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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.09.1898
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1898-09-20
- Erscheinungsdatum
- 20.09.1898
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- Deutsch
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HS 218, 20, Srxtrmber 18S8. Nichtamtlicher Teil. 6847 bewaldeten Höhenzuge rechts, links von der aufsteigenden langgestreckten Stadt mit ihren Türmen und schönen Ge bäuden; dahinter aber eine schwarze, gezackte Wolkenschanze, am Rande und den Spitzen dunkelrot vergoldet von der untergehenden Sonne: beinahe Alpenglühen! Aber die Vorstandssitzung mahnte. So stört die nüch terne Wirklichkeit immer das Versunkensein in schimmernden Abendglanz und weltvergessende Träumerei. — Von der Vor standssitzung schweigen wir hier. Nachher versammelte der Flensburger Hof eine fröhliche, gesprächige Kollegenschaft, wohl an achtzehn Personen, für den Vorabend eine nennens werte Schar, Morgenstunde war es schon geworden, ehe die Tafelrunde sich auflöste Als dann die Sonne die Wolken der Nacht verscheucht hatte und vom blauen Himmel herabstrahlte, holte Herr Westphalen uns zur Dampfschiffahrt und zum Spaziergange ab. Beim Ostseebade verliehen wir den kleinen Dampfer, er klommen die bewaldete Höhe, und dann ging es wohl eine Stunde lang im taufrischen Buchenwald über Wasserslebcn nach Kollund. Ein erfrischender Weg mit herrlichen Aus blicken auf die Föhrde, die hinter uns liegende Stadt und die Waldungen um Glücksburg, wobei sich die sämtlichen Flensburger Kollegen als liebenswürdige Cicerones erwiesen. Nach frugalem Landfrühstück brachte uns ein Dampfschiff in halbstündiger schneller Fahrt nach Flensburg zurück. Dort hatte sich inzwischen die Zahl der nordischen Buchhändler er heblich vermehrt. Ueber die ernste Hauptversammlung und ihre interessanten und ergiebigen Aussprachen ist an anderer Stelle zu berichten. Hier handelt es sich jetzt um die Festtafel. Reich war sie gedeckt, gute lübische Weine hatte man darauf gesetzt. Nach dem ersten Gange erhob sich der Vor sitzende, Herr Seippel, zum Kaiserhoch, indem er Seiner Majestät noch besonders dankte für die hohe Anerkennung des Fürsten Bismarck anläßlich dessen Hinscheidens. Bald darauf begrüßte Herr Westphalen Kreis Norden in Flensburg; er gedachte zunächst der dänischen Zeit im Lande, wo vom Buchhandel wenig zu verspüren gewesen wäre, schilderte die Entwickelung des Buchhandels im Norden und gab der Freude beredten Ausdruck, daß heute eine Versammlung von Buch händlern in Flensburg tage. Ihm antwortete der Vorsitzende in launiger Weise, daran erinnernd, wie die Flensburger Kollegen im vorigen Jahre, voll mancherlei Bedenken wegen ihrer entlegenen Stadt, zu einer ganz freudigen Einladung nicht hätten kommen können, jetzt gewiß freudig beschämt wären über den zahlreichen Besuch und den bisherigen schönen Verlauf der Versammlung. (Einschaltend sei hier bemerkt, daß die Städte Bremen, Hamburg, Altona, Lübeck, Oldesloe, Sege- berg, Ploen, Kiel, Kappeln, Schleswig, Sonderburg, Haders leben vertreten waren und zwei Dutzend Personen zu Tische saßen.) Der Zeitpunkt war gekommen, wo gute Ehemänner sich ihrer, dieses Jahr zu Hause gebliebenen, Frauen erinnern. Herr Quitzow gab den Gefühlen der Liebe und Treue Aus druck; er hatte gefunden, und sein ernstes bebrilltes Forscher angesicht bestätigt seine tiefen Studien, daß man durch ein echtes Frauenauge hindurch, einerlei, ob es blau, schwarz, braun oder grau wäre, welche Farbeneigenschaften er unter großer Heiterkeit zu deuten wußte, immer ins Herz hinein sehen könne. Dann erhob sich Herr la Motte, der Senior unter den Buchhändlern der Elbherzogtümer, ein deutscher Mann von echtem Schrot und Korn, der seine deutsche Ge sinnung immer mutig bekundet hat, auch schon als das sehr gefährlich