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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.04.1894
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- 1894-04-05
- Erscheinungsdatum
- 05.04.1894
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»Nach der Strafprozessordnung ist ein Gerichtsstand begründet, so wohl bei demjenigen Gerichte, in dessen Bezirk die strafbare Handlung begangen ist iH 7), als auch bei demjenigen Gerichte, in dessen Bezirk der Angeschuldigte zur Zeit der Erhebung der öffentlichen Klage seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat <8 8). Beide Gerichtsstände, der des Thatortes sowohl als der des Wohnortes, gellen auch für Preßdelikte. »Der Gerichtsstand des Thatortes ist nach 8 7 der R.-St.-P.-O. bei demjenigen Gerichte begründet, in dessen Bezirk die strafbare Handlung begangen ist. Da nun der Zeitpunkt der Begehung (Vollendung) des Preßdelikts identisch ist mit dem Zeitpunkte des Beginnes der Verbreitung, so ist das Preßdelikt an dem Orte begangen, von dem aus die Verbrei tung erfolgt ist, oder mit anderen Worten: an welchem die Druckschrift erschienen ist. Wenn deshalb der Verleger die Druckschrift nicht von seinem Wohnorte aus vertreibt, sondern die ganze Auflage an einen Kommissionär zum Vertriebe durch letzteren sendet, so ist der Sitz des Kommissionärs maßgebend; denn von letzterem Orte aus erfolgt die Verbreitung. — An dem Orte, von welchem aus die Verbreitung erfolgt, ist das Delikt begangen und von allen denjenigen Personen, welche wegen ihrer Beteiligung an Herstellung und Ausgabe der Druckschrift sür deren Inhalt verantwortlich sind, sohin insbesondere von dem Ver fasser und Herausgeber, von dem Redakteur, Drucker und Verleger. Es führen sohin die allgemeinen Grundsätze ganz zu demselben Satze, welcher nach den Beschlüssen der Reichstagskommission als Absatz 2 zu tz 7 der R-St.-P-O. ausdrückliche Formulierung im Gesetze finden sollte, lieber die gegen diesen Satz bei Beratung der R.-St.-P -O. von den Negierungsvertretern erhobenen Einwände und deren Widerlegung vergl. John, Kommentar zur Straf-Prozeßordnung I. Bd. S. 223 folg. -Die Verbreitung einer Druckschrift kann auch von mehreren Orten aus erfolgen, und zwar so, daß jeder dieser Orte als selbständiges Ver- breitungScentrui» — siche Nevisionsbegründung des Staatsanwalts in Sachen Paasch-Brandt, welche vom Reichsgericht beachtet worden ist — neben den anderen erscheint. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn der Verleger einer Druckschrift die sämtlichen Exemplare in drei Teilen an drei Kommissionäre in A., B. und C. verschickt, welche ihrerseits erst de» Vertrieb zu bcthätigen haben. Hier liegt in der Thäligkeit eines jede» der Kommissionäre ein selbständiger Akt der Verbreitung, und der Gerichtsstand der begangenen That ist deshalb bei dem Gerichte eines jcdcn der Orte A., B. und C. begründet. Vergl. Liszt 8 41 I. a. E., Schwarze S 166; siehe auch Erkenntnis des Reichsgerichts vom 29. März 1882 (Nechlspr. Bd. IV. S. 287). Derselbe Fall liegt dann vor, wenn eine Zeitung von zwei an verschiedenen Orten gelegenen selbständigen ExpcditionSstellen aus verbreitet wird. Vergl Erkenntnis des preußischen Ober-Tribunals vom 7. März 1886 (Gvltdammer Bd. 14, S. 346), Erkenntnis dcS bayerischen obersten Gerichtshofes vom 9. August 1878 (Sammlung Bd. 8, S. 425). -Obwohl die Verbreitung durch die Ausgabe der Druckschrift am Orte ihres Erscheinens bereits vollendet ist, so kann dennoch eine weitere Ver breitung staltfiiiden und durch dieselbe die Druckschrift an andere Orte gelangen. Da bet Preßdeliktcn Zeit und Ort der Begehung sich lediglich nach dem ersten VerbrciiungSakte bestimmt, so kann durch die weitere Verbreitung das bereits vollendete Delikt weder noch einmal vollendet, noch fortgesetzt werden. Für diejenigen Personen, deren Thäligkeit bereits abgeschlossen ist (Verfasser oder Herausgeber, Redakteur, Drucker, Verleger oder Kommissionär) kommt die weitere Verbreitung gar nicht mehr in Bctracht. Wohl aber können andere Personen, welche, bisher unbeteiligt, nach dem Beginne der Verbreitung eine die weitere Verbreitung bewirkende Thäligkeit vornehmen, durch diese weitere Verbreitung strafbar werden, zwar nicht als Teilnehmer an dem bereits durch die erste Ver- breltungshandlung vollendeten Delikte, möglicherweise aber <bei Vorhanden sein dcS nach 8 257 des N-St.