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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.03.1898
- Strukturtyp
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- Band
- 1898-03-01
- Erscheinungsdatum
- 01.03.1898
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- Deutsch
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49. 1. März 1898 Nichtamtlicher Teil. 161, Nichtamtlicher Teil Moderne deutsche Buchumschläge. Während die deutsche Plakatbewegung die auf sie ge setzten Hoffnungen bisher nur teilweise erfüllt hat. hat sich die künstlerische Ausstattung der Buchumschläge in erfreulich kurzer Zeit Bahn gebrochen. Die Zahl der bemerkenswerten Arbeiten auf diesem Gebiete ist schon so groß, daß ihre voll ständige Aufzählung unthunlich ist. Daher sollen im folgen den nur diejenigen von ihnen hervorgehoben werden, die für bestimmte Richtungen charakteristisch sind oder um der son stigen Bedeutung ihrer Urheber willen Beachtung verdienen. Noch vor wenigen Jahren trugen die deutschen Buch umschläge regelmäßig einen schlichten Schrifttitel. Nur Druck werke geringeren Umfanges, wie Festschriften, Lieferungsaus gaben, periodisch erscheinende Zeitschriften, erhielten häufiger bildlichen Schmuck Meist bildete eine weibliche Jdealgestalt in antiker Gewandung den Mittelpunkt der Darstellungen, die nur in seltenen Ausnahmefällen künstlerischen Wert besaßen. Zu den wenigen besseren Arbeiten dieser Art gehören z. B. Schrams'-Wien und Gysis'-München Umschläge für die Monatsausgabe von -lieber Land und Meer«. In den von Hynais-Prag herrührenden Umschlägen hat der Klassizismus eine etwas französische Färbung. Andere Titelzeichnungen zeigen den Einfluß der deutschen Renaissancebewegung. Insbesondere hat einer ihrer Be gründer, Rudolf Seitz-München, eine Reihe trefflicher Ar beiten geliefert, unter denen die Umschläge für die Wagner- Festschrift »Bayreuth 1886« und zwei von Frida Lipperheide herausgegebene Vorlagewerke (Musterbücher für weibliche Hand arbeiten, 1885; Dekorative Kunststickerei I. Aufnäharbeiten, 1888) Hervorhebung verdienen. Sie zeigen, wie tief Seitz in den Geist von »unserer Väter Werke« eingedrungen ist und wie vollständig er sich ihre Formensprache zu eigen ge macht hat, ohne dadurch seine künstlerische Selbständigkeit zu verlieren. Seine Werke sind keine bloßen Nachahmungen alter Arbeiten, sondern freie Neuschöpsungen auf alter Grundlage. Ihr geschmackvoller Entwurf, wie ihre treffliche Zeichnung machen sie zu in ihrer Art mustergültigen Leistungen. Daß Seitz seine Schaffenskraft noch nicht verloren hat, hat er neuerdings durch sein Titelblatt zu Heft I, 2 der »Jugend« bewiesen. Von anderen Künstlern dieser Richtung haben sich Otto Hu pp-München, dessen Münchener Kalender allbekannt sind, Anton Seder-Straßburg (Das Tier in der dekorativen Kunst, Gerlach L Schenk) und Emil Döpler der jüngere-Berlin (Adreßbuch des Vereins für deutsches Kunstgewerbe 1893/94; Die Höfe Europas, Berlin, Neuer Verlag) auf diesem Gebiete versucht. Joseph Sattler-Berlin, Otto Hupps talentvollen Schüler, dessen Darstellungen aus dem modernen Leben, wie z. B. die Volksscene auf dem Umschlag von G. Stoskopfs »Luschtigs aus 'm Elsaß« (Schlesier L Schweikhardt) den Ein fluß des französischen Naturalismus erkennen lassen, zog nicht nur die Freude an ihrer unerschöpflichen ornamentalen Phan tasie zu den Künstlern der deutschen Renaissance, sondern auch ihre unbedingte Ehrfurcht vor der Natur; ihr naiver, etwas eckiger Realismus, ihre liebevolle Darstellung des Details ließ in ihm verwandte Saiten erkli gen. Allmählich hat er sich so vollständig in die Kunstweise dieser alten Meister eingelebt, daß seine Arbeiten fast wie Werke eines ihrer Zeitgenossen erscheinen. Auch seine zahlreichen Umschlagszeichnuntzen für die Zeitschrift für Bücherfreunde, das Merkbuch des Ritters Hans von Schweinichen (Stargardt), die Zeitschrift für bil dende