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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.03.1898
- Strukturtyp
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- Band
- 1898-03-02
- Erscheinungsdatum
- 02.03.1898
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- Deutsch
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-K 50. 2. März 1898. Nichtamtlicher Teil. 1657 der Klang ihrer Trompete sicher nicht allzu weit dringen wird. So bietet dies Blatt eine gewiß ungewollte Charak teristik der kranken Kunst Heines, der alles Aufrüttelnde, alle starken dramatischen Accente fehlen, die sich überhaupt nicht an unser Gemüt, sondern an unsere Nerven wendet. Ein schlagendes Beispiel hierfür bietet der Umschlag von Maurice Maeterlincks bekanntem dramatischen Stimmungs bild »Der Eindringling« (A. Langen). In der Thür eines Zimmers erscheint plötzlich der Tod Ein schwarzes Gewand hüllt ihn völlig ein; nur seine knochige Rechte ragt aus dem Tuche hervor und faßt einen im Lehnstuhl sitzenden blinden Greis an der Schulter. Dieser weicht entsetzt zurück, während drei Mädchen, die Enkelinnen des Alten, mit allen Zeichen des Schreckens auf ihn blicken. Eindrucksvoller kann das jähe Eingreifen des Todes in menschliche Verhältnisse nicht geschildert werden als in diesem unwiderstehlich packenden, geradezu unheimlich wirkenden Blatte. In dem Titel von Arthur Holitschers »Weihe Liebe« (A. Langen), müssen auch die Farben, ein kaltes Violett und ein glühendes Orange, die nervenerregende Wirkung seiner Komposition steigern helfen. Ein junger Mann kniet in verzweifeltem Flehen vor einer hohen weißgekleideten Frau, die sich anschickt, ihm eine Dornenkrone aufs Haupt zu drücken. In diesem Blatte wie in vielen anderen beweist Heine seine Meisterschaft in der Schilderung hinfälliger dekadenter Naturen, die von der 6o <is siö äs - Krankheit, der zunehmenden Willensschwäche, erfaßt, ein Spielball ihrer oft perversen Gefühle und Nei gungen geworden sind. Besonders ist ihm die Darstellung verdorbener mondäner Weiblichkeit gelungen. So hat er in dem Titelbild von d'Aubecq-Lindners so tollem und doch so gehaltvollen Buche: »Die Barrisons« (Schuster L Löffler) meisterhafte Verkörperungen der Unschuld geschaffen, »die keine ist und die dennoch so wirken muß, als wäre sie es wirklich«, und auf dem bekannten Umschläge der bei Langen unter dem Titel »Halbe Unschuld« erschienenen Uebersetzung von Marcel Prövosts Demi-Vierges hat er eine unüber treffliche Darstellung dieses in der Ueberkultur unserer mo dernen Großstädte immer häufiger auftretenden Frauentypus gegeben. Hier wie in den meisten seiner Titelzeichnungen kleidet er seine Gestalten in das uns so tugendhaft er scheinende Kostüm der Biedermeierzeit, um ihren dekadenten Eindruck durch den Kontrast zwischen ihrer Persönlichkeit und ihrem Anzuge zu verstärken. Alle bisher genannten Blätter zeigen, wie meisterhaft Heine in seinen Titelzeichnungen den litterarischen Charakter des betreffenden Buches wiederzuspiegeln und zugleich die Quintessenz seines Inhalts zu geben versteht In dem Umschlag zu Demi-Vierges müssen auch die geistvoll er fundenen Ornamente der Rückseite — Lilien, die ihr Haupt noch hoch tragen, obwohl an dem unteren Teile ihrer Stengel giftige molchähnliche Tiere nagen, — hierzu Mitwirken. Die reiche ornamentale Phantasie Heines und seine souveräne Beherrschung der Linie tritt besonders glänzend in dem Um schlag des Katalogs einer Gurlittausstellung hervor, in dem japanische Reminiscenzen mit Motiven des Zopfstils zu einem völlig einheitlich wirkenden Ganzen verbunden sind (ohne An gabe des Ursprungs reproduziert auf S. 121 des d'Aubecq- Lindnerschen Barrisonbuches). In der wundervollen, ein schmeichelnden Weichheit seiner stets originellen, freilich oft bizarren Linien zeigt sich besonders der schon oben betonte lyrische Charakter der Heineschen Kunst. Außer den besprochenen Umschlagszeichnungen, die ich für die besten Leistungen Heines auf diesem Gebiete halte, hat der Künstler noch eine Reihe weiterer bemerkenswerter Arbeiten geschaffen. Besonderer Hervorhebung verdient