-G.-B. erforderlichen Dolus) als Begünstiger desselben und jedenfalls dann, wenn die Verbreitung selbst ein neues selb ständiges, von dem ersten bereits vollendeten Delikte verschiedenes Prcßdelikt darslellt. Letzteres ist aber dann der Fall, wenn die Verbreitung den ganzen Thatbcstand des Deliktes subjektiv und objektiv von neuem voll ständig reproduzieit, z B. bei der Verbreitung unzüchtiger Schriften (8 184 dcS N.-St.-G.-B.) übrigens auch bei Beleidigung, Gotteslästerung, Aussorderung zum Ungehorsam w,, sofern die Weitcrverbreitung mit dem Bewußtsein dcS strasbarcn Inhalts der Druckschrift und mit dem zum Thalbestande des belr. Delikts erforderlichen Vorsatze (Dolus) ge schieht, welcher DoluS freilich auS der Kenntnis des Inhalts nicht ohne weiteres gefolgert werden kan». Vergl. LiSzt 8 41 II, Schwarze S. 122, Beriidr 8 110 5 l>, Thilo S. 93, Marguardsen S. 188 ff. Siehe auch Erkenntnis dcS Reichsgerichts vom 17. März 1880 und vom 13. Februar 1885. (RechtSspr. Bd. I, S. 485, Bd. VII, S 107). Für diese durch die weitere Verbreitung begangenen neuen Delikte ist selbstverständlich der Begchungsort derjenige Ort, von welchem die weitere Verbreitung erfolgt ist. -In Bezug aus die Verjährungssrage lauten die Motive zum Entwurf de« Preßgcsetzcs an der hier einschlägigen Stelle (stenogr. Bericht 1874 UI, S. 142): Die Bestimmung einer sechsmonatlichen Vcrjährungssrist sür die durch die Presse begangenen Verbrechen und Vergehen ist säst allen Prcßgcsctze» gemeinsam. Daß der Entwurf diese kürzere, in der Natur der Preßdelikte begründete Verjährung wieder ausgenommen hat, wird keiner Rechtfertigung bedürfen. Der Grund liegt nämlich darin, daß die Preßdelikte erstens mit ihrem Thalbestande gleich in die breiteste Oeffentlichkeit treten, sohin sofort verfolgt werden können, und zweitens, soweit die periodische Presse in Frage kommt, um ihres ephemeren Charakters willen nur aus der Zeit ihrer Begehung heraus richtig beurteilt werden. -8 67 des Str.-G.-B. sagt: Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem die Handlung begangen ist, ohne Rücksicht aus den Zeitpunkt des eingetretenen Erfolges. -Mit dem Beginne der Verbreitung ist das Delikt begangen und es nimmt deshalb auch die Verjährung hiermit ihren Anfang gegenüber allen an der Herstellung und Ausgabe der Druckschrift beteiligten Per sonen, insbesondere sür den Verfasser, Herausgeber, verantwortlichen Redakteur, Drucker und Verleger. -Sowohl das Berliner Landgericht als auch das Reichsgericht hat nun entschieden, daß ich als Verleger, dessen Zuständigkeit durch die erste Verbreitung in Dresden, nach obigen Ausführungen zweifellos nur Dresden sein kann, überall dort zuständig sei, wo Bücher meines Verlags vertrieben werden, und daß die Verjährungsfrist nicht mit der ersten Verbreitung, sondern immer mit der letzten Verbreitung beginne. Nach meiner Anschauung befinden sich diese Entscheidungen im Widerspruch mit dem Geiste der Preßgesetzmatcrie. Meine Einwürfe, die ich am 30. März d. I. persönlich vor dem Reichsgericht geltend machte, gingen im wesentlichen dahin: -1. Zur Zuständigkeitsfragc bemerkte ich, daß, wenn Dresden nicht als der alleinige Thatort sür mich anerkannt werde, sondern jeder Verbreitungsort als Forum sür mich in Frage komme, dies zur Folge haben könne, daß ich gleichzeitig an tausend Orten wegen eines und desselben Preßvergehens als Angeklagter erscheinen müßte. Da thalsächlich schon in den verschiedensten Städten, wo die politischen Bilderbogen vorzugsweise verbreitet werden, Klage erhoben worden sei, so sei es nicht ausgeschlossen, daß ich eines Tages wirklich in diese eigentümliche Lage versetzt werde. Nach der Auffassung des Reichs gerichts könnte sich folgender Fall ereignen. Es verbreitet jemand in Kamerun eine deutsche Zeitung, die sich -beleidigend- über den dortigen Kanzler wegen der Auspeitschung der Negerweiber aus- läßt. Der Kanzler könnte nunmehr nicht nur gegen den dortigen Ver breiter klagen, sondern auch gleichzeitig z. B. den Besitzer der -Kölnischen- oder -Vossischen Zeitung- nach Kamerun vor das dortige Gericht citieren, da nicht Köln oder Berlin als Thatort, sondern Kamerun als Verbreitungsort in diesem Fall zuständig sei. Ebenso kann nunmehr jeden Augenblick der bayerische Preußensresser Dr. Sigl vor Preußi schen Richtern wegen seiner bajuvarischen Grobheiten abgeurteilt werden, falls irgend ein Exemplar seines -Vaterlandes» in einem Ber liner Casä oder sonstwo abonniert ist. Gleichfalls könnte der Redakteur der -Hamburger Nachrichten- vor den Berliner Richter citiert werden, der antisemitische Freiherr von Hammerstein in die Städte Frankfurt a. M. oder Breslau oder ein welsischer Redakteur nach Potsdam oder Branden burg. Ich führte vor dem Reichsgericht ausdrücklich an, daß man jeden Angeklagten in dem Empfindungsleben seiner heimatlichen Provinz be lassen müsse, da jede Provinz im deutschen Reich gewisse Eigentümlich keiten des Denkens und der Sprechweise habe, deren Kenntnis und Abschätzung namentlich gerade in Beleidigungsprozessen von außerordent lich hohem juristischen Wert seien. So würde z. B. eine in Bayern be liebte wegwerfende Bezeichnung der Preußen von bayerischen Richtern viel milder beurteilt werden, als von preußischen Justizräten. Jedenfalls hat der Gesetzgeber durch die in der Gerichtsverfassung enthaltene Be stimmung: -Es darf niemand seinem ordentlichen Richter entzogen werden- solche berechtigte Eigentümlichkeiten des Heimatlandes mit in das Gewicht der richterlichen Entscheidung fallen lassen wollen. Beson ders kommt in dem vorliegenden Fall in Betracht, daß man in Sachsen sich für die Reichspolitik des Grafen Caprivi durchaus nicht erwärmt, während man dem früheren Kanzler eine anhaltend starke Verehrung entgegen bringt, wie dies ja auch in dem zur Anklage gekommenen Bilderbogen zum Ausdruck gelangt ist. -2. Zur Verjährungsfrage bemerkte ich, daß, wenn die Ver jährung nach der Auffassung des Reichsgerichts immer erst 6 Monate nach dem letzten und nicht nach dem ersten Verbreitungsakte eintreten solle, eine Verjährung für Preßvergehen einfach illusorisch werde. Wenn z. B. heute im Aufträge des Fürsten Bismarck ein Exemplar einer Zeitung aus dem Jahrgang 1890 gekauft würde, in der sich eine beleidigende Aeußerung gegen ihn vorfände, welche dieser während seiner Amtsthäligkeit übersehen habe, so könne Bismarck nach der Auffassung des Reichsgerichts immer noch 6 Monate nach Ankauf dieses Zeitungs blattes wegen einer Preßbeleidigung Klage erheben, die thatiächlich vor 4 Jahren begangen und abgeschlossen war und für die der Gesetzgeber im Hinblick aus die breite Oeffentlichkeit und die ephemeren Umstände, unter welchen eine solche politische Beleidigung zu würdigen sei, eine Verjährungssrist von nur 6 Monaten bestimmt hat. Ebenso könnte auch noch nach 2 oder 3 Jahren der Reichskanzler Graf Caprivi gegen den im Jahre 1892 bei mir erschienenen Bilderbogen -Caprivi's Helden- Ihaien- Klage erheben. , 2^-Dieses Beispiel zeigt klar und deutlich, das,, wenn das Reichsgericht
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