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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.10.1881
- Strukturtyp
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- Band
- 1881-10-05
- Erscheinungsdatum
- 05.10.1881
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- Deutsch
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230, 5. Octobcr. Nichtamtlicher Theil. 4303 die Maler ein goldenes Zeitalter hereinzubrechen. Stil und Mode sind zwei Begriffe, welche mit säst tyrannischer Macht das Dasein der besitzenden Classen beherrschen, aber auch ver schönern. Es wurde in den sechziger Jahren Mode, das Beste für den Salon zu erwerben; es gehörte zum Chic, besonders in MoKe gekommene Künstler „auszuhängcn", dadurch entstand ein Ausbietcn i nd Ueberbieten, ein Haschen und Drängen, welches zunächst die Wirkung hatte, daß die Künstler mit ihren Preisen über das Maß gewöhnlicher Berechnung hinansgingen; nicht nur, daß man ihnen die eben vollendeten Gemälde srisch von der Staffelei wegkaufte, sondern man begnügte sich auch mit bloßen Skizzen und Untermalungen und machte Bestellungen ins Blaue hinein und ans Jahre hinaus. Dieser Fanatismus steigerte sich nach den Errungenschaften des großen französischen Krieges zu unnatürlicher Höhe und wuchs mit dem steigenden Gründerwahnsin» Anfangs der siebenziger Jahre. Paris und Wien und nicht in letzter Reihe Berlin wurden die Stapelplätze für Gemälde von Ruf »nd Namen, und hier muß ich erwähnen, daß die famosen Kunstauctionen im Hotel Druot in Paris und die der Wiener Kunsthändler im neuerbauten Künstlerhause wahre Börsenplätze wurden; denn die Gemälde wurden gehandelt wie Papiere und man konnte damals nach dem Curse eines Gauermann, Pettenkosen, Knaus, Meissonnier, Munkacsh !c. fragen, wie nach Creditactien und Nordbahn. Es fehlte bei diesen Auctionen nicht an einer geeigneten Führerschaft. Die Nabobs Rothschild, Sina, Apsilanti, Coburg, Schey :c. gaben den Ton an und mit einer gewissen Eifersucht, oft ohne jedes Kunstverständniß folgte die ckarmesss-ckorea beider Consessionen der Börse. Den Reigen dieser Kunstauctionen eröfsnete die sehr solide in Scene gesetzte Versteigerung der Sammlung des ver storbenen Barons Arthaber; ihre erzielten äußerst günstigen Preise wurden das Signal für Händler und Sammler und er weckten den Reiz zu weiteren Auctionen, zusammengestellt aus Nachlässen, und neuen eigens für diesen Zweck erstandenen Ge mälden der Pariser, Münchener und Düsseldorfer Schule, unter mischt mit manchen guten, alten Meistern wie Gcrard Dow, Ruisdael, Mieris, Wouvcrman, Breughel re. Es ist besonders in Wien bei diesen Unternehmungen, zum Theil raffinirt geleitet nach dem Muster alter Pariser und Londoner Kunstauctionen, viel Geld gemacht worden und oft wurden die fabelhaftesten Unsummen von Denen gezahlt, die mit einem schweren Geldbeutel nur ein äußerst geringes oder gar kein Kunstverständniß ver banden, und die durch Ehrgeiz uud Eifersucht angcstachelt, mit der Leidenschaft eines Hazardspielers sich ein Vergnügen daraus machten, den Hammer des Auktionators nur äußerst langsam zum Fallen zu bringen. Zwischen Frühstück und Börsenzeit ist in diesen Räumen dem Kunstsport viel gefröhnt worden und so ging es besonders in den Wintermonaten tapfer darauf los. Das Weizenfeld renommirter Künstler blühte üppig und jüngere Künstler, die noch keinen Namen, aber eine der Richtung ange messene Schule hatten, wurden durch den Sonnenschein und Gold regen eines gütigen Nabob schnell erfunden und wie ein neues Actienpapier lancirt. Da aber bekanntlich die Bäume nicht in den Himmel wachsen, so mußte auch hier ein Rückschlag eintreten. Mit einem un glaublichen Glück ging noch kurz vor dem großen Krach in Wien die Auction des als Kunstkenner hochbewährten Samm lers Gsell in Scene. Liebhaber und Händler aus allen Ländern gaben sich ein Rendez-vous; der noch heute vor mir liegende Katalog weist gesteigerte Summen bis zu 25,000 sl. für Meister wie Pettenkosen und Meissonnier ans, das Gesammtresultat dieser durch den Kunsthändler Plach geleiteten Auction bezifferte sich nach Millionen und man erzählt sich, daß dieser Herr die täg lichen Einnahmen der eine ganze Woche dauernden Auction all abendlich in einer bis an den Rand mit Banknoten gefüllten, ansehnlichen Reisetasche nach Hause trug. Diese Gsell'sche Auction war der Abschluß einer etwas überreizten Speculation, der segen- bringcnde Krach legte in Wien einen Sport lahm, wie man ihn bisher in Paris und London kaum geübt hatte. Was waren nun die nächsten Folgen dieses auch den Kunstmarkt so heftig erschütternden Krachs? Es trat eine stagnirende Ruhe in den Künstlerateliers ein, die Speculanten und fremden Händler blieben aus, manche Künstlernaturen, in der Zeit des Goldregens ver wöhnt und dem Luxus fröhnend, von heute aus morgen nicht denkend und so zu Verschwendern erzogen, hatten in dem Glauben, daß ein Glück ohne Ruh' ohne Ende so weiter gehen würde, sich verausgabt, und ein namenloser Katzenjammer beschlich die müden Geister in ihren Ateliers. Dann aber wurde es auch gewöhn lichen Sterblichen wieder möglich, Bilder zu annehmbaren Preisen zu kaufen, Staatssammlungcn konnten die durch eine jahrelange Hausse entstandenen Lücken ergänzen und man bewegte sich wieder ans normalem Boden. Während der fetten Jahre hatte sich be sonders in München eine Erscheinung geltend gemacht, die in Würdigung einer späteren Münchener Kunstgeschichte einige Be achtung verdient. Durch die enormen Absatzwege nach auswär tigen Märkten in Wien, Berlin, Paris, Rußland, England, Amerika, durch das Absangen der ersten Kunstleistungen srisch von der Staffelei weg, blieb für die Stadt München und den kunstlie benden Fremdenzug nur eine traurige Nachlese. Mittelgut in den kleineren Ateliers, Dilettantenarbeiten in der Localkunstaus- stellung und dem Kunstverein, welche zu beschicken der bevorzugte Künstler unter seiner Würde gehalten, und sogenannte Brotbilder geldbedürftiger Anfänger bewirkten zunächst beim Fremdenpubli- cum den unwillkürlichen Ausruf: „Ist das die vielgepriesene Kunst von München?" Das wurde nach dem Krach anders, man sah wieder etwas von den Heroen der Jsarmetropolc und die Stadt trat wieder in ihre alten Rechte. Die Pinakothek, eine Lücke von etwa 15 Jahren aufweisend, konnte wieder Acqui- sitionen machen und eine sorgfältigere, solide Art des Schaffens trat in eine neue Phase. Auch die Wiener Weltausstellung, deren Eröffnung unmittelbar nach dem Krach erfolgte, hatte viel Entmuthigendes im Gefolge; denn bei der allgemeinen Ddroute im Kunstenthnsiasmus bliebe» die besten Gemälde hängen. Einer freilich unter den Vielen arbeitete sich in seiner stillen Klause, gelähmt auf dem Ruhebette liegend, unberührt von den hoch- gehcndcnWogen der Außenwelt, gewaltig hindurch. Es war Franz Defregger mit seinem „Ball auf der Alm", ein Gemälde (wohl bis heute noch das beste des Meisters), welches ich für 4000 fl. von ihm erwarb. Trotz Krach und Börsennngewitter ging es schon nach wenigen Tagen für 7000 fl. an die Montmorillonsche Kunst handlung über, welche es stechen ließ und es dann, noch ehe der Stich von Preiset halb vollendet werden konnte, an einen russi schen Fürsten für 20,000 sl. wieder verkaufte. Seitdem sind Defregger's Bilder aus gleicher Preishöhe geblieben; sollte der „Ball auf der Alm" einmal wieder aus den Markt kommen oder würde er heute seilgebotcn, so dürfte er schwerlich unter 50,000 fl. zu haben sein. Inzwischen haben sich die Folgen des große» Krachs verwischt, der Umstand, daß viele Börsengrößen nach dem Krach sich ihrer Gemäldesammlungen wieder zu Spottpreisen ent- äußerten, wirkte noch eine lange Zeit übel auf die Künstler, es wurde plötzlich mit zu viel Waare der Markt überschwemmt und der Händler kam wieder in den Besitz mancher alter Bekannten, die nur langsam aufgcsogen werden konnten. Jetzt, nachdem namentlich die besseren Künstler wieder aus solider Basis arbeiten, darf auch der erfreuliche Umstand constatirt werden, daß nicht alle Primagemälde mehr ins Ausland gehen, die großen deutschen oS5*
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