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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.09.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-09-16
- Erscheinungsdatum
- 16.09.1899
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
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- Saxonica
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^ 216, 16. September 1899. Nichtamtlicher Teil. 6633 einerlei, die werden's schon zurücknehmen. Gott sei Dank, daß ich keine Gedichtsammlung im Verlage habe! — Wahr haftig, da steht's, Z 18, 3: nur Sammlungen für den Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch sind noch zulässig, »zu einem eigentümlichen litterarischen Zwecke« nicht mehr. Aber was trödeln Sie denn da, Herr Ganghuber, fuhr der gereizte Habedank auf den Gehilfen los, der vor einem großen Haufen gleichmäßig gebundener Bücher stand und den Titel ansah. Verzeihen Sie, Herr Habedank, da hat eben der Buch binder die neue Auflage Ihres Fremdenführers durch Schön burg abgeliefert, aber . . . Was »aber«? Sie werden Angelegenheiten bekommen. Auf dem Titel der vorigen Auflage stehtr »Mit 15 Abbildungen nach Zeich nungen von Alfred Bleifeder«, und in der neuen Auflage sind nur 14 Bilder. Freilich, das Bild des alten Spitals habe ich weg gelassen, weil das schwammige Gemäuer abgerissen worden ist. Aber in dem neuen Gesetz heißt es: »§ 6. Wird ein Schriftwerk mit einem Werke der Tonkunst oder mit Ab bildungen verbunden, so gilt für jedes dieser Werke dessen Verfasser auch nach der Verbindung als Urheber«, und nach Z 10 darf der Verleger an dem Werke nichts weglassen, also auch keine der Abbildungen. Herrn Habedank verschwamm die neue teure Auflage des Fremdenführers in einem Nebel vor den Augen. Mit dem Maler Bleifeder war er spinnefeind geworden, und nun hatte er dessen Künstlerrecht so schwer verletzt! Vom Herrn Staatsanwalt! sagte ein eintretender Gerichtsdiener. Da haben wir's schon, stöhnte Habedank und wankte aus dem Laden in sein Hinterzimmer. Aber er konnte den Brief nicht gleich öffnen, denn der Redakteur Müller rief ihm erregt entgegen: Herr Habedank, da sind wir aber schön hineingefallen! Vor acht Tagen, Sie wissen ja, haben wir, mit Quellen angabe natürlich, der Zeitschrift für Feuerwehren den Artikel über das schlechte neue Spritzenmodell entlehnt, das sie hier in Schönburg auch angeschafft haben, bloß um unsere Be merkungen über das hiesige Feuerlöschwesen anzuknüpfen. Jetzt will die Zeitschrift für Feuerwehren fünfzig Mark Ab druckgebühr haben oder klagen. Und sie hat recht! Nach 8 17, Absatz 2 darf man nur aus Zeitungen einzelne Artikel abdrucken, die nicht mit dem Nachdruckverbote ver sehen sind; ein Abdruck aus Zeitschriften ist, mit Aus nahme von thatsächlichen Mitteilungen und von Tages neuigkeiten, schlechthin verboten. Herr, wenn Sie Dummheiten machen, dann zahlen Sie auch die fünfzig Mark, raste Habedank und riß das staats anwaltliche Schreiben auf. »In Sachen der Strafanzeige des Lithographen Johann Durstig wider Sie wegen Vergehens gegen das Urheberrecht werden Sie hiermit zur Vernehmung auf Dienstag, den 20. d. Mts., vormittags 10 Uhr, in das Amtszimmer des Unterzeichneten geladen. Der Königliche Staatsanwalt.