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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.09.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-09-25
- Erscheinungsdatum
- 25.09.1899
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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223, 25. September 1899. Nichtamtlicher Teil. 6877 tier Lübecks, dem Adler, angesteckt, sondern auch jedem an gemeldeten Besucher solches Zeichen zugeschickt — eine vortreff liche Einrichtung, die Nachachtung verdient. Das Erkennen und Finden auf dem Bahnhofe war demgemäß leicht. Nicht so leicht und einfach war es bezüglich der Gasthöfe. Fremdes Kriegsvolk lagerte in der alten Hansastadt, Husaren aus Schleswig, Musketiere aus Flensburg und Artillerie mit blanken Kanonen. So war der Raum in den Herbergen eng. Unter- gekvmmeu ist aber, dank der getroffenen Fürsorge, jeder. Die altertümlichen Straßen gewannen jedoch noch an malerischem Eindruck durch die mannigfachen Uniformen der Fußtruppen und Reiter, die teilweise feldmarschmäßig einherzogen. Bis zum Eintreffen des hohen Verbandsvorstandes und damit bis zum Beginn der Vorstandssitzung blieb noch eine Stunde Zeit. Unser zielloser Gang führte uns zur Domkirche und weil das Gotteshaus offen war, traten wir hinein. Alte Zeit umwehte uns und brachte mächtigen Eindruck hervor. Wer sich für Kunstschätze interessiert, mag im Baedeker darüber Nachlesen, hier ist nicht der Ort, sie zu beschreiben. Aber das Eindringen der neuen Zeit macht sich auch hier bemerkbar: während noch an einem Gestühl »Amt der Böttcher- zu lesen ist, steht an einem anderen das Wort »Militär-. Die Zeit verstrich, die Stunde der schrecklichen Vorstands sitzung war herangekommen — beinahe vier Stunden wurden es! Aber gut ist es doch, die Steine werden beseitigt, die Bahn wird frei, die Meinungen laufen zusammen und am andern Tag läutet die Glocke Concordia. — Einer ist trotzdem froh, daß er jetzt frei vom Zwang geworden ist. — Das Haus der gemeinnützigen Gesellschaft in Lübeck, wo die Vorstands sitzung und auch die Begrüßung der Gäste stattfand, ist ein altes, für seine neuen Zwecke eingerichtetes Patrizierhaus; herrliche Räume, viel vornehmer ausgestattet, als es das feinste Wirtshaus vermag. Gefüllt waren sie von einer zahl reichen Gesellschaft. Der Begrüßungsabend hatte schon über dreißig Personen zusammengeführt. Dabei sei gleich erwähnt, daß außer uns aus dem Verbandsgebiet, Gäste aus Wismar, Schwerin, Lüneburg, Zerbst und aus irgend einem Neu kirchen erschienen waren, dazu der schon erwähnte Verbands vorstand aus Braunschweig - Wolfenbüttel. Wenn nun auch der Abend kühl und später regnerisch war, so ließen es sich die lübischen Kollegen doch nicht nehmen, den zum Hause gehörenden großen Garten bengalisch beleuchten zu lassen. Gegen Mitternacht fand gruppenweise der Aufbruch zu dem Vereiuslokal des Ortsvereins der Buchhändler zu Lübeck statt. Der Wirt ist ein Original, ein rechter Eulenspiegel redivivus. Einer der Fremdlinge, etwas angenäßt vom Regen, bestellte sich, unter Berufung darauf, daß er nicht auf der Liste stände, einen »verschwiegenen- Schnaps; der Wirt brachte ihn denn auch, indem er das Glas verschwiegener Weise unter dem Arme des Fremdlings hindurch zum Munde schob. Dementsprechend gestaltete sich bald die Stimmung. Das schon erwähnte Lübecker ABC wurde verteilt und von den Anwesenden versweise unter steigender Heiterkeit verlesen. Diese erreichte ihren Gipfelpunkt, als der Dichter, nachdem kräftige Hände ihm das Klavier unter die Nase gerückt hatten, einige Lieder und Couplets sang. Das vom Isaak Silber stein mußte er, da half kein Sträuben, alsbald wiederholen. Am andern Morgen lachte zwar kein Sonnenschein, aber es war doch trocken. Elektrische Straßenbahnwagen brachten uns gen Jsraelsdorf zur Forsthalle. Dort hatte man mundgerechtes Frühstück auf sauber gedeckte Tische ge setzt. Um 11 Uhr erschien eine lange