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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.03.1874
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1874-03-28
- Erscheinungsdatum
- 28.03.1874
- Sprache
- Deutsch
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.V 72, 28. März. Nichtamtlicher Theil. 1183 der richterlichen Gewalt eines deutschen Bundesstaates sich befindet, oder falls sie verstorben ist. sich zur Zeit der Veröffentlichung befunden hat. Es liegen hierzu eine Anzahl Abänderungsanträge vor, von denen nur der des Abg. Banks eine Debatte hervorruft. Dieser will die Worte des §. 23. der Commissionsvorlage: „durch besondere Um stände" ersetzen durch: „den vorliegenden Umständen nach", und eben so im Alinea 1. des tz. 25. Der Antragsteller hebt hervor, daß die von ihm vorgeschlagene Fassung am wirksamsten dem mit Recht so allgemein verurteilten Institut der Strohmänner entgegenwirke. Bei der Abstimmung werden die tz§. 23. und 25. in der durch den Antrag Banks amendirten Fassung der Commissionsbe schlüsse angenommen. Die Debatte wendet sich jetzt zu §. 24.: betreffend die Aufhebung des Zeugnißzwanges, der nach Vorschlag des Präsidenten bis nach Abstimmung über tz. 25. zurückgestellt war. Obwohl sich der Regierungscommissar v. Brauchitsch entschieden gegen die von der Commission beschlossene Aufhebung des Zeugen zwanges ausspricht, wird bei der Abstimmung der tz. 24. in der Commissionsfassung angenommen. Sitzung vom 23. März. tz. 26. wird in wesentlicher Uebereinstimmung mit der Regierungs vorlage genehmigt: Die Strafverfolgung derjenigen Verbrechen und Vergehen, welche sonstigen Vergehen, welche in diesem Gesetze mit Strafe bedroht sind, ver- fährt in sechs Monaten. Der Abschnitt 5. (tztz. 27—33.) handelt von der Beschlagnahme. Der tz. 27. lautet in der Fassung der Commission: Eine Beschlagnahme von Druckschriften ohne richterliche Anordnung findet nur statt: 1) Wenn eine Druckschrift den Vorschriften der §§. 6. und 7. nicht entspricht oder den Vorschriften des §. 16 zuwider verbreitet wird; 2) wenn durch eine Druckschrift einem auf Grund des §. 18. dieses Gesetzes erlassenen Verbote zuwidergehandelt wird; 3) wenn mit der Ver- breitung der Druckschrift der Thalbestand des im 8 184. des Deutschen Strafgesetzbuches aufgeführten Vergehens begründet wird; 4) wenn in den Fällen des tz. 15. die Druckschrift den Thatbestand eines Verbrechens oder Vergehens begründet. Hierzu beantragen: 1) die Abg. v. Puttkamer-Lyck und v. Minnigerode die Streichung der Nr. 3. und 4. der Commissionsfassung und Wiederherstellung der Nr. 2. der Regierungsvorlage: „wenn der Inhalt einer verbreiteten Druck schrift den Thatbestand eines Verbrechens oder Vergehens begründet." 2) Abg. v. Kardorff und Genossen: n) die Nr. 3. so zu fassen: „wenn mit der Verbreitung der Druck,chrift der Thatbestand des in tz. 130. oder des in §. 184. des Deutschen Strafgesetzbuches aufgeführten Vergehen Aufforderung zu einem hochverrätherischen oder landesvcrrätherischen Unter nehmen enthält." 3) Abg. Herz mit der Fortschrittspartei: den §. 27. auf folgende ein fache Bestimmung zu reduciren: „Eine Beschlagnahme findet nur bei un züchtigen Abbildungen und nur durch die zuständige richterliche Behörde statt." Die in der Commissionsfassung angezogenen Paragraphen des Preßgefftzes betreffen die Nennung des Druckers und Nedacteurs (M. 6. und 7.), ausländische verbotene Blätter (K. 17.), nachtheilige Mit theilungen in Kriegszeiten (§. 18.), Placate (ß. 15.). Die in dem Anträge v. Kardorff's ungezogenen Paragraphen des Strafgesetzbuches lauten: §. 130. Wer in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Classen der Bevölkerung zu Gewaltthätigkeiten gegen einander öffentlich anreizt, wird mit Geldstrafe bis zu 200 Thlrn. oder mit Ge- fängniß bis zu zwei Jahren bestraft, tz. 184. Wer unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen verkauft, vertheilt oder sonst verbreitet, oder an Orten, welche dem Publicum zugänglich sind, ausstellt oder an schlägt, wird mit Geldstrafe bis zu 100 Thlrn. oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. Abg. Herz: Da meiner und meiner politischen Freunde Ansicht nach die Beschlag nahme nur erfolgen soll nach buchstäblichem Rechte, und der Polizei eine solche Befugniß nicht eingeräumt werden kann, oder wenigstens auf das nothwendigste Maß beschränkt werden müßte, so haben wir sie nur auf die unzüchtigen Abbildungen beschränkt, weil ein Bild drastischer wirkt als die Schrift; diese Ausnahme besteht auch in England. Es wird nun immer gefragt: Wie kann es der Staat und die Regierung gestatten, daß zum Mord und Todtschlag und Brandlegung mittelst der Presse auf gefordert wird? Wer