war. Bei seiner Haltung, stur und gerade wie die heimatlichen Buchen auf Alsen, bei dem tiefen sonoren Klang seiner Stimme, denkt man nicht an einen Greis von siebenundsiebzig Jahren. Er brachte sein Glas dem Vorstande. Es folgte ein Trinkspruch auf den Buchhandel, gruppiert um das Carlylesche Wort: »Ein Bücherschatz ist wie ein geistiger Baum, der Bestand hat und seine köstlichen Früchte spendet von Jahr zu Jahr, von Geschlecht zu Geschlecht«. In diesem Bilde wurde der Buchhandel als Gärtner ge zeichnet, der den Baum zu pflegen und vor Schädlingen zu bewahren, die Früchte auszuteilen und was ihm zukommt davon zu genießen hat; der aber auch die Pflicht hat, Gift bäume mit Tollkirschen, an denen anarchistische Mordbuben sich berauschen, an seinem Teile ausrotten zu helfen. Der Toast galt dann dem Senior des Kreises, Herrn la Motte, als Vorbild solcher Gartenpflege. Nun sei noch ein Trink spruch erwähnt, der sicher zu den besten gehört, die ein fröhlicher Humor je gezeitigt hat. Unser Schatzmeister er innerte sich, daß in der Hauptversammlung ein Referent, um nicht ganz abstrakt zu reden, den Namen Meyer an gewandt hatte. Zwei Träger dieses Namens waren zugegen und was nun unser Schatzmeister zur Ehrenrettung dieser Meyers und des ganzen Geschlechts Meyer vorbrachte, wie er dem Uebelthäter heimleuchtete, das läßt sich in Worten nicht wiedergeben, aber es erregte stürmische Heiterkeit. Das letzte Tischlied war verklungen, heiß ward es im großen Saale. Ein Spaziergang am Ufer der Föhrde er quickte uns. Dann ging es zur Christine zu einer Tasse Kaffee. Wer ist Christine? Christine ist die Verwalterin des besten, einer Gesellschaft gehörenden Lokals in Flensburg. Sie ist offenbar eine tüchtige Wirtschafterin, und ist sie auch weder jung mehr, noch schön, sondern eine herbe Jungfrau in reifern Jahren, so scheint sie doch die Berechtigung zu haben, allen alles sagen zu dürfen. So soll sie einem General, der ihr im Hinausgehen ein scherzendes Wort zurief, zungenfertig erwidert haben: »Gehen Sie man szu, Herr General, wenn Sie hier sind, kommen die Leutnants nich und die Leutnants verszehren viel mehr als Siel« — Einige ehrenfeste Kollegen sind dann bald nach Hause gegangen, andere, nicht minder feste, haben noch unter Führung des lustigen lübischen Herrn, der 1870 bei der Reservedivision Kummer gestanden hat, den Gnomenkeller und den schwarzen Wallfisch zu Askalon ausgesucht. Nach Hause sind sie aber auch gekommen. Am andern Morgen fuhr das Schiff, das uns nach Düppel bringen sollte, um 6 Uhr 40 Minuten ab. Kollege Soltau scheuchte die Säumigen im Flensburger Hof auf. Ein frischer herbstlicher Wind pfiff über das Oberdeck, wo sich die zwanzig Personen starke Gesellschaft versammelt hatte. Alsbald erschien ein Kellner, auf einer Platte zwanzig gefüllte Gläser tragend. Er trug aber auch sehr sichtbar eine Faktur, welche lautete: Zur gefl. Ansicht und Kenntnisnahme zugesandt von der Huwald'schen Buchh. (O. Hollesen) 1 Cognac, Lief. 1. Nach geraumer Zeit erschien der Kellner abermals und gleicherweise beschwert. Diesmal lautete die Faktur 1 Cognac, Lief. 2, trug aber den Zusatz: »Lief. 3 u. folg, wird nur gegen bar abgegeben.« Soweit festgestellt werden konnte, ist keine Fortsetzung bestellt worden. Die Fahrt war ungemein reizvoll; doch verbietet der Raum Einzelschildcrung Gegen 9 Uhr kam die Düppelhöhe mit dem Denkmal und der historischen Windmühle in Sicht. Eine halbe Stunde später legten wir bei Sonderburg an. Auf der Landungsbrücke stand Herr la Motte, der Patriarch von Alsen, ihm zur Seite die treue Gattin. Willkommens grüße wurden uns zugewinkt. Nach herzlicher Begrüßung am Lande ging es unmittelbar über die Schiffbrücke gen Düppel. Bald war sie erreicht, die mit Blut geweihte Stätte. »Ziehe deine Schuhe aus!« hätte man 910*
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