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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.03.1898
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1898-03-01
- Erscheinungsdatum
- 01.03.1898
- Sprache
- Deutsch
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49, 1. März 1898. Nichtamtlicher Teil. 1619 einer Gruppe von Herren einen riesigen Apfel hin, nach dem sich alle begierig drängen, den sie zu fassen oder in den sie zu beißen suchen. Einer, der den Kampf aufgegeben, macht seinem Leben durch einen Pistolenschuß ein Ende. Die übri gen Arbeiten Resnn'eks sind nicht so geistvoll erfunden, wie das besprochene Blatt, aber ebenso trefflich gezeichnet und in der gleichen flotten, pikanten, wenn auch etwas äußerlichen Manier gehalten. Mit Ausnahme der Titelblätter von Nr. I, 43; II, 5 und 9 der »Jugend« sind sie sämtlich aus dem Langenschen Verlage hervorgegangen. Es sind die Umschläge zu Marcel Prövosts Novellen: Liebesgeschichten 1897, Jul- chens Heirat 1897, Der gelbe Domino 1897, zu Guy de Maupassants Pariser Abenteuer 1897 und zu Heft I des Simplicissimus-Albums 1896. Ganz französisch sind auch die Umschlagszeichnungen von A. Münzer-München zu Heft 6 des Simplicissimus-Albums 1897 und zu Nr. II, 35 und 43 der »Jugend« und der von Cola nus herrührende Titel zu Ludwig Abels Roman: »Aus der Schule der Liebe« (C. Duncker). Ungleich selbständiger steht M. Slevogt-München der französischen Kunst gegenüber, deren Einfluß auch in seinen Buchumschlägen unverkennbar ist. Eine mehr interessante, als glückliche Leistung des vielumstrittenen Künstlers ist sein Umschlag zu Vosmer de Spics Roman: Eine Leidenschaft (A. Langen 1895). An der linken Ecke des Blattes erblickt man den Kopf eines jungen Mädchens mit gewöhnlichen Ge- sichtszügen, dirnenhaftem Ausdruck und einem frechen, cyni- schen Lachen um den leicht geöffneten, sinnlichen Mund. Ihre in dichten Strähnen herabhängenden, feuerroten Haare ziehen sich über das ganze Blatt hin, die Spitzen derselben gehen schließlich in lodernde Flammen über, die einen auf der Rück seite des Buches sichtbaren Mann umstricken. Daß hierdurch die verzehrende Macht sinnlicher Leidenschaft symbolisiert werden soll, bedarf keiner besonderen Hervorhebung. Um so unverständlicher ist mir die Bedeutung der übrigen Dar stellungen, einer großen Flasche und eines den größten Teil der Vorderseite einnehmenden feuerroten Tuches, über das die Cylinder zweier Lampen hinüberragen. Das Blatt ver blüfft zunächst durch die Eigenart der Idee und die Un mittelbarkeit und Kühnheit, mit der der Künstler sie zu Papier gebracht hat. Bei näherer Betrachtung stört aber die Ver worrenheit der Komposition, die grelle Buntheit der Farben und die Unschönheit der Formen. Geradezu abstoßend wirkt eine andere Arbeit Slevogts, die einen sehr fragwürdigen Schmuck von A. Skrams Erzählung »Verraten- (A. Langen) bildet. Das Blatt zeigt einen nur mit dem Hemde bekleide ten Ertrunkenen, der im Herabsinken mit beiden Armen in Meergewächsen hängen geblieben ist, an dessen Körper Fische nagen und in dessen Bart sich andere Seetiere verstrickt haben. Angesichts einer solchen Leistung sollte man es kaum für möglich halten, daß von demselben Künstler ein so reizendes Blatt, wie der Titel von Paul Bourgets »Pastelle« (A. Lan gen 1895) herrührt. Der unter dem Pseudonym Fidus bekannte Berliner Maler Otto Höppener bildet den schärfsten Gegensatz zu Sle- vogt. In den Arbeiten des letzteren manifestieren sich seine Sinnlichkeit und sein ungestümes Temperament, das er noch nicht in den gehörigen Schranken zu halten vermag; er strebt nach momentanem Effekt, seine Farbe ist lebhaft, manchmal schreiend, in der Wahl seiner Stoffe ist er kühn bis zur Bru talität, in seiner Darstellungsweise ein rücksichtsloser Realist, der auch vor der getreuen Wiedergabe des Häßlichsten und Abstoßendsten nicht zurückschreckt. Fidus' Kunst ist dagegen stets vornehm und zurückhaltend, sie zieht nicht unwidersteh lich