Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.05.1891
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1891-05-27
- Erscheinungsdatum
- 27.05.1891
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18910527
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-189105275
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18910527
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1891
- Monat1891-05
- Tag1891-05-27
- Monat1891-05
- Jahr1891
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
3090 Nichtamtlicher Teil. 119, 27. Mai 1891. Absatz zu verschaffen, ist »ns verschlossen. Der Vertrieb durch nach Bedarf zu errichtende Verkaufsstellen, das Aussuchen der Käufer durch Reisende, der Absatz durch den Hausierhandel — durch die Kolportage — alles dieses ist in Oesterreich ver boten, oder doch nur in beschränktem Maße geduldet, kaum ausnahmsweise gestattet. Wie bedeutend der Verkauf an Bahnhöfen und Damps- schiffstationen sich gestaltet, das beweisen die großen Städte des Auslandes, so Paris, London, Berlin, Hamburg, Köln, Dresden, Breslau, München u. a., wogegen bei uns in Wien, Prag, Triest, dann in unseren Badeorten und größeren Sommerfrischen im Gebirge nichts davon zu bemerken ist. Der Reisende, Hausierer oder Kolporteur ist das enkavt torriblo der Behörde und auch des Publikums. Demselben wird — nachdem ihm im Prinzipe der Handel mit Erzeugnissen der Presse verboten ist — nur gestattet, Bestellungen auf einzelne Werke entgegen zu nehmen und an eine konzessionierte Buch handlung abzugeben. Diese Leute müssen in Oesterreich heimats berechtigt, unbeanstandet sein und das dreißigste Lebensjahr erreicht haben; dann ist es der politischen Behörde sreigestellt, einen Er laubnisschein zum Abonnenten-Sammeln für bestimmte, namhaft gemachte Lieferungswerke, längstens auf die Dauer eines Jahres und für ein bestimmtes Kronland giltig, zu erteilen. Dafür wird aber eine Stempelgebühr von 2 fl 80 kr. eingehoben und der Mann zur Gewerbesteuer herangezogen; er muß also für ein an sich verbotenes Gewerbe Steuer entrichten. Welcher Mann entschließt sich im Alter von dreißig Jahren zu solchem Erwerb, welcher ihm jeden Augenblick durch das Be lieben der politischen Behörde entzogen werden kann? Welcher Art sind seine Aussichten, wie kann er daran denken, sich als Staatsbürger zu fühlen, eine Familie zu gründen und in halb wegs geordneten Verhältnissen zu leben? Ist es da nicht be greiflich, daß ein tüchtiger, vertrauenswürdiger Mann diesem Berufe sein bleibt, daß — mit immerhin respektablen Aus nahmen, nur trostlose und verunglückte Individuen dieser Be schäftigung sich widmen? Von der Notwendigkeit des Kolporteurs aber für die ganze Buch- und Druckindustrie, sowie nicht minder für das Publikum, mag man sich einen Begriff machen, wenn man den eventuellen Wirkungskreis desselben ins Auge fassen will. Jede Nation, jede Partei, jede Konfession bedarf seiner, um die in Druck schriften hinterlegten Ideen und Prinzipien unter die Massen zu bringen und die Bildung zu verallgemeinern. Die hoch belasteten Buchhandlungen mit ihrer jetzigen Organisation können nicht aus das flache Land, in entfernte Wohnungen, Werkstätten und Hütten gelangen; das kann nur der mit geringem Erwerbe zufriedene kleine Mann thun, nur er kann auch wieder den kleinen Mann aussuchen und dadurch den für den Buchhandel notwendigen Absatz erzielen helfen. Schaden schafft die Kolportage nur, wenn sie in Verbrei tung von Schauer- und Schundlitteratur besteht; das ist jedoch zu verhindern möglich. Sie bringt aber unabsehbaren Nutzen durch Verbreitung von Kenntnissen und Hebung der allgemeinen Volksbildung, durch die Unterstützung der Buchgewerbe und durch Arbeit und Broterwerb für viele heute beschäftigungslose Indi viduen. Sobald der Kolportagehandel kein verbotenes oder bloß toleriertes Gewerbe mehr ist, welches den Chikanen des ersten besten Gensdarmen ausgcsetzt erscheint, wird ihm eine Menge ehrenwerter Personen zugesührt werden können; es wird das Vorurteil gegen den Kolporteur verschwinden, er wird unter die aus Gesetzesboden stehenden arbeitenden Männer einzureihen sein und dem Staate und dessen Bürgern nützen. Daß es alsdann aber auch erst möglich sein wird, in Oesterreich große belletristische-Zeitschriften und periodische Unter