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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.06.1898
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- 1898-06-15
- Erscheinungsdatum
- 15.06.1898
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- Deutsch
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4464 Nichtamtlicher Teil. 135. 15. Juni 1898. Die Grundsätze einer gesunden Kunst seien gar nicht einmal so neu. schon Semper habe sie gepredigt. Aber sie seien besser verstanden als angewendet worden. Bei jeder Arbeit sei der Zweck voranzustellen, dem sie diene. Das Material solle zweckentsprechend verwendet und die Wege echter Technik gewandelt werden. Statt des Ueberreichen und Bunten möge man das Einsache, Gute und Kräftige bringen. Diesen Grundsätzen gegenüber seien die Motive der Formen sekundär. Es sei recht schön, die Ornamente der Natur zu entnehmen; aber das sei Mode-, nicht Hauptsache. Auch die alten Formen seien noch verwendbar. Bei Berücksichtigung alles dessen sei erst das richtige Verhältnis zum Auslande zu gewinnen. Die Anregungen, die uns von Frank reich. England oder Amerika würden, solle man beachten, um daran zu lernen. Aber es sei zu vermeiden, das Aeußere dieser aus ländischen Arbeiten nachzuahmen. In den genannten Ländern seien große Künstler, die Eigenes schafften. Das sei das Wesentliche, was zu beachten wäre. Nun sei es notwendig, diese Grundsätze auf den Druck und das Buch anzuwenden. Worin bestehe nun das Neue im Buchgewerbe? Hier müßten wir auf die alten Meister zurückgrcifen. Nehme man z. B. die alten Bücher im Buchgewerbemuseum zur Hand, so finde man in Vapier, Farbe, Einheit des Seitenbildes, vollkommener Raumausfüllung eine meisterhafte Harmonie zwischen Schrift, Ver zierung und Illustration. Worin also, in welcher Richtung hätten wir uns künstlerisch zu bessern? Unsere heutigen Schriften seien viel zu unruhig und unklar. Es sei notwendig, alles Störende, sowie jeden Schnörkel zu ver meiden. Diese Anforderungen erfülle am besten die Antigua, wes halb auch die Völker mit lateinischer Schrift gegen uns Deutsche im Vorteil seien. Wir Deutsche sollten daher bestrebt sein, die deutsche Schrift noch weiter zu vereinfachen, die Fraktur in eine mehr gotische Rundschrist umzuändern Die Münchener hätten die Schwabacher Schrift zu neuem Leben erweckt, Morris die gotische Schrift künstlerisch gestaltet. Unsere heutigen Schriften seien aber noch zu mager, zu dünn und flau, um ein gut lesbares Bild zu geben. Besser wäre es, die Schriften kräftiger zu halten; die ganz fetten Schriften seien aber zu plump, das Schriftbild daher nicht hell genug. Eher dürsten sich Schriften in dem Muster der »halb fetten» empfehlen. In der jetzigen Zeit sei aber auch das Satzbild des Buches viel zu bunt, eine Folge der vielen Auszeichnungs schriften, die völlig überflüssig, ja störend seien. Die alten Meister hätten jedes Werk in einem Charakter ausgeführt, und gerade darin liege das Vornehme bei den Alten. Auch die Zierate bedürften einer Verbesserung. Die alten Künstler zeichneten den Entwurf direkt auf den Holzstock in richtiger Größe, also in demselben Maßstabe, in dem später gedruckt wurde Die modernen Zierate würden aber durch die photomechanischen Verfahren verkleinert wiedergegeben, wodurch sie oft zu klein und fein geraten, so daß das richtige Maßvcrhältuis nicht mehr be stehe. Die Alten verwendeten das Flächenornamcnt; heute würde das plastische Ornament zur Anwendung gebracht Letzteres stimme aber nicht zur Type, die ein Flächenzierat sei. Dies sei auch schon erkannt, und die Musterbücher