Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.11.1870
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1870-11-23
- Erscheinungsdatum
- 23.11.1870
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18701123
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-187011232
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18701123
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1870
- Monat1870-11
- Tag1870-11-23
- Monat1870-11
- Jahr1870
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
269, 23. November. Nichtamtlicher Theil. 3639 weitem diejenige der Abtei S. Marimin bei Trier. Martöne und Durand kamen auf ihrer berühmten literarischen Reise auch in diese Abtei, von welcher sie berichten, daß sie reich an den besten Hand schriften sei. Der Abt überließ ihnen einige derselben. Nach den Osstn 3'rsv. (I, 8) besaß S. Marimin acht Codices, die mit Edel steinen besetzt waren — sie sind alle verschwunden, mit Ausnahme eines einzigen, des Evangelien-Codcr der Ada, dem sog. „oocksx aursus" der Stadtbibliothek. Man hat die Zahl der Handschriften, welche sich vor Erfindung der Buchdruckerkunst, im Ganzen wohl bis zum Ende des 18ten Jahrhunderts, in den verschiedenen Bibliotheken des Erzstiftes Trier befanden, auf 10,000 Bände berechnet, desgleichen die bis gegen Ende des vorigen Jahrhunderts ebendaselbst aufbewahrten Urkunden auf 200,000. Wenn letztere Berechnung vielleicht zu hoch erscheint, so dürfte erstcre wahrscheinlich zu niedrig gegriffen sein. Fragen wir nun, was aus dieser Hinterlassenschaft des Mittel alters geworden ist, so müssen wir mit Schmerz den Verlust des größten Thcils derselben beklagen. Vieles war schon durch später eingeriffenc Nachlässigkeit und Unwissenheit, vieles durch untreue Hände, durch Verleihungen, Kriege und Feuersbrünste verloren ge gangen. Aber der französischen Revolution war cs Vorbehalten, das Trier'sche Land seiner meisten und letzten literarischen Schätze zu berauben. Als der Schwindel der neuen Freiheit über das Erzstift hinwegzog, ging manches Kloster - und Kirchengut in Flammen auf, und die Bibliotheken der Abteien und Klöster wurden bei dem Ver kauf der geistlichen Güter unter den Hammer gebracht und meist als Maculaturpapier verbraucht. So erging es namentlich auch einem guten Theil der Bibliothek von S. Maximin. Als die Ordnung einigermaßen hergcstellt war, sammelte man allmählich die spär lichen noch erhaltenen und zerstreuten Reste, und verleibte sie der früheren Jesuiten-, jetzt Stadt-Bibliothek zu Trier ein. Als die französischen Truppen sich in den Kämpfen der Republik der Stadt Trier näherten, flüchteten sich, gleich dem Domcapitel, auch die Mönche von S. Maximin, und nahmen von ihren literari schen Schätzen so viel mit, als sich in der Eile transportiren ließ. Sie brachten einen Wagen voll Handschriften, unter denen sich auch die merkwürdigsten Urkunden und Privilegien befanden, nach Mainz in Verwahr. Als diese Stadt in Gefahr kam, versuchte man eine abermalige Flüchtung des geretteten Gutes, welche aber durch die in Folge eingetrctenen Regenwetters verderbten Wege vereitelt wurde. So fielen die Codices von S. Maximin den Franzosen in die Hände, Welche sie nach Paris schickten. Dort wurden sie, gleich vielen andern Handschriften aus dem Erzstifte, besonders aus der Abtei Echter nach, der Uidliotbtzgus oariouals einverleibt, wo sie bis zum Pariser Frieden von 1815 verblieben. Commissäre der verbündeten Mächte hatten bekanntlich den Auftrag, sämmtliche von den Fran zosen erbeutete oder geraubte Kunst- und literarische Schätze zu reclamiren; aber leider kam Trier bei dieser Restitution schlecht zu seinem Rechte, indem von allen weggeschleppteu Büchern unseres Wissens bloß der nun seiner besten Edelsteine beraubte Evangelien codex der Ada zurückerlangt wurde. Eine große Anzahl anderer Handschriften aus S. Marimin wurde zwar aus der k. Bibliothek verabfolgt, sie gelangten aber nicht nach Trier, noch überhaupt in die Hände der preußischen Regierung zurück; unerklärt, aber factisch ist, daß dieselben nach Belgien kamen, wo sie jetzt einen sehr werth vollen Bestandtheil der Universitätsbibliothek zu Gent bilden- Unter denselben zählte ich allein gegen 15 