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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.11.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-11-27
- Erscheinungsdatum
- 27.11.1899
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- Deutsch
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Beilage zu 275, 27. November 1899. Amtlicher Teil. 21 Autor das nicht paßt, so kann er immer wieder moralisch Einsprache dagegen erheben. Aber Lesebücher werden in Zukunft ganz unmöglich, wenn das Gesetz würde, was in diesem Paragraphen steht. Vorsitzender: Ich kann mich nicht überzeugen, daß das wirklich so eingreifend sein würde. Ich stehe auch auf dem Standpunkt, daß das Interesse des Autors, des ersten Schöpfers der Dinge, höher steht als das einer Schulbehörde. Herr von Höl der: Es ist eine Steuer, die dem öffentlichen Wohle gebracht wird. Vorsitzender: Sie dürfen aber nicht vergessen, daß der Autor — ich will annehmen, es sei ein großer Dichter — vielleicht ein viel besserer Pädagoge ist, als der zufällige Ministerialrat, der darüber zu entscheiden hat. Herr von Hölder: Wir haben doch mit Gepflogenheiten zu rechnen, nicht mit dem einzelnen Fall, der vielleicht einmal passiert. Herr Voigtländer: Wir haben doch in erster Linie das Interesse des Buchhandels zu wahren, nicht die Interessen der Autoren; diese werden über und über von anderer Seite geschützt. Hier handelt es sich nicht um Kleinigkeiten, sondern um große Vermögensinteressen. Bedenken Sie, wenn nach Z 64 die jetzt bestehenden Schullesebücher nach einer gewissen Zeit überhaupt nicht mehr verkauft werden dürfen, sondern sämtlich von neuem bearbeitet werden müssen: ich kann mir die Verlegenheit gar nicht aus malen, in die dann der Buchhandel und die Unterrichtsverwaltungen geraten. Vorsitzender: Es war mir unbekannt, daß unsere Schullesebücher jetzt zu so erheblichem Teile aus Beiträgen geschützter Autoren bestehen, die vorher für den Zweck umgestaltet worden sind. Herr Voigtländer: Zum großen Teile. Ich habe mir verschiedene Bücher darauf angesehen: vielleicht die Hälfte der Artikel ist darin dem Zweck angepaßt und stark verändert. Aus gewerblichen, sozialpolitischen Büchern, aus Zeitungen und Zeit schriften sucht der Kompilator sich passende Aufsätze heraus und gestaltet sie so um, wie es ihm für das Verständnis der Schüler angemessen erscheint. Dann giebt er die Quelle an: nach X. P. bearbeitet. Herr von Hölder: Die bekannten Grubeschen Bücher, geographische und geschichtliche Charakterbilder u. s. w., die z. B. mehr als 30 Jahre lang den Markt beherrscht haben, wären unmöglich gewesen, wenn dieses Gesetz damals existiert hätte. Diese Bücher haben viel Nutzen gestiftet, daß sich aber ein Antor durch Benutzung seiner Arbeiten geschädigt gefühlt hätte, ist mir nicht bekannt geworden, Wohl aber weiß ich als Sortimenter aus Erfahrung, daß zahlreiche in den Charakterbildern nur kurz erwähnte Arbeiten im Original gekauft wurden. Ich sehe auch nicht ein, warum wir nach dieser Seite die Autoren so sehr in Schutz nehmen wollen; warum wir nicht, wenn nicht für den Buchhandel, so doch für die Schule und deren Interesse eintreten wollen. Vorsitzender: Das ist gewiß unsere Aufgabe; Sie haben auch bemerkt, daß wir bei den Anthologien ganz anderer Ansicht waren, als der Gesetzentwurf. Aber was hier ausgeführt wurde, ist mir vollkommen neu. Herr von Hölder: Die Regierungen werden solche Erfahrungen mit den Schullesebüchern bereits gemacht haben, sie brauchen sie nicht erst zu machen. Die Pädagogen in den Ministerien wissen sehr wohl, daß man ein