unserer Schriftgießereien zeigten schon manches Brauchbare. Dieses Streben sei zu loben, aber leider werde zu viel geboten. Manches sei künstlerisch nicht ersten Rangs und zeige noch zu oft die alten Schnörkel. Zur stilgemäßen und künstlerischen Verwertung der Zierate müßten Künstler und Drucker Hand in Hand gehen. Bei dem Satze sei die richtige Anwendung von Schrift und Zierat die Hauptsache. Aber leider fehle es hier noch sehr an Ver ständnis der neuen Grundsätze. Auch hier solle man auf die alten Meister zurückgreifen, auf die Einheit der Fläche. Bei den Alten sei immer der ganze Raum des Satzrechteckes gefüllt. Nichts Leeres sei zu sehen, jede einzelne Zeile sei ausgefüllt. Die Ueberschriften und Kapitelanfänge seien in geschlossenen Zeilen oder später durch eine Kopfleiste, Vignette oder Strich in die Seitenfläche eiugegliedert. Dies sei auch beim Titel und titelsörmigen Satz der Fall. Heute aber herrschten ganz falsche Regeln. Ruhig würde es hingenommen, wenn die Ueberschrift in einer leeren Fläche schwimme. Wie leicht und hübsch ließe sich aber auch heute noch die Ueberschrift durch Linien umrahmen und dekorativ in die Fläche eingliedern. Redner führt mehrere amerikanische Beispiele der neueren Diuckzeit vor. Auch der Titel zeige heute ein viel zu wenig geschlossenes Satz bild. Viel habe hier die sogenannte freie Richtung gesündigt, die gegen eine vernünftige Flächenfüllung gewesen sei. Auch heute wäre dieser Standpunkt noch nicht ganz überwunden, und ein großer Teil der neuen Erzeugnisse beweise, daß die Setzer noch im Banne dieser Richtung ständen. Hier sei es notwendig, aufzu räumen. Der Satz solle als Fläche betrachtet werden, in der Ornament und Schrift sinngemäß angewendet würden. Auch die Farbe lasse noch vieles zu wünschen. Der deutsche Buchdrucker stehe noch stark im Banne der flauen gebrochenen Farben, es herrsche die Vorliebe für zarte, d. h. für verschwommene graue Töne. Auch hier möge man auf die kräftige Farbenwirkung in den alten Drucken achten. Das Schwarz und Rot aus jenen Zeiten stehe noch voll und ungebrochen auf dem Papier und er freue heute noch das Auge durch Kraft und Frische. In unserer farbenfrohen Zeit wachse in der Malerei, in der Plakatkunst, in den typographischen Arbeiten des Auslandes die Farbenfrcude, und es sei notwendig, auch in dem deutschen Buchgewerbe koloristisch tüch tige Künstler zur Mitarbeit heranzuziehen. Besonders wichtig würden aber diese Fragen des Druckes für die Ausstellung in Paris werden. Eine kollektive Vorführung sei am Platze, da hier jedes einzelne Stück zum Bilde beitrage. Jeder solle daher nach dem Besten streben, nicht nur technisch, son dern auch künstlerisch. Diese Druckerfragen bildeten die Grundlagen für die Gestaltung des Buches, des Ganzen. Zweifellos komme in Paris nicht allein die Kunst in Frage, sondern der deutsche Verlag müsse auch durch die Bedeutung seiner Verlagswerke, deren Inhalt und die Organi sation seines Handels wirken. Aber die Form werde gerade in Paris immerhin ein sehr wesentliches Element der Beurteilung bilden. Für eine Ausstellung sei die Form eine Hauptsache, gerade in Paris, bei den Franzosen, bei denen der Geschmack, das Auge so weit entwickelt seien. Daher dürften nicht nur keine Fehler gemacht, sondern es müßte durch ganz besondere Anstrengungen zu erreichen gesucht werden, daß der Geschmack auch positiv zum Erfolge beitrage. Welche Anforderungen stelle aber nun gerade die heutige Rich tung an das Buch? In erster Linie die technische Vollkommenheit in Druck und Illustration, in denen mit Frankreich, England und Amerika zu wetteifern