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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.04.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-04-20
- Erscheinungsdatum
- 20.04.1899
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- Deutsch
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2936 Nichtamtlicher Teil. 90, 20. April 1899. sctzes nicht ausgeschlossen, daß diese Rechtsauffassung verlassen werden kann, wenn das Gesetz sie nicht ausdrücklich bestätigt. 2. Die Alinea 2 des Z 184 scheint in der Fassung der Herren Prinz von Arenberg und Genossen noch nicht präzis genug zu sein, um Gesetzeskraft erlangen zu können. Insbesondere sind die Worte: »welche das Scham- oder Sittlichkeitsgefühl gröblich verletzen oder die geschlechtliche Lüsternheit zu erregen geeignet sind«, zu unbestimmt. Scham- und Sittlichkeitsgefühl sind relative Begriffe, die je nach der Bildungsstufe des einzelnen und nach der Stellung, die er selbst in sittlicher Beziehung einnimmt, völlig ver schieden sind. Selbst der moralische Standpunkt des Richters kann kaum als Maßstab in Betracht kommen, da auch bei einem Richter die subjektive Auffassung allein bestimmend sein würde. Je nachdem z. B. der über den einzelnen Fall erkennende Richter, vielleicht infolge einer übertrieben prüden Erziehung, sich den Bestrebungen der modernen, realistischen Kunst richtung verschließt oder sie für richtig hält, oder je nachdem er die satirischen, in ihrer Weise belehrenden, teils humori stischen, teils wirklich künstlerischen Erzeugnisse der modernen Litteratur und Kunst würdigt, wird dieselbe litterarische oder bildliche Darstellung in dem einen Falle als eine das Scham- und Sittlichkeitsgefühl verletzende, in dem anderen Falle als eine vielleicht drastische und derb naturalistische, aber immer hin als eine solche, deren Verbreitung unbedenklich zu gestatten ist, erklärt werden. Noch unsicherer erscheint die weitere Begriffsbestimmung: »welche die geschlechtliche Lüsternheit zu erregen geeignet sind«. Daß Schriften, Abbildungen und Darstellungen, die bezwecken, geschlechtliche Lüsternheit zu erregen, unter Strafe gestellt werden, entspricht dem Wunsche des anständigen deutschen Buchhandels ebenso, wie dem aller anderen um das moralische Wohl des deutschen Volkes besorgten Staats bürger. Wenn aber die Auslage und der Vertrieb von Schriften, Abbildungen und Darstellungen unter Strafe gestellt werden soll, weil durch sie, ohne daß sie unzüchtig sind oder das Scham- und Sittlichkeitsgefühl gröblich verletzen, einzelne von dem Normaltppus abweichende Menschen zu geschlechtlicher Lüsternheit erregt werden können, so wird die Entwickelung der deutschen Kunst und Litteratur und auch die der Wissen schaft auf das schwerste gefährdet. Je nachdem jemand auf einer höheren oder niedrigeren Bildungsstufe steht, wird eine Schrift oder eine Abbildung eine ganz verschiedene Wirkung auf ihn ausüben. Man denke z. B. an den »Mann im Monde« von Hauff. Während der eine Leser sich an gewissen Schilderungen ge schlechtlich erregt, wird der andere kritisch empfindende sofort erkennen, daß es sich nur um eine Satire auf die geschmack lose Darstellungsweise handelt, die bei den Schriftstellern zur Zeit Hauffs üblich war. Die künstlerisch ausgeführte Nachbildung eines nackten Körpers erweckt in dem normalen, mit einigem Kunstsinne begabten Menschen Freude an der künstlerischen Leistung und an der Schönheit des Dargestellten. Ebendasselbe Kunstwerk kann geeignet sein, in einem unreifen oder sittlich perversen Menschen geschlechtliche Lüsternheit zu erregen. Man müßte also auch hier eine objektiv festzustellende Einschränkung finden, die den soliden und anständigen Buch händler davor schützt, in Strafe zu verfallen. 3. Ebenso verhängnisvoll kann für den buchhändlerischen Verkehr die Bestimmung werden: »Wer einer Person unter 18 Jahren anbietet, verkauft, oder überläßt.« Es kann einem Buchhändler nicht zugemutet werden, in jedem Falle, in dem das Alter des Käufers einigermaßen zweifelhaft ist, sich davon zu überzeugen, ob dieser das Alter von 18 Jahren überschritten hat. Wenn z. B. in einer Universitätsstadt ein Student ein kunstgeschichtliches oder medizinisches Werk von einem Buch händler fordert, das im übrigen als unter die Begriffsbestim mung des 8 184, Absatz 2, fallend, angesehen werden kann, so ist es schlechterdings ausgeschlossen, daß der Buchhändler erst feststellt, ob der Käufer das 18. Lebensjahr bereits über schritten hat. Wir fürchten daher, daß die unveränderte Annahme des Entwurfes der Herren Abgeordneten Prinz von Arenberg und Genossen den soliden Buch- und Kunsthändler schädigen und seine Existenzmöglichkeit in Frage stellen würde. Die Gesetzesbestimmungen des Entwurfes würden infolge der Un bestimmtheit der darin enthaltenen Begriffe viele treffen, die die Antragsteller gar nicht haben treffen wollen. Wir erlauben uns deshalb auch gegenüber dieser neuen Fassung des Z 184 Nr. 1 und 2 die Bitte zu wiederholen: der beantragten Gesetzänderung so lange die Zu stimmung zu versagen, als nicht eine Fassung ge funden sein wird, welche der Fortentwickelung des Buch- und Knnsthandels nnd damit zugleich der Fortentwickelung der Kunst nnd Wissenschaft nicht hinderlich ist. In größter Ehrerbietung Leipzig, am 16. April 1899. Der Vorstand des Börscnvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. Carl Engelhorn-Stuttgart, I. Vorsteher. Johannes Stettner-Freiberg i/S., II. Vorsteher. Wilhelm Laber-Köln a/Rh., I. Schriftführer. Emanuel Reinicke-Leipzig, II. Schriftführer. Otto Nauhardt-Leipzig, I. Schatzmeister. Wilhelm Müller-Wien, II. Schatzmeister. Zur Bildung der Lehrlinge. Das Börsenblatt Nr. 80 berichtete von dem deutschen Handlungsgehilfentag, der am 3. d. M. zu Kassel getagt hat und von 738 Städten beschickt gewesen sei. Von den Ver handlungen dürften den Buchhandel am meisten die über das Lehrlingswesen interessieren. Herr Elberding begründete eine Resolution, in der u. a. folgendes verlangt wird: »Wo Fachschulen bestehen, ist jeder Gehilfe und Lehrling unter achtzehn Jahren verpflichtet, diese zu besuchen. Der Unterricht muß in den Tagesstunden stattfinden. Der Prinzipal muß die nötige freie Zeit gewähren. Die Lehrzeit darf nicht länger als drei Jahre dauern«, rc. rc. Die Reichstags-Abgeordneten Raab und Werner drückten ihre Zustimmung aus und versprachen für die Beschlüsse im Reichstag einzutreten. Es war ohne Zweifel eine Wonne für die jungen Herren für 738 Städte, so kraftvolle Beschlüsse zu fassen und gleich zwei Reichstags-Abgeordnete zur Stelle zu haben, die beini Deutschen Reich dafür eintreten, doch wird eine Besichtigung zuvor nicht ausbleiben und auch für den Buchhandel gestattet sein. Fachschulen sind gewiß für technische Gewerbe von hohem Wert und Nutzen; auch für einzelne Zweige der buchhänd-
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