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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.03.1898
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1898-03-25
- Erscheinungsdatum
- 25.03.1898
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- Deutsch
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69. 25. März 1898 Nichtamtlicher Teil. . 2299 Die Kommission wolle beschließen: 8 184. Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geld strafe bis zu eintausend Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer 1. unzüchtige Schriften. Abbildungen oder Darstellungen feilhält, verkauft, verteilt, an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt oder sonst verbreitet, sie zum Zwecke der Verbreitung selbst herstellt oder durch andere Herstellen läßt oder zu dem selben Zwecke vorrätig hält, ankündigt oder anpreist: 2. Schriften, Abbildungen oder Darstellungen, welche das Scham- und Sittlichkeitsgefühl gröblich verletzen oder die geschlechtliche Lüsternheit zu erregen geeignet sind, einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, ver kauft oder sonst überläßt, oder an öffent lichen Straßen, Plätzen oder anderen Orten, die dem öffentlichen Verkehr dienen, zu ge schäftlichen Zwecken oder in der Absicht, das Schamgefühl zu verletzen, ausstellt oder an- schlägt; 3. Gegenstände, die zu unzüchtigem Gebrauche bestimmt sind, an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder solche Gegenstände öffentlich ankündigt oder anpreist; 4. öffentliche Ankündigungen erläßt, welche dazu bestimmt sind, unzüchtigen Verkehr herbeizuführen. Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte sowie auf Zulässigkeit von Poli zeiaufsicht erkannt werden. Hiernach sind der Absatz 1 und 2 des § 184» in der Nummer 2 des § lk<4 nach der Subkoinmissionsfassung ent halten, und es haben die Nummern 2 und 3 des ursprüng lichen § 184 die Nummern 3 und 4 erhalten. Nachrichtlich wird hier bemerkt, daß zu der Fassung des § 184» Absatz I der Vorlage in der Kommission verschiedene Anträge gestellt waren, die, weil sie die Uebersichtlichkeit stören würden, weggelassen sind. Zu diesem Anträge der Subkommission, soweit er sich auf Absatz l bezieht, hat ein Mitglied der Kommission den Antrag gestellt, im Absatz 1 Nummer 2 statt der Worte »das Scham- und Sittlichkeitsgefühl gröblich verletzen« zu sagen: »das Sittlichkeitsgefühl in schamloser Weise verletzen«. An tragsteller begründete den Antrag damit, daß die Fassung der Subkommission etwas zu subjektiv sei, während sein Antrag die Fassung etwas objektiver mache; er wolle die Absicht des Verfassers bezw. des Verbreiters maßgebend sein lassen und nicht die sittliche Anschauung des Sehenden bezw. Lesenden. Es müsse der Begriff der allgemeinen Sittlichkeit maßgebend sein und nicht das Sittlichkeitsgefühl des Einzelnen. Ein Mitglied der Kommission hielt den Antrag für bedenklich, weil derselbe einen neuen Begriff in das Straf gesetzbuch hineintrage, während die bemängelte Fassung der Subkommission einen bereits im Strafgesetzbuch ent haltenen Begriff, der durch Judikatur festgestellt sei, ent halte. Dann sei aber auch das Wort »schamlos« sehr be denklich, weil schamlos sprachlich dem Begriff »ohne jede Scham« gleich und deshalb zu unsicher sei Auch andere Mitglieder der Kommission sprachen sich gegen diesen Antrag aus, welcher darauf zurückgezogen wurde. Ein Mitglied der Kommission regte an, in der Nummer 2 am Schlüsse statt »Schamgefühl« zu sagen: »Scham- und Sittlichkeitsgefühl«, um es mit der Fassung des Anfangs der Nummer 2 konform zu machen. Weiter regte dieses Mitglied an, in der Nummer 3 das Wort »öffentlich« zu ersetzen durch: »dem Publikum«. Man habe nämlich, nur um nicht zweimal kurz hintereinander »dem Publikum« zu sagen, das Wort »öffentlich« in der Subkommission hinein gebracht. Diese Aenderung, welche nur formeller Natur sein sollte, habe aber auch die materielle Bedeutung, daß eine Ankündigung mittels Briefen bezw. Drucksachen, die man doch ebenfalls treffen wolle, straflos bleiben werde. Diesen Ausführungen wurde von verschiedenen Mit gliedern der Kommission und auch einem Regierungskom- missarius zugestimmt. Eine weitere Debatte über den materiellen Inhalt der Nummer 2 wurde nicht mehr geführt. Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, in der neuen Nummer 2 des § 184 die Worte »das Schamgefühl« am Schluffe zu er setzen durch die Worte »das Scham- und Sittlichkeitsgefühl«, sowie in Nummer 3 an Stelle von »öffentlich« zu setzen: »dein Publikum«. Hierauf wurde die neue Nummer des § 184 angenommen und ebenso der ganze § 184 in seiner jetzigen Gestaltung und zwar einstimmig. Bei der zweiten Lesung des so gestalteten § 184 hatte ein Mitglied der Kommission den Antrag gestellt: Die Kommission wolle beschließen: 1. in dem 8 184 Absatz 1 Ziffer 2 Zeile 6 die Worte: »oder sonst überläßt« zu streichen; 2. in derselben Ziffer Zeile 8 und 9 die Worte: »zu geschäftlichen Zwecken oder« zu streichen; welcher Antrag zu einer längeren Debatte Veranlassung gab. Antragsteller erklärte, er sei bei Beratung und Beschluß fassung über den Antrag der Subkommission nicht zugegen gewesen, er finde in der von der Subkommission gefundenen Fassung eine bedeutende Erweiterung, Verschärfung und Ver besserung des bisherigen gesetzlichen Zustandes und stimme der selben im allgemeinen zu; sie gehe aber in mancher Beziehung über die Grenze hinaus. So könne er sich mit den Worten »oder sonst überläßt« nicht einverstanden erklären. Dieser Begriff sei zu vage und gehe über das von ihm Gewollte hinaus. So könne z. B. der Geschäftsherr, welcher einen Lehrling beauftrage, Bücher an dritte Personen leihweise zu verabreichen, bestraft werden, wenn der Lehrling noch nicht 18 Jahre alt sei; es dürfe der Lehrer in Kunstschulen Vorlagen, die unter diesen Para graphen fallen, nicht an Schüler unter 18 Jahren geben; Lehrer können bestraft werden, wenn sie ihren Schülern obscöne Werke von Schriftstellern überlassen; Bibliothekare können bestraft werden, wenn sie einem noch nicht 18 Jahre alten Studenten einen Boccaccio oder einen Simplicissimus verabfolgen: Prediger seien strafbar, wenn sie Kindern unter 18 Jahren die Bibel in die Hand geben, da diese zweifellos eine Menge obscöner, unter die Nummer 2 fallender Dar stellungen enthalte. Auch die Worte »zu geschäftlichen Zwecken oder« könne er nicht billigen, da damit dem Handel mit Kunstwerken eine zu große Schädigung zngefügt werde. Es dürfe z. B. ein Geschäftsmann nicht einmal in seinem Laden eine Venus von Milo ausstellen. Dem wurde entgegengehalten, daß die beiden Ausdrücke mit Absicht so gewählt seien und daß, wenn man dieselben sortlasse, man das nicht treffen könne, was man treffen wolle Wenn man z. B. die Worte »oder sonst überläßt« weglasse, dann könne man denjenigen, welcher aus Lust am Gemeinen Kindern gemeine Sachen geschenkweise überlasse und dieselben hierdurch verderbe, gar nicht treffen; man werde auch nicht verhindern können, daß ältere Leute sich dazu hergeben, für Personen unter 18 Jahren derartige Schriften rc. im Laden zu kaufen. Was dann die Worte »zu geschäftlichen Zwecken oder« betreffe, so habe man in der Subkommission gerade diese Fassung gewählt, um der Kunst Freiheit zu lassen. Jeder Geschäftsmann dürfe in seinem Laden eine Venus von Milo haben, er dürfe sie nur nicht im Schaufenster ausstellen. 303*
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