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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.09.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1899-09-27
- Erscheinungsdatum
- 27.09.1899
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- Deutsch
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6960 Nichtamtlicher Teil. 225, 27. September 1899. vierte Methode wurde von Posse eine durch Vorlagen erläuterte Imprägnierung modernder und schadhaft gewordener Schrift stücke empfohlen, die im hygienisch-chemischen Laboratorium des sächsischen Kriegsministcriums vom Oberstabsarzt Or. Schill vor sieben Jahren erfunden wurde, um Generalstabskarten im Freien und namentlich bei Regenwetter benutzen zu können. Dieses Ver fahren der Imprägnierung der Generalstabskarten wurde auch vor Jahren von Preußen und Oesterreich-Ungarn mit Erfolg entlehnt. Da die St. Gallener Konferenz die Empfehlung dieser Imprägnierung und aller anderen vorgeschlagenen Konscrvierungsmethoden von deren weiterer Prüfung abhängig gemacht hat, so wurde das von der sächsischen Regierung empfohlene Verfahren im Laufe des letzten Jahres im genannten Laboratorium einer weiteren, eingehenden Prüfung unterzogen. Diese hat ergeben, daß dieses Verfahren sich nicht nur für die Erhaltung selbst der nur aus Moderresten bestehenden Archivalicn bewährt, sondern auch als ein wertvolles Schutzmittel für diejenigen Handschriften anzusehen ist, wegen deren Erhaltung die päpstliche Kurie die Bibliothekare nach St. Gallen berief. Den dort gefaßten Beschlüssen entsprechend, hielt cs der Staats- und Kriegsminister von der Planitz für angezeigt, die deutschen Archivare, Chemiker und Fachgelehrten zu einer Konferenz nach Dresden einzuladcn, um das Jmprägnierungsvcrfahrcn ihnen vorsührcn und durch mündliche Verhandlungen die Güte des selben feststellen zu lassen. Dieses Verfahren besteht aus einer Imprägnierung der Pergamente oder Papiere mit einem selbst- glüttendcn Lack, Zapon genannt, der von einem Amerikaner Frederik Cläre erfunden wurde. Zapon besteht aus einer Lösung von Kollodiumwolle oder von Celluloid in geeigneten Lösemitteln. Diese sind: Amylacetat, Aceton, Amylalkohol oder Mischungen von Amylacetat und Aceton. Als Vcrdünnnngsflüssigkeiten werden, wenn nötig, verwendet entweder Amylalkohol oder eine Ver mischung von Amylalkohol mit anderen Flüssigkeiten. Die Ver dünnungsflüssigkeiten sind indifferent und verflüchtigen sich. In folge seiner physikalischen Beschaffenheit wahrt Zapon den Charakter der Unterfläche, der Ueberzug ist der Natur des Celluloids nach für die gewöhnlichen Temperaturunterschiede nicht sichtlich em pfindlich, wird nicht, wie dies bei Harzen der Fall ist, mit der Zeit trübe und undurchsichtig. Eine vorherige Desinfektion des Schriftstücks ist nicht nötig, da die vegetativen Formen der auf den Schriftstücken lagernden Pilze vernichtet, die sehr widerstands fähigen Fruchtformcn (Sporen) wenigstens fixiert und am Aus keimen gehindert werden. Mikroskopische Untersuchungen ergaben, daß durch Zapon jedes einzelne Fäserchen des Pergaments oder Papiers isoliert, umhüllt ist und die Poren beidcrStoffe luftdicht abgeschlossen sind, daher auch letztere ini Wasser aufbewahrt werden können, ohne zu zerfallen. Zapon bietet auch den Vorteil, daß die fast in Staubteile zerfallenen Moderstücke wieder fest werden und, selbst wenn sie wiederum in feuchte Räunie gelangen sollten, nicht weiter modern. So stellt sich die Zapon-Jmprägnierung als einSchutzmittel dar, das den bisher gemachten Erfahrungen zufolge die Schrift der zu kon servierenden Schriftstücke in keiner Weife nachteilig beeinflußt, viel mehr vor Zerstörung durch äußere, schädliche Einwirkungen