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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.04.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-04-07
- Erscheinungsdatum
- 07.04.1899
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
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- Saxonica
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79, 7. April 1899. Nichtamtlicher Teil. 2589 diesem System bekannt gemacht hat und ein selbständiges Urteil darüber nicht besitzt, wird doch aus den »Er läuterungen« (S. X—XIV) sofort ersehen, daß die beige gebenen Zahlen eine systematische Anordnung der Titel nach den Wissenschaften sehr erleichtern, und vor allen Dingen für alle Litteratnren, auf die das System angewendet wird, gleichmäßig gestalten. Das ist, wie der Herausgeber mit Recht sagt, bei einem vielsprachigen Staat, wie Oesterreich- Ungarn, sehr viel wert. Mag das angewendete System also die Dezimalklassifikation oder etwas anderes sein, jedenfalls ist unter den gegebenen Verhältnissen ein System besser als kein System. — Und nun also unsere besten Wünsche zum glücklichen Fortgang des Unternehmens! ?. Kleine Mitteilungen. Zur Po st gesetz Novelle. — Die Handelskammern in Münster i. W. und in Solingen haben an den Reichstag Petitionen gegen den geplanten neuen Postzeitungstaris gerichtet. Die Handelskammer in Münster wendet sich darin sowohl gegen die Tarifsätze, die die mittlere und kleine Presse schwer, teilweise bis zur Vernichtung schädigten, als auch gegen das Verbot der Beförderung politischer Zeitungen gegen Bezah lung durch cxprcsse Boten, wodurch eine Schädigung' nicht nur der Zeitungsverleger, sondern auch der gewerblichen Zeitungs- speditiun und des Publikums herbeigeführt werde. Die Handels kammer in Solingen bekämpft nur die in der Postgesetznovelle vorgesehene Aufhebung der Zeitungsbestellung durch expresse Boten. Kaiser-Wilhelm-Bibliothek und deutscheBibliotheks- politik im Osten. — Wir empfingen folgende Zuschrift: Das -Börsenblatt« gab vor kurzem (Nr. 54) der Ansicht Raum, daß nach den Erklärungen der preußischen Regierung im Abgeord netenhaus,: iibcr die Kaiser-Wilyelm-Bibliothek die Äefürchtung, es könne die Bibliothek ihren eigentlichen Zweck, eine nationale und kulturelle Mission zu erfüllen, verfehlen und ein in seiner Wir kung mehr polnisches als deutsches Institut werden, -nunmehr wohl als endgültig abgethan zu betrachten sei». Wir haben aus den Verhandlungen des preußischen Abgeordnetenhauses leider beim besten Willen nicht solche günstige Ansicht gewinnen können; wir müssen im Gegenteil offen bekennen, daß gerade durch die Neußerungen des preußischen Regierungsvertreters unsere Be fürchtungen nicht nur nicht beseitigt, sondern vielmehr noch erheb lich verstärkt worden sind. Nach dem stenographischen Berichte erklärte der Ministerialdirektor Or. Althoff, den Gedanken einer deutsch-volkstümlichen Bücherei weit von sich weisend: «Diese Bibliothek wird auch die polnische Littcratur vollständig berücksichtigen. Ihre nationale Bedeutung sieht sie darin, daß sie glaubt, die Ueberlegenheit der deutschen Kultur wird sich schon selbst, trotz gerechtester Behandlung beider Litteraturen, fühlbar machen. Das liegt in der Natur der Sache. Nun will ich denjenigen, der an die Ueber legenheit der deutschen Kultur nicht glaubt, durchaus nicht be kehren. Da muß man sagen: gui vivia, vsrra. Wir wollen wie gute Landwirte Bäume pflanzen, die nicht schon morgen Früchte tragen, aber nach 50, 60 Jahren«. Durch diese Worte wird vollinhaltlich bestätigt, was die -Täg liche Rundschau» in dem hier (Nr. 33) abgedruckten Aufsatze über die Kaiser - Wilhelm - Bibliothek voraussagte, indem sie vor der Gründung einer rein oder vorwiegend wissenschaftlichen Bibliothek warnte, -denn bei der wissenschaftlichen Bibliothek müßte folgerichtig auch die polnische, überhaupt die slavischc Wissenschaft berücksichtigt werden; damit wären dann den polnischen Wünschen auf Anschaffung von Büchern u. s. w. Thor und Thür geöffnet, und schließlich würden wir bei polnisch sprechenden deutschen Beamten und einem in seinem Wesen und in seiner Wirkung mehr polnischen als deutschen In stitute endigen«. Da will es wenig verschlagen, daß die Bibliothek «gewissermaßen ein großes Reservemagazin für alle Volksbiblio- thekcn und Lesesäle im Lande werden soll«; wo die Bibliothek sich von vornherein des volkstümlichen und nationalen Charakters entkleidet, da muß man wenigstens vom deutschen Standpunkte aus davor warnen, darauf besonderen Wert zu legen. Wie stimmt nun aber — diese Frage erhebt sich gebieterisch — jene vollständige Berücksichtigung der polnischen Litteratur, ihre gerechte, also gleiche Behandlung mit der deutschen zu dein In halte des «Aufrufes zur Begründung der Kaiser-Wilhelm-Viblio- thek«? Heißt das etwa, deutsche Kultur nach dem Osten tragen, glaubt man wirklich, durch die Pflege polnischer Litteratur -deutsche Cech?undsrchsigslcr Jahrgang. Kultur in deutschen Landen festzuhalten«, soll sich den Polen etwa bei der Lektüre von Krasinski und Mickiewicz die Ueberlegenheit der deutschen Kultur fühlbar machen? Die Erklärung der preußi schen Regierung — das muß selbst dem blödesten Auge cinleuchten — steht zum Inhalte des -Aufrufes« in schroffstem Gegensätze; aus der aller Welt verkündeten Stärkung des Deutschtums ent puppt sich plötzlich eine Kräftigung beider Nationalitäten, die für Freund und Feind gleich liebevoll sorgt, und dazu soll die unter dem Namen Wilhelms des Siegreichen aus den Opfern des ganzen deutschen Volkes errichtete Bibliothek das ihrige beitragen. Da hatte die -Tägliche Rundschau» vollkommen recht, wenn sie die Befürchtung aussprach, daß auf Kosten des deutschen Volkes und des deutschen Buchhandels -die Polen der preußischen Provinz Posen eine große Bücherei geschenkt bekommen sollen». Herr Althoff meint, die Ueberlegenheit der deutschen Kultur werde sich schon selbst fühlbar machen, das liege in der Natur der Sache, und er vertröstet die Ungläubigen auf eine schöne Zukunft in 50 oder 60 Jahren. Wir folgen dem Herrn nicht in das un bekannte Land der Zukunft, wir fragen die große Lehrmeisterin Geschichte, und die giebt uns eine andere, für den preußischen Regicrungsvertreter recht bittere Antwort. Viel länger denn 50, 60 Jahre, schon über ein volles Jahrhundert haben wir deutsche Kultur, deutsche Verwaltung, deutsches Heerwesen und nicht zuletzt die deutsche Schule, für die namentlich in den letzten Jahrzehnten unendlich viel gethan ist, in Posen und den ehemals polnischen Landstrichen gehabt. Und was haben wir erreicht, was haben alle Anstrengungen, Aufwendungen und Opfer des preußischen Staates gefruchtet, wo und wie hat sich die Ueberlegenheit der deutschen Kultur fühlbar gemacht? Hunderte, ja Tausende von Deutschen haben sich nicht nur ihres deutschen Namens, sondern auch ihres Volkstums, ihrer deutschen Gesinnung entledigt und sind Stock polen geworden, ja sogar deutsche Ansiedler, die das Deutschtum stärken, die -Ueberlegenheit der deutschen Kultur» geltend machen sollten, sind noch erst vor wenigen Jahren unter den Augen der preußischen Regierung von polnischen Geistlichen polonisiert worden. Das Polentum verschließt sich grundsätzlich der Aufnahme deutscher Kultur, es denkt nicht nur nicht im entferntesten daran, sich deut scher Kultur anzupassen, es dringt vielmehr seinerseits siegreich vor und bildet neuerdings sogar in rein deutschen Gegenden, ja in der Reichshauptstadt selbst geschlossene Gemeinden, deren Glieder an Sprache und Sitte zähe festhalten und in zahllosen polnischen Vereinen sich streng abschließen, ihre eigenen polnischen Büchereien und vor allem — polnische Geistliche haben. Die Zahl derjenigen Schulkinder, die nur polnisch sprechen können, ist von 1891 bis 1896 von 495023 auf 557426 gestiegen, die Zahl der jenigen, die polnisch und deutsch sprechen, dagegen von 90296 auf 78666 gesunken, während sie in der Bismarckschen Zeit von 1886 bis 1891 gestiegen war. Angesichts solcher Thatsachen, angesichts des offenkundigen Rückganges des Deutschtums in den Ostmarken verschone man uns endlich mit der Phrase von der Ueberlegenheit der deutschen Kultur, die sich von selbst durchsetzen wird! Wozu dann überhaupt noch deutsche Ansiedlungen und alle die übrigen immerhin doch recht kostspieligen Maßregeln zur Förderung und Stärkung des Deutsch tums?! Gegen einen unversöhnlichen, fanatischen Gegner, der nur siegen und das Deutschtum schlechtweg verdrängen und vernichten will, der schon längst gegen alles, was deutsch ist, planmäßig einen erbitterten und rücksichtslosen Kampf führt, erreicht man durch Liebe und Gleichstellung mit der eigenen Nationalität nichts, rein gar nichts; im Gegenteil, man schädigt nur damit die Deutschen, ohne einen einzigen Polen zu gewinnen: da kann nur noch eine entschlossene, zielbewußte völkische Politik helfen, die mit aller Kraft und überall einseitig die deutschen Interessen fördert. Sind die bei Beratung der Vorlage über die Kaiser-Wilhelm- Bibliothek regierungsseitig entwickelten Anschauungen jetzt maß gebend in Preußen, so rücken sie die Maßregeln der Regierung zur Förderung des Deutschtums in den Ostmarken auf kulturellem Gebiete in ganz eigenartige Beleuchtung, denn das ist derselbe gefährliche und schädliche Optimismus unseren Gegnern gegenüber, der uns in der Ostmark so gut wie in der Westmark einen Miß erfolg nach dem anderen eingetragen und uns schließlich dahin gebracht hat, wo wir jetzt sind. Wie die Polen ihrerseits niit ihrem Volksbibliothekcnverein durch fortgesetzte Gründung pol nischer Volksbüchereien — im vergangenen Jahre sind 45 neue Bibliotheken geschaffen und 23 460 Bücher versandt — national polnische Politik treiben, so fordern wir eine deutsche Bibliotheks politik für den Osten, die zielbewußt überall für die gesamte deutsche Bevölkerung Büchereien volkstümlichen und nationalen Gepräges schafft, die diesen wichtigsten Kulturträger ausschließlich und be wußt in den Dienst des Deutschtums stellt, unsere Volksgenossen deutsch fühlen, deutsch denken lehrt und ihnen so das nationale Rückgrat stärkt. Nur unter dem Zeichen einer entschlossen na tionalen Bibliothekspolitik können wir im Osten auf große Er folge rechnen, können und werden wir auf geistigeni und kultu- 347
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