sei. Die vorgenannten Grundsätze des Druckes rc. müßten auch in dem Buche und in jeder Art Verlags werke angewendet werden. Vor allem abrr sei das Bestreben auf die richtige Gestaltung der Illustration besonders in ihrem Ver hältnis zum Texte zu richten. Besonders bei der Illustration der Verlagswerke seien ver schiedene Ansprüche zu beachten. Unsere pholomechanischen Verfahren, besonders die Autotypie, seien hochentwickelt. Sehe man sich nun ein wissenschaftliches, naturwissenschaftliches rc. Buch an, so wolle man den Text durch möglichst viele Illustrationen erläutert sehen. Hier seien die photomechanifchen Verfahren möglichst zu verwenden, denn je mehr Illustrationen, desto klarer und besser die Erläuterungen. Ein anderes aber sei es bei dem Buche, das nur zu künstlerischen Zwecken, also nur zum Genüsse bestimmt wäre, also bei der schönen Litteratur, den Klassikern rc Hier möge man sich wieder an die Harmonie der alten Bücher erinnern, wie der Holzschnitt seinem Wesen nach zu der Type stimme und im Seitenbilde stehe. Dieses hätten auch schon die Engländer, wie William Morris, Walter Crane u. s. w., erkannt und aus das Moderne angewendet. Bei uns aber habe bisher die Tendenz nach Tonwirkung geherrscht. Gemalte Jllustrationsoorlagen seien mechanisch vervielfältigt worden, wodurch keine Einheit erzielt werden könne. Aber noch tiefer gehe das bisher Gebräuchliche. Auch der Geist der modernen Illu stration fei anfechtbar. Der Illustrator suche bei einem Romane oder Klassiker möglichst thatsächlich zu sein, um das Werk zu erläutern. Durch dieses Vorgehen aber würde der Genuß beim Lesen beeinträchtigt, der Illustrator dränge sich zwischen den Dichter und Leser und zwänge dem Genießenden ein Bild aus, das gar nicht seiner Phantasie entspreche. Die neue Richtung wolle keinen Mittelsmann zwischen Leser und Dichter. Der Künstler solle uns durch seine Zeichnung den Genuß des Lesens bereichern, das Werk gleichsam musikalisch begleiten, auch das Auge, den Blick des Lesenden befriedigen und das Buch als Ganzes zum Kunstwerk gestalten. Sein Augenmerk möge er auf die schmückenden Teile, die Kopfstücke, Schlußleisten rc. lenken, die eigentlichen Bilder dem dekorativen Ganzen an geeigneter Stelle einfügen. Auch hier gelte es, Künstler heranzuziehen, die für das Ganze des Buches ein Auge hätten und mit dem Drucker zusammen- wirktcn. An Künstlern fehle es in Deutschland nicht, er führe nur Sattler, Pankok rc. an. Gerade für die Weltausstellung in Paris habe die Reichsdruckerei in Berlin eine Prachtausgabe des Nibe lungenliedes ins Auge gefaßt und damit Sattler betraut, der die ganze Ausstattung bis auf die Type besorge. Es gälte das Be gonnene zu modifizieren und weitere Werke ins Leben zu rufen, um mit dem Auslande in Wettbewerb treten zu können. In Bezug auf das Aeußere des Buches seien beim Papterum. schlag neuerdings viele künstlerische Versuche lobenswert. Bei Büchern, Musiktiteln würde dieses sehr dienlich sein, aber nicht nur bei den Reklamewerken, sondern auch bei den ernsteren Verlags artikeln. Vor allem aber sei auf die Einheit de« Aeußeren mit dem Inhalt des Buches zu sehen. Der Inhalt müsse der Schale entsprechen, nicht wie es heute vielfach der Fall sei, daß das Aeußere sehr viel verspreche, das Innere aber noch in der alten Weise hergestellt sei. Bei dem Einband sei die Handarbeit von Geschmack, maßvoll und neu. Der Masseneinband sei sehr wichtig, für die Pariser Ausstellung auch iu geschäftlicher Hinsicht. Auch hier empfehle sich strenge Auswahl. Redner empfiehlt als Grund-
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