Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.02.1898

36. 14. Februar 1898. Nichtamtlicher Teil. 1197 Nichtamtlicher Teil. CenLralvevein für das gesamte Buchgewerbe xu Leipzig. Generalversammlung am Dienstag den 8. Februar 1898, 6 Uhr abends, im Deutschen Buchhändlerhause zu Leipzig. Tages-Ordnung: I. Bericht des Vorstandes. II. Kassenbericht über das Jahr 1897. III. Voranschlag für 1898. IV. Wahlen. Der Vorsitzende, Herr Lr. Oskar von Hase, eröffnete die Generalversammlung mit dem folgenden Jahresbericht: Sehr geehrte Herren I Ich eröffne die zehnte ordentliche Generalversammlung, indem ich Sie herzlich begrüße und Ihnen für den unserer Beratung durch Ihr Erscheinen bekundeten Anteil danke. Die Geschäfte des Centralvereins sind in dem Jahre 1897, über das der Vorstand Ihnen heute zu berichten hat, ohne Störung verlaufen, und die Entwickelung unseres Vereins hat ihren ruhigen Fortgang genommen. Der Mitgliederbestand ist von 192 aus 233 gestiegen, es sind 48 neue Mitglieder cingetreten, 7 sind ausge schieden. Wenn auch dieser Zuwachs sehr erfreulich ist, so gilt es doch weiter zu werben und auswärtige wie Leipziger Beruss- genossen zur Mitwirkung an den großen Aufgaben unseres Berufes heranzuziehen. Von unseren Beamten ist Herr Konrad Burger, seit dem Jahre 1886 Kustos des Museums, ausgeschieden, nachdem er schon seit 1893 gleichzeitig als Bibliothekar des Börsenvereins angestellt war. Die zunehmenden Amtspflichten in dieser Stellung nötigten ihn, sich dieser allein zu widmen; wir mußten die Gründe für seinen Rücktritt anerkennen und haben ihn mit Bedauern scheiden sehen, nachdem er mit seinen reichen Kenntnissen uns ein Jahrzehnt nütz liche Dienste geleistet hat. Wir sprechen ihm hierfür unfern besten Dank aus. Der Frage eines Ersatzes für die Verwaltung des Buch gewerbemuseums konnten wir bisher noch nicht näher treten, da die noch schwebenden Verhandlungen wegen Erwerbs der v. Weißen- bachschen Sammlung damit in Zusammenhang stehen. Die infolge unserer Anregung bestellte Kommission zur Fest stellung des Wertes dieser Sammlung bestand aus Herrn Biblio thekar Konrad Burger, als Vertreter der königlichen Regierung, Herrn Kunsthändler Wawra, als Vertreter des Freiherrn Professor Lr. Hans von Weißenbach, und Herrn K. W. Hiersemann, der die große Freundlichkeit hatte, in unserem Austrage teilzunehmen; dafür sei ihm auch an dieser Stelle unser besonderer Dank ausge- sprachen. Diese Kommission hat im Oktober vorigen Jahres in Graz die Sammlung besichtigt und ihren Bericht an das Ministerium des Innern erstattet; dessen Entscheidung steht noch aus. Die gegenwärtige Vermehrung unserer Sammlungen hält mit der der Vorjahre gleichen Schritt. Ihrem Beschluß gemäß hat die Akademie-Kommission zur Vervollständigung der königlichen biblio graphischen Sammlung eine Anzahl neuerer, namentlich englischer Werke in Vorschlag gebracht, die durch ihre künstlerische Ausstattung als Vorbilder dienen können. Unsere eigenen Bestände wurden durch Ankäufe einer größeren Anzahl von französischen und englischen Plakaten vermehrt, wo durch der Stamm der im vorigen Jahre erworbenen Berthlingschen Sammlung ansehnlich angewachsen ist. Daneben ist auch in den Blattsammlungen ein reicher Schatz verkleinerter Wiedergaben von Plakaten niedergelegt worden. Mit der Montierung der Blattsammlungen wurde in großem Maßstabe begonnen, und es soll damit im nächsten Jahre in er höhtem Maße fortgesahren werden. Die Mittel hierfür sind im Voranschläge eingesetzt worden. Die Büchersammlung vermehrte sich, wie in den Vorjahren, durch Gaben der Verleger, die auch kostbare Verlagsgegenstände mit gewohnter Freigebigkeit unserer dem Gemeinwohl gewidmeten An stalt darbrachten. Ihnen allen, deren Namen am Schluffe dieses Berichtes folgen, sei unser wärmster Dank gesagt und auch fortan das Buchgewerbe ans Herz gelegt. Für die Weiterentwicklung des deutschen Buchgewerbemuseums sind die Beschlüsse einer Sitzung von Wichtigkeit, die aus Ver anlassung des Ministeriums des Innern unter Vorsitz des Herrn Geheimen Regierungsrates vr. Roscher aus Dresden am 13. Januar Fttnsundsechzigsler Jahrgang. unter Beteiligung von Vertretern der Königlichen Kunstakademie und Kunstgewerbeschule, des Kunstgewerbemuseums und des