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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.03.1874
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1874-03-30
- Erscheinungsdatum
- 30.03.1874
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- Deutsch
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1204 Nichtamtlicher Theil. 73, 30. März. da aber dies ganz offenbar durch den Herrn Vorredner geschehen ist, so bin ich auch nicht in der Lage, mich, was ich sonst gethan hätte, in zwei oder drei Minuten über den Gegenstand ausznsprechcn. Mir scheint, die vorliegende Frage hat nichts zu thnn mit Censur, nichts zu thnn mit Conccssionswcscn, und cs ist auch historisch nicht richtig, daß diese Freiexemplare bloß zum Zweck der Censur oder des Concessionswcsens cingeführt sind oder hätten abgeliefcrt werden müssen; sie hat auch nichts zu thnn mit einer Schädigung des Stan des der Buchhändler, denn mein Amendement beantragt einfach, auf die Regierungsvorlage zurückzugchen. Ich wünsche eben, daß über die Verpflichtungssrage gar nicht entschieden werde. Nach den ver schiedenen Landesgesetzcn und insbesondere nach den preußischen Landesgesetzcn besteht gegenwärtig die Verpflichtung, ein Exemplar an die betreffende Hof- oder Staatsbibliothek abzulicfern und ein Exemplar an die Bibliothek der Landes- oder Prvvinzialnniversität. Liegt nun ein Grund vor, diesen Usus, der thatsächlich in einzelnen Ländern vorhanden ist, hier bei Gelegenheit des Preßgesetzes auf- znhcben? Mir scheint doch, nein! Ich frage, meine Herren, ist die Sache so vollständig reis, um darüber jetzt zu entscheiden? Es liegen Ihnen Buchhändlerpetitionen vor, die ganz vage Argumente geben. Es ist auch nicht eine Idee einer wirklich materiellen Schädigung nachgewiesen, ja ich kann Ihnen umgekehrt sagen, was den Buch handel, wenn es sich um ein Paar Exemplare handelt, schädigt. Die Verschwendung von Exemplaren zu Zwecken der Recension und der Reclame in Zeitungen ist eine ganz maßlose. (Sehr richtig!) Ein Beispiel nur: die Augsburgische Allgemeine Zeitung ver öffentlicht allmonatlich eine Bücherübersicht, Sie finden in derselben nichts als den Titel des Buchs, dafür bekommt sie fast jedes Buch zugcschickt; das ist aber nicht bloß bei großen Blättern der Fall, nein, die einfachsten Winkelblättchen bekommen ein oder zwei Exem plare. Aber noch weiter; wenn es sich darum handelt, in irgend einer Weise einem Buche Verbreitung zu verschaffen, dann kann ich Ihnen auch für meine Person sagen, man wird mit Exemplaren überschüttet. Ich habe wiederholt Exemplare verschenkt, die mir bald vom Verfasser, bald vom Herausgeber, bald vom Verleger zu gekommen. Will man also von einer Schädigung reden — ich würde, per pareutbesln gesagt, diese Argumente nicht vorgebracht haben, wenn nicht mit solcher berechtigten Emphase selbstverständlich aus die Sache eingegangcn wäre — will inan also von einer Schä digung reden, dann scheint mir doch, sollten wir auch die Ehre Deutschlands in Betracht ziehen, und da gestehe ich Ihnen offen, das Bibliothekcnwesen ist trotz unseres ausgezeichneten Buchhandels eine partis llontvnso, die wir haben. Meine Herren, ich kenne Frankreich, wenigstens den größten Theil, und ich sage Ihnen offen, in Beziehung auf die Bibliotheken sind wir unendlich zurück hinter Frankreich. Gehen Sie von Chambery, wie ich gethan habe, bis nach Bayonne und hinauf nach dem Norden und Osten, jede Depar- tementalstadt und säst jede Stadt des Sousdepartcmcnts hat eine ausgezeichnete Bibliothek. Ich weiß sehr Wohl, daß diese Biblio theken gegründet sind zur Zeit der Klosteraufhebnng, der Revolu tion, man hat es nicht gemacht wie in unfern Ländern, daß man vielfach die Bibliotheken damals verschleudert hat, daß man die Handschriften u. s. w. vcrkümmclt hat, sondern man hat sic in diese Bibliotheken deponirt. Aber gleichviel, welches der Anfang ist, die Bibliotheken sind gut, in allen diesen Städten sind sie säst jeden Tag 2, 3 bis 4 Stunden geöffnet, ein Lesezimmer den ganzen Winter hindurch, und so schlecht der Buchhandel in Frankreich or- ganisirt ist, so ist es doch eine Thatsache, daß man sich in allen diesen Städten bemüht, ja daß man sich darum streitet, auch von Seiten der Buchhändler, den Städten die Exemplare zu geben. Wie steht es nun in Deutschland? Wie viele unserer größten Städte