die Blicke selbst des flüchtigen Beschauers auf sich; nur dem, der sich liebevoll in ihre Betrachtung versenkt,^ enthüllt sie ihren intimen Reiz und ihren tiefen geistigen Gehalt. Die keusche Reinheit der Empfindungsweise des Künstlers offen bart sich am schönsten in seiner Darstellung nackter jugend licher Körper, so vor allem in seinen poesievollen Idyllen, deren zarte schlanke Gestalten aus den in der »Jugend« und dem »Simplicissimus« veröffentlichten Arbeiten allbekannt sind. Zu dieser Kategorie gehört auch das reizende Titelblatt der von Karl Henckell herausgegebenen und verlegten Gedicht sammlung: »Sonnenblumen«. In die süße Träumerei seiner Idyllen klingt der schwermütige Ernst nur leise hinein, der den Grundcharakter der übrigen Schöpfungen des Künstlers bildet. Er ist eine durch und durch idealistische, unbefriedigte, nach Erkenntnis ringende Natur, die sich mit Vorliebe in die tiefsten Probleme der Metaphysik versenkt und in den äußeren Vorgängen des menschlichen Lebens den tieferen Sinn zu entdecken sucht. Seine hohen, asketisch hageren Männer, wie er sie z. B. auf dem Titel von Franz Evers' »Hohen Liedern« (Schuster L Löffler) darstellt, deren ausdrucksvolle, scharf geschnittene Gesichter , mit den eingefallenen Zügen und feuri gen, tiefliegenden Augen von geistigen Kämpfen und Leiden erzählen, sind für den Geist seiner Kunstrichtung typisch. Die Erkenntnis, nach der Fidus strebt und die ihm das Denken und die Erfahrung nicht zu geben vermögen, sucht er durch Versenkung in die mystischen Geheimlehren des Spiritismus zu erlangen. Zahlreiche occultistische Schriften sind von Fidus illustriert und mit Umschlagszeichnungen geschmückt worden, deren geheimnisvolle symbolische Darstellungen dem Unein geweihten nur teilweise verständlich sind. Teils sind es um fangreiche Werke, wie die »Sexualreligion«, teils 'kleinere Schriften über Kartenlegen rc., wie z. B. Das zweite Gesicht (Max Spohr). Belletristische Arbeiten dieser Richtung sind m. W. Franz Hartmanns: »Jehoshua« und »Karma« (W. Friedrich), deren in überaus zarten Farben gehaltene Titelblätter ich zu den hervorragendsten Schöpfungen des Künstlers zähle. — Das Gleiche gilt von dem wundervollen Kopfe der jugend lichen Märtyrerin auf der Rückseite des schon erwähnten Um schlags der »Hohen Lieder«. Auf der Vorderseite desselben hat Fidus im Anschluß an einige Verse des »Liedes von der Erde«, »Der Erde eiserne Wacht« dargestellt: -Herrlich stehen sie da und ruh'n vom Vollmondsschimmer begossen, Ruh'n wie erzene Hüter der Kraft aus deinem Schoß ent sprossen,' Hüten Herz und Heiligtum mit stählernem Blick und Schwert.- (S. 36.) Durch dieses Bild will der Künstler aber nicht etwa eine bloße Illustration zu den citierten Versen geben, sondern er will durch die ernsten, ehrfurchtgebietenden Gestalten, die, auf ihr Schwert gestützt und in Gedanken versunken, in stolzer Ruhe dastehen und einander aufs Haar gleichen, die gleich mäßige Erhabenheit und den Tiefsinn der Eversschen Dich tungen symbolisieren, denen alles Weiche, Liebliche fremd ist. Meist bedient sich Fidus aber rein allegorischer Kompositionen, um die Tendenz und den litterarischen Charakter eines Buches auf dem Titel zum Ausdruck zu bringen, so auf den Um schlägen zu Maria Janitscheks: »Raoul und Irene«, zu Gustav Wolffs: »Die Beichte des Mönches« (beide bei S. Fischer) und zu Franz Servaes' Drama: »Stickluft« (Schuster L Löffler 1896). Besonders gut gelungen ist das letztgenannte Blatt. »Ein nackter Mensch wehrt sich verzweiflungsvoll gegen die ihn erstickenden Umschlingungen eines ungeheuren Polypen, der vielleicht die Sünde in all ihrer Vielgliedrigkeit darstellt, während hinter ihm die Sonne der Freiheit oder der Intelli genz ihre Strahlengarben leuchten läßt; auch die ornamen tale Umrahmung, die Kette ohne Anfang und Ende, ist leicht verständlich« (von Zobeltitz, Zeitschrift für Bücherfreunde I, S. 32). (Schluß folgt.) 314»
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