deutschen Buchgewerbemuseums mit Zuziehung eines Vertreters des Rates der Stadt Leipzig zur Abgrenzung des Sammel- und Aus stellungswesens dieser Anstalten abgehalten worden ist. Es wurde eine völlige Einigung dahingehend erzielt: Die Bibliothek der Kunstakademie und Kunstgewerbeschule wird Bücher und druckgewerbliche Vorlagen nur insoweit anschaffen, als sie zu unmittelbaren Unterrichtszwecken dienen; das Kunstgewerbemuseum wird buchgewerbliche Gegenstände künftig nicht mehr sammeln und nach Fertigstellung des deutschen Buchgewerbemuseums nicht mehr ausstellen, für die von ihm unterhaltene Damenzeichenstunde auch künftig einiges buchgewerbliche Unterrichtsmaterial halten, im übrigen aber unter Umständen bereit sein, alte Bucheinbände und sonstige in den Rahmen des deutschen Buchgewerbemuseums passende Gegenstände an dieses zu überlassen; das deutsche Buch- gewerbemuseum wird, um zu einem wahren Mittelpunkt des ge samten deutschen Buchgewerbes zu werden, planmäßig aus allen Gebieten des Buchgewerbes sammeln und ausstellen, und zwar, um seinen geschichtlichen und praktischen Zweck eines Nationalmuseums der Buchkultur und einer buchgewerblichen Vorbildersammlung er- reichen zu können, ohne Wettbewerb der vorerwähnten Anstalten. Gleich in der Sitzung sprach der Vorsitzende des Centralvereins die Hoffnung aus, daß die in buchgewerblichen Bestrebungen be währte Kraft des Herrn vr. Graul, Direktors des Kunstgewerbe museums, durch ehrenamtliche Beteiligung an der Museumskommis sion des Ceutralvereins diesem Gebiete erhalten bleibe, und er wähnte die Möglichkeit eines Austausches geeigneter Werke. Der Vertreter der Königlichen Regierung erklärte sich mit der von vr. v. Hase und vr. Graul vertretenen Scheidung zwischen dem deut schen Buchgewerbemuseum und dem Leipziger Kunstgewerbemuseum und mit der Centralisation des Buchgewerbes im deutschen Buch gewerbemuseum einverstanden, und auch der Vertreter des Rates sprach sich in gleichem Sinne aus. Wir haben diese friedliche Arbeitsteilung als einen Ersolg unserer Thätigkeit und als eine hohe Aufgabe für die Zukunft zu betrachten. Die Einrichtung des vom Verein der Buchhändler geförderten Lesezimmers und des Zeichenraums hat sich sehr bewährt. Die Gelegenheit wird täglich von vielen benutzt, um die ausliegenden Fachblätter einzusehen und in den freistehendenHand-und Nachschlage- büchern sich Rats zu erholen. Auch die Benutzung der Bibliothek durch Ausleihung und der Blattsammlungen für Zeichner hat er heblich dadurch zugenommen. Durch diesen Leseraum ist freilich der für Ausstellungszwecke zur Verfügung stehende Platz etwas eingeschränkt worden. Die Jahres ausstellung konnte aber doch durch bessere Ausnutzung des Hinteren Raumes in ihrem sonstigen Umsang aufrecht erhalten werden; sie war wieder in reichem Maße beschickt und hatte durch die von Herrn Gerhard Kühtmann in Dresden freundlichst zur Verfügung gestellte Auswahl aus seiner Plakatsammlung einen besonderen Reiz erhalten. Neben den wieder ausgenommenen Wochenausstellungen von Blattwerken wurde noch im Lause des Sommers eine Ausstellung für photographische Verfahren in den Monaten August und Sep tember veranstaltet. In den Dezemberwochen wurde, wie üblich, die Ausstellung der für den Weihnachtsmarkt wichtigen Neuigkeiten eröffnet. Die Besuchsziffer betrug einschließlich der des Lesezimmers 13336 Benutzer. Die auf das Wagnis des Centralvereins unternommene, von einer eigenen Kommission geleitete Buchgewerbliche Kollektiv ausstellung zu Leipzig 1897 zeigte in würdiger Vertretung den sächsisch-thüringischen Buchhandel und die Bedeutung Leipzigs als eines Hauptsitzes des Buchhandels und der Druckgewerbe. Auf einem Flächenraum von 2060,49 Quadratmetern hatten sich in größerem oder kleinerem Maßstabe 269 Aussteller beteiligt, von denen auf die einzelnen Gruppen entfallen: a. auf den Verlagsbuchhandel (Bücher, Musika- lien, Landkarten) 135 Teilnehmer d. . die Buchdruckerei,(Bücher-, Zeitungs- und Accidenzdruck) 52 c. Notenstecherei und Notendruckerei 1 ä. Schriftgießerei und galvanoplastische Anstalten 8 s. Photomechanischen Verfahren(Lichtdruck, Heliogravüre, Autotypie und Zinko graphie) 6 f. Photographie 12 8- Lithographie 14 b. Holzschneidekunst 12 i. Buchbinderei 16 160