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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.01.1898
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1898-01-29
- Erscheinungsdatum
- 29.01.1898
- Sprache
- Deutsch
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Nichtamtlicher Teil Eingabe des Börsenvereins-Vorstandes an den Deutschen Reichstag zu dem »Antrag Arenberg, Gröber und Genossen ans Abänderung und Ergänzung des Strafgesetz buchs. (Nr. 35 der Drucksachen.) (Vgl. Börsenblatt Nr. 21.) An den Deutschen Reichstag zu Berlin. Dem hohen Reichstag beehrt sich der Unterzeichnete Vor stand des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig als der berufene Vertreter der Interessen des gesamten deut schen Buch- und Kunsthandels bezüglich des von den Herren Abgeordneten Prinz von Arenberg und Genossen eingebrachten Antrags auf Abänderung und Ergänzung des Strafgesetz buches folgendes ehrerbietigst zu unterbreiten. Mit der Tendenz des Antrages, die Verbreitung und Ausstellung unzüchtiger und das Sittlichkeits- und Scham gefühl durch grobe Unanständigkeit verletzender Schriften und Darstellungen zu unterdrücken und so das deutsche Volk, ins besondere die deutsche Jugend vor Verführung und vor den durch unzüchtige und unanständige Schriften und Darstellungen herbeigeführten geistigen und leiblichen Schädigungen zu be wahren, stimmt wohl jeder gutgesinnte Deutsche überein. Auch der deutsche Buchhandel, der es für eine seiner ersten und wichtigsten Pflichten hält, Bildung und Zucht unter dem deutschen Volke zu erhalten und weiter zu verbreiten, ist mit dieser Tendenz vollkommen einverstanden Er hat dies schon seither dadurch bethätigt, daß er in H 8 seiner Satzungen die ausdrückliche Bestimmung ausge nommen hat, daß die Ausschließung eines Mitgliedes aus dem Börsenverein der Deutschen Buchhändler dann erfolgen kann, wenn es fortgesetzt unzüchtige Schriften, Abbildungen und Ankündigungen veröffentlicht und verbreitet. Wenn wir trotzdem hiermit bitten, dem Antrag der Herren Abgeordneten Prinzen von Arenberg und Genossen bis auf weiteres die Zustimmung zu versagen, so geschieht das lediglich, weil wir fürchten, daß das Gesetz, wenn es in der beantragten Fassung angenommen würde, wegen der zu großen Unbestimmtheit der im Entwurf gebrauchten Ausdrücke in der Praxis die größten Unzuträglichkeiten herbeiführen müßte. Z 184 des Strafgesetzbuches stellt schon jetzt das Ver kaufen, Verteilen oder Verbreiten, Ausstellen und Anschlägen unzüchtiger Schriften unter Strafe. Es hat sich in der langen Zeit der Geltung des Straf gesetzbuches in der Judicatur und in der Wissenschaft eine ziemlich feststehende Interpretation des Ausdruckes »unzüchtig« gebildet. Man erklärt als unzüchtig im Sinne des ß 184: »Schriftwerke und Darstellungen, die absolut unzüchtig sind, d. h. bei denen offensichtlich der Hauptzweck oder der einzige Zweck ist, auf die geschlechtliche Sinnlich keit einzuwirken.« Man erklärt aber als unzüchtig auch solche Schriften und Darstellungen, die relativ unzüchtig sind, d. h. solche, die an sich bestimmt oder ihrer Fassung oder ihrem Inhalte nach doch geeignet sind, wissenschaftlichen oder künstlerischen Zwecken zu dienen, wenn sie durch die Art ihrer Verbreitung durch den Buch- und Kunsthandel in Kreise geleitet werden, die an der wissenschaftlichen oder künstlerischen Bedeutung des Werkes wenig oder kein Interesse nehmen, denen es vielmehr FiiusuudsechMler Jahrgang. ausschließlich oder doch