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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.05.1899
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- 1899-05-26
- Erscheinungsdatum
- 26.05.1899
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- Deutsch
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119, 26. Mai 1899. Nichtamtlicher Teil. 3855 Ein Vorschlag zur Förderung der graphischen Künste?) Von Max Schorß, München. Bei der stetig zunehmenden Bedeutung der graphischen Künste für Wissenschaft und Kunst, Industrie und Handel, kurz für unser ganzes Kulturleben, wird es in den davon berührten Kreisen schon lange störend empfunden, daß es bis jetzt in Deutschland so wenig öffentliche, jedermann zugäng liche Institute giebt, an denen die Reproduktionsverfahren der Neuzeit nicht nur gepflegt, sondern auch regelrecht gelehrt werden. In den Lehrplan einiger Schulen sind zwar die An fangsgründe einzelner Techniken ausgenommen, und in Leipzig hat man auch seit einer Reihe von Jahren weitere Schritte nach dieser Richtung hin unternommen; aber so nachahmens wert alle diese Bestrebungen sind, so wenig genügen sie, weil sie doch immer nur einem verhältnismäßig kleinen Kreise von Interessenten zu gute kommen, und weil sie wegen des engen Rahmens, in dem sie sich naturgemäß bewegen müssen, für die allgemeine Hebung dieser heutzutage so überaus wich tigen geistigen Verkehrsmittel durchaus unzureichend sind. Der Gelehrte, der- die Ergebnisse seiner Forschungen bildlich veranschaulichen und der Nachwelt erhalten will, der Jndustielle, der durch illustrierte Kataloge und Preisverzeich nisse neue Absatzgebiete für seine Fabrikate sucht, der Detaillist, der sich mit Plakaten an die große Menge wendet, und schließlich nicht am wenigsten der Buchhändler, der seine Verlagsartikel ansprechend ausstatten und illustrieren muß, sie alle sind auf die graphischen Künste angewiesen, und da durch — wie die Dinge heutzutage liegen — mehr oder weniger von der Geschicklichkeit und dem Geschmack der nächst besten Reproduktionsanstalt abhängig; es müßte denn sein, daß sie selbst schon vorher durch die Praxis Erfahrungen auf diesem Gebiete gesammelt hätten, also gewissermaßen durch Schaden klug geworden wären. Und daß dieses bei sehr vielen noch nicht der Fall ist, und auch nicht alle das Glück haben, von vornherein an eine bessere Kunstanstalt zu geraten, das beweist die Unmenge von schlecht ausgeführten Illustrationen und Bildern, denen man immer noch, trotz der heutigen Vervollkommnung der Reproduktionsvcrfahren, nicht nur in Büchern und auf den verschiedensten Erzeug nissen der Industrie begegnet, sondern mit denen das Publi kum auch in Gestalt von Prospekten und Plakaten förmlich überschwemmt wird. Der kundige Fachmann sieht es den meisten dieser zweifelhaften Kunstprodukte auf den ersten Blick an, daß mit dem gleichen Kostenaufwand etwas be deutend Besseres hätte geschaffen werden können, wenn bei der Herstellung derselben bloß mit etwas mehr Sachkenntnis verfahren oder oft auch nur eine geeignetere Technik zur Anwendung gekommen wäre. Ein großer Teil der Auftraggeber weiß es gar nicht einmal, daß er einen Teil der Schuld daran selbst trägt durch seine bisweilen geradezu erstaunliche Unkenntnis auf diesem Gebiete, die sich die vielen kleinen Kunstanstalts besitzer auf der Jagd nach Arbeit insofern nur zu oft zu nutze machen, als sie ohne Skrupel für alle Vorlagen, deren sie nur habhaft werden können, einzig und allein die Repro duktionsart als die geeignetste empfehlen, die sie selbst gerade ausüben. v So wird es wohl nur wenige Zinkätzer geben, die einen Auftrag etwa deswegen zurückweisen und sich damit einen Verdienst entgehen lassen, weil sich die betreffende Vorlage *) Mit gefällig erteilter Erlaubnis abgedruckt aus der Zeit schrift des Bayerischen Kuustgemcrbevercins, München: -Kunst und Handwerk- 49. Jahrg. 1899, Aprilheft (Vertag von R. Olden- bourg, München). zufällig besser und billiger in Lichtdruck ausführen ließe; und umgekehrt werden Lichtdrucker und Lithographen ihrerseits wiederum auch solche Arbeiten an sich zu reißen suchen, die mittels Clichsdruck auf der Buchdruckerpresse viel zweck entsprechender und schneller hergestellt werden könnten. Sehr oft indessen ist gar nicht einmal dieser jedem Menschen mehr oder minder innewohnende Selbsterhaltungs trieb oder der Konkurrenzneid der Grund einer solchen Hand lungsweise; ebenso oft trägt die ganz einseitige und unzu reichende Ausbildung, die viele dieser Firmeninhaber in ihrem Fache genossen haben, die Schuld. Viele von ihnen kennen eben nur das Verfahren, in dem sie gerade gearbeitet haben, und häufig auch das nur unvollkommen. Wie kann man beispielsweise von dem Besitzer einer kleineren Druckerei, der vor seiner Etablierung ein sehr flotter und intelligenter Zeitungssetzer gewesen sein mag, verlangen, daß er — plötzlich durch einen Glückszufall, eine Erbschaft oder Heirat in die Lage versetzt, sich zu etablieren — mit einem Schlage allen neu an ihn herantretenden An forderungen gewachsen ist? Vom Accidenzsatz wird er ge wöhnlich ebensowenig verstehen wie vom Zurichten und von der Behandlung der ClichSs beim Jllustrationsdruck; und die Arbeiten, die aus seiner Offizin hervorgehen, müssen hinsichtlich ihrer Ausführung naturgemäß ebensoviel zu wünschen übrig lassen wie die Ausbildung seiner Lehrlinge, die gewöhnlich in dieser Art von Betrieben als billige Arbeitskraft die teueren Accidenzsetzer und Maschinenmeister ersetzen sollen und zu diesem Zweck förmlich gezüchtet werden. Welcher Schaden der ganzen deutschen Buchdruckerkunst durch einen solchen Geschäftsbetrieb zugefügt wird, ist klar. Aehnlich liegen die Verhältnisse auf dem Gebiete des Steindrucks, einer Reproduktionsart, die eine Zeitlang von deutschen Künstlern im Gegensatz zu ihren französischen Kollegen, die selbst auf den Stein zeichneten, wegen der Manualen Uebertragung, die ihre Bilder vor der Verviel fältigung erfahren mußten, förmlich gemieden wurde und dadurch schließlich auch dein: Publikum geradezu in Verruf kam. Erst neuerdings, mit dem Aufschwung, den das Plakat- wesen genommen hat, und mit der Vervollkommnung der Photo-Lithographie, in der die von Malern mit Recht so ge fürchtete »fremde Hand« bei der Uebertragung auf den Stein ja in Fortfall kommt, ist auch dieser Zweig der graphischen Künste wieder etwas mehr zu Ehren gekommen. Klein ist aber trotz alledem immer noch die Zahl der Künstler, die dem vom Auslande gegebenen Beispiel folgt und sich nicht nur auf das Schaffen von neuen Kunstwerken beschränkt, sondern gleichzeitig auch bei der Vervielfältigung derselben mit Hand anlegt; und verständnislos steht im all gemeinen das Gros derselben, sowie überhaupt der gebildeten Stände dein hochinteressanten Schaffen der siebentausend deutschen Buch- und Steindruckereien gegenüber, die im Verein mit mehreren hundert Reproduktionsanstalten den Bedarf des deutschen Volkes an Druck-Erzeugnissen decken. Es sind viel weniger die niedrigen Preise, die angeblich bei uns — im Vergleich mit England, Frankreich und Amerika — für Druck-Erzeugnisse gezahlt werden und die stets als Entschuldigung für schlechte Arbeit herhalten müssen, als die eben ermähnten Mißstände schuld, wenn die Leistungen eines großen Teils unserer graphischen Kunstanstalten und Druckereien nicht auf der Höhe der Zeit stehen. Beweis da für sind alle diejenigen Firmen, die bei hervorragenden Leistungen vollauf beschäftigt sind und auch vielfach für das stets gepriesene Ausland arbeiten, trotzdem sie sich ihre Arbeit sehr gut bezahlen lassen. Wenn in all diesen Dingen durchgreifende Abhilfe ge schaffen werden soll, so würde es sich zunächst darum handeln, in Künstlerkreisen einmal die ganz falsche Ansicht zu be- 514*
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