schützt und dem Träger der Schrift, dem Pergament oder Papier, wieder eine große Festigkeit giebt, den Grundstoff auch vor Eindringen von Schimmel und anderen Pilzen in die Gewebeporen bewahrt. — Aber nicht bloß für zerfallende Akten ist die Zaponierung von größter Bedeutung. Metalle werden schon seit längerer Zeit durch dieses Verfahren vor Oxydation und Abnutzung geschützt. Auch würde unfer modernes Zeitungspapier damit widerstandsfähiger und zu einer dauernden Aufbewahrung geeignet gemacht werden können, ist doch sonst zu befürchten, daß die so wichtige Quelle der zeitgenössischen Ereignisse, die moderne Zeitung, schon nach wenigen Jahrzehnten verloren gehen wird. Der Kaufmann wird seine über seeische Korrespondenz damit leicht vor den schädigenden Einflüssen der Seeluft schützen können, ja, sie wird noch nach Jahren vom Taucher unversehrt aus den Trümmern des untergegangenen Schiffes zu retten sein. Rasuren an zaponierten Testamenten, Wechseln, Jnhaberpapicren, Frachtbriefen u. a. sind sofort zweifellos erkennbar. Die Medizin, die Technologie, manche Branchen der In dustrie werden Nutzen aus der Zapon-Jmprägnierung ziehen können. — Zu den übrigen in der St. Gallener Konferenz empfohlenen Konservierungsmethoden übergehend, besprach Ober-Regierungsrat Dr. Posse zunächst die Methode der Ueberklebung schadhafter Stellen der Handschriften mit Transparentpapieren. Bei der Auswahl derselben ist größte Vorsicht nötig, da z. V. Paus- und eine große Zahl anderer Transparentpapiere durch eine Bei mischung von Terpentin oder andere ölige Chemikalien -ihre eigene Durchsichtigkeit verlieren, die beklebten Blätter selbst nachdunkeln und damit die Lesung der Schrift sehr erschweren. Selbst die feinsten, nicht geölten japanesischen Seidenpapiere beseitigen nicht die aus dem Verfahren des Ueberklebcns hervorgehenden Gefahren. Abgesehen davon, daß durch Uebcrkleben, namentlich bei schwer geschädigten Handschriften, die Entzifferung derselben sehr erschwert wird, muß eine Desinfizierung des Grundstoffs vorgenommen werden, was bei stark vermoderten Akten, ohne deren Gewebe noch weiter zu zerstören, unmöglich ist. Auch das Ueberklcben mit Goldschlägerfell eignet sich für Pergament handschriften nicht, weil die dem Pergament sowohl als dieser Haut, als tierischen Stoffen, eigene Fettigkeit das feste Aus kleben des letzteren Stoffes auf den ersteren verhindert und jede zwischen beide Stoffe sich legende Luftschicht dem Goldschlägerfell seine Durchsichtigkeit nimmt. Aber auch für die große Masse moderner Papier-Archivalien ist Goldschlägerfell schon 'deshalb aus geschlossen, weil ein Stück von 1 m Länge und einer Spanne Breite im Handel 2 ^ kostet, die Verwendung desselben aber ohne vorherige Desinfektion des Papiers nicht anzuempfehlen ist. Mit dem Ammoniak-Kollodiumverfahren bezweckt man, den Ileberschuß freier Säuren, der die Ursache des zerstörenden Fraßes der Vatikanischen Handschriften ist, zu zerstören und hierauf die beschädigten Blätter mit einer schützenden Hülle von Kollodium, das nicht nur den Bakterien, sondern auch sämtlichen Säuren völlig unzugänglich ist, zu überdecken. Dieses Verfahren ist jedoch deshalb nicht zu empfehlen, weil Kollodium zu wenig in die Zwischen räume des Pergaments und Papiers cindringt und selbst bei einem Zusatz von Riciuusöl sich auf der Oberfläche Häutchen bilden, die sich leicht abheben. Auch bildet das Kollodium meist nicht eine völlig durchsichtige, glashelle, sondern eine mehr oder minder weiß lich getrübte Membrane, die die Deutlichkeit der Schrift beeinträchtigt. Von den auf der St. Gallener Konferenz empfohlenen Konser- vierungsmcthodcn ist daher außer der Zapon-Jmprägnierung nur die Behandlung