Kolonne von Wagen, elf Zweispänner. Und nun begann eine Wagenfahrt, zwei einhalbstündig durch die tiefen Waldungen bis zur Schlutuper Bucht und dann zurück nach Lübeck, zu den Kanalbauten, über neue Brücken hinweg, über die hübsch gepflegten Wälle: kcchLuudjlchztgiikr Jahrgang alles so reizvoll! — aber ach, ihr Lübecker macht es euren Nachfolgern recht schwer! Die Hauptversammlung dauerte zweieinhalb Stunden; von ihren Verhandlungen und Beschlüssen wird an anderer Stelle die Rede sein. Um 5 Uhr begann das Mittagsmahl im Ratskeller. Das Rathaus in Lübeck ist weltberühmt; darum heißt es auch von ihm im ABC: -Das Rathaus gilt mit Recht als Zier Für unsere Stadt, drum rat ich dir, Aus Lübeck nicht herauszugehn, Bis du das Rathaus angesehn. Und damit wird man fertig schneller, Nimmt man zum Endziel gleich den Keller. Dess' Loblied singet weit und breit, Wer schwärmt für feuchte Fröhlichkeit. - So ging es uns. Um das Materielle gleich vorweg zu nehmen, so sei ihm das höchste Lob gespendet; das ist positiv und lautet: gut!!! Die geistigen Genüsse in Form von Reden dagegen wuchsen zum Supersuperlativ aus, so daß es dem Chronisten, selbst mit Hilfe einiger Kollegen, nicht möglich gewesen ist, Zahl und Inhalt nachttäglich genau fest zustellen. Sicher ist, daß der Vorsitzende einen kräftigen Kaisertoast ausbrachte, Herr Schmersahl in herzlich-humori stischer Weise die Gäste begrüßte, Herr Zwißler dafür daukte, Herr Quitzow des abtreteuden Vorsitzenden gedachte, dieser die Thätigkeit des Verbaudsvorstandes feierte, Herr Goeritz in glücklich-humorvoller Improvisation von ewiger Dreie und Treue, Neun und Nein und noch manchem anderen — schrift lich wird er es kaum noch von sich geben können, ebenso wenig wie der Chronist — sprach, Herr Wo Hermann an die fernen lieben Hausfrauen erinnerte, Herr Frederking den Buchhandel pries, Herr Otto Meißner Lübecks, Herr Baum des Nachwuchses im Buchhaudel, Herr Eckardt der Hansa und Herr Schmersahl eines anwesenden alten Zög lings gedachte, den er vor 35 Jahren in die Geheimnisse des Bindfadenknotens eingeweiht hätte. Auch der Senioren im Kreise Norden, sowohl des anwesenden Herrn Nöhring, wie der abwesenden Herren Meißner, Gatzmann und Laeiß wurde in herzlicher Verehrung gedacht. Während dann einer noch sehr leise gesprochen haben muß — die Zurufe »lauter hörten nicht auf — zerzauste und zerriß, der ersten Silbe seines Namens entsprechend, unser Schatzmeister in grimmigem Humor mehrere der Tischgenossen, was weder Mitleid noch Entsetzen, sondern nur ungeheure Heiterkeit erregte. So sind nun einmal die Menschen! Die Opferwilligkeit für das Reich wurde durch ein Dutzend oder mehr Ansichtspostkarten bethätigt; vervielfältigt mit der Zahl der Tischgäste ergiebt es weit über 500 Karten, so daß die Reichspost eine erhebliche Einnahme gehabt haben wird. Die Tischlieder waren natürlich »ganz harmlos-, ebenso die Festnummer des »Börsenblatts für den Kreis Norden«. In der Beschränkung zeigt sich der Meister; darin, daß der Inhalt auf die Intimitäten des Kreises Norden beschränkt geblieben ist, liegt der Reiz des Ganzen. Eine Fülle von Sarkasmus birgt sich darin und der oder die Verfasser können sämtlich auf die ehrende Bezeichnung »Schalk« Anspruch erheben. Auch mit einem reizenden Album von Lübeck wurden wir noch beschenkt. In den späteren Abendstunden vereinigte sich der seßhafte Teil der Kollegenschaft im Schifferhause. Das fremde Kriegs volk beengte in seinen graduierten Vertretern bis zum Oberst hinauf den Raum sehr. Es soll dort noch viel und laut ge redet und erzählt worden sein. Aber schweigen mir davon, wer kann überhaupt uoch reden, wenn die Stimme versagt! War schon der Sonntag wider Erwarten ohne Nieder schläge geblieben, so zeichnete sich der Montag als ideal schöner Herbsttag aus. Der Frühzug vom Hamburg brachte noch eine herbeitelegraphierte Getreue, während die andere 016
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