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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.01.1898
- Strukturtyp
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- 1898-01-25
- Erscheinungsdatum
- 25.01.1898
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- Deutsch
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664 Nichtamtlicher Teil. 19, 25. Januar 1898. Theorie, in und mit der die Herren gearbeitet haben. Bilder und Märchenbücher zu Preisen von 6 ^ und 10 sind nur schwer an die reichsten Leute zu verlaufen, die Eltern aber, die für dieses Verzeichnis in Betracht kommen, bissen sich lieber den kleinen Finger ab, ehe sie für ein Bilderbuch 6 und 10 ^ ausgeben, selbst wenn sie dazu pekuniär in der Lage wären. Als kongeniales Seitenstück mag hier gleich darauf hin- gcwiesen werden, daß in den Abteilungen für zwölfjährige und ältere Kinder »Hermann und Torothea«, »Wilhelm Tell«, »Jungfrau von Orleans«, »Minna von Barnhelm« u. s. w. in ungebundenen Reclam'schen und Meyer'schen Ausgaben für 20 H und 10 H empfohlen werden. Aber das gesunde Elterngcsühl verbietet es Vater wie Mutter, ob sie dem Arbeiter- oder Handwerkerstande angehören, ihren Kindern ein so unansehnliches graues Zehnpfennigheft unter den Christ baum zu legen. Das Kind will und soll sich auch an dem Aeußern freuen. In unserer ersten Abteilung kommen noch sechs Bilder bücher von Pletsch in den alten Dürr'schen Ausgaben ^Preise 2 „H; 3 4 ^ 50 und 6 vor, wobei »Was willst Du werden?« den Zusatz trägt: »Nur der Bilder wegen empfohlen«. Von den noch folgenden fünf Nummern mit Preisen von 3 ^ 50 4 und 6 ^ interessiert uns besonders: Voer de Goern Von Klaus Groth. Illustriert von L Richter. 6 Also unfern hamburgischen Kindern bis zu acht Jahren, denen ihr heimisches Plattdeutsch im Sprechen sehr geläufig ist, die aber ganz gewiß nicht einen Satz in Hamburger Platt geläufig lesen können, wird zugemutet, daß sie sich an einem Buche in fremdem Plattdeutsch erquicken sollen! Das ist gerade so, als ob einem Tertianer, der mühsam anfängt »OarsLr äs bsllo Kiälico« zu übersetzen, ein Band römischer Elegiker auf den Weihnachtstisch gelegt wird. Aus der ganzen ersten Abteilung kommen neben Hey- Specktcrs Fabeln vielleicht zwei oder drei andere Bücher als für den Zweck brauchbar in Betracht. Die Herren Bearbeiter haben sich offenbar zu sehr in ihren eigenen Kunstgenuß ver tieft gehabt, die Erfahrung des Lebens ganz außer acht ge lassen und deshalb auch etwas Unpraktisches geliefert. Es genügt nicht, die vermeintlich oder wirklich besten Bücher zusammenzustellen, sondern die Möglichkeit, sie noch zu be kommen, und die Preise müssen ebenso sehr beachtet werden Die zweite Abteilung für acht- bis zehnjährige Kinder umfaßt überhaupt nur sieben Titel, darunter zwei mit Preisen von 5 und 6 Merkwürdig ist, daß von den weitbekannten Hamburgischen Büchern der Elise Averdieck nur eins: »Roland und Elisabeth« ausgenommen ist: »Karl und Marie« (der erste Teil) und »Lottchen und ihre Kinder« fehlen. In der dritten Abteilung für zehn- bis zwölf jährige Kinder, die getrennt ist nach »Eizählungen, Mär chen und Sagen« und »Naturkunde und Geographie« (diese sehr dürftig mit 6 Titeln), findet sich auch ein »Jndianerbuch«, nämlich »Lederstvumpfgeschichten«, trotzdem in der Einleitung die »Jndianerbücher«, die vornehmen sowohl, wie die ordi nären, als die Sittlichkeit der Kinder schwer gefährdend ver worfen wurden. Besonders interessant ist folgendes: Für Kinder bis zu acht Jahren eignet sich, ist aber für die folgende Altersstufe als ungeeignet bezeichnet: »Fürs deutsche Haus. Märchen, gesammelt von Georg Paysen Petersen, ill. von de Bruycker. 