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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.04.1899
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- 1899-04-28
- Erscheinungsdatum
- 28.04.1899
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- Deutsch
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3154 Nichtamtlicher Teil. 97, 28 April 1899. das deutsche Gesetz solche ins Auge faßt, sodann, wie Tam bach erörtert, einzelne Dramen oder Novellen, die einem Sammelbande von Novellen und Dramen des nämlichen Autors entnommen werden, endlich auch in sich zusammen hängende Abschnitte (»Stücke«), die für sich ein Ganzes bilden und für sich abgerundet dastehen. Mit dieser Auf fassung ist auch das Bestreben gewahrt, das sich an der Berner Konferenz von 1884 äußerte, diesem Begriffe eine »siAuitloa- tiov rs8trsiots« zu geben. Die Stücke sollen nicht den Um fang ganzer Arbeiten annehmen, und es soll auch nicht ge stattet sein, von ein und demselben Schriftsteller eine Menge kleinerer Schriften zusammenzustellen und mit dieser Zu sammenstellung ein neues Buch zu machen. Die Auszüge aber sind Teilabschnitte, die nicht für sich abgeschlossen sind, sondern aus einem an sich selbständigen und zusammenhängenden Teile erst herausgenommen werden müssen. Sie können entweder einzeln dastehen und, ivenn verschiedenen Schriftstellern entlehnt, als Stilmuster dienen, oder aber es können auch wohl vom nämlichen Schriftsteller und aus dem nämlichen Werke verschiedene solcher Auszüge nebeneinander gestellt werden, ohne daß jedoch damit ein anderer Zusammenhang als der der einfachen Nebenein- anderreihung gewollt oder erzielt wird. Wie groß diese auszugsweise, bruchstückartige Wiedergabe des ganzen Werkes sein darf, ohne daß sie als verschleierter Nachdruck qualifiziert werden muß, das hängt in jedem Falle ganz vom richter lichen Ermessen ab. Die Auszüge sind also nicht gleichbedeutend mit »aus zugsweise! Reproduktion«. Sie dürfen das Werk nicht ersetzen. Sie dürfen nicht ein Surrogat desselben bilden, so daß durch ihre Lektüre etwas anderes als die Schreibweise und Auffassung, der Ideengehalt eines Autors an einer Probe vermittelt würde. Der Leser darf nicht in vuoe das ganze Werk mit seiner Handlung im Zusammenhang, aber mit mehr oder weniger unwesentlichen Auslassungen kennen lernen, denn sonst würde dieser Auszug zu nichts anderem als zu einer Verarbeitung des Werkes. Eine solche Ver arbeitung ist aber unbedingt ausgeschlossen durch Artikel 10 der Berner Konvention, der folgendermaßen lautet: -Zu der unerlaubten Wiedergabe, aus welche die gegenwärtige llebereinkunft Anwendung findet, gehört insbesondere auch die jenige nicht genehmigte indirekte Aneignung eines Werkes der Littcratur oder Kunst, welche mit verschiedenen Namen, wie »Adapta tionen, musikalische Arrangements» u. s. w. bezeichnet zu werden pflegt, sofern dieselbe lediglich die Wiedergabe eines solchen Werkes in derselben oder einer anderen Form, mit unwesentlichen Aende- rungen, Zusätzen oder Abkürzungen darstellt, ohne im übrigen die Eigenschaften eines neuen Originalwerkes zu besitzen.» Wenn diesem Artikel beigefügt ist: »Es besteht darüber Einverständnis, daß die Gerichte der verschiedenen Verbands länder gegebenenfalls diesen Artikel nach Maßgabe der be sonderen Bestimmungen ihrer Laudesgesetze auzuwendeu haben«, so ist zu bemerken, daß dieser Zusatz nur mit Rück sicht auf England ausgenommen wurde und daß darin nur die Anwendung der Landesgesetze, nicht aber der Verträge Vorbehalten ist. Uebrigens ist noch darauf aufmerksam zu machen, daß, selbst angenommen, der Vertrag erlaube in Bezug auf die Entlehnungen von Auszügen mehr als das deutsche Gesetz mit seiner Erlaubnis zum Citat kleinerer Teile eines Werkes, dennoch damit noch keineswegs gesagt wäre, der Vertrag und nicht das deutsche Gesetz sei in diesem Punkte anwendbar. Schon im Vergleich zu den den deutschen Autoren und Ver legern in Frankreich eingeräumten Rechten bedeutet das deutsche Gesetz ein Schutzminimum; es läßt sich sehr gut der