der Schriftstücke mit Gelatine, wie sie von U. Ehrle und vr. de Vries (Leyden) bei Reparatur von Pergamenthandschriften verwendet wird, der Beachtung wert. Doch birgt die Gelatine verschiedene Gefahren für die Zukunft der Hand schriften in sich, und zwar, weil sie leicht brüchig wird, immer wieder Feuchtigkeit anzieht und somit zu einer Brutstätte der Bakterien werden kann, zu deren künstlicher Züchtung sie eben deshalb benutzt wird. Außerdem reagiert die Gelatine immer sauer; aber eine Neutralisierung derselben mit Soda oder Alkali ist deshalb bedenklich, weil man dadurch nicht die Sicherheit ge winnt, ob die zugcfetzten Alkalien nicht schädlich wirken werden. Auf der St. Gallener Konferenz sist deshalb als Antiseptikum ein Zufatz von Formol vorgcschlagen worden, das die auf dem Sub strat lagernden Bacillen und Pilze ertötet und den Nährboden für weitere Ablagerungen derselben für immer ungeeignet macht. Da nun aber Formol die Brüchigkeit der Gelatine erhöht, so galt es, ein Mittel ausfindig zu machen, das diesen Uebelstand beseitigt. Dieses Mittel besteht nach Versuchen des hygienisch-chemischen Laboratoriums in einem Zusatz von Glycerin, das das Pergament oder Papier weich und biegsam erhält, auch deren Festigkeit erhöht und nicht die Eigenschaft des Verdunstens besitzt. Ist nun das auf diese Weise verbesserte Gelatinc-Formol- verfahren nicht zu verwerfen, so bietet doch diesem gegenüber die Zaponierung weit größere Vorteile. Die Gelatine eignet sich für Ausbesserung stark vermoderter Akten gar nicht, ja ihre Anwen dung ist sogar unbedingt zu verwerfen, weil derartige Schriftstücke bei dem Zubringen von Feuchtigkeit der im Wasser gelösten Gelatine noch mehr in ihrer Konsistenz gelockert werden. Gelatine macht Rasuren und Verschiedenheit der Tinte, namentlich von Korrekturen, so gut wie unsichtbar, ihre Zubereitung ist im Ver gleich zu dem im Handel erhältlichen Zapon sehr umständlich, der Trockenprozeß ein viel langsamerer als bei der Zaponierung. Mit letzterer erzielt man eine größere Festigkeit der durch Moder und Säuren gelockerten Grundstoffe, weil Zapon diese vollständig durch dringt, während Gelatine dem Schriftstück nur einen schützenden Ueberzug verleiht, der noch dazu die Schrift in ihrer Deutlichkeit schädigt. Zudem hat man bei der Zaponierung nicht nötig, mit chemischen Mitteln die Säuren zu neutralisieren und die auf dem Grundstoffe wuchernden spermodischen Gebilde zu zerstören. Für die Anwendung der Gelatine bei Pergamentrcparatnren entsteht auch die Schwierigkeit, daß die Gelatinelösung warm ausgetragen werden mutz, also größte Vorsicht in den Wärmegraden anzuwen den ist, soll das Pergament nicht zusammenschrumpfen. — Ober- Regierungsrat vr. Posse schlägt nun vor, daß die Archive an dem Verfalle ausgesetzten Akten mit der Zapon-Jmprägnierung Ver suche anstellen und Erfahrungen sammeln, die auf einer in Jahren wiederholten Tagung der Archivare zum Zweck der Empfehlung dieses Verfahrens im Sinne der St. Gallener Konferenz zu präzi sieren sein würden. Er lenkt hierbei sodann die Aufmerksamkeit der Archive darauf, daß sie bei ihren Versuchen auch die modernen, in den letzten fünfzig Jahren aus Surrogaten bereiteten, mit Anilintinten beschriebenen, jetzt schon zerfallenden Archivalien be rücksichtigen, da diese nur durch baldigst zu ergreifende Präventiv- maßregeln, wie Imprägnierung, vor ihrem vollständigen Unter gänge zu retten sind. Erst Ende der siebziger Jahre sind die Staaten auf diese Schäden aufmerksam geworden, zuerst Bayern, dann Sachsen, wo Geheimer Regierunasrat I>r. Hartig bei Prüfung der ihm zur Untersuchung übergebenen Papiersorten der Regierungs-
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