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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.02.1898
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1898-02-22
- Erscheinungsdatum
- 22.02.1898
- Sprache
- Deutsch
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spielt, kein armer Musikant wäre mehr vor Ausbeutung sicher, ganz abgesehen von den Gesang- und Musikvereinen, Konzert instituten rc., von denen die allerwenigsten um Gewinn kon zertieren, und den Berufskapellen (Civil und Militär), die in der Regel auch keine reichen Leute geworden sind. Müssen alle zur Ausführung nötigen Musikalien gekauft werden, so finden auch die Autoren durch zweckmäßige Abmachungen zwischen Autoren und Verlegern ihre Rechnung, ohne daß es nötig ist — wie in Frankreich —, eine Unzahl von General- und Unteragenten zu bereichern und einen Stab von Beamten zu ernähren, die den Löwenanteil der er hobenen Aufführungssteuer aufzehren. Wenn nun vom ver bleibenden Reinertrag erst noch die beteiligten Verleger die Hälfte erhalten, wie dies in Paris geschieht und in Wien geschehen soll, was bleibt dann für die Großzahl der Kom ponisten übrig, wenn wir von den wenigen ganz hervor ragenden zugkräftigen Autoren absehen? Seitens der Ver leger kann es zudem gar nicht begründet werden, neben dem Verkaufspreise ihrer Ware auch noch einen Benutzungspreis in der Form einer Aufführungsgebühr zu beziehen. Das wäre aller Logik zuwider und kommt sonst im ganzen Handel und Wandel nicht vor. Wozu kauft denn das Publikum Musik? Doch, um sie zu benutzen I Werke, die ihrer Natur nach für den öffentlichen Gebrauch bestimmt sind, wie z. B. Orchester-, Chor- und Ensemblewerke, kauft doch gewiß niemand, um seinen Notenschrank damit zu bereichern oder sie im stillen Kämmerlein zu spielen I — Aehnlich, nur noch schlimmer als in den Reichslanden und in der Schweiz, mögen die Verhältnisse in Belgien sein. Es wird dort eine Petition vorbereitet, um die Kammer zum Erlaß eines Gesetzes zu veranlassen, das die gegenseitigen Rechte und Pflichten genau bestimmt, die aus den Auf führungsrechten sich ableiten. Die unerträglichen Mißbräuche und unzähligen Prozesse, zu denen das Gesetz seit seinem Erlasse in diesem Lande Veranlassung gegeben hat, beweisen die Notwendigkeit einer Abänderung, die die Natur der Be ziehungen zwischen Konzertgeüer und Autor klarlegt und ganz unzweideutig feststellt, wann die Aufführung eine ungesetz liche ist. Wir wiederholen es, lassen wir uns nicht durch schöne Worte täuschen, durch keinerlei -humane Mäntelchen« irre führen, beurteilen wir vielmehr diese Bestrebungen nach den Plackereien und Ausbeutungen durch die Losidls äs8 -mtsurs und ihre Agenten in den Reichslanden, der Schweiz und ganz besonders in Belgien I Denken wir uns solche Zustände auch bei uns eingeführt, so giebt das ein Bild, bei dem es uns um die Volksmusikpflege und die Kunst in Deutschland und Oesterreich bange werden kann. Es geht durch die Blätter die Mitteilung, daß sich auch in Wien eine Gesellschaft nach dem Muster der Losiöts äs° dMsurs, eompositeurs st sänsurs äs wusigus in Paris ge bildet hat. In den Verhandlungen, welche bei Gründung der Gesellschaft stattgefunden haben, ist sehr häufig von den Humanitären Bestrebungen der Gesellschaft die Rede! — Phrasen, die den Nicht - Unterrichteten nur »Sand in die Augen« streuen sollen, mögen sie auch bei einigen auf Selbst täuschung beruhen! Da die beteiligten Verleger für sich bt) Prozent vom Netto der erhobenen Tantieme beanspruchen, so erscheint die Sache ihrerseits durchaus nicht so selbstlos. Der »Offene Brief« des Herrn Eduard Seuffert in Wien an den Präsidenten der neu gegründeten Gesellschaft, ab gedruckt in der »Neuen Musikalischen Presse«, beleuchtet in durchaus zutreffender Weise die Schäden und Nachteile, welche die Bestrebungen der Gesellschaft sowohl