diese Möglichkeit von vornherein abschneiden will, der gebe die Preßfreiheit überhaupt auf; denn das ist eben ihr Wesen, daß sie jede Präventivmaßregel ausschließt. Wann eine berechtigte Kritik in Verleumdung ausartet oder den Charakter des Unerlaubten annimmt, läßt sich schwer beurtheilen, am allerwenigsten von einem einzelnen Polizeibcamten. Wie lange ist es denn her, daß Diejenigen, die in Deutschland die preußische Spitze befürworteten, als staatsgefährlich bestraft wurden? Wenn früher, als Staat und Kirche noch auf gutem Fuße standen, Jemand über den Klerus so gesprochen hätte, wie jetzt die officiöse Presse es täglich thut, so wäre entschieden gegen ihn eingcschritten worden. Die Ansichten wechseln mit den Zeiten. Die Beschlagnahme ist aber auch etwas Uunöthiges; denn bis sie voll zogen ist, ist vielleicht schon der größte Theil der Auflage verbreitet. Aber die Wirkungen der Beschlagnahme schlagen auch häufig in das Gegen- theil um. Die Nachricht von einer Confiscalion erregt im Publicum immer eine Bewegung; das Publicum drängt sich danach, die Zeitung gelangt dann sogar in den Besitz Solcher, die das Blatt sonst gar nicht gelesen haben. Das einzige Correctiv gegen die Ausschreitungen der Presse ist die Presse selbst. In England, Irland, Schottland, in den englischen Colonien, in Dänemark, Holland und in Skandinavien besteht die volle Preßfreiheit, und die Beschlagnahme ist allein den Gerichten überlassen, ohne daß es zu Unzuträglichkeitcn geführt hätte. Der Deutsche, der im Genüsse der ihm gewährten Freiheit maßvoller ist als Irgendeiner, wird jedenfalls sich keiner Ausschreitungen schuldig machen. Ich erinnere an ein geflügeltes Wort des Fürsten Bismarck, der vor einigen Jahren sagte: „Wir Nord deutschen sind den Süddeutschen viel zu liberal!" Ich habe das bis fitzt noch nicht bemerkt. (Heiterkeit.) Aber ich glaube, daß gerade die Schaffung des gegenwärtigen Gesetzes Ihren Liberalismus in das vollste Licht setzen kann. Abg. v. Puttkamer-Lyck: Wir sind bereit, der Presse eine gesicherte Stellung im öffentlichen Ncchtsleben zu gewähren, aber die Grenzen unserer Bereitwilligkeit sind durch die Vorschläge Ihrer Commission überschritten. Kein Staat kann der vorläufigen Beschlagnahme von Druckschriften entbehren zur Aufrecht erhaltung seiner Einrichtungen, am allerwenigsten in der jetzigen Zeit, wo die Fundamente seiner ganzen Ordnung von verschiedenen weiten auf das gefährlichste angegriffen werden Der eigentliche Kern des Commissions- Vorschlages ist: wir erachten die vorläufige Beschlagnahme für nothwcndig, aber ausführen wollen wir den Grundsatz beileibe nicht. In den letzten Tagen habe ich ein Blatt gelesen, welches den höchsten Vertreter der Ge walt mit einer wahrhaft wölfischen Wuth angreift und die Pariser Com mune verherrlicht. Wenn das die Sprache der Blätter der letzten Zeit ist, welches wird die Sprache derselben sein, wenn die Wogen einmal hoch gehen? Ich halte die Beschlagnahme übrigens für eine Repressivmaßregel im eigensten Sinne des Wortes; es soll damit die Vollendung eines in der Ausführung begriffenen, schon in die Erscheinung tretenden Vergehens verhindert werden. Abg. v. Treitschke: Meine Herren, ich denke diese Frage wenig pathetisch zu behandeln. Wir Deutsche fangen Gott sei Dank an, von jener dicken Haut überwachsen zu werden, die freien Völkern eigenthümlich ist. Wir fangen an, mit einigem Gleichmuth den Gebrauch und Mißbrauch des freien Wortes zu betrachten, nnd ich habe mich längst gewöhnt, in der freien Presse eine Notwendigkeit zu sehen, au der man heutzutage nicht mehr deuteln und nicht mehr abhandeln kann. Ich halte den Grundsatz, von dem die Com mission ausging, für unbedingt richtig, den Grundsatz, daß die Presse privilegirt werden müsse der Criminalpolizei gegenüber. Man muß das Wort kurz und ehrlich aussprechen; das ist eine Begünstigung, eine Pri- vilegirung der Presse, wenn die Criminalpolizei, welche überall sonst das Recht hat, die weitere Wirksamkeit begangener Verbrechen zu verhindern, aber der Criminalpolizei ist nothwcndig, wenn der große Grundsatz der Preßfreiheit nicht zu Grunde gehen soll. Ich werde mich niemals davon überzeugen können, daß mit dem hingestelllen nackten Grundsätze der un bedingten Beschlagnahme das freie Wort noch möglich sei. Und wenn der Herr Vorredner uns soeben das gedroht hat. daß wir durch die Ver werfung dieses Grundsatzes der Beschlagnahme im Allgemeinen das Gesetz selber zu Falle bringen könnten, dann meine Herren, sage ich: lassen Sie es uns doch darauf wagen! Wir wollen sehen, ob die Regierungen den Muth haben, einen Grundsatz, ohne den die freie Presse gar nicht möglich
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