Teil Der Vorschlag eines deutschen Schriftstellers für den Verlagsbuchhandel. Nicht allzu oft geschieht es heutigen Tages, daß sich eine Veröffentlichung eines Schriftstellers, die sich mit dem Buchhandel beschäftigt, durch große Liebenswürdigkeit aus- zeichnct. Wer daran schuld ist, daß das Verhältnis zwischen den beiden aufeinander angewiesenen Berufen oft genug nicht erbaulicher Natur ist, soll hier nicht untersucht werden. Zu beachten ist auch — und das sei zur Ehre beider Seiten gesagt —, daß die von Schriftstellern oft erhobenen Vorwürfe gegen den Buchhandel sich weniger auf konkrete Fälle be ziehen, als vielmehr auf theoretische Betrachtungen von Per sönlichkeiten, die die Ungunst des Schicksals lieber jemand anderem zum Vorwurf machen möchten als sich selbst. Um so erfreulicher ist es, auch einmal einer Stimme aus Schrift stellerkreisen zu begegnen, die in dem Buchhändler nicht ledig lich einen »Ausbeuter«, einen »Dieb« oder ähnlichen schmeichel haften Charakter erblicken. Viktor Blüthgen hielt auf dem vorjährigen Verbands tage des deutschen Schriftstellerverbandes zu Wiesbaden einen interessanten Vortrag über das Thema »Der deutsche Schrift stellerstand und seine Zukunft«, der in den Nummern 3 bis 6 des Organs des deutschen Schriftstellerverbandes, den »Inter nationalen Litteraturberichten«, zum Abdruck gekommen ist und sich auch teilweise mit dem Buchhandel beschäftigt. Die Thatsache, daß auf den Buchhändlerböden »erstaun liche Vorräte von ausgezeichneten dichterischen Schöpfungen lagern, an denen der Verleger gar kein geschäftliches Inter esse mehr hat«, weil sie »nicht gehen«, hat Blüthgen auf eine eigenartige Idee gebracht, die er später näher ausführt. Vorerst begründet er diese Thatsache Zweiflern gegenüber, indem er feststellt, daß von fünfzig guten Werken eins gehe, vielleicht mehrere Auflagen erlebe. Das übrige werde Ramsch ware; »ein paar Antiquare kaufen Partieen für ein Butter brot — 5 Bände für 25 H bis 1 höchstens.« Und dabei handele es sich nicht nur um unbekannte Namen. Einen Beweis dafür lieferten manche Verlagskataloge; was da die zroeite Auflage erlebe, sei verschwindend wenig. Es wäre leider verkehrt, die Richtigkeit dieser Behauptung bestreiten zu wollen. Von dem geringen Prozentsatz derjenigen Werke, die eine zweite Auflage erleben, bleibt dann noch ein großer Teil auf dieser sitzen. Blüthgen erklärt diese Thatsachen mit zwei Ursachen: der riesigen Ausbreitung, die die Journale mit ihrer Fülle von Lesestoff gefunden haben, und den teueren Preisen der Bücher. Freilich ist diese letztere uralte Klage oder vielleicht auch der Vorwurf, den man damit dem deut schen Buchhandel zu machen pflegt, nur dürftig begründet, wenn man, wie Blüthgen thut, die teueren Preise auf eine von alters her überkommene »Ehrensache, eine altehrwürdige Ueberliefernng« bezeichnet, von der sich der Buchhandel nicht lossagen wolle. »Der Verleger«, sagt er, »erwirbt ein Manu skript — möglichst billig —, berechnet die Herstellungskosten, kalkuliert, wieviel Exemplare mit einiger Sicherheit von Leih bibliotheken und Freunden des Autors gekauft werden, divi diert mit der Ziffer in die Herstellungskosten und sagt, wenn er das Ergebnis vor sich hat: soviel kostet das Buch bei mir. Dann schlägt er mindestens die Hälfte, vielleicht das gleiche noch darauf, als Sortimenterrabatt (es giebt Sorti menter, die eingestandenermaßen nur für Bücher sich inter essieren, die fiinfzig Prozent Rabatt abwerfen sdas ist leider nicht zu bestreiten, aber teilweise durch die kolossale und un vernünftige Wertsteigerung des Bodens in den Groststädten bedingtst, und bestimmt: das ist der Preis für das Publikum.