für den schaffenden Tonkünstler, wie für die Entwickelung des Musik lebens überhaupt hcrbeiführen werden und naturgemäß her beiführen müssen! Wir entnehmen ihm nur folgende Stellen, welche Beachtung und Beherzigung in den weitesten Kreisen verdienen: »Wenn ein Künstler das Glück hat, daß ein Opus die Runde macht und sein Verleger seine Rechnung findet, so bekommt der Autor bei einem nächsten Werk reichlich so viel Honorar mehr, als er beim ersten an Kreuzertantidmen verloren hat. Wenn aber Anfänger oder deren Verleger Aufführungstantidmen beanspruchen, werden sie einfach nie zu Wort kommen, die Werke werden nie Eingang, unaus geführt nie Freunde und ebensowenig später Verleger finden. Wer ein Werk — uowbsvs: gut — aufführt, er weist dem Autor und dem Verleger immer einen Gefallen. Dafür darf er nicht besteuert werden .... So selten Kom ponisten die Gabe besitzen, ihr Werk gut vorzutragen, so selten ist die Gabe bei den Vortragenden, über den Wert eines unausgeführten Tonstückes klar zu werden. Natürlich bleibt der Erfolg dann aus, den der Künstler mit alten Sachen gewohnt ist, er traut sich an die »Neuen« nicht mehr heran und kehrt zur viertausendsten Wiederholung seiner berühmten »Schlager« zurück. Reich an schlechten Erfahrungen, an denen in diesem Falle die Komponisten nur zum ge ringsten Teil Schuld tragen, braucht es nur noch die Ein führung der Tanlidmen, und er wird Versuche, von denen er ohnehin nichts hält, gewiß unterlassen .... Was hätten aber die grüßten Künstler, die ihrer Zeit immer voraus waren, folglich erst ein, zwei Menschenalter nach dem Tode zur Geltung kommen, von Aufführungstantidmen? Das Kunstwerk ist eben ein Brief an die Menschheit mit sieben unlösbaren Siegeln. Nur der Genius des Geistesver wandten wird ihn, gleich Röntgenstrahlen, durchleuchten und leicht entziffern. Allen anderen wird er ewig ver schlossen bleiben. Komponisten und Verleger müssen also Wege suchen — und nicht verrammeln —, die zum einzig maßgebenden Forum, dem Publikum, führen. Die Wege wird schon die Kritik verrammeln.« Die Weitsichtigen unter den Verlegern selbst können nicht im Ernste um augenblicklicher Vorteile willen, die manche von ihnen aus einer solchen Steuer ziehen würden, wünschen, daß das musikalische Leben in Deutschland verkümmere. — Diese Gefahr aber ist vorhanden. An den Mitgliedern der Gesang- und Musikoereine, an den Tonkünstlern, den Musik verlegern, und nicht zuletzt an dem aufblühenden Musik- ortimentshandel, dessen Existenz schwer bedroht wird, ist es, diese Gefahr abzuwenden. Von den vielen Tausenden deutscher Gesang- und Musik vereine haben, wie jeder weiß, nur die allerwenigsten irgend welchen Vermögensbestand aüfzuweisen; sie erhalten sich in der Regel durch freiwillige oder Mitgliedsbeiträge. Das Fortbestehen dieser Vereine ist für den Verlags- und Sorti mentshandel von größter Wichtigkeit. Eine Bedrückung des Vereinslebens durch die geplante Steuer Pücde eine Auf lösung vieler Vereine herbeisühren, oder der Bezug von Musikalien würde auf das äußerste eingeschränkt werden. Welche Einbuße aber vor allem das geistige Leben der Nation durch eine Drangsalierung dieser Vereine erleiden würde, braucht nach den früheren Ausführungen kaum noch besonders betont zu werden. Wir schließen mit den Worten, die der Präsident des Vereins der deutschen Musikalienhändler, Herr Dr. O. von Hase, in der Sitzung der ^.dsooistioo llttsrmrs (23. Sep tember r895, Dresden) gesprochen hat: »Das die Völker erleuchtende Licht muß frei strahlen; so muh auch, darum bitte ich, das deutsche Lied (die deutsche Musik) frei sein, nicht nur in den großen Bildungs anstalten der Schule, Kirche und des Heeres, sondern auch — und hier begegne ich mich mit dem Schweizer Hilty —in dem durch Vereine mannigfaltig gegliederten Volksleben.«
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