10 Für acht- bis zehnjährige Kinder eignet sich: »Kinder- und Hausmärchen. Brüder .Grimm.^ 8 Bilder von Meyer heim. Bertelsmann. 1 50 H« und für zehn- bis zwölf jährige Kinder: »Kinder- und Hausmärchen. Brüder Grimm. Illustriert von Vogel. 9 ^.« Nun enthält das erstgenannte Buch wenigstens eine Anzahl Grimmscher Märchen, die beiden anderen stimmen unseres Wissens textlich wörtlich überein. Worin mögen die Unterschiede für die verschiedenen Alters stufen zu finden sein? Sollte es der Kunstgenuß der Bilder sein? Sollten de Bruyckers Bilder sechs- bis achtjährigen, Meyerheims acht- bis zehnjährigen, Vogels aber zehn- bis zwölfjährigen Kindern den rechten Kunstgenuß, ihrem Ver ständnis angemessen, verschaffen? Bedenklich wird das Verzeichnis bei der vierten Ab teilung für zwölf- bis vierzehnjährige Kinder; darunter befindet sich als Nummer 6—13: Tennyson, Enoch Arden, von Waldmüller. Storm, im Brauerhause — die Söhne des Senators. — Geschichten aus der Tonne. — Pole Poppenspäler. Tolstoj, Dermal. Wildenbruch, Kinderthränen. — das edle Blut. Demgegenüber werfen wir die Frage auf: Haben die Verfasser dieser Bücher je daran gedacht, daß sie ganz allgemein für zwölf- bis vierzehnjährige Kinder empfohlen werden würden? Haben die Verleger dieses große Absatzfeld je mit in den Kreis ihrer Kalkulation hineingezogen? Giebt es urteilsfähige Eltern, die für ihre Kinder, von Ausnahmen abgesehen, diese Bücher für geeignet halten? Wir halten diese Klassifizierung für einen Mißgriff schlimmster Art. Was soll man denn der »Reiferen Jugend« — es folgt noch eine Ab teilung unter dieser Bezeichnung, ohne Altersangabe, doch darf man wohl die Jahre von vierzehn bis sechzehn, als gemeint, dafür annehmen — empfehlen? Etwa Schopenhauer und Nietzsche? — Die werden allerdings nicht empfohlen, wohl aber weitere Schriften von Theodor Storm, Auerbachs Bar- füßele, Scheffels Ekkehard u s. w. — also Bücher, über die ein litterarisches Urteil schon feststeht, die aber bisher wohl von niemand als besonders geeignet für die Jugend von zwölf bis vierzehn bezw. von vierzehn bis sechzehn Jahren empfohlen worden sind. »Möge man sich daher immer allgemeiner von der falschen Anschauung freimachen, daß für die Kinder noch »gut genug« sei, was der geläuterte Anspruch des wahrhaft Ge bildeten mit Achselzucken abthut!« — so sagten die Herren Bearbeiter in der Einleitung. Dementsprechend haben sic allerdings der Jugend von zwölf Jahren an geistiger Nah rung empfohlen, — Storm, Schimmelreiter, — Wildenbruch, Kinderthränen, — Tolstoj, — Freytag, — Scheffel, — Auerbach — die nur der geläuterte Anspruch des wahrhaft Gebildeten richtig genießen kann. Daß dadurch die ham- burgische Jugend Schaden erlitten, sich den Magen verdorben hat, kann man trotzdem nicht sagen, denn entweder haben die Eltern Verständnis genug, solche Bücher nicht für ihre Kinder zu kaufen, oder aber sie haben überhaupt kein Bücher verständnis und kaufen schon deshalb nicht Goldschnitt-Minia turen und Bücher, deren ganzes Aussehen sie kennzeichnet als für den wahrhaft Gebildeten bestimmt. Der Schluß des Verzeichnisses mag noch erwähnt werden. Er lautet: »Folgende Werke sind nicht einzeln für sich käuflich, sondern mit Werken, die sich für die Kinder nicht eignen, in einem Bande vereinigt. Wir empfehlen sie für das Vorlesen (für Kinder von zwölf Jahren?): Storm, Pole Poppenspäler — der kleine Häwelmann. Richter, die zwei Schwestern — der Waldbrunnen — aus dem bayrischen Waldgebirge. Freytag, Ingo.« Nach unfern Erfahrungen pflegt man Kindern von zwölf bis sechzehn Jahren nicht mehr oorzulesen, am aller-
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