Grundsatz verfechten, daß, wenn in einein Punkte Landes gesetz und Sondervertrag kollidieren, jedenfalls nicht das für den Autor ungünstigere Recht angewendet werden sollte, sondern das günstigere! Bleiben doch nach dem iin Zusatz artikel zur Berner llebereinkunft aufgestellten allgemeinen Grundsätze die Sonderverträge nur insofern bestehen, als sic den Autoren weiter ausgedehnte Rechte einräumen, als die jenigen, die die Konvention sichert. In unserem Falle aber wäre die Anwendung des Landesgesetzes für den Autor- günstiger und der Vertrag hätte zurückzutreten. Jedem an gerufenen deutschen Gerichte stände es jedenfalls frei, eine solche Auffassung mit juristischen Gründen zu der seinigeu zu machen, weun es mehr den Schutz des Autors und weniger die Beschützuug des Entlehners für gerecht und gesetzlich hält. Erwägen wir schließlich, daß die Separatlitterarverträge behufs Vereinfachung des Rechtsverkehrs gekündigt werden können, wie dies schon mit einigen der Fall war, daß als dann der Unionsvertrag und bis zur Annahme einer inter nationalen Vereinheitlichung dieser Materie das deutsche Ge setz allein maßgebend bliebe, so erhellt von diesem Gesichts punkte aus die besondere Bedeutung, die der Revision dieser Gesetzgebnng gerade in dieser Frage zukommt. Deshalb sollte die grundsätzliche Stellungnahme zu ihr nicht unerörtert ge lassen werden. An der jetzigen Praxis, Entlehnungen zu gunsten des Schulunterrichts zu gestatten, wird nicht so bald jemand rütteln wollen, obschon auch hier manches zu sagen wäre. Aber diese Entlehnungen haben sich in vernünftigen, be scheidenen Grenzen zu bewegen, wie dies Herr Reichardt schon auf der Berner Konferenz von 1884 postulierte. Es sollen den Schülern Musterstücke geboten werden; das ge nügt für den angestrebten Zweck vollständig. Verlangt man mehr, dann darf der betreffende Verleger die Mühe nicht scheuen, beim Autor anzufrageu, ob er zur Herausgabe seines Werkes als gekürzter Schulausgabe (mit Weglassung unwich tiger und für die Schüler nicht passender Stellen) seine Zu stimmung giebt. Man würde es aber hie und da viel lieber sehen, wenn gestattet würde, ganz einfach die Zustimmung des Autors zu umgehen und zu nehmen, was dienlich ist oder gefällt, gerade als ob der Artikel 10 der Berner Konvention solchen in direkten Aneignungen gegenüber nicht ein bedingungsloses Veto einlegte, und gerade als ob bei der Ausarbeitung des deutsch-französischen Vertrages Deutschland auf den Einspruch Frankreichs hin nicht darauf verzichtet hätte, die Freiheit des Abdruckes ganzer französischer Dramen und Novellen als Separatausgaben zum Unterrichtsgebrauche zu verlangen. Freilich behauptete mau schon damals, daß eine solche Frei heit im Interesse des Schulunterrichts liege. Heute hört man geradezu die Behauptung aufstellen, daß, wenn deutsche Ver leger solche Gesamtentlehuungen und solche »Abrisse« nicht ohne weiteres veranstalten dürften, dann überhaupt der französische Unterricht in Deutschland zu Grunde gerichtet werde. Gegen solche hoch angefachte Uebertreibungen müssen einige kalte Wasserstrahlen gerichtet werden. Die ganze Tragweite des derartig gewünschten Rechtseingriffs wird erst klar, weun inan sich die Konsequenzen einer solchen schrankenlosen Ent lehnungsfreiheit vergegenwärtigt, die übrigens mit ver blüffender Naivetät dargelegt werden. So ist nach der Aus sage eines Pädagogen das Werk von Ludovic Halövy, betitelt: ll'ivvasion, gut beim Unterricht zu gebrauchen; aber es muß zu diesem Zwecke »gekürzt« werden, natürlich nicht so, daß nur Fragmente zur Wiedergabe gelangen, sondern so, daß das ganze Werk den Lesern in: Auszuge zugänglich wird. Damit nun die Lektüre nicht ein Mißgriff schwerster Art werde, seien die Stellen zu kürzen, wo ein chauvinistisch-französischer Ton durchbricht u. s. w. Das Buch wird somit einer Art Ceusur unterworfen, gesäubert, gereinigt und dann dem deutschen Schüler vorgesetzt. Was der Originalautor dazu sagt, ob er einverstanden ist mit einer solchen Art von Säu-
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