Kunst, das Kunstgewerbeblatt rc. tragen diesen Cha rakter. Mit Sattler pflegt wegen des archaistischen Eindrucks seiner Schöpfungen Melchior Lechter - Berlin zusammen genannt zu werden, der sich meist der feierlich ernsten Formen sprache der deutschen Gotik als Ausdrucksmittels seines ner vösen künstlerischen Empfindens bedient, manchmal sogar an die primitiven deutschen Malereien der romanischen Stil periode erinnert. Er hat zahlreiche Umschlagszeichnungen ge schaffen, unter denen die für die Kalender des deutschen Tier schutzvereins 1895 und 1896 und die für den Katalog der Ausstellung seiner Werke im Salon Gurlitt 1896 die be kanntesten sind. Eine vortreffliche ornamentale Arbeit ist der Umschlag des achten Preisverzeichnisses der Leinwandhandlung von Hildebrand L Sack in Landshut, während der Umschlag der neunten Preisliste, dessen Mittelpunkt unbegreiflicherweise die Gestalt eines geharnischten Ritters bildet, nicht auf dieser Höhe steht. Sehr seltsam ist das Titelblatt von Wolfskehls »Ulais«. Unter einem mit brennenden Kerzen besteckten Rund bogen steht, von zwei Topfpflanzen flankiert, die Herme einer gekrönten jugendlichen Frau. Vor ihr schwingen zwei in das Bild hineinragende Arme, deren Besitzer nicht sichtbar sind, ein seltsames, an ein großes Sieb erinnerndes Räuchergefäß. Ueber der ganzen Darstellung schwebt ein flammendes, von einem Pfeile durchbohrtes Herz. Ich bekenne, daß mir die Bedeutung dieser allegorischen Darstellung ebenso unergründ lich ist, wie der verborgene Tiefsinn der Wolfskehlschen Dich tungen. — Ueberhaupt kann ich mich der unbedingten Be wunderung nicht anschließen, die diese Lechterschen Arbeiten bei bedeutenden kunstgewerblichen Theoretikern gesunden haben. Lechters künstlerische Bedeutung bestreiten zu wollen, liegt mir selbstverständlich fern; aber die ergreifende Wirkung seiner Gemälde und Glasfenster beruht doch wohl zum großen Teil auf seiner wundervollen Farbengebung, während in seinen Titelzeichnungen nur seine Formensprache zur Geltung kommt. In dem Zurückgreifen auf die primitiven künstlerischen Aus drucksmittel einer längst vergangenen Epoche kann ich aber das Heil unserer Kunst nicht erblicken. Sodann kann ich die von Lechter beliebte Uebertragung der für das Kirchenfenster maßgebenden stilistischen Gesetze auf dem Buchumschlage nicht für gerechtfertigt halten, und endlich ist die Schrift stets un deutlich, in seinen letzten Arbeiten überhaupt nur mit Mühe zu entziffern. Besonders gilt dies von seinem Umschläge für »Das Jahr der Seele« von Steffen George (Verlag der Blätter für die Kunst), und zwar liegt der Grund hier nicht nur an der verschnörkelten Form der Buchstaben, sondern auch daran, daß der Text des Titels in fortlaufender Reihe ge druckt ist, jedenfalls um der rein theoretischen Forderung zu genügen, daß eine künstlerische dekorierte Druckseite keine Lücken aufweisen dürfe. Von den Vorkämpfern des sogenannten Neuidealismus hat Max Klinger-Leipzig, dessen berühmte Titelzeichnungen zu Brahms Liedern nicht in den Rahmen dieser Besprechung gehören, ein meisterhaftes Blatt großen Formats als Um schlag für das Prachtwerk »Secession« (Photographische Ge sellschaft) geschaffen. Es zeigt den Kopf einer hoheitsvollen Frau, die die neue Kunst verkörpern soll. Aus den Zügen ihres schön geschnittenen Gesichts und aus ihren großen geist vollen Augen sprechen Würde und stolzes Selbstbewußtsein. Mit der Linken saßt sie in ihr lang herabwallendes Haar, während der rechte Arm, in dessen nicht sichtbarer Hand man sich wohl eine Fackel oder einen Lorbeerkranz zu denken hat, hoch erhoben ist. Auch das von Klinger entworfene Titel blatt der Böcklin-Nummer der »Jugend« ist eine ebenso schöne wie geistvolle Arbeit, während der Umschlag der Festschrift: »Hundert Jahre im Dienste der Kunst« (Felsing) weniger ge lungen ist. Wusundsechzigster Jahrgang. 214
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