nehmungen, aus die Massen berechnet, ins Leben zu rufen, darf unansechtbar behauptet werden. Nur die Kolportage allein ist imstande, solchen Publikationen Prosperität zu verschaffen. Der heute bestehende Buchhandel kann seine Aufmerksamkeit de» sogenannten Kreuzerartikeln intensiv nicht zuwenden, wohl aber kann das der mit geringen oder gar keinen Spesen arbei tende Kolporteur thun. Der Arbeiter, der Handwerker, der kleine Beamte ist häufig auch in der größeren Stadt nicht in der Lage, selbst in die Buchhandlung zu gehen, sein Berus erlaubt es ihm nicht; er ist aber sehr oft geneigt, Käufer zu werden, sobald man ihm das ihn Interessierende zuträgt. Ist aber die Freigabe der Kolportage von periodischer Litteratur auch für die Buchhändler von größter Wichtigkeit, so ist sie für die Zeitungsindustrie geradezu eine Lebensbe dingung. Mit Ausnahme einiger wenigen alten Unternehmungen, kranken die meisten Blätter an zu geringen Auflagen, wodurch sie sich als lebensunfähig erweisen. Ueberblicken wir die letzten drei Jahrzehnte, so finden wir, daß eine große Anzahl gut angelegter, mit bedeutendem Kapitale ins Leben gerufener Blätter nach kurzem Bestände eingehen mußte, da ihre Aus gaben die Einnahmen überschritten. Das Ausland beweist uns, daß oft ganz untergeordnete Blätter riesige Auflagen haben, die fast ausschließlich im Straßenverkaufe abgesetzt werden. Würde bei uns die Kolportage gestattet sein, dann würden sich auch die Auflagen unserer Blätter verzehnfachen. Die Ge staltung und Regelung der Kolportage der Zeitungen ist aber in Oesterreich um so wichtiger und dringender, als die Praxis der Verwaltungsbehörden den Einzelverschleiß der Zeitungen Be schränkungen und Bedingungen unterworfen hat, welche weder im Wortlaute, noch im Geiste des Preßgesetzes ihre Begründung finden und den Einzelverschleiß ihres Blattes zu einer Be günstigung machen, deren Gewährung von der Gnade der Ver waltung abhängt, während einem Blatte, das sich die Ungnade der Regierung zugezogen hat, der Einzclverschleiß entzogen werden, und hierdurch die Existenz eines Unternehmens, durch welches hundert und mehr Familien ihren Erwerb finden, durch einen Federstrich in Frage gestellt werden kann. Unsere Beschwerden gegen das bestehende Preßgesetz be treffen weiters die polizeiliche Beschlagnahme und das objektive Verfahren. Erstere Maßregel schädigt die Zeitungen in hohem Grade, da selbst bei späterer Freigabe des Blattes, die für den Herausgeber nur moralischen Wert besitzt, der er wachsende Schaden an Herstellungskosten und Stempel ein großer ist. Die polizeiliche Beschlagnahme, welche als eine Präventiv- Maßregel gedacht war, stellt sich durch die vermögensrechtliche Schädigung, welche sie dem betroffenen Zeitungsunternehmen zusügt, als ein Akt der administrativen Justiz dar, durch welchen einZeitungs- unternehmen ohne gerichtliches Verfahren und ohne Verteidigung zu einer Geldbuße verurteilt wird, deren Höhe nicht durch das Maß des vorhandenen oder angeblichen Verschuldens, sondern einzig und allein durch die Höhe der Auflage bestimmt wird. Hier ist ebenso dringend Abhilfe nötig, wie beim objektiven Verfahren, das sich nur gegen die beanstandete Druckschrift, nicht aber gegen den Urheber derselben richtet. Diese Praxis hat in allen Fällen Berechtigung, wo eine strafbare Person entweder nicht auffindbar oder nicht erreichbar ist; wird sie aber, wie das bei uns usuell geworden, bei der Mehrzahl der Preßprozesse in Anwendung gebracht, dann trägt sie das Merkmal der Unmoralität an sich. Es bürgert sich nur zu leicht die Anschauung ein, als scheue sich die Regierung davor, eine Person vor Gericht zu citieren, aus Besorgnis, es könne dieselbe durch ihre Verteidigung die Verurteilung vereiteln. Solche Zustände sind jedoch in einem Rechtsstaate unhaltbar und erheischen dringendst die Beseitigung. Außer diesen durch das Preßgesetz veranlaßten Hemmnissen und Bedrückungen der Druckindustrie enthält aber auch das Gebührenrecht Bestimmungen, die nicht minder schwer aus derselben lasten. Wir meinen den Kalender- und Zeitungs- stempek, welche beide nur als fiskalische Lasten aufzufassen sind. Von seiten der Regierung wurde dies zu wiederholten Malen zugestanden und auch Abhilfe für die Zukunst ver-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder