Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.01.1886
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- 1886-01-20
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- 20.01.1886
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In der Apostelgeschichte (Kap. XIX, 19) lesen wir, daß Paulus bei seiner Bekehrung der Epheser zum Christentume sic durch seine Reden so aufrcizte, daß »viele aber, die da vorwitzige Kunst getrieben hatten, brachten ihre Bücher und verbrannten sie öffentlich, und nberrcchneten, was sie wert waren, und fanden des Geldes 50 000 Groschen«. Auf welche Weise dieser Wert (nach unserem Gelde etwa 37 500 Mark) festgcstellt worden ist, ist nicht bekannt; man darf wohl annehmen, daß die Summe willkürlich einer großen Masse von Büchern gegenüber angenommen wor den ist. Erich Schroeder entdeckte 1637 ein altes Manuskript, in dem zu lesen ist, daß alle in Runen geschriebenen Werke zu Anfang des elften Jahrhunderts auf Befehl des Königs Olaus von Schwe den verbrannt worden seien, der in der Runenschrift ein Hindernis der Einführung des Christentums in seine Länder gefunden zu haben glaubte. Er berief im Jahre 1000 alle Großen seines Reiches, und diese beschlossen die Ersetzung der runischen durch die lateinischen Schriftzeichen und die vollständige Zerstörung aller Irrlehren enthaltenden Werke. Bei der allgemeinen Vernichtungs- Wut sind auch Unmassen von Werken über die Geschichte und Alter tümer jener Nation verloren gegangen. Man vermutet, daß ans diese Weise die Werke eines Jorundus, Gisruru s, Schulemontanns und Alterns Magnus vernichtet wurden.*) Mnhamed II. gewährte seinen Soldaten nach der Einnahme von Konstantinopel im Jahre 1453 volle Plünderfreiheit. Von diesem Rechte wurde natürlich der weiteste Gebrauch gemacht, und es ist nicht zu verwundern, daß neben anderen Schätzen auch die reichen Kirchenbibliotheken und vor allem die mit so vieler Liebe und Hingebung von Kaiser Konstantin angelegte zerstört wurden. Im Jahre 1508 ließ der Kardinal Timenes, nachdem er 3000 Muhamcdaner »überredet« hatte, zum Christentume über zutreten und sich taufen zu lassen, alle muhamedanischen Bücher, deren er habhaft werden konnte, ohne Rücksicht auf Verfasser und Inhalt verbrennen. Mehr als 5000 Bände wurden so samt ihren prächtigen und wertvollen Einbänden und Miniaturen dem Unter gänge geweiht.**) Zwei Jahre später, 1510, erließ Kaiser Maximilian I. einen Befehl, der alle hebräischen Bücher, mit Ausnahme der Bibel, auf den Index setzte, mit der Erklärung, daß sie nur Gotteslästerungen, Zauberkünste und ähnliche gefährliche Dinge enthielten. Der gelehrte Johannes Renchlin protestierte dagegen, indem er in seinem sogenannten »Augenspiegel«***) die Unschädlichkeit vieler hebräischer Werke nachwies. Der Klerus von Köln und Paris ver dammte diese Schrift und bot alles Mögliche auf, ihrem Verfasser dasselbe Los zu bereiten, vor dem dieser die von ihm verteidigten Werke behüten wollte. Glücklicher Weise bewahrte ihn der kaiser liche Einfluß vor einem solchen Schicksal. *) Einen interessanten Aussatz zur »Geschichte der Rnnenkunde« bietet Professor Paul Piper in »Die älteste deutsche Littcratur bis um das Jahr 1050« (Band I. von Kürschners Nationallitteratur). **) Dieses Vorgehen ist gerade von Kardinal Limenes unbegreiflich, der sich so hohe Verdienste um die Verbreitung der Wissenschaften er worben hat, u. a. durch Gründung der Universität Alcalü und des berühmten Kollegs von S. Delfonso im Jahre 1499. Drei Jahre später trat er mit dem Projekt einer Polyglottenbibel hervor. Er ließ zu diesem Zwecke nach seiner Residenz Toledo eine große Anzahl der ge lehrtesten Sprachforscher kommen, dank deren Eifer im Jahre 1515 mit dem Drucke begonnen werden konnte. Limenes scheute dabei keine Kosten, um die besten Ausgaben und wertvollsten Manuskripte als Unter lagen zu gewinnen. Die Limenes'sche Polyglotte besteht bekanntlich aus sechs Bänden in Folio und ist jetzt ziemlich selten geworden. ***) Ain clare verstentnus in tütsch uff doctor Johannsen Renchlin ratschlag von den jnden büchern, vormals auch zu latin im Augen spiegel uszgangen. In Folio. Ohne Ort. Matthias Corvinus, König von Ungarn und Böhmen, er richtete in Pest drei Bibliotheken, die bald auf 50 000 Bände an- wnchsen. Dreißig Beamte unter Leitung des berühmten dalma tinischen Malers Felix Ragusinns hatten die Aufgabe, die Bände mit Zeichnungen und Miniaturen zu schmücken. Hauptsächlich be standen diese Bibliotheken aus Pergamentmanuskripten, die auf das eleganteste gebunden und mit Beschlägen aus Silber und anderem Metall versehen, nicht minder auch mit dem Wappen des Besitzers (einem Raben mit einem Ringe im Schnabel) geschmückt waren. Als Pest 1526 von den Türken unter Soliman II. genommen wurde, bot der Kardinal Bozman vergebens 200 000 Goldgulden, um die unschätzbare Bibliothek zu retten; die Sieger ließen ihrer Zerstörungswut freien Lauf, vernichteten die Bücher und betrachteten die silbernen Beschläge u. s. w. als willkommene Beute. Der Scheiterhaufen, die Savonarola und andere Fanatiker allen weltlichen Büchern errichteten, sei nur vorübergehend gedacht; waren es doch in den einzelnen Fällen nur geringere Mengen von Büchern, die ihnen zum Opfer fielen. Um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts verbot Karl V. alle ketzerischen Bücher und bedrohte die Leser der Schriften eines Luther und anderer Ketzer mit den härtesten Strafen. Er erließ weiter ein Edikt gegen die Besitzer derartiger Werke, indem er sie als Rebellen hinstellte und sie mit Todesstrafe bedrohte, wenn sie nicht sofort alle verbotenen Bücher verbrennen würden. Daß diese Drohung unendliche Schätze den Flammen überwies, liegt auf der Hand. Ketzerische Bücher aus religiösem Gebiete waren überhaupt oft aus Staatsrücksichten der Gegenstand kaiserlicher Verbote. So ver bot Kaiser Konstantin die Werke der Eunomianer und Manichäer; Theodosius ließ die eines Nestor verbrennen, ebenso Marzian die Schriften der Utichianer und in Spanien König Recaredo die der Arianer. Nach 1300 nahmen sich die römischen Päpste der Littcratur auf ihre Weise an, indem sie Bücher verbrannten, deren Lektüre verboten und ihre Verfasser bestraften. So verdammte Leo X. Luther und verbot bei Strafe der Exkommunikation seine Schriften; sein Beispiel wurde von den späteren Päpsten nachgeahmt und eine Bulle nach der andern wurde in gleichem Sinne erlassen. Die vorerwähnten Fälle erschöpfen die Reihe der Bücher zerstörungen keineswegs; es ließen sich noch viele weitere Beispiele bis ans die neueste Zeit hinzufügen.*) »Oibri vivi maZistri sank« sagt Gellius, und je mehr solcher tüchtigen Lehrer vorhanden sind, je mehr ist Aussicht vorhanden, den großen Massen eine gediegene Bildung zu geben zum Wohle der einzelnen und der Gesamtheit. —s. Misrellcn. Bücherwesen. — Unter dieser Rubrik finden wir in den »Dresdner Nachrichten« folgende durchaus zutreffende Betrachtung: Eine gewiß erfreuliche Erscheinung ist das an den öffentlichen Bibliotheken mehr und mehr hervortretende Bestreben, ihre Biblio thekschätze zu vervollständigen und sie der Wissenschaft zugänglicher zu machen. Die Kgl. Bibliothek in Berlin geht hierin wacker voran, nachdem ihr bedeutendere Mittel zur Verfügung gestellt sind; und der als Oberbibliothekar neuangestellte tüchtige Fachgelehrte vr. Wilmauns aus Göttingen dürfte für die Verwaltung der *) Wir erinnern nur an die Zerstörung vieler Klosterbibliotheken bei deren Aufhebung. Sollen wir verschweigen, daß auch der Unter gang der Straßburger Bibliothek während des 1870er Bombardements hierhergehört? Sollen wir nicht auch die vor wenigen Jahren kon statierte Engros-Beraubung der Liblioteou na-rion-Us in Rom hierher rechnen , deren weitere gerichtliche Verfolgung aus Gründen, die in eingeweihten Kreisen nur zu bekannt sind, eingestellt wurde, u. a. m.
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