der Titel der Uebersetzung von Marcel Prsvosts Roman: Us jarckio ssorst (A. Langen), auf dem der Künstler mit feiner Satire eine w>n,undjechzigsler Jahrgang. Darstellung moderner Eheleute giebt, die nach Prsvosts pessimistischer Ansicht stets Geheimnisse voreinander haben, von denen »jeder seinen verschlossenen Garten hat, in den der andre bei Strafe der Zerstörung des häuslichen Friedens niemals eindringen darf«. Auch auf dem Umschlag von Leo Bergs kritischer Studie: »Der Uebermensch in der modernen Litteratur« (A. Langen) ist das Thema des Buches durch einen Affen, der sich eine Löwenmaske vorhält, geistvoll persifliert. Ein sehr amüsantes Blatt ist der Titel von Marcel Prsvosts Cousine Laura (A. Langen), ein Medaillon mit einem männlichen und zwei weiblichen Köpfen, deren pervers sinnlicher Gesichtsausdruck in pikantem Gegensatz zu der in feierlich steifen Empireformen gehaltenen Ornamentik steht. Dieser Stil herrscht auch auf dem rein ornamentalen Umschlag von Jacob Wassermanns Novelle: »Schläfst du, Mutter?« (A. Langen). Der famose, auch koloristisch interessante Titel von Peter Nansens: »Aus dem Tagebuch eines Verliebten« (S Fischer) zeigt ein Liebespaar in feurigem Kuß. Dasselbe Thema wird in ähnlicher, wenn auch weniger gelungener Weise auf dem Umschlag von Carl Kuhns Roman: »Die Heuchler« (W. Friedrich) behandelt. Die Titel von Albert Langens Verlagskatalog und von Richard Wredes: »Vom Baum des Lebens« (Kritikverlag) stellen mondäne Frauen bei der Lektüre dar. Auf dem Umschlag des Pariser Sittenromans »Das Mädchen für alles« (Dieckmann) blickt ein junges Mädchen in Dienstbotentracht mit lockenden, lüsternen Augen den Be schauer an, während hinter ihr ein riesiges drachenartiges Ungetüm mit weit aufgesperrtem Rachen lauert, um die jenigen zu verschlingen, die sich in den Netzen der Schönen fangen lassen. Der Vollständigkeit wegen seien zum Schluß noch die Titel der Romane von Fritz Mauthner: »Die böh mische Handschrift« und von Jacob Wassermann »Die Juden von Zirndorf« (beide bei A. Langen), sowie von O. I. Bier baums Märchendichtung »Lobetanz« (Verlag des »Pan«) er wähnt, rein ornamentale Arbeiten von geringer Bedeutung. Wie in den Umschlagszeichnungen Heines, so spielt auch in denen R. Witzels-München die kühne Stilisierung der menschlichen Gestalt eine wichtige Rolle; während sie aber bei dem ersteren nur Mittel zum Zweck ist, ist sie bei Witzel Selbstzweck. Heine stilisiert, weil er nur die zur Charakte risierung der dargestellten Personen wesentlichen Linien geben will, daher bleibt er bei aller Kühnheit der Vereinfachung fast immer auf dem Boden der Möglichkeit, und seine an scheinende Bizarrerie rührt meist nur daher, daß er ver schrobene überkultivierte Naturen schildert. Ganz anders Witzel. Seine ausschließlich weiblichen Gestalten haben alle das gleiche ausdruckslose Gesicht, das gleiche frech sinnliche Lachen; er will nicht schildern, nicht charakterisieren, für ihn ist die menschliche Gestalt lediglich ein dekoratives Element, das er ohne Rücksicht auf die physische Möglichkeit nach seinem Belieben verändert. Einigen seiner Arbeiten, so be sonders dem Titelblatt von Heft l, 1ü der »Jugend« kann man eine gewisse Verve und groteske Komik nicht absprechen; die meisten aber stoßen durch ihre manierierte Stilisierung und ihre schreienden Farben ab (Jugend I, 10, 20, 24, 40, sieben in Piersons Verlag erschienene Romane). Auch Bruno Paul-München geht in der Stilisierung der menschlichen Gestalt gelegentlich über das Maß des Er laubten hinaus, so in der Darstellung der stürzenden Rad fahrerin auf dem Titelblatt von Nr. I, 35 der Jugend; im allgemeinen hält er sich aber von den Bizarrerieen der Witzel und Genossen fern, die er in einem Bilde des Simplicissimus köstlich verspottet hat. Bruno Paul ist eine kraftvolle eigen artige Persönlichkeit. Freilich hat seine Kunst etwas Grobes, Naturwüchsiges; aber dieser Zug, der in einzelnen seiner Arbeiten stört, kommt ihm in andern Blättern wohl zu statten, so in der trefflichen Darstellung des Bauern mit dem Pflug 2t S
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