Väterhandschriften, welche aus dem lOten Jahrhundert und älter sind. Ein Band aus dem Ilten Jahrhundert ist für die Baugeschichte von S. Maximin von großem Werth. Von diesen nach Gent gewanderten Nummern abgesehen, blieb der Hauptstock der Maximiner Bibliothek mit einer guten Anzahl Echternacher Handschriften in Paris zurück, vermuthlich weil die deutschen Commissäre nicht hinlänglich mit den literarischen Verhält nissen der Rheinlandc bekannt waren, um die Rückerlangung unseres Eigcuthums mit Erfolg betreiben zu können. Ungefähr 50 der ehemaligen Maximiner und Echternacher Handschriften habe ich bereits vor sieben Jahren im „Serapeum" (1863, Nr. 4 — 5) ein gehender beschrieben. Ganz besonderes Interesse beanspruchen vor allem fünf große Convolutc, die so zu sagen das Archiv der Abtei Marimin enthalten. Es sind über 60 Urkunden meist deutscher Könige, Kaiser und Reichsfürsten, von Pipin d. Kl. (766) an bis aus Philipp II. von Spanien (1557), in Originalen erhalten — eine der kostbarsten Sammlungen für rheinische Klöster- und Kirchen geschichte. An der Wiedergewinnung dieser Schätze hat Deutschland, hat insbesondere Trier, wenn auch zunächst kein wissenschaftliches, so doch ein wahlberechtigtes patriotisches Interesse. Es ist schmerzlich für den vaterländischen Forscher, in der Hauptstadt des Feindes die Urkunden für die Geschichte seiner Heimath suchen zu müssen. Wird die Benutzung der Handschriften weiteren Kreisen näher gerückt, so ist das auch ein Gewinn für die Wissenschaft, obgleich man nicht gerade im Namen der letztcrn auf der Rückgabe bestehen könnte. Denn das darf nicht in Abrede gestellt werden, daß die Benutzung und Ausbeutung genannter Archivalien in der Pariser Bibliothek leichter gemacht war, als es wahrscheinlich in mehr als einem deutschen Archiv der Fall gewesen wäre. Die Liberalität der fran zösischen Bibliothek-Verwaltung und die Zuvorkommenheit gegen Fremde wird jeder deutsche Gelehrte, der auf dem vspurtsmsnt (iss Nuousorits in der Ruc Richelieu gearbeitet hat, dankbarst an erkennen. Den hie und da auftauchcnden Wunsch, den Parisern alle deutschen literarischen und Kunstschätze abzunehmen, wird man billigerwcise nicht unterstützen können; denn an Handschriften, wie an Kunstgegenständen, besitzen die Pariser Sammlungen manches, was aus Deutschland stammt, auf die rechtmäßigste Weise. Eine Plünderung der französischen Museen und Bibliotheken über das hinaus, was unser Eigenthum ist, würde die gebildeten und ge lehrten Kreise Frankreichs mit Recht aufs tiefste verletzen, und das allein schon muß davon abhalten, denn die Vertreter der Literatur und Wissenschaft hüben und drüben werden es sein, denen nach geschlossenem Friedensvertrag das große Werk der eigentlichen Frie- densstiftnng und Versöhnung beider Nationen in erster Linie zur Aufgabe fallen wird. vr. F. X. Kraus. Die Zerstörung der Straßburger Bibliotheken*). Die französische Unverschämtheit, die zu dem gegenwärtigen traurigen Kriege und in dessen Folge zur Belagerung von Straß burg und der dabei stattgefundenen Vernichtung der Bibliotheken in der Neuen Kirche Veranlassung gegeben, hat auch bei dieser Ge legenheit in zwei Schriftstücken, die zwischen dem Rector der Straß burger Akademie T. Zeller und dem französischen Unterrichts minister I. Brame gewechselt worden sind, ihren Ausdruck gefunden. Diese beiden im „Uournal ckss vtzbnts" vom 4. September ver öffentlichten Schriftstücke lauten in der Uebersetzung folgendermaßen: l. Mr. Zeller an den Untcrrichtsministcr. Straß burg, 31. August 1870. — „Herr Minister! Die Verbrennung unserer Bibliothek, einer der werthvollsten und nützlichsten Europas bei der Seltenheit und der Anzahl ihrer Bände, ist eine vollzogene Thatsache. Frankreich wird die Stadt Straßburg wieder erbauen. Ich habe die Ehre, Herr Minister, Sie zu bitten, mir für die bald möglichste Wiederherstellung ihrer Bibliothek die Erlaubniß zu er- theilen. Eine Stadt, die fünf Facultäten, ausgezeichnete Gelehrte und zahlreiche Studireude besitzt, kann unmöglich im Augenblick der Ruhe ohne Bibliothek sein. Ich nehme mir also die Freiheit, Herr *) Aus Petzholdt's N. Anz. s. Bibliogr. rc. 525*
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder