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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.09.1899
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- 1899-09-07
- Erscheinungsdatum
- 07.09.1899
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- Deutsch
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6378 Nichtamtlicher Teil. 208, 7. September 1899. Wunderbar! Die kleinsten Völker klammern sich neuer dings wieder ganz grimmig an ihre, eine Zeitlang vernach lässigte Sprache an; die Tschechen zum Beispiel und die Wälschen im Vereinigten Königreich von Großbritannien und Irland. Auf der grünen »Insel der Heiligen« sogar, wo neun Zehntel der Bevölkerung gar nicht mehr die alte, ersisch-keltische Sprache verstehen, werden jetzt solche Versuche der Wiederbelebung, und zwar zu politischen Zwecken, gemacht. Die Deutschen aber, eines der größten Bildungs völker, sollen die »für ein Herrschervolk vorzüglich geeignete Kommandosprache« der Engländer als Weltsprache annehmcn, da unglücklicherweise unsere eigene Sprache in ihrem An laufe, zu einer Mischsprache zu werden und dadurch »tausend jährige wertvolle Kultur-Elemente einzusaugen« (sollte es nicht heißen: zu absorbieren?), plötzlich stehen geblieben und dadurch zurückgegangen ist! Ein Herrschervolk . . . Die Engländer sind ein freies Volk, aber in jüngster Zeit allerdings auf dem Wege, einem »Imperialismus« zu verfallen, der, gleichwie die ähnliche Bewegung in den Vereinigten Staaten von Amerika, noch recht schlimme Folgen für die Freiheits - Errungenschaften haben kann. Nicht einmal die kleine südafrikanische Schweiz, genannt Transvaal, soll mehr auf dem Wege zum Aufbau eines großafrikanischen Reiches» vom Kap bis Kairo« geduldet werden. Das Prokonsultum macht sich breit. Die cäsa- ristische Ader fängt zu schlagen an. Wer dein englischen Volke wirklich wohl will, kann nur mit Bedauern diese Ent wickelung sehen. Es sind nur ein paar Jahre her, daß in der deutschen Presse allzu hastige Urteile über einen unvermeidlichen Nieder gang des britischen Karthago gefällt wurden. Man hielt das von Frankreich, Rußland und Amerika angefeindete, mit dem deutschen Reiche auf gespanntem Fuße stehende, vereinsamt gewordene England für eine kurzweg zu vernachlässigende Ziffer, seine Rolle für ausgespielt. Jetzt hört man dagegen mit einem Male von dem »Herrschervolke«, vor dem wir sogar sprachlich den Nacken zu beugen haben. Nun, wer die Ent wickelung der englischen Zunge gründlicher kennt, der weiß, daß, wenn die »Verwitterung« noch weitere Fortschritte macht, wirklich eine große Gefahr für diese Sprache eintreten muß, zuletzt unbehilflich zu werden. Mit bloßen Kommando- oder Befehlswörtern geht es ja auf geistigem Gebiete doch nicht. Nein, wir wollen uns weder den lateinischen Zopf in der Wissenschaft wieder anhängen noch den Diener für eine andere lebende Sprache machen. Ich kenne der Sprachen gar manche, weiß auch Französisch, Italienisch, Holländisch u. s. m., jedes in seiner Art, zu genießen. Niemand kann die klassische Bildung höher schätzen als ich. Nicht im mindesten bin ich der »modernen« Richtung zugethan, die mit Griechisch und Latein, wie mit altem Gerümpel, aufräumen möchte. Aber für die neuere Wissenschaft eignet sich die Römerzunge nicht. Die Ergebnisse solcher Wissenschaft allgemeiner zugänglich zu machen, ist ein Haupterfordernis,: und dazu hilft nur die Sprache des eigenen Volkes. An den Engländern und ihrem Schrifttum schätzen wir, was zu schätzen ist, und manches können wir von ihnen lernen, wie sie von uns. Im übrigen haben wir für unsere Entwickelung zu sorgen, nicht vor einem fremden Dschagannath uns auf den Boden zu werfen. Wer heute uns das anrät, der hätte wohl, wenn er zur Zeit Lud wigs XIV. gelebt, als Schriftsteller dem Sonnenkönig die französische Purpurschleppe getragen. Derlei ist nicht unseres Geschmackes. Kleine Mitteilungen. Warenhäuser. — lieber das Kapitel der Großbazare schreibt den -L. N. N.» ein Freund des Blattes folgendes: Eine Zu sammenstellung der Jahresumsätze bei den ausländischen Waren häusern berühmten Namens pro 1898 ergiebt das folgende interessante Resultat (vergl. Börsenbl. 1899, Nr. 160): Es betrug der Umsatz bei den Firmen: Au bon Marchö, Paris, 180 Millionen Frcs., Louvre, Paris, 145 Millionen Frcs., Siegel, Cooper L Co., Chicago, 90 Millionen Frcs., Marschall Field, Chicago, 80 Millionen Frcs., Whitelcy, London, 55 Millionen Frcs., Wannamaker, Phila delphia, 3b Millionen Frcs., Bloomingdales, New Jork, 30 Millionen Frcs. Das sind jedenfalls imponierende Ziffern, um die man diese Häuser beneiden könnte; in der Liste der Großbazare von Ruf reihen sich dann diesen ersten Firmen eine Menge anderer von weniger großer Bedeutung noch an. Wir führen die vorstehenden nur als die ausschlaggebenden an. Diesen gegenüber bleiben vorderhand die großen deutschen Waren häuser noch sehr zurück, denn selbst das größte unter ihnen hat es im Jahre 1898 erst zu einem Umsätze von 30 Millionen ^ gebracht, allerdings nach verhältnismäßig sehr kurzer Zeit. Sein Umsatz betrug 1895 ca. 6 Millionen 1896 steigerte sich derselbe auf 12, 1897 auf 24 Millionen während im ver gangenen Jahre die Summe von 30 Millionen erreicht wurde. Daß die ^ranäe magasivs in Frankreich einen großen Vorsprung vor den übrigen Etablissements verwandten Genres haben, kann ^ nicht überraschen, denn sie haben auf ihrem Boden den Anfang gemacht und speziell in Paris, das bekanntlich bald das ganze Frankreich darstellt, ein fruchtbares Arbeitsfeld gefunden. Hieraus Schlußfolgerungen auf Deutschland zu ziehen, würden wir für sehr verkehrt erachten, denn bei uns walten noch große Decentralisations-Bestrebungen vor, und Berlin wird deshalb nicht so bald in die Fußtapfen der großen Seine-Stadt treten können. Aus diesem Grunde dürfte auch unserer Reichshauptstadt in der Gründung und steten Vergrößerung der Großbazare etwas mehr Zurückhaltung zu empfehlen sein; jetzt schießen solche wie Pilze aus der Erde, wie es in Paris nicht geschehen ist. Die Reaktion wird sicherlich nicht ausbleiben können, wenn es bei uns mit der Bazar wirtschaft in der seitherigen Weise weiter geht. Daß übrigens mit solchen Umsatzziffern wie die oben ange gebenen eine ungezählte Menge kleiner Existenzen zu Grunde ge richtet worden sind, unterliegt keinem Zweifel. Es hat deshalb auch bereits von Anbeginn an in Frankreich nicht an Opposition gegen diese Großmagazine gefehlt. Man erkannte dort wie bei uns in Deutschland die Gefahr, die durch das Anwachsen und die Ueberhandnahme der großen Warenhäuser für die Existenz des Mittelstandes in Handel und Gewerbe entstehen würde. Die selben wurden durch Steuermaßregeln aller Art hart bekämpft. Es entstanden Kampforganisationen der Kleinhändler, so zum Beispiel: Die »lugue s^uclioals paar lo clsksvso äse intörtzt8 äu travail, cts l'iucicwtris si du oowworos», auch ein Journal, das allerdings inzwischen wieder eingegangen ist: »La llgvenckieg-tion-, ferner bestimmte ein Gesetz vom Jahre 1890 unter anderem, daß bei einer Beschäftigung von über hundert Angestellten eine Taxe von 50 Frcs. anstatt der bisherigen 25 Frcs. für jeden An gestellten, sowie eine Erhöhung der Abgabe vom Mietswert einzu führen sei. Zu allen diesen Hindernissen gesellten sich im Laufe der Zeit noch verschiedene andere, sie alle aber sind nicht im stände gewesen, die Existenz der Aravcko magrwius in Frage zu stellen, die sich, wie man auch aus den bezahlten Dividenden ersieht, in ihren Verhältnissen immer weiter konsolidiert haben; freilich macht sich jetzt gerade in den Heimstätten dieser Großbazare, wie Frankreich, England und Amerika, wieder eine stärkere Strömung gegen die selben geltend, die möglicherweise eine weitere größere Steuer belastung für dieselben zur Folge haben wird. Wie sich bei uns in Deutschland das Besteuerungssystem den Großbazaren gegenüber schließlich noch gestalten wird, entzieht sich vorderhand noch der Beurteilung. Die Ansichten in dieser An gelegenheit gehen zu weit auseinander. Der von manchen Seiten gemachte Vorschlag der Einführung einer sogenannten Er drosselungssteuer hat, wohl auch nicht mit Unrecht, fast nirgends Billigung gefunden, vor allem auch nicht bei den Regierungen, die dafür durchaus nicht zu haben sein werden. Jedenfalls ist man aber in der Majorität für das Prinzip der aus gleichenden Gerechtigkeit. Wie solches zu verwirklichen ist, kann erst die Zukunft zeigen. In welcher Form und in welchem Umfange indes auch die Steuer beschlossen werden wird, die Betroffenen werden schwerlich so viel darunter zu leiden haben, als man allgemein anzunehmen pflegt. Die Großbazare werden immer Mittel und Wege zu finden wissen, um die neuen Lasten von ihren Schultern abzuwälzen. Wir unserseits neigen der Ansicht zu, daß die größte Gefahr für diese Häuser in der übermäßig großen Konkurrenz besteht, die sie sich bei ihrer wachsenden Anzahl untereinander selbst bereiten werden und die
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