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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.02.1895
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- 1895-02-18
- Erscheinungsdatum
- 18.02.1895
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- Deutsch
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902 Nichtamtlicher Teil. 41, 18. Februar 1895. gicrungsvorlage. Es ist ja darauf hingewieseu worden, daß die Zahl der Hausierschcine sich durchaus nicht in dem Maße vermehrt hat, wie es vielfach dargestellt wird. Nun, zunächst stellt sich das Verhältnis für die verschiedenen Gegenden und Bezirke sehr verschieden. Ich erkenne gerne an, daß in einzelnen Teilen des deutschen Vaterlandes, in Baden, Württemberg, Bayern, die Zahl der Hausicrscheine herab- gegangcn ist. Das ist aber nicht etwa die Frucht einer natur gemäßen Entwicklung, es ist das Resultat einer systematischen Einwirkung von oben. Dort hat man nur andere Wege ge wählt, indem man durch stärkere Heranziehung zu den Steuern die Zahl der Hausierer vermindert hat. Wenn so in diesen Gegenden der Hausierhandel abgenommen hat, so hat er in anderen Gegenden wieder zugenommen, wie in Elsaß-Lothringen von 8919 auf 12 807. Für diese Gegenden ist es ein schlechter Trost, daß anderwärts der Hausierhandel abgenommen hat. Eine andere merkwürdige Erscheinung! Man sollte meinen, cs müßte die Zahl der Hausierer vor allem in jenen Gegenden groß geworden sein, in denen die Bevölkerung zerstreut wohnt, in denen also durch die natürlichen Verhältnisse der Hausier handel eine gewisse Berechtigung hat. Tatsächlich ist cs um gekehrt. Wenn eine genaue Statistik nach der Richtung hin aufgemacht würde, würde sich zeigen, daß gerade in Gegenden mit dichter Bevölkerung der Hausierhandel sich am meisten vermehrt hat. Der Hausierer sucht jetzt nicht mehr die Land einsamkeit auf, sondern die Arbciterdistrikte, die Fabrikstädte, um die Unwissenheit und Leichtgläubigkeit der Leute zu miß brauchen. Die Zahl der Hausierscheine beweist übrigens noch nichts für den Umfang des Gewerbes. Auch nach dieser Richtung hin ist der Unterschied gegen einst ganz gewaltig. Früher wurden z. B. vielfach Hausierschcine ausgestellt, um alten invaliden Leuten damit eine Einnahmequelle zu eröffnen; vielfach wurde auch in den Landgemeinden ein Hausicrschein gegeben, um die Leute von der Unterstützung durch die Gemeinde fernzuhaltcn; sie wurden damit stillschweigend auf den Bettel hingemicsen. Das hat abgenommen, und ganz mit Recht. Das aber waren die ^unschuldigen, naiven Hausierer, die wir nicht fürchten, denen ich sogar eine gewisse soziale Teil nahme ganz gern zugestehe, die auch dem ansässigen Kauf- mannsstandc wenig Konkurrenz machten. Bei den früheren Verhältnissen waren die Hausierer genötigt, meist zu Fuß Stadt und Land abzulaufen; heute ermöglichen cs die Verkehrs verhältnisse, in bestimmten Städten ganze Lager von Waren zu errichten und dann im großen zu hausieren. Der Hausierer bringt heute Pferd und Wagen mit, ja es giebt gewisse Fabriken, die sich auf den Hausierhandel eingerichtet haben und Hausierer in großer Zahl ausschicken, um ihre all boo billig und schlecht fabrizierten Waren zu vertreiben. So ist der Hausierhandel, was den Umsatz anlangt, ganz entschieden außerordentlich gewachsen. Was aber noch mehr zu bedauern ist: der Hausierer stand hat als solcher sich verschlimmert. Das läßt sich wiederum aus den Zahlen leicht eruieren. Nicht die armen Gebirgsgegenden, die durch die Not gezwungen sind zum Hausierhandel, wie z. B. das Sauerland, sind es, in denen die Zahl der Hausierer zugenommen hat — im Gegenteil, dort haben sie vielfach etwas erworben und dann sich an sässig gemacht; ein anderer großer Teil der einheimischen Bevölkerung wandert aus und sucht auswärts als Dienstboten, Arbeiter, Handwerker rc. ein Unterkommen —; aber mitten aus den Jndustriebezirken heraus, namentlich durch Elemente, die auf die Geschwätzigkeit ihrer Zunge und auf ihre Beine mehr vertrauen, als auf ihrer Hände Arbeit — durch solche Elemente ist der Hausiererstnud vor allem vermehrt. Wenn es sich bloß um die guten Hausierer von einst handelte, die von Dorf zu Dorf wunderten, eine feste Kundschaft hatten, die oft sogar gern gesehene Gäste waren, da sie die Neuigkeiten mitbrachten, — wenn es sich bloß um diese handelte, würden wir wahr haftig nicht diese Anstrengungen machen. Aber die Frage hat sich zum Schlimmen gewendet: wir haben es heute mit anderen Hausierern zu thun, es handelt sich zugleich um eine schwere Konkurrenz für das stehende Gewerbe, und da sind wir um so mehr zu Schutzmaßnahmen gedrängt, als durch die gesetzliche Sonntagsruhe sich die Dinge sehr ver schlimmert haben. Der Hausierer hat gerade dort eingesetzt, wo wir, einem berechtigten Bedürfnisse entsprechend, durch die Gesetzgebung Schutzwehren zu errichten hofften, um für sich reiche Ernten zu machen; und daher sind wir, die wir für die Sonntagsruhe eingetreten sind, um so mehr verpflichtet, wieder einen Ausgleich zu schaffen. Meine Herren, Herr von Strombeck hat selber zugegeben, daß es namentlich zu bedauern sei, wenn die Zahl der — ich möchte sagen — »fliegenden« Hausierer so zugeuommcu habe. Er hat das zugegeben dadurch, daß er betonte, die Eichsfelder besuchten bestimmte Bezirke, jeder Hausierer besuche seine Kundschaft wieder. So bilden sich ja auch hier dauernde Beziehungen zwischen Kundschaft und Hausierern, und der Hausierer unterliegt dadurch demselben Zwang, wie der stehende Kaufmann, für gute Waren zu sorgen, damit er seine Kunden dauernd behält. Das ist das Schlimme heute: dieses fliegende Hausierertum hat außerordentlich zugenommen. Es werden immer neue Plätze abgcgrast, und der Hausierer ist längst über alle Berge auf Nimmerwiedersehen, wenn die Konsumenten sehen, daß sie betrogen sind. Der Hausierer hat inzwischen ein neues Publikum gefunden, das ihm gutgläubig die Ware abnimmt. Meine Herren, wir wollen in erster Linie nur die Aus dehnung des Hausierhandels beschneiden, den Hausierhandel auf das Bedürfnis beschränken; wir wollen dem soliden Hausiererstand, soweit er in gewissen ärmeren Gegenden an sässig ist, wahrhaftig nicht das Leben sauer machen. Wir anerkennen es vollständig, daß es arme Gegenden giebt, die zum Teil auf diesen Erwerb angewiesen sind; wir anerkennen, daß diese wirklich einen soliden Teil des Hausiererstandes bilden. Ich kenne solche Gegenden persönlich genau; ich kenne in den großen Städten am Rhein manche angesehenen Familien, wo der Familienvater oder der Großvater noch mit dem Hausiererkasten von Dorf zu Dorf gegaugen ist. Da fällt es uns also gewiß nicht ein, diesen Leuten, die aus Not so hausierte», einen persönlichen Vorwurf zu machen, denen irgend wie die schlechten Eigenschaften zuzuschreiben, die vielfach dem Hausiererstand anhaftcn. Wir wissen überhaupt: der Stand bedingt nicht die persönliche Qualität; aber er ist doch von großem Einfluß darauf; und im großen und ganzen, sozial genommen, ist das Hausicrergewerbe ein bedenkliches. Dieses Urteil trifft nicht die einzelnen Mitglieder des Standes; es können die ehrenwertesten Leute darunter sein. Nun, meine Herren, noch ein Wort bezüglich des Auf- suchcns der Privatkundschaft durch die sogenannten Dctail- rei senden. Hier ist durch Zahlen bewiesen, daß der Besuch durch Kaufleute sehr zugcnommen hat. Die Zahlen sind außerordentlich lehrreich — sie liegen Ihnen ja vor. Diese Zahlen erschöpfen aber auch hier das Bild nicht; denn Lcgi- timationsscheine werden nur dann gefordert, wenn der Kauf mann Privatkundschaft außerhalb der Gemeinde aufsucht. Aber auch der Besuch der Privatkundschaft innerhalb der Ge meinden hat zugenommen. Ich bedaure das namentlich auch wieder im Interesse des stehenden Gewerbes, deshalb, weil nun auch die Geschäfte, welche sich bisher davon fern gehalten haben, durch die Konkurrenz gezwungen sind, ebenfalls dazu überzugehen. Wir haben das bei anderen Fragen erfahren, z. B. bei der Frage des Ladenschlusses am Abend. Bei den
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