hauptsächlich darauf ankommt, den sexuell interessanten Teil kennen zu lernen und sich dadurch geschlechtliche Aufregung zu verschaffen. Weiter sind unzüchtig selbstverständlich alle die Schriften und Darstellungen, die unmittelbar der Verbreitung der Sitten verderbnis dienen. In diesem Sinne hat man seither über wiegend die Bedeutung des Wortes unzüchtig in Z 184 auf gefaßt, und es kann kein Bedenken dagegen bestehen, daß Verbreitung und Ausstellung von in diesem Sinne unzüch tigen Schriften und Abbildungen unter Strafe gestellt bleibt. Auch die Verschärfung der angedrohten Strafe ins besondere für den Fall, daß solche Schriften und Dar stellungen gewerbmäßig verbreitet oder ausgestellt werden, erscheint durchaus wünschenswert, wenn auch für den Buch händler, bei dem man die Gewerbmäßigkeit sicher stets an- nehmeN wird, damit eine schwere Gefahr geschaffen wird. Unsere Bedenken richten sich daher auch weniger gegen die Fassung des Z 184 im Anträge der Herren Abgeordneten Prinzen von Arenberg und Genossen als gegen die Bestim mungen in Z 184s. Wir sind vollständig damit einver standen, daß unzüchtige Schriften und Abbildungen nicht in den Schaufenstern oder sonst allgemein zugänglichen Orten ausgestellt werden dürfen. Wenn nun aber der 8 184 s auch das Ausstellen von Schriften und Abbildungen, die nicht unzüchtig, sondern nur durch grobe Unanständigkeit das Scham- und Sittlichkeitsgefühl zu verletzen geeignet sind, unter Strafe stellt, so glauben wir, daß dadurch der ehrenhafte Buchhandel gefährdet wird, ohne daß durch die neue Bestimmung der verfolgte Zweck erreicht würde. Die Frage, ob eine nicht unzüchtige Schrift als grob unanständig und als das Sittlichkeits- und Schamgefühl verletzend angesehen werden kann, wird sich nicht mit auch nur einigermaßen genügender Sicherheit beantworten lassen. Je nach dem subjektiven Ermessen des jeweilig erken nenden Richters, je nach seiner Stellung zu den Sittlichkeits bestrebungen im allgemeinen, je nach seiner mehr oder weniger engherzigen Auffassung, je nach seiner größeren oder geringeren Fähigkeit, den wissenschaftlichen oder künst lerischen Wert eines Werkes, seinen volkstümlichen Humor oder seine durch drastische Darstellung bildende, belehrende und erziehende Tendenz zu erkennen, wird dasselbe Werk in dem einen Fall als grob unanständig und geeignet, das Scham- und Sittlichkeitsgefühl zu verletzen, angesehen und unter Strafe gestellt, das andere Mal als vollständig unbe denklich zugelaffen werden. Wollte man aber die Entscheidung der Frage, ob eine Darstellung oder ein Schriftwerk unter die Strafbestimmung des neuen H 184s falle, etwa gar davon abhängig machen, ob jemand aus dem Publikum Aergernis daran nimmt, ähnlich wie es jetzt 8 183 vorsieht, so würde man zu noch unsichereren Resultaten kommen. Wir halten deshalb dafür, daß man die Grenze erst einigermaßen präzis ziehen, daß man den Begriff für das, was verboten und unter Strafe gestellt werden soll, erst genau feststellen müsse, um nicht bei dem Bestreben, einen llebelstand zu beseitigen, auch dem Zulässigen den Boden zu entziehen. Wir meinen, daß es niemand entgehen kann, daß die Fassung des neuen 8 184 s viel zu unbestimmt und dehnbar ist. Wir fürchten, daß damit eine jener Gesetzesbestimmungen geschaffen würde, unter die schließlich vieles in der Praxis summiert werden würde, was die Antragsteller überhaupt nicht haben treffen wollen, und so bitten wir: 104
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