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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.06.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-06-26
- Erscheinungsdatum
- 26.06.1899
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- Deutsch
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4646 Nichtamtlicher Teil. 145, 26. Juni 1899. der erste Vorsteher des Börscnvereins, Herr Engelhorn, und der Vorsitzende des Deutschen Verlegervereins, Herr Konsul Bielefeld, durch den gleichzeitig in London tagenden Verleger- kongrcß ferngehalten; ebenso waren zu unserem Bedauern die Vertreter der Lociätä des lidrsirss äe 1s. Laisss rouumäs und des Vereins schweizerischer Buchdruckereibesitzer verhindert zu erscheinen. Umsomehr freute es uns, daß Herr Egon Werlitz als Vertreter des Süddeutschen Buchhändlervereins und gleich zeitig der deutschen Kollegen überhaupt es möglich gemacht hatte, zu kommen. »Die guten Beziehungen zwischen deut schen und schweizerischen Buchhändlern sind so alt wie unser Beruf. Seit Gutenbergs epochemachende Erfindung in das Dunkel des Mittelalters mit Hellem Strahl hineinleuchtete, seit vou Basel uud Zürich aus die Froben und Froschauer die Aufklärung des Humanismus und die Kunst eines Hol bein in immer weitere Kreise trugen, seit jenen Tagen, wo cs nichts Seltenes war, daß das Wissen des Gelehrten sich mit der Knnst des Buchdruckes uud dem kaufmännischen Sinn des Buchhändlers in einer Person vereinigte, bis her unter zur Gegenwart mit ihrer Entwickelung aller Einzel kräfte zur höchsten Leistungsfähigkeit durch eine möglichst weit gehende Arbeitsteilung, sind tausend und abertausend Geistes- fädcn hinüber und herüber gesponnen und bilden ein un zerreißbares Band zwischen Deutschland und der Schweiz. Das ist es ja, was unfern Beruf adelt, daß wir mit unfern Geschäftsfreunden nicht eine tote, an sich gleichgiltige Ware, sondern Geistesgüter austauschen, die zu pflegen, zu fördern und zu verbreiten, unsere Lebensaufgabe ist. Wer ermißt den unvergleichlichen Gewinn, den unsere Nationen in dieser jahrhundertelangen, immer sich erneuernden Wechselwirkung erfahren haben! Was die Gelehrten in eindringendem Studium für die Menschheit erforschen, was uuseru Dichtern in weihe voller Stunde der Genius anvertraut, das darf der Buch händler der Mit- und Nachwelt vermitteln. Fühlt nicht jeder von uns etwas von der segcnbringenden Kraft aus den Büchern auf sich übergehen, eine Siegesgewißhcit, eine Widerstands kraft, die uns immer voll neuem Mut fassen läßt gegenüber Enttäuschungen und Unbilden aller Art? Und fühlen wir uns durch solchen auf das Ideale gerichteten Sinn nicht auch mit unseren Bcrufsgenosscn inniger verbunden, als es nur durch den Kitt rein materieller Interessen geschehen könnte? Das ist besonders in den letzten Jahrzehnten deutlich zu tage getreten, seit dem Beginn der großen Reformbewegung, die darauf gerichtet ist, der zerstörenden Wirkung des rücksichts losen Egoismus das Panier des Gemeinwohls entgegenzu hallen. Das Gemeinwohl des soliden Buchhandels ist iden tisch mit der Erhaltung und dem Blühen guter Litteratur. Dieses Bewußtsein stählt unsere Kraft und die Freundschaft, die uns mit unseren Bcrufsgenossen verbindet. Diesen und der unbegrenzteil Fortdauer unserer guten Beziehungeil zn ihnen, zum Wohle der Gesamtheit, gilt unser Hoch!- — Mit Begeisterung wurde der Trinkspruch des Herrn Ebell auf die uns am ineisten ans Herz gewachsenen, mit größter Liebe ausgestattetcn Verlagsartikel vom Großfolioformat bis herunter zu den zierlichsten Miniatur- und Diamantausgaben: unsere Frauen und Kinder, ausgenommen. — In besonders herzlichen Worten überbrnchte Herr Egon Werlitz die Grüße und Glückwünsche des Süddeutschen Buch- händlervereins, zu dem ja seit lange so nahe Beziehungen bestehen, daß in der Regel ein Schweizer in dessen Vorstand sitzt. — Herr Georg, der Vielgereiste, feierte die Hcimatliebe in ihren verschiedenen Erscheinungen. — Noch lange würde man wahrscheinlich bei