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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.05.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-05-27
- Erscheinungsdatum
- 27.05.1899
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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fälle im Kreise der Kollegen auch manches Wort gefallen ist, was ich an dieser Stelle nicht wiedergeben kann, denn die verehrte Redaktion des Börsenblattes übt eine scharfe Censur, sowie das Sachliche ins Gebiet des Persönlichen übergeht. Aus diesem Grunde muß ich mich zu meinem großen Leidwesen aller resp. Anspielungen enthalten, was ich uni so mehr bedauere, als ich so sehr viel zu sagen wüßte! Eins möchte ich aber doch sagen! Wenn ich mir nämlich denke, daß eine Präzisierung der Ausnahmefälle hätte er folgen sollen, indem man sagte: ein Ausnahmefall liegt vor, wenn: 1-, 2., 3., 4. u. s. w. u. s. w-, so sehe ich im Geiste Don Giovannis Diener Leporello vor mir, wie er vor der Elvira seine famose Arie absingt: »Schöne Donna, dieses kleine Register; 1002, nein 1003, denn Sie sind auch dabei.« Jch denke mir also Freund Goeritz als Leporello, wie er die Verleger ansingt! Eigentlich könnte ich nun meine Feder hinlegen, denn mein Bericht ist fertig. Anknüpfend an die Worte unseres verehrten Börsenvcreinsvorstehers in der Hauptversammlung: »Die Sitzung ist geschlossen« erkläre ich somit auch Dir gegenüber: mein Bericht ist geschlossen, indessen nur für den offiziellen Teil! Nun sollst Du aber noch ein kleines nicht offizielles Nachspiel haben. Dieses ereignete sich am Sonnabend Abend — selbstverständlich bei Aeckerlein. Leider hatte mich kein guter Geist ahnungsvoll beseelt — ich saß zwar sehr gemütlich mit lieben Kollegen beim »Pilsener«, indessen wenn ich geahnt hätte, was sich bei Aeckerlein zu tragen sollte, so würde ich miterlebt haben, was ich Dir jetzt nur nacherzählen kann. — Trotzdem kann ich mich für die Wahrheit meiner Erzählung voll und ganz verbürgen, denn sämtliche Berichterstatter und Augenzeugen haben sich in keiner Weise widersprochen. Also an jenem Sonnabend Abend bei Aeckerlein wurde unter den anwesenden Kollegen eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung errichtet, die behufs Erwerbung einer »Buchhändlerhose« eine Auktion abhielt. Die Sache schien erst auf Schwierigkeiten stoßen zu sollen, weil die Hose sofort auszuliefern war, während sie noch die unaussprech lichen Körperteile eines Anwesenden bekleidete! Aus diesem Grunde wurde auch das Anfangsgebot von 20 nicht acceptiert; als dann aber ein »Nachkömmling» schlank 50 ^ bot und die Gesellschaft mit beschränkter Haftung weitere 65 hinzufügte, da schwand, nachdem ihm seitens des freundlichen Wirtes eine Ersatzhose zur Verfügung gestellt war, jegliches Bedenken bei dem Hosenbesitzer, und er entäußerte sich des notwendigsten Bekleidungsstückes auf der Stelle! Die Meta morphose selbst ging Zug um Zug, d. h. ein Bein nach dem andern, mit ungeahnter Schnelligkeit und in der zartfühlendsten Weise vor sich. Am Montag Abend nun, nach der höchst gelungenen Theateraufführung im Krystallpalast, versammelte sich um die mitternächtige Stunde bei Aeckerlein eine große Anzahl Eingeweihter, darunter auch der verehrliche Börsenvereins vorstand, alt und jung durcheinander, um der im stillen vor bereiteten Weihe der inzwischen zu einem höchst originellen Klingelbeutel umgewandelten Buchhändlerhose beizuwohnen. Es würde zu weit führen, wollte ich Dir all die von Witz nnd Humor übersprudelnden, teilweise aber auch sehr ernsten und zu Herzen gehenden Worte, die dabei gesprochen wurden, mitteilen, wollte ich Dir all die Eindrücke schildern, die diese wohl bis jetzt einzig dastehende Feier auf die Herzen aller Teilnehmer ausübte; nur das will ich noch hinzufügen, daß der durch die Versteigerung am Sonnabend erzielte Betrag beim Herumreichen des neu geschaffenen Klingelbeutels eine so er freuliche Zunahme erfuhr, daß der einstige Besitzer dieses hoffnungsvollen Kleidungsstückes am Schluß der Kantate- Tage den Betrag von 