« Das wird immer besser! Der Durstig, den ich vor acht Wochen endlich weggejagt habe? Habedank klingelte dem Lithographiefaktor. Lesen Sie mal, Schultze! Was kann denn das sein? Wirklich, der Durstig! Ja freilich, der redet seit vierzehn Tagen in den Wirtshäusern herum, er wolle es Ihnen schon zeigen, das mit dem Tabaketikett. Mit welchem Tabaketikett? Der Durstig hat doch vor drei Jahren, als er noch nicht immer betrunken war, uns für die Billersche Fabrik das Krchru-dlichziafttt Jahrs-»,. hübsche Etikett gezeichnet, wissen Sie, das mit der Germania. Nun hat die Fabrik, nach Durstigs Abgang, wieder 20 000 Stück drucken lassen. Aber statt der Germania hat eine Bavaria darauf gemußt, weil die Sorte Tabak in Bayern am besten geht. Davon muß der Durstig erfahren haben. Mir hat er erst gestern gesagt, das Etikett wäre sein Recht, und jetzt gäbe es das neue Gesetz, und die Bavaria ließe er sich nicht gefallen, und der Staatsanwalt wisse es schon. Es ist gut, seufzte Habedank, und der Faktor ging. Ich weiß ja schon: Eingriff in das persönliche Recht, tausend Mark Geldstrafe oder drei Monate Gefängnis. Der Durstig und geistiges Eigentum! Freilich, jetzt erinnere ich mich. Der Buchhändler-Börsenverein hat alles vorausgesagt, aber in Berlin haben sie's nicht geglaubt. Also ich mache künftig mit meinen Lithographen und Lithographielehrlingen Verträge, in denen sie mir ein für allemal ihre kostbaren Urheberrechte abtreten und mir gnädigst erlauben, mit meinen eigenen Steinen zu machen, was ich will. — In den Kalender: Am zwanzigsten Verhör beim Staatsanwalt. Herr Habedank, ein Herr will Sie sprechen. — Ah, verehrter Herr Pfarrer! Was verschafft mir die Ehre? Eine Verlagsangelegenheit, lieber Herr Habedank. Im Herbst findet hier, so Gott will, der vierte öffentliche Kon greß zur Unterbringung gebesserter ehemaliger Strafgefangener statt. Wir hoffen auf große Beteiligung und gehaltvolle Verhandlungen. Nun meint der Ausschuß, man solle die Verhandlungen drucken lassen und den Reinertrag zum Besten der guten Sache verwenden. Wäre das nicht ein Geschäft für Ihren geschätzten Verlag, mein verehrter Freund? Von Herzen gern, Herr Pfarrer. Doch halt, halt, halt! Ich habe heute schon schlimme Erfahrungen mit dem neuen Urheberrecht gemacht; erst muß ich Nachsehen, was ich darf und nicht darf. Aber, lieber Herr Habedank, unsere Verhandlungen! Einen Augenblick, Herr Pfarrer! 8 st 8 4, 89... jetzt kommt's: 8 16,3. —Nein, wir dürfen nicht! Da haben wir's: Oeffentliche Verhandlungen aller Art dürfen nur in Zeitungen und Zeitschriften wiedergegeben werden. Da ist auch die Begründung, Seite 38: »Der Abdruck öffentlicher Verhandlungen aller Art soll fernerhin nur der periodi schen Presse freigegeben werden, da ein weitergehendes Be dürfnis nicht anzuerkennen ist.« In meiner Zeitung darf ich also Berichte über den Kongreß bringen; eine Broschüre aber nur, wenn jeder einzelne Redner sich einverstanden er klärt hat. Aber diese Umstände, Herr Habedank, diese Umstände! Kann's beim besten Willen nicht ändern, Herr Pfarrer. Wer redet, ist ein Urheber, und was er redet, ist geistige Arbeit, die im Staatsinteresse geschützt wird. Habe schon eine Vorladung vor den Staatsanwalt wegen Verletzung von Urheberrecht. Aber der Vorstand des Kongresses erlaubt nicht nur die Broschüre, er wünscht sie sogar! Thut nichts, Herr Pfarrer, der Kongreß kann über die Urheberrechte seiner Mitglieder nicht verfügen. Das kann nur jeder Redner für sich. Nun, deren Einwilligung wird, denke ich, zu erlangen sein. Machen Sie uns ein Formular, Herr Habedank; das legen wir am Vorstandsttsche auf, und ehe jemand das Wort erhält, muß er unterschreiben. Wenn nun aber einer nachträglich merkt, daß er nicht weise geredet hat, und die Erlaubnis zurückzieht? Lassen wir dann ein weißes Loch in dem Bericht? — Na, wir werden ja sehen; jedenfalls ist Ihr Rat der beste. 883
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