« Die geschilderte Kalkulationsmethode ist allerdings etwas zu einfach dargestellt, aber im allgemeinen muß der Verleger freilich den Preis so kalkulieren, daß er auch auf seine Kosten kommt, ohne eine ganze Auflage verkaufen zu müssen, ein Ziel, das er in den wenigsten Fällen auch dann erreichen würde, wenn der Preis um den entsprechenden Prozentsatz billiger angesetzt würde. Blüthgen aber rechnet so, daß ein Buch um so größeren Absatz habe, je billiger es sei. Das ist nun doch nicht so ohne weiteres zuzugeben. Als vor Jahren ein Stuttgarter Verleger seine Kollektion Markbände einführte, gab er einer ähnlichen Ansicht Ausdruck. Er meinte, jedes Sortimenterlager würde bald geräumt sein, wenn die Bücher Stück für Stück für eine Mark verkauft würden. Gewiß, wenn alle Bücher zu einem Preise von einer Mark verkauft werden könnten, so kämen mehr davon ins Publikum, als es jetzt geschieht. Aber der einzelne Ver leger und infolgedessen auch der Schriftsteller machte deshalb kein besseres Geschäft, oft aber ein schlechteres. Für geistige Ware giebt es eben kein unbegrenztes Absatzfeld, und jährlich zwanzig Millionen Bücher kann selbst das Volk der Dichter und Denker nicht konsumieren. Wie Blüthgen richtig eingesehen hat, befriedigen die Zeit schriften den größten Teil des litterarischen Bedürfnisses, und sie sind es ja auch zumeist, aus denen sich unsere Schrift steller die fetten Honorare holen, ehe sie zur Buchausgabe schreiten, mit der dann der Buchhandel mühsam hau sieren geht. Freilich hat auch die Journalverbreitung ihre Schatten seite mit sich gebracht. Das Journal arbeitete, sagt Blüthgen, auf breite Schichten von Lesern, auf den Durchschnittsgeschmack hin. So blieb das Feinste, Eigenartigste, das Neue aus geschlossen, die Versdichtung bis auf ein paar Klischeedichter fast ganz und gar. Und selbst vornehm angelegte Blätter sind »um des Absatzes willen gezwungen worden, in den bekannten Familienjournalton einzulenken. Um des Erwerbes willen sind Begabungen, die Besseres leisten konnten, in den Lohnarbeitersaal der Journale hinabgestiegen.« Man mag diese Verhältnisse für glücklich halten oder beklagen, jedenfalls hat man damit als mit Thatsachen zu rechnen. So wenig gut auch Blüthgen auf die Journale zu sprechen ist, so schreibt er ihnen doch das Verdienst zu, das Publikum, das sie vom Bücherkaufen abgehalten hätten, immerhin ans Lesen gewöhnt zu haben. Er meint aber, die Zeit sei gekommen, dem Publikum neben den Journalen wieder das Buch iu die Haud zu spielen, und zwar sucht er zunächst die Bücher, mit denen der Buchhandel nichts an zufangen weiß, zu erlösen. Zur Erreichung dieses Zweckes regt Blüthgen die Grün dung eines Vereins für Hausbibliotheken an. »Verbinden wir uns für diesen Zweck, sagt er, mit dein Buch handel — ich bin durchaus dafür, daß wir nicht ohne Not in feindlichen Gegensatz zum Buchhandel als solchen! treten. Werden wir nur eine wirkliche Einheit, eine wirkliche Macht, und wir werden in der Lage sein, friedlich einem gesunden Umbildungs prozesse bei dieser altehrwürdigen Institution zum Durchbruch zu helfen, zu dem Ansätze genug vorhanden sind. Suchen wir, was das in Rede stehende Unternehmen betrifft, die Verleger dafür zu gewinnen, daß sie uns das für fie wertlose Material cn Auswahl gegen billige Entschädigung überlassen — sie haben geschäftlich doch etwas davon an Nutzen. Nehmen wir für den Vertrieb —das Sammeln der Vcreinsabonnenten, die Spedition und Verteilung — die Sortimenter in An spruch, kommen wir ihnen im Notfall durch Abonnementssammler (es giebt solche Unternehmungen, die das besorgen) zu Hilfe. Die Abonnenten zahlen jährlich eine bestimmte Summe — sagen wir 20 Mark — bekommen dafür jede Woche ein gebundenes Buch zu lesen und können sich im Laufe des Jahres zwölf davon aussuchen. Jedes Buch kommt zum Lesen in vier Hände. Ich kann Ihnen
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