Lesebuch nur so machen kann, wie es seither geschehen, und nicht allein in Deutschland werden die Lesebücher so gearbeitet, sondern, soweit ich informiert bin, in der ganzen civilisierten Welt. Geheimrat Daude: Dann ist es nur wunderbar, daß das nicht ins Gesetz ausgenommen worden ist. Herr Voigtländer schlägt folgende Zusammenfassung der Verhandlungen vor: Zu § 23 wird darauf hingewiesen, welche Schwierigkeit der Bearbeitung von Schullesebüchern durch die Vorschrift dieses Paragraphen künftig entstehen würde. Es ist für Schulzwecke unbedingt notwendig, daß teils kleinere, teils größere Abänderungen an den aufzunehmenden Lesestücken vorgcnommen werden, ja sogar, das vollständige Um arbeitungen erfolgen, welche den Zweck haben, Inhalt und Form des Stückes den: Fassungsvermögen der Schüler anzupassen. Außerdem kommen in sonst geeigneten Lesestücken häufig einzelne Ausdrücke oder Wendungen vor, welche aus ethischen oder religiösen Gründen den Gebrauch des unveränderten Lesestückes in der Schule unmöglich machen würden. In dieser Weise sind daher sämtliche bestehenden Lesebücher ohne Ausnahme entstanden, und es ist schwer denkbar, daß auf andere Weise künftig Verfahren werden könnte. Dazu kommt noch, daß nach dem Z 64 die vor handenen Lesebücher, welche sämtlich den Bestimmungen des Entwurfes nicht entsprechen, nur noch eine gewisse Zeit gebraucht werden könnten. Es würde danach der Fall möglich sein, daß sowohl die Schule in die größte Verlegenheit gebracht würde, wie auch die beteiligten Verleger der vorhandenen Lesebücher in die größten und empfindlichsten Ver mögensverluste gerieten. Es wird daher befürwortet, eine Bestimmung aufzunehmen, welche die Herstellung von Sammlungen zum Kirchen-, Schul- und Unterrichtsgebrauch in der bisher üblichen Weise auch weiter gestattet. Herr Schwartz: Zur thalsächlichen Berichtigung: Z 64 setzt keine zeitlichen Grenzen bezüglich der Verbreitung, sobald die Bücher abgestempelt sind. Herr Voigtländer: Ja, aber die Platten dürfen nicht mehr benutzt werden. Vorsitzender: Der Vermögensverlust besteht nur im Neusatz. Herr Voigtländer: Und in der Neubearbeitung der Lesebücher! Der bisherige Text darf ja nicht mehr benutzt, sondern es muß mit den betreffenden Autoren verhandelt werden, ob sie ihre Erlaubnis nachträglich geben. Ist das nicht der Fall, müssen Ersatzstücke gesucht und hineingenommen werden, so ist das Buch nicht mehr das alte, sondern es muß von neuem zur Einführung genehmigt werden. Geheimrat Daude: Ich kann mir nicht denken, daß unsere deutsche Litteratur so arm wäre, daß man sich auf einzelne Sachen kaprizieren und sagen müßte: gerade das hier will und muß ich haben. Herr von Hölder: Die Litteratur ist sehr reich, aber sie ist für ganz andere Kreise bestimmt. Die Litteratur ist trotz allen Reichtums eben nicht vorhanden, die hier unbearbeitet gebraucht werden könnte. Es ist auch ganz natürlich. Sie schreiben vielleicht einen sehr netten Familienbrief für Erwachsene, der aber für Kinder nicht passen wird. (Zuruf: Dann nehme ich ihn nicht!) Ich will aber den Namen des Briefschreibers in der Sammlung haben, und habe vielleicht nichts anderes von ihm. Geheimrat Daude: Aber ohne meine Genehmigung? Herr von Hölder: Es ist ja Jahrhunderte lang gegangen, und kein Mensch hat Einspruch erhoben. Geheimrat Daude: Dann müßte man sagen: unbedeutende Aenderungen oder dergleichen sind erlaubt, aber sobald Sie an dem eigentlichen Kern eines Geisteswerks etwas ändern wollen, so müssen Sie unbedingt die Genehmigung des Autors einholen. 6
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