haben Bibliotheken? Wer hat sie überhaupt angelegt bei uns? Nicht die Städte, wir haben meist nur die Hofbibliotheken, es ist nur eine Ausnahme, wenn selbst eine Stadt, die früher Reichsstadt war, eine solche Bibliothek hat; Städte wie Cöln und Aachen u. s. w. haben bis zum heutigen Tage kaum das, was man überhaupt eine Bibliothek nennen kann. Liegt nun ein Grund vor, eine Sache, die noch nicht reif ist, ohne daß wir alles Material haben, zu behandeln? Und gewiß, wenn man schließlich aus einer solchen Sache Großes macht, handelt es sich um etwas, was das deutsche Ehrgefühl berührt, — liegt ein Grund vor, den Gegenstand bei dieser Gelegenheit zu ändern? Ich beantrage nicht, dem Buchhandel eine Verpflichtung auszuerlegen, dort, wo sie nicht cxistirt — das fällt mir nicht ein; ich sage einfach: man resti- tuirc die Regierungsvorlage, die einzelnen Regierungen haben dann aus dieser Discussion Material genug, wenigstens allgemeiner Natur erhalten. Zeigt sich dann irgend ein Bedürfnis;, gut, so hebe man diese Landesgesetze auf; aber warum sollen wir irgend einer Theorie zu Liebe, angeblich daß dieses Communismus oder dergleichen sei, hier eine solche Schädigung vornehme»? Wenn man nun sagt: die Bibliotheken bewahrten oie Sachen nicht, so erkläre ich, daß man von Sitte hier nicht reden kann. Ich bin auch in der Lage, die meisten Bibliotheken Deutschlands genau zu kennen. Meine Herren, die Bibliotheken, die ich kenne, bewahren auf das gewissenhafteste die Literatur, ich kann Ihnen versichern, daß z. B. in Bonn nicht ein Blatt davon fortkommt. Wenn man mir nun sagt: man verkaufe das, so sage ich ganz einfach: geschähe das, so wäre es gegen die be stehende Instr uction. Die Bibliothek ist gar nicht berechtigt, Sachen, die keine Doubletten sind, zu verlausen, hat sie aber ein Exemplar zweimal und handelt es sich nicht um ein Exemplar, das für den ge wöhnlichen Gebrauch der Studenten u. s. w. vorhanden ist, warum soll sie nicht das eine Exemplar verkaufen? Wenn man weiter sagt, sic werden nicht ordentlich ausbewahrt, so muß ich dem entschieden entgegentreten. Die Bibliotheken sehen es durchweg als ihre Pflicht an, sich als die Depositare dieser Literatur zu betrachten. Meine Herren, ich rede nicht pro äomo, wie die Petition des Herrn Buch händler Bertram meint, daß der Wunsch aus gelehrten Kreisen käme, die die Bücher durch Bibliotheken anschaffen ließen, um sie nicht selber anzuschaffen. Ich bin in der glücklichen Lage — leider ist in diese Lage zu kommen sehr theuer gewesen —, daß ich in meiner eigenen Bibliothek arbeiten kann und in meinen Fächern theilweise besser als in der mir zur Disposition stehenden Staatsbibliothek. Ich halte also keine oratio pro — oder, wie die Philologen jetzt herausgebracht haben, cko äomo (Heiterkeit), sondern es handelt sich für mich ganz einfach um die Sache. Ich sage, der Rechtsstandpunkt gebietet uns nicht, cs aufzuheben, bloß der Theorie, bloß der Behauptung zu Liebe. Irgend ein Mißstand ist nicht vorhanden. Die Buchhändler ver schleudern viel mehr Exemplare, und schließlich ist es ja keine Frage von Bedeutung, lvas das Materielle anbctrifft; denn wenn die Buch händler die Exemplare nicht geben würden, wenn das Gesetz in einem einzelnen Staate aufgehoben wäre, so wird jeder Verfasser bei Ein gehung eines Vertrages schließlich sagen: du lieferst die zwei Exem plare an die Bibliothek ab, widrigenfalls ich den Vertrag nicht schließe. Man behält sich als Verfasser häufig, nicht bloß bei Werken von 2 oder 3 Mark, sondern bei (größeren, bis 50 Freiexemplare vor. Ich habe mir schon bei einzelnen Sachen 100 Exemplare Vorbehalten und man hat sie ohne Weiteres gegeben. Uebrigens bringen einzelne Private auch Opfer. Ich habe von mehreren Sachen, die im Buch handel nicht erschienen sind, in Schriften von Akademien, auf meine Kosten 50 Abdrücke machen lassen und habe sie an die Bibliotheken verschenkt. Ich sehe denn doch gar nicht ein, warum es für den deut schen Buchhändler, dem an der Ehre, an dem Wohle unserer Nation und gerade daran, daß wir überall solche Depositare haben, bei denen die Literatur in jeder Beziehung sich vorfindet, gelegen sein muß, ein so entsetzliches Opfer wäre, selbst, wenn es sich schließlich guasl um eine Besteuerung oder um eine halbe Besteuerung handelte. Mir
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