450 ^ Freund Winckelmann für den Unterstützungsverein übergeben konnte. Die nunmehr zum Klingelbeutel umgewandelte Hose soll von 1900 ab alljähr lich an den Abenden der Kantate-Tage als Reliquie für alle künftigen Kantate-Besucher bei Aeckerlein zur Ausstellung gelangen, um als Sammelstelle für Wohlthätigkeitszwecke zu zu dienen. Du stehst, lieber Freund, daß auch in unseren so genannten schlechten Zeiten der Humor im Buchhandel noch nicht vergriffen ist, — wenn Du etwas davon ge nießen willst, so kann ich Dir nur raten: reise zu Kantate 1900 nach Leipzig und schaue Dir die »Buchhändlerhose«, Eigentum einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bei Aeckerlein an! — Dein gutes Herz wird Dir schon sagen, was Du zu thun hast — ich weiß, Du wirst es dann gern öffnen für die Armen und Bedrängten unseres Standes! Wem sollte auch nicht das Herz schlagen in aufrichtigem und tiefem Mitgefühl für die Bedauernswerten, die durch Krank heit oder Unglück des Lebens Härte und Bitterkeit durchkosten müssen, während er selbst, von einem günstigeren Geschick . getragen, sich dem Genuß einer glücklichen Stunde mit Froh gefühl hingeben kann! Dieses Frohgefühl würde aber nicht echt sein, wenn es nur dem Genuß gewidmet wäre! Wie ganz anders ist dagegen das Bewußtsein für jeden guten Menschen, wenn er in den Stunden eigenen Glückes auch des Unglückes seiner Mitmenschen gedenkt! Da ich Dein Inneres kenne, weiß ich auch, daß Du mit mir empfindest, wenn ich sage: wohlthätig sein macht glücklich — und daher wird jeder, der wahrhaft glücklich und frohen Mutes ist, auch von Herzen gern wohlthätig sein! Demjenigen aber, der die Kunst, eine frohe Stunde zu einer glücklichen zu machen, meisterlich versieht, gebührt ein allgemeiner, lief empfundener Dank! Möge dem lieben Kol legen, der auch, wie beim Kantate-Festmahle, »ohne Worte« zu reden vermag, die Ueberzeugung zur Befriedigung ge reichen, daß die Leipziger Kantate-Gäste nicht nur seinen Humor und seine Person verehren, sondern auch erkannt haben, daß in ihm ein schöner und edler Geist lebendig ist — ein Geist, der die, selbst in vollster Ausgelassenheit einer glücklichen Stunde geschaffene frohe Stimmung immerdar zu verbinden weiß mit dem Ernst des Lebens, der uns alle regiert. Uomivs. sunt oäioss. — Du wirst den Mann aber zu Kantate 1900 hoffentlich kennen lernen und alsdann auch lieb gewinnen! Mit bestem Gruß Dein alter Freund Hamburg, am 9. Mai 1899. H. Seippel. Kleine Mitteilungen. Brief-Annahme-Verweigerung. — Zwei Hamburger Gerichte haben vor kurzem ein bemerkenswertes Urteil gegen einen Hausbesitzer gefällt. In Hamburg hat der Vermieter einer Wohnung ein unbeschränktes Pfandrecht an den in die Wohnung des Mieters eingebrachten Sachen, auch an fremdem Eigentum, wenn ihm nicht vor der Einbringung der Sache Mitteilung von dem fremden Eigentumsrecht gemacht wird. Ein Abzahlungs- eschäft in Harburg hatte an einen Mieter verschiedene Mo- ilicn verkauft, die dieser in eine gemietete Wohnung cinbrachte. Vor dem Einzug richtete die Firma an den Vermieter einen ein geschriebenen Brief, in dem sie ihm anzeigte, daß die Mobilien des Mieters noch ihr Eigentum seien, weil sie noch nicht völlig bezahlt seien. Der Vermieter nahm den Brief nicht an. Er erklärte in der Verhandlung, er nehme grundsätzlich eingeschriebene Briefe von Ge schäften, mit denen er nicht in Geschäftsverkehr stehe, nicht an. Das thäte er schon, so lange er Hauseigentümer sei, nicht. Er sei also im guten Glauben gewesen, als der Mieter die Sachen einbrachte, und habe daher Mietspfandrecht daran erworben. — Diese Ansicht hatte das Landgericht früher gebilligt, weil eine Verpflichtung zur Annahme eines Briefes nicht existiere, von einem dolosen Verhalten daher nicht die Rede sein könne. Und an diese Entscheidung hielten sich die meisten Urteile, die über die Frage zu entscheiden hatten. Im vorliegenden Falle aber kamen das Amtsgericht und Landgericht zu einem anderen Urteile. -Es kommt nicht darauf an«, heißt es in den Gründen, 519*
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