einander ge sessen sein, wenn nicht das Festkoinitee in geheimnisvollen Andeutungen zu schleunigem Aufbruch zum Schloß aufgefordert hätte. Das Programm sprach von einer Besichtigung des polnischen Museums. Wer beschreibt unser Erstaunen, als wir, den Schloßhof betretend, die unverkennbaren Vorbereitungen zu einer kleinen Aufführung erblicken und zum Verweilen eingeladen werden. Das alte Gemäuer, das den Hof mehrere Stockwerk hoch umrahmt, ist dicht von Epheu umrankt. Ein Teil des engen Raumes ist mit Gebüsch bewachsen; dieses bildet den Hintergrund der kommenden Ereignisse. Gerade hierhin fällt ein breiter, goldener Sonnenstrahl, in den nun aus dem Dunkel des Burginnern hervor reizende Kinder treten, vom zartesten Alter bis zur eben erblühten Jungfrau, um den, wie von einem holden Zauber gefangenen Zuschauern jene Gestalten vor Augen zu führen, die einst in jungen Jahren auch ihre Phantasie mit Entzücken erfüllt haben. Eine liebliche Fee bewirkt dieses Wunder. Von ihrem Zauber stabe gerufen erscheinen Rotkäppchen, das schlafende Schnee wittchen mit den sieben Zwergen, Dornröschen mit der Alten und dem Prinzen, der Kalif und Scheherezade, dann Robin son, der Struwwelpeter, Max und Moritz und, ein Liebling der jetzigen Kinderwelt, Johanna Spyris Heidi mit dem Großvater. Das alles nicht etwa nur als lebende Bilder. Jedes der kleinen und großen Persönlein hatte auch zu sprechen und that dies mit Heller, sicherer Stimme, ohne je zu stocken. Auch ein kleiner Herold, der die Einleitung vorzüglich vor trug, sei nicht vergessen. Diese poetische Darbietung, von einer Lehrerin, Fräulein Vögeli, aus dem täglichen Verkehr mit Kindern heraus geschaffen und durch deren, sowie einer viel verdienten Buchhändlersfrau unermüdliche Hingebung in Scene gesetzt, machte manches alte Herz wieder jung. Der stille, weltabgelegene Schloßhof von Rapperswyl mit seinen lieb lichen, sonnenumleuchteten Kindergestaltcn ist ein Bild, das allen Teilnehmern noch oft in verklärtem Glanze wieder erscheinen wird. — Hier die Gegenwart und die Hoffnung der Zukunft, draußen auf dem See die ernste, vom Glorienschein der Dich tung umschwebte Vergangenheit. Unser Schiff hat seine sämt lichen Insassen wieder an Bord genommen und steuert der Insel Ufenau zu. Die Musik stimmt leise das Rütlilied an: »Von ferne sei freundlich gcgrüßet, du stilles Gelände am See!«, und feierlich gestimmt steigt alles ans Land. Ein schmaler Weg führt durch Buchenwald mit Ausblicken auf die plätschernd zum Ufer ziehenden Wellen zur Höhe, einem sanft ansteigenden Rücken, der, uns zunächst, eine Kapelle, weiter oben eine Kirche mit dem kleinen Friedhof trägt, der auch Ulrich von Huttens Gebeine bergen soll. Ein Hauch träumerischen Liebreizes liegt auf dem Eiland. Im Gegen satz zu den hoch ansteigenden Bergen, die den Hintergrund bilden, hat hier die Natur ein Idyll geschaffen, dessen An blick schon sich wie Balsam auf die tvtkranke Brust des ver folgten Vorkämpfers der Reformation gelegt haben muß. Kein nackter Fels, keine harte Linie. Sanft wie die Wogen des blühenden, von Blumen durchwirkten Grases, über die liebkosend der Wind gleitet, sind auch die Formen dieser glück lichen Insel. Alles atmet Ruhe und Frieden. Auf solchem Boden findet die Poesie enrpfängliche Ge müter, und es erschien einem fast selbstverständlich, sie dort als Göttin in griechischem Gewände mit lorbeerumwundener Leier aus dem Haine hervortreten und sich gemessenen Schrittes unserer Gesellschaft nähern zu sehen. Vor der Thüre der Kapelle bleibt sie stehen. Ihr blickt erstaunt und fraget, wer ich bin, Warum durch euern frohen Kreis ich schreite . . . Nicht bin ich fremd; ich gab von Anbeginn Des Lebens euch schon oft das Wcggeleite. Es würde zu weit führen, den schönen »Willkommgruß auf der Ufenau-, gedichtet von Clara Forrer, vorgetragen von Fräulein Wolfensperger, hier ganz abzudrucken. Wir be gnügen uns init der